Mitteilungen aus der Geschichte von Rüppurr/E-Book
(≡)
(≡)
Mitteilungen
Pfarrer.
(≡)
Dem Andenken der opferwilligen, hochverdienten Schutzherren der Gemeinde, des edlen Ritters Bat von Rüppurr und Sr. Kgl· Hoheit des Großherzogs Karl Friedrich von Baden gewidmet in Dankbarkeit und Verehrung. (≡)
Vorwort.
Diese klassischen Worte eines der besten Deutschen, unseres E. M. Arndt, sollen auch dieses Büchlein allen Rüppurrern und ihren Bekannten und Nachbarn empfehlen. Tie edlen Züge der Opferwilligkeit und treuer Pflichterfüllung im kleinen wie im großen, die dem aufmerksamen Leser ab und zu darin begegnen, und nicht vergeblich waren, möchten sich ihm fest einprägen und Gleiches in ihm festigen. Den Herren Archiv- und Bibliothekbeamten sei für das stets freundliche und bereitwillige Entgegenkommen herzlich gedankt. Im Sommer 1910. (≡)
|
(1 ≡)
Dörflein, das samt Schloß nach dem Lagerbuch von 1594 mit Ettlingen eine gemeinsame Markung hatte, aber „untersteint” d.h. durch Grenzsteine unterschieden war. In den Wäldern lag es beinahe versteckt an der früher forellenreichen Alb. Auch etliche größere und kleinere Seen, der Entensee, der Ettlinger und der Rüppurrer See und andere gehörten einst zu seiner anmutigen Umgebung. Aber während das ältere Ettlingen gut konservativ seinen Namen nur wenig änderte, hat Rüppurr im Laufe der Zeit zahlreiche Wandlungen seines Namens erleben müssen, an denen auch der lebhafteste Fortschritt seine helle Freude haben kann. Dem waldigen, wasserreichen Wiesengrunde war der Name des Dörfleins Riedbur d. h. Haus im Ried oder Sumpf, entnommen (Kluge Wörterbuch). Da die Mehrzahl von bur beuren oder beuern heißt, so hätte der Ort als er größer wurde eigentlich Niedbeuern heißen sollen, aber aus dem ursprünglichen riedbur wurde Rietburg 1109 Cod. Hirs. Rietpuren 1230 (Schöpflin), Rietburc, - Ripur l262, Rietburen 1313. Rietbure (Straßb. Urk.), Riepur 1340, Rietbur 1350, Riepüre l400, Ryepur 1415, Riepper 1459, Ripbere 1468, Ryetberg 1476, Ryepper 1478, Riebperg 1480, Reüppurg 1568, Ripar. Vielleicht kehrt man im Wandel der Zeit auch wieder zu dem alten schönen Namen zurück. Da der Ort schon im 11. Jahrhundert vorkommt, so bildet Rüppurr mit den andern alten Vororten die eigentliche Altstadt von Karlsruhe Und die jetzige Altstadt ist eigentlich die Neustadt, was in späterer Zeit vielleicht anerkannt wird! Das erste bur war wohl das Haus, das den Herren v. Riedbur gehörte, das sogenannte Schloß, in dessen Schutz und Eigentum die andern aufgebaut wurden. Doch wird schon 1265 in einer Urkunde bereits eine Dorfgemeinde zu Ober- und Unterrüppurr erwähnt. Aus ältester Zeit ist über Umfang und Gestalt des Dorfes und seines Schlosses nichts bekannt. Wohl aber ist vom Jahre 1700 eine (2 ≡)
Das Schloß stand in Unter- oder Kleinrüppurr und war ein mit einem Wassergraben umzogener Edelhof, ein sogenanntes Weiherhaus, im Lauf der Zeit mit weitläufigen Wirtschaftsgebäuden umgeben. Nach einer Aufnahme von 1740 hatte der Schloßhof mit den Gebäuden innerhalb der hohen Ringmauer, die zum Teil jetzt noch steht, einen Umfang von zwei Morgen, zwei Viertel und 30 Ruten altbadisches Maß. An das Schloß und den Schloßgarten im Hintergrund schloß sich einerseits die Meiereiwohnung an, andererseits die Wohnungen der Seegräber und der Dienstboten. Dann kam die Pforte und neben dieser die Melkerei und der Hauptstall; darauf folgten die Ställe für Schweine und Fohlen. An das Haupttor schloß sich die Scheune an mit vier Tennen und der Ochsenstall. Inmitten des Schloßhofes war der Taubenturm und ein Schöpfbrunnen. Der breite Wassergraben, der das Ganze umschloß, hatte einen Flächeninhalt von einem Morgen, ein Viertel und 35 Ruten, altes Maß. Vor dem Holz-Flötz-Graben, der jetzt noch existiert, war der Schloßbaumgarten, drei Morgen, zwei Viertel und zwölf Ruten groß, an dessen Ende sich eine Schanze erhob. Auf der andern Seite der Landstraße stand, wie noch jetzt, eine Mühle, aber Mahlmühle, daneben war die Schmiede. Gegenüber der Mühle war das Zoll- und Wirtshaus mit Stallung. Hinter dem Schloß waren die Schloßwiesen. In den Schloßgebäuden befand sich eine Kapelle, in der bei ungünstiger Witterung Messe gelesen, die aber bei günstiger Witterung in dem Kirchlein gefeiert wurde. Da der Kaplan deshalb von Ettlingen herüberkam, so war für ihn im Schloß ein Zimmer bereit gehalten, die sogen. Kaplanei. Das Kirchlein stand auf dem Platze der jetzigen katholischen Kirche. Daneben war ein Meßnerhaus und ein Platz, die Toten zu begraben, mit einer Mauer umgeben. Das auf dem Totenacker wachsende Gras hatte der Meßner, während der jeweilige Schulmeister ein anderes Stück angewiesen bekommen hatte. „Sonst war in alter Zeit kein öffentliches Gebäude hier”. Der Schutzpatron der Kirche, St. Nikolaus, weist auf ein hohes Alter, denn nach allgemeiner Annahme gehört der Kirchenheilige Nikolaus der Hildebrand’schen Zeit an, weil die meisten Kirchen, die unter Papst Hildebrand oder Gregor VlI. erbaut wurden, dem hl. Nikolaus geweiht (3 ≡)
genannt, die Frau eine Leibhenne. Von jeder leibeigenen Person fiel bei ihrem Tode der Herrschaft das Hauptrecht zu, eine Art der geliebten Erbschaftssteuer, die im besten Stück Vieh oder im besten Kleide bestand, aber sehr oft umgangen wurde, durch vorhergehende Verschenkung oder Veräußerung 1585 berichtet der Freiherr Batt von Rippur an den Markgrafen Philipp über die vorhabende Erneuerung der Leibeigenschaft: „Wir sollen berichten, wo und an was Orten unsere Leibeigenen gesessen und wie sie mit Namen heißen. Aber das ist uns nit möglich, weil diese Leibeigenschaft seit vielen Jahren nit erneuert worden ist, und auch sie und ihre Kinder an fremde Orte verzogen sind.” Doch heißt es 1710 im Lagerbuch unter Rubrik Hauptrecht und Todfall: Die Untertanen und Inwohner zu (4 ≡)
Es ist altes Kulturland, auf dem Rüppurr steht, das mancherlei Veränderungen unterworfen wurde. Das nahe Ettlingen lag in alter Zeit an einem Arme des Rheins, der schiffbar war; 1857 wurde in der Nähe der Stadt am ehemaligen Flußufer Mauerwerk gefunden, das zum Ausladen der Schiffe bestimmt war (Heunisch, Baden S. 176). Ebenso lag auch Bruchsal und Durlach dicht an einem Rheinarm oder einem Altwasser. Auf ehemaligen Inseln des sehr breiten Rheinbettes lagen Schloß Scheibenhardt, Büchig, Au bei Durlach, Bulach, Bruchhausen und Ripur. Aber nicht nur die Gegend hat sich bedeutend verändert, sondern auch die Bewohner. Zuerst waren es die Kelten, die sich am Rhein niedergelassen hatten und deren Spuren in Durlach wie in Ettlingen nachgewiesen werden. Ettlinger Gewannamen wie Utendal, Manenbrunnen, „bey dem furt” sind wahrscheinlich keltisch. Alb heißt keltisch Gebirg, demnach albahe Bergfluß, hola ist ein Bruch, das entspricht der an der Schöllbrunner Steige hienziehenden Schlucht, die den Namen Helle (Hellberg) führt; auch der Name Ettlingen, ursprünglich Ethiningon vom keltischen Ath = Furt (an der Alb), weist aus keltischen Ursprung. Im ersten Jahrhundert vor Ch. mußten die Kelten dem von Norden herandrängenden germanischen Volksstamme der Sueven weichen und über den Rhein zurückgehen. Von ihnen, ein gleich den Kelten Ackerbau und Viehzucht treibendes Volk, sind uns wenig Spuren übergeblieben, nur was Tacitus im 26. Kapitel seiner Germania von ihrer Art der Ackerbestellung, Brache und Pflügen, mitteilt. Im ersten christlichen Jahrhundert besetzten die Römer, von Gallien aus den Rhein überschreitend, Baden und Württemberg. Der große Grenzwall zwischen Donau und Main, die Römerstraßen und Warttürme sind ihre bleibenden Denkmäler. Ettlingen war eines ihrer Standquartiere und wahrscheinlich ein wichtiges, weil dort auch Schiffahrt betrieben wurde. Der Neptunstein, der nach mancher Fahrt, nach Weißenburg i. E., Schloß Horneck, Ettlingen (1550), München (1569), wieder an seinen alten Platz am Turm bei der Brücke zurückkehrte, ist nicht das einzige römische Zeugnis der Gegend; auch im Schatzwäldle, Busenbach, Oberweier, Ettlingenweier, Schöllbronn, Mörsch waren Spuren von ihren Niederlassungen. Gegen Ende des dritten Jahrhunderts, um 270, wurden die Römer nach manchem Widerstande endgiltig aus unserem Lande (5 ≡)
Gegen Ende des fünften Jahrhunderts wurden die Alamannen durch den ebenfalls deutschen Stamm der Franken verdrängt. Der südliche Teil von Baden verblieb den Alamannen, da der mächtige Ostgothenkönig Theodorich sie schützte, so daß die Franken nur den nördlichen Teil besetzen konnten. Die Grenze zwischen Alamannen und Franken ist im allgemeinen die Grenze zwischen dem Bistum Speier und dem von Konstanz; letzteres ist alamannisch, ersteres fränkisch. Ettlingen und Zugehör ist speierisch Und fränkisch, daher ist auch die Ettlinger Stiftskirche dem Martinus, dem Schutzheiligen der Franken geweiht. Die Franken blieben fortan die Bewohner unserer Gegend, natürlich in Verbindung mit andern, die sich daselbst niederließen. Zu ihrer Zeit entstand der Name Ufgau für den Landesteil vom Rhein, zwischen dem Osbach und der Wasserscheide der Alb bis auf die Herrenwieser Höhe. Ettlingen 790, wozu Rüppurr gehörte; auch Gottesau (Godesowa) 1100, Daxlanden (Dahesla) 1122. (Heunisch, B.) Nach dieser allgemeinen Beschreibung gehen wir über II.zu den Herren des Dorfes. Das waren 1. die Pfauen von Rippur. Diese reichen weit zurück und gehören zu den ältesten, turnier- und wappenfähigen deutschen Edelleuten. Burgermeister in seinem Buche „Ueber den reichsfreien Adel Schwabens” findet sie schon im 10. Jahrhundert. Bucelin nennt als ersten Pfau de Riepepurg einen Sebastian, der in Worms 1209 an einem Turnier teilnahm. Ihnen gehörte Schloß und Dorf, Feld und Wald der ganzen Gemarkung. Doch waren sie nicht die einzigen Herren v. R. Neben ihnen hatten auch andere Anrecht auf das Dorf. Wir nennen vor anderen 2. die Grafen von Eberstein, jenes alte Dynastengeschlecht, das viele Besitzungen hatte und an Burgen, Lehen und Dienstmannen mit den Markgrafen von Baden wetteifern konnte. Eine Menge Herren des mittleren und niederen Adels zwischen Rhein, Murg, Enz und im Kraichgau ritten ihnen zu Hofe und trugen von ihnen Ehren- und Soldlehen. Allenthalben an den Hoflagern (6 ≡)
Durch die Ebersteiner bekam auch 3. das Kloster Herrenalb Rechte im Dorf. Herrenalb, der jetzt viel besuchte Luftkurort, war vom Grafen Berthold III. v. Eberstein und seiner Gemahlin Uta 1148 aus großer Frömmigkeit gegründet und mit Gütern und Zehnten in der Gegend bedacht worden. 1258 schenkte Graf Eberhard IV. von Eberstein dem Kloster Herrenalb für sich und seine Gemahlin Adelheid und seine Tochter Agnes, zum Seelengerät für Eltern und Nachkommen den Kammerhof zu Bruchsal und alle seine Güter zu Ripur (Originalurkunde im K. Staatsarchiv in Stuttgart. Krieg 58). Diese Güter werden näher bezeichnet, denn 80 Jahre später, 1337, bezeugt Graf Otto III. von Eberstein, daß seine Brüder Heinrich II. und Wilhelm dem Kloster Herrenalb das obere Dorf Ripur mit Rechten freiwillig übergeben haben, wie es solches von alters her besessen. (Krieg 60.) Aber auch der Besitz ist wandelbar. Die Herren von Ripur waren, wie es scheint, zu mehr Geld gelangt, denn 1475 hat „Heintz von Rietpur das halbe Dorff zu Rietpur vom Apt und convent zu Herrenalb in Cauffsweise an sich bracht und es Markgraf Karlen seliger Gedächtnis zu lehen gemacht und von ihme empfangen und getragen”(K. Kopialbuch 43). Herrenalb und damit auch die Ebersteiner waren somit wieder ausgeschaltet und an ihre Stelle kam 4. das markgräfliche Haus von Baden, das mit den Ebersteinern verwandt war. Graf Otto von Eberstein vermählte 1250 seine Tochter Kunigunde dem Markgrafen Rudolf I. von Baden. Schon seit 1283 erscheint der Edelknecht Heinrich von Riedbur, Sohn des Ritters Sigfried, als markgräflich badischer Dienstmann. In diesem Jahre nämlich verkaufte Otto II. von Eberstein die Burg Alteberstein mit Zubehör, wozu auch Ripur gehörte, an den Markgrafen Rudolf von Baden und am 20. Oktober 1403 wurden sämtliche Ebersteiner Lehen, geistliche und weltliche in 2 gleiche Hälften geteilt zwischen dem Grafen Bernhard von Eberstein und dem Markgrafen (7 ≡)
Aber noch andere hatten hier Berechtigungen, so 5. das Kloster Gottesau. Dieses war 1110, 6. August gestiftet worden (Schöpflin im 5. Band hist. Zar. B.) vom Grafen Bertold, seiner Gemahlin und ihrer Kinder. Jm Jahr 1250 erwirkte Gottsau vom Papst
Alexander IV. eine Bulle, worin alle Besitzungen, Freiheiten und Rechte des Klosters aufgezählt werden, darunter Eckenstein (Eggenstein), Neureut, (eigene Gründung von Gottsau), die Höfe zu Knielingen, Forchheim, Dachsland, Beiertheim (1279 kauft Abt Bertold von Tripel von Evesheim und seine Ehefrau Katharine von Cönigsbach den Tripelhof zu Beiertheim um 215 fl.), Rietebur, Wolfartsweier sc. sc. 1437 erkaufte das Kloster von Jerg von Rüppenburg und dessen Ehefrau Anna von Stetten einen Hof zu Berghausen, wozu Markgraf Jakob einen Begnadigungsbrief gab. Der „Pfauenwein”, der auf diesem Gut wuchs, wird ausdrücklich erwähnt. Der Hof war dem Markgrafen beetbar (steuerpflichtig) und dienstbar, das Kloster mußte aber nur 2 Gulden an Geld und einen Malter Roggen jährlich zinsen. Im Jahr 1482 in einem Zeugenverhör-Instrument gibt Johannes Zelter, Schaffner im Spital zu Molzheim an, daß (8 ≡)
er als vormaliger Abt zu Gottsau mit Jerg, Hans und Heinz von Ripur wegen verschiedener Schuldigkeiten derselben an das Kloster, abgerechnet habe und daß die von Ripur dem Kloster 70 Gulden schuldig verblieben seien; daß aber die weitere Übereinkunft getroffen worden sei, daß das Kloster als Bezahlung dieser Schuld genießen solle, auf Rüppurrer Gemarkung: das „Bruch” (ein Gewann) 20 Jahre lang, jedes Jahr für 2 Gulden angeschlagen = 40 fl und das Fischwasser 10 Jahre lang, jedes Jahr für 3 fl angeschlagen = 30 fl sind zusammen 70 fl und dazu den Wald 8 Jahre lang, wahrscheinlich für Zins. Offenbar waren die Ritter von Rüppurr in großer Geldverlegenheit. Schon im folgenden Jahr 1483 hat Abt Martin mit Heinz von Rüppurr einen Streit wegen der Hälfte einer Korngült von 16 Maltern ab 2 Höfen zu Rüppurr. (Bad. Wochenschrift 1807, Nr. 6 und 7.) Das markgräfliche Hofgericht unter Markgraf Christof gab einen Urtelsbrief, daß Heinzens Schwestern an den strittigen acht Maltern die Hälfte abtragen müssen, und daß diese Hofgüter durch die Inhaber da, wo sie liegen, dem Abt verzeichnet gegeben werden sollten, die er dann fürter ausziehen möge, bis ihm von dem Inhaber die Träger angegeben werden” (auch Sachs. III, 22). 1525 wurde Gottsau im Bauernkrieg vollständig zerstört und blieb 28 Jahre eine Ruine. 1535 in der Erneuerung des Lagerbuchs des Klosters Gottesau Seite 168 heißt es: Die Vogtherren zu Rüppurr geben jährlich aufs Martini 16 Malter Korn. Juncker Bat von Rüppurr habe an Martini den ersten Zins gegeben. Es seien wegen der acht Malter bisher Span gewesen und jetzt noch; Ursach: weil die Güter verändert und dies nicht angezeigt worden sei. – 1548 ist derselbe Bat von Rüppurr unter Markgraf Ernst Rat geworden und kommt in Angelegenheiten des Klosters Gottesau nach Speier. Das Kloster wird in seinem Einkommen auf jährlich 5–600 fl. geschätzt; für die damalige Zeit eine hübsche Einnahme! – 1553 ließ Markgraf Karl II. ein schönes Schloß an Stelle der zerstörten Abtei bauen, das 1558 von dem Markgrafen Ernst Friedrich erweitert und ver- schönert und zum»Sommeraufenthalt hergerichtet wurde, da 1556 die Mönche nach Kloster Ochsenhausen ausgewandert waren. – 1689 wurde es unter Melac beraubt und abgebrannt, aber vom Markgrafen Karl Wilhelm wieder hergestellt 1736 brannte es aus, so daß nur die Mauern stehen blieben; 1740 wurde das Hauptgebäude wiederhergestellt; statt der spitzen Türme bekam es die noch jetzigen runden Kuppeln. – 1563 schreibt das Erneuerungsbuch des Klosters: Junker Philipp Jakob von Rüppurr zahlt für sich und seine Brüder jährlich dem Kloster Gottesau auf Martini Ablösungszins 20 Gulden Landwährung, von seinen Wiesen zu Rüppurr ablösbar mit 400 fl. samt Zinsen, Rechten und Schäden. Es kann abgelöxt werden, wenn (9 ≡)
man will, doch soll die Ablösung ¼ Jahr zuvor kund getan werden. Diese Ablösung kam aber erst 1593, laut Rechnung. Wegen der engen Beziehungen der Herren von Rüppurr zu Gottsau bekamen sie schon 1200 eine Familiengruft im Kloster, wo alle ihre Toten in ununterbrochener Reihenfolge beigesetzt sind, (Leichtlin, Geschichte von Gottsau, Seite 35.) und 1485 den 6. November beurkundet Stephanus, Bischof von Thermopylä, Generalvikar des Bischofs von Speier, die von ihm vorgenommene Einweihung der neuen aufgebauten Kapelle zwischen dem Chor und der Kirche im Kloster, nebst Altären, Glocken, Kirchengeräten zu Gottsau und am 9. November die neue Einweihung der Gruft der alten Edlen von Rüppurr. Wahrscheinlich würden Nachgrabungen, etwa unter der alten Reitbahn, von der es heißt, daß sie über der alten Kirche sei, lohnenswert sein. 1810 hatte Gottsau 13 Morgen Gärten und Hausplätze, 459 Morgen Acker, 419 Morgen Wiesen = 891 Morgen und 13 Pferde, 16 Ochsen, sieben Farren, 44 Kühe, 33 Stiere, 79 Jungvieh, 66 Schweine, 458 Schafe. – 127 Bewohner. Neben dem Kloster Gottesau kommt 6. noch ein anderes in Betracht: Frauenalb. 1289 bekennt Ritter Gerhard von Ubstadt, daß die Töchter seiner Schwester, Gertrud, Adelheit und Mathilde ihre anererbten Güter dem Kloster Frauenalb geschenkt haben, darunter in Rietbure einen Hof mit Zubehör, mit Ausnahme einer bestimmten Wiese; die Fischerei daselbst; ebenso zwei Burgen, von Graben umzogen, den dritten Teil des Waldes mit allen Rechten. Herr Heinrich I., Graf von Eberstein ist Zeuge. 1414 ist eine Frau Elße von Ryeppure, Conventfrau des Klosters. Aber trotzdem gab es bald Streitigkeiten. Schon 1415 den 10. August entscheidet Markgraf Bernhard I. von Baden in Durlach zwischen der Äbtissin Erlymut[1] zu Frauenalb und zwischen Sigfrid, Pfauen von Rüppurr, ausstehender Korngilden wegen, die dem Kloster etviele Jahre auf den Gütern zu Rüppurr versessen und ausgestanden sind, das heißt nicht entrichtet worden waren, und dann auch von zwei Fuder Weins wegen, die der vorgenannte Sigfrid den Frauen zu Einsiedeln bei Bühl genommen und zu ihme gegriffen, das heißt sich angeeignet habe. Rüppurr muß zahlen, tut es aber nicht. Deshalb 1430 den 6. Februar beauftragt Kaiser Sigmund von Preßburg aus, den Markgrafen Bernhard I. von Baden in der Klagesache der Äbtissin Erlymut von Weingarten zu Frauenalb gegen Sigfrid, Pfauen v. Rietpur und seine Brüder, wegen etlicher Gülten, die das Kloster an sie zu fordern habe, beide Teile vorzuladen und in der Sache zu entscheiden. Bereits am 9. August desselben Jahres 1430 entscheidet Markgraf Bernhard I. zwischen dem Kloster Frauenalb und denen von Rüppurr: 20 Malter Roggen und
(10 ≡)
fünf Schillingheller sind von den Pfauen an das Kloster zu zahlen. (27, 59.) Aber er zahlt nicht, wahrscheinlich weil er nicht kann. Deshalb erklärt der römische Kaiser Sigismund 1431 den 17. April von Nürnberg aus, den von Frauenalb verklagten und vom Reichs- gericht verurteilten Sigfrid, Pfauen von Ripure, in die Reichsacht und gebietet dem Kurfürsten, Pfalzgrafen Ludwig III. mit ihm nach dem Achtbrief zu verfahren und alle seine Mannen, Diener und Untertanen dazu anzuhalten. Ebenso wird an den Bischof Wilhelm und den Ammeister von Straßburg geschrieben· Das war schlimm. Was tun? 1446 den 22. April lesen wir: Sigfrid und Kaspar Pfauen von Rüppurr und Reinbold von Windeck bekennen, daß Pfalzgraf Ludwig sie und ihre Manneserben, in der Pfalz sonderlichen Schutz und Schirm genommen und zu seinem und seiner Erben Diener bestellt habe. Sie versprechen demselben in allen seinen Geschäften und Kriegen getreulich behilflich zu sein. (39, 176). Durch diesen Vertrag war den Pfauen wieder geholfen; vermutlich hat der Psalzgraf auch ihre Gläubiger befriedigt. Nicht nur Gottesau, sondern auch 7. das Kloster Lichtental kommt mit den Herren von Rüppurr in Berührung. Lichtental war eine fromme Stiftung des Markgrafen Hermann V., der vor dem Hochaltar der Klosterkirche bestattet ist, und seiner Gemahlin Irmengard, und wurde von den Stiftern alsbald mit dem Pfarrsatz zu Ettlingen bedacht, das 1227 an die Markgrafen von Baden gekommen war. Durch diese Schenkung flossen dem Kloster reiche Einkünfte zu. Denn nach dem Verzeichnis der Martinspfarrei aus dem 13. Jahrhundert (General L. A.) hatte diese Pfarrei frühzeitig in der Ettlinger Markung und auswärts ansehnlichen Besitz, auch in Ribur, Wolfervilre, Ittersbach. Schon 1259 wurde die Pfarrei Ettlingen dem Kloster ganz einverleibt und der Zehnte von Ettlingen dem Kloster übergeben (Heß, Gesch. v. B., S. 4, 9 ff.). Dadurch kam auch Rüppurr in den Bereich des Klosters, denn Rüppurr gehörte politisch wie kirchlich zu Ettlingen. In Ettlingen war an der Seite der Stiftskirche oder Martinskirche eine Kapelle angebaut, welche die Ripurer Kapelle hieß. Noch 1807 hieß ein Weg in dem Feld gegen Ettlingen der Kirchenpfad. (Bad. Wochenblatt 1807, S. 82.) „Von altersher – heißt es in einem Schreiben der drei Brüder Philipp Jakob, Batt und Reinhard – wurden in unserem Schloß Rüppurr oder in der Kapelle, so zu dem Schloß und mit zu dem Flecken gehörig ist, wöchentlich zwei Messen von Ettlingen aus gelesen und dafür wurde (dem betreffenden Pfarrer) von dem Kloster gegeben an Geld 60 fl., ein Fuder Wein und zwölf Malter Dinkel, samt dem Kleinen Zehnten von dem Feldgut der sogenannten 13 Höfe.” Und in der Renovation des Lagerbuchs von Schloß und Dorf Rüppurr (11 ≡)
auf Befehl des Markgrafen Ernst Fr. v. Baden 1594 ist zu lesen: Zu Rüppurr hat es keine Pfarrei gehabt, sondern es ist Filial von Ettlingen und es haben von altersher die Einwohner des Dorfes ihr Pfarrecht zu Ettlingen gesucht und empfangen, auch ihre Totenfeier und Leiblag daselbst gehabt. – Die Martinskirche in Ettlingen wird schon 900 in Weißenburg'schen Urkunden erwähnt; 1245 ging das Patronatsrecht der Kirche in Ettlingen vom Kloster Weißenburg auf Baden über und wurde von diesem 1246 dem Kloster Lichtental verliehen, samt den dazugehörigen Pfarreien, auch Rüppurr. Da Lichtental zu dem Bistum Speier gehörte, kam es, daß 1265 den 16. Oktober der Propst Gerhard von St. German in Speier urkundet über eine Einigung zwischen dem Dekan Rudolf in Ettlingen und zwischen der Gemeinde daselbst wegen des Heuzehnten, wonach die Gemeinde für diesen Zehnten dem Dekan einen Allmendteil im Bruch gegen Weiler zuweist und von Ober-Rüppurr 5 β ₰, vom Ritter Sifried von Unter-Rüppurr 3 β ₰ jährlich auf Johannes des Täufers Geburt. (ObRh. 7, 201.) Das Kloster bekommt von Rüppurr noch mehr. 1290 im April übergibt Graf Heinrich von Eberstein, aus Verehrung der glorreichen Jungfrau und auf Bitten des Edlen Albert Hacke von Hoheneck und des Heinrich Troscheler, dessen Schwiegersohn Heinrich de Ribur ist, 2 Teile des großen und kleinen Zehnten in beiden Rüppurr und dortiger Gemarkung, die Albert von dem Grafen zu Lehen trug und Albert dem Troscheler wieder zu Lehen gegeben hatte, dem Kloster Lichtental, an das Albert diese Zehntanteile für 60 lb ₰, verkauft hatte – also wieder Geldnot – als Schenkung unter Lebenden. (7, 222.) 1340 den 4. Februar vergleicht sich die Äbtissin Agnes und der Konvent zu Lichtental mit Herburg, der Witwe des † Bürgers Heinrich Weiß zu Ettlingen wegen der Kleinzehnten zu Ettlingen, Durlach und Rüppurr (7,465). – 1348, den 29. November erklären die Markgrafen Hermann IX. und die Brüder Friedrich III. und Rudolf V. von Baden, unter Bürg- schaft ihrer Vettern, der Grafen Heinrich und Wilhelm von Neu- Eberstein und ihrer Dienstmannen Arnold Pfau von Rüppurr und Ottmann von Seebach, daß sie ihre Schwester und Base, die Äbtissin Agnes und den Konvent von Lichtental (Beuern) in dem Besitzstand ihrer Güter und Rechte sichern, schirmen und schützen und selbst in keiner Weise benachteiligen wollen (Rh. 8, 91). Dadurch war das Kloster und sein Besitz auch in Rüppurr gesichert, soweit es in der Macht der Beteiligten lag. – 1351, 24. Juni entschieden der Domdechant in Rothenfels, Bechtold Boßler, der Kaplan zu Neu-Eberstein und die Pfarrer zu Baden, Elchesheim und Michelbach als Kommissäre zwischen dem Kloster Lichtental einerseits und den Edelleuten Pfau und Heinrich von (12 ≡)
1362 belehnt Markgraf Rudolf VI. der Lange, den Arnold Pfau von Rüppurr und Heinrich seinen Bruder und ihres Bruders Söhne, Hansen, Heinzen und Renzen mit 60 fl von der Herbstbeet (Steuer) halb zu Durlach und halb zu Ettlingen, gegen Verzicht ihrer Ansprüche aus das Geleit zu Ettlingen; es ist abwerfig (ab- lösbar) mit 600 fl. III.Bedeutende Veränderungen brachte die Reformation. 1503 war Reinhard von Riepur Bischof in Worms geworden. Schon vorher hatten sich andere aus seinem Geschlecht dem Kirchendienst gewidmet. 1467 ist Jakob Pfau de Riedbur Dekanus der Kirche in Basel. Unter ihm wird ein ständiges Predigeramt in dem Münster zu Basel errichtet und mit einem eigenen Haus und einer Handbibliothek dotiert. Denselben nahm Ludwig Bischof zu Speier am 29. November 1474 als Generalvikar. Reinhard von Riepur war Nachfolger des Johannes von Dalberg, der als ein Beschützer der Wissenschaft galt, aber zugleich alle Selbständigkeitsbestrebungen der Wormser zu unterdrücken wußte, so sehr, daß die Stadt auf den Namen einer freien Stadt verzichten mußte und obgleich unschuldig, dem Pfalzgrafen 5000 Gulden Sühne zahlen mußte und 400 Gulden jährliches Schirmgeld. Der Bischof war Fürst und Herr der Stadt geworden. Reinhard hielt sich für verpflichtet, die Errungenschaften seines Vorgängers festzuhalten, war aber dazu zu schwach und lebte in fortwährender Fehde mit den Wormsern. 1514 brach der Aufruhr in Worms aufs neue aus, weil der Bischof die Bürger mit dem Rat der Stadt in Zwiespalt brachte. 1517 beklagte sich der Rat der Stadt Worms bei den Reichsständen in Mainz über den Bischof; er hätte seit 14 Jahren nicht mehr die Kinder gefirmt und auch nicht die Firmelung durch einen Stellvertreter geschehen lassen; obwohl er öfters in der Stadt an- wesend gewesen sei (zumeist war er in Ladenburg), alles aus neidischem und gehässigem Gemüte, so er gegen die Wormser Bürger trage, und das nur deshalb, weil sie als getreue Untertanen des Reichs ihm die Obrigkeit und das Regiment der Stadt nicht anheimstellen wollten, durch welche Entzweiung die Stadt bei der Nachbarschaft verächtlich gemacht wurde, als ob sie des hl. Sakramentes Unwürdig wäre (Boos, Gesch. der rhein. Städtekultur IV, 170). – Statt in dem Aufruhr (Gesch. des Ob.-Rh. N. f. III 385 ff.) von (13 ≡)
1513/14 ein warnendes Vorzeichen des Sturmes für Kirche und Reich zu erblicken, hat er durch Agenten das Feuer der Empörung geschürt Die Fehde seiner Stadt mit Franz von Sickingen, die dem Wohlstand seiner Bürger die schwersten Wunden schlug, benutzte er als willkommene Gelegenheit, die Stadt zu beugen und sie 1519 mit Unterstützung des Pfalzgrafen zu zwingen, daß sie auf die Freiheiten verzichtete, die Kaiser Max I. ihr erst feierlich bestätigt hatte. So half auch er, wie sein Vorgänger Bischof Dalberg, daß die Bürgerschaft von Worms durch die ihr aufgedrungenen Streitigkeiten und durch die kirchlichen Steuerprivilegien an den Rand des wirtschaftlichen Ruins geführt wurde und zu dem Glaubenssatz gelangte, daß die Bischöfe und ihre Anhänger die eigentlichen Landverderber und „aller List und Bosheit voll seien”. Als Rat und Gemeinde etliche Priester bestellten, die das Evangelium predigten, ließ der Bischof ihnen die Kirchen versperren, so daß sie an anderen Plätzen ihre Versammlungen halten mußten, und als einer der Wormser Priester sich verheiratete, mußte er sich vor dem Gericht des Bischofs verantworten und es wurde ihm seine Pfründe entzogen. Als der Rat der Stadt, der öffentlichen Meinung nachgebend, die Wormser Geistlichkeit anwies, ein sittsameres Leben zu führen und gegen die Ubertreter dieser Verordnung mit Strafen einschritt, erhob der Bischof gegen solche Neuerung heftigen Widerspruch. Wohl hatten die Evangelischen in Wittenberg Hoffnung für ihn, weil seine 2 Neffen in Wittenberg studierten, aber diese Hoffnung erwies sich als Täuschung, denn der Wormser Bischof bekämpfte mit Nachdruck die Ketzerei und wurde deshalb von Johann Bockenrod in einer Elegie gepriesen (Boos IV 206). Die Bulle Hadrians VI vom Mai 1522, worin der Papst die Stadt Worms väterlich ermahnt, die teuflische lutherische Lehre ja nicht anzunehmen, händigte er dem Rate aus, dieser aber lehnte das Ansuchen des Bischofs, dem Papst zu antworten, ab. (Boos IV, 212.) Die Stadt war eben für die Reformation. Hutten warnte in seiner Schrift vom 27. Juli 1522 „Eine demütige Ermahnung an die Stadt Worms” vor dem Bischof Reinhard, der seine weltliche Gewalt gegen das Evangelium gebrauche; wolle er auf gütliche Ermahnung von seinem Fürnehmen nicht abstehen, so sollten sie ihn mit Gewalt vertreiben. (Boos IV, 214.) – Auf dem Reichstag zu Worms trat er in keiner Weise hervor. Da aber der Bischof wegen seiner beständigen Streitigkeiten gegen die Reichsstadt Worms schon die Ungnade des 1519 verstorbenen Kaisers Maximilian auf sich geladen hatte und diese Streitigkeiten noch immer fortdauerten, so wünschte er abzudanken und bewog das Kapitel einen coadjutor – Beistand – zu wählen, der ihm nachfolge. Das Kapitel wählte den Kanonikus Philipp von Flörsheim, (14 ≡)
der auch vom Papst Hadrian VI. (1522–23) bestätigt wurde, aber im Interesse des bischöflichen Stuhles, der einen mächtigeren Mann erforderte, zu Gunsten des pfälzischen Prinzen Heinrich, Bruder des regierenden Pfalzgrafen, Probst zu Ellwangen, zurücktrat, 1525, der sich allerdings als sehr energisch erwies, denn in Ellwangen lies er 1525 3 lutherisch Gesinnte hinrichten. (Boos IV, 249.) Reinhard von Riepur zog sich zuerst in das Kloster Gottsau zurück und als dieses schon 1525 durch die Bauern im Aufstand zerstört wurde, brachte er seine letzten Lebensjahre in dem Stammschloß seiner Familie zu Rüppurr zu, wo er 1533, den 19. April, starb. Sein Leichnam wurde in die Domkirche zu Worms verbracht, sein Herz in der Kirche zu Rüppurr beigesetzt. Vor dem Altar trägt jetzt noch ein Stein die Inschrift: Tegit hoc saxum cor et vitaliu reverendi in Christo patris et domini dui Reinhardi a Ripur episcopi Vormatiensis. Cor contritum et humiliatum deus non despicit. (Dieser Stein bedeckt das Herz des hochwürdigen christlichen Vaters und edlen Herren Reinhard von Riepur, Bischof von Worms. Ein gedemütigtes und zerschlagenes Herz verwirft Gott nicht.) Neben ihm liegt ein anderer Grabstein mit folgender Inschrift: Den 10, August anno Dei 1582 starb der Edel und Vest Ph. Jak. v. Rippur, dem Gott gnad. –- Ein anderer Grabstein des Bischofs wurde 1717 gefunden bei Ausgrabung des Bodens in dem Kloster Gottsau neben den 2 Ackern gegen der Straß, mit Ästrich überzogen und marmoriert gewesen, mit folgender Inschrift: anno D nativ MDXXXIII XIX. April mortuus est D Reinhardus de Rietburg, vir egregiae pietat. vixit LVI annos piae ejus memoriae monumentum posuere nepotes. – In dem Bericht über den Fund heißt es: „Serenissimus hat ihn besichtigt und das Nötige befohlen.” Wo dieser Grabstein und ein anderer, eines Abtes, hingekommen ist, weiß Leichtlin in seiner Gottsauer Chronik p 126 nicht anzugeben. – So wenig Bischof Reinhard die Reformation zu Worms aufzuhalten vermocht hatte, so wenig auch die zu Rüppurr. Im Jahre 1525 bestätigte zwar Markgraf Philipp I. in der Ettlinger Pfarrbestellung aufs neue die Stiftung, die einst zur Haltung von zwei wöchentlichen Messen in der Kapelle dahier gemacht worden war. Aber Pfarrer in Ettlingen war seit 1520[1] Franz Irenikus, ein entschiedener Freund der Reformation, der bald in zustimmendem Sinne an Luther schrieb und schon 1526 als er im Gefolge seines Markgrafen auf dem Reichstag zu Speier war, für evangelisch galt. Zwar verließ Irenikus 1532 seine Vaterstadt Ettlingen, da er der Vorwürfe, die er von Seiten der Regierung seit 2 Jahren hören mußte, müde war und zog mit Frau und Kindern nach Gemmingen, wo die Reformation sich fest eingebürgert hatte, und wo er 2. Pfarrer wurde
(15 ≡)
und eine höhere Schule gründete. (Näheres über ihn ist in der sehr lesenswerten Geschichte Ettlingens von Ben. Schwarz zu finden, S. 93.) Aber in Ettlingen nahm die Reformation trotzdem ihren Fortgang. Zwar kam 1541, um der Reformation zu wehren, von der Regierung ein katholischer Geistlicher dorthin, namens Mockers, fand aber wenig Eingang. Ettlingen blieb evangelisch bis 1569. Diese kirchliche Änderung in Ettlingen, der Mutterkirche von Rüppurr, hatte naturgemäß auf letzteres großen Einfluß. Seit dem Tode des alten Bischofs wurden die zwei wöchentlichen Messen hier nicht mehr gelesen, zumal auch Markgraf Philipp I, der streng auf Haltung des kath. Gottesdienstes in seinen Ländern gedrungen hatte, in demselben Jahr, 17. September 1533, starb. Nun kam bei der Teilung der untern Markgrafschaft Ettlingen an den evang. Markgrafen Bernhard III., der in Baden residierte, aber schon im folgenden Jahre starb[1]. Seine minderjährigen Prinzen kamen unter eine Vormundschaft, in der der kath. Herzog Wilhelm von Bayern den größten Einfluß bekam. Dieser Einfluß machte sich auch bald für Rüppurr fühlbar. 1542 am 15. Februar antwortete Batt (Beatus oder Abkürzung von Balthasar) von Rüppurr auf ein Schreiben, das Statthalter und Räte von Baden an ihn gerichtet hatten, und versprach, er werde seiner Zeit über die zwei fraglichen Messen, die in Rüppurr gelesen werden sollten, Antwort geben. Somit war von obrigkeitswegen nachgefragt worden, ob die Messe gelesen werde oder nicht. Näheres erfahren wir aus einem Brief, den Pfarrer Matthäus Gudelin zu Groß-Aspach bei Backnang in Württemberg an die Räte in Baden richtet: „In dem Streit, den der Junker Batt von Rüppurr im Namen seines Hintersassen des Wyden- Maiers – Verwalter des Kirchengutes – gegen mich 1539 erhoben hat, als ich noch Pfarrer in Ettlingen war, über die 4 Malter Korn, die jeder Wyden-Maier jährlich an die Pfarrei Ettlingen zahlt, sind diese 4 Malter durch Batt wegen der Messe gesperrt worden, obgleich ich nachwies, daß sie nicht wegen des Messelesens in Rüppurr entrichtet werden, sondern weil ein Pfarrer die Rüppurrer mit Taufen, Beichte und hl. Sakrament versieht. Zudem hat ja das Stift in Ettlingen jene zwei Messen wöchentlich zu lesen übernommen und den Batt durch willfährigen Nachlaß an der Forderung, zu billiger Gesinnung zu bringen versucht. Nachdem sodann um Mitfasten 1539 durch die Regierung ein Vergleich zu meinen Gunsten erfolgt war, hat doch Batt die 4 Malter mir nicht verabfolgt, weshalb ich die Regierung bitte, mir zu diesem Rückstand zu verhelfen. Allerdings hat übrigens das Stift, das die zwei Messen übernommen hatte, sie wohl in 18 Jahren nicht mehr lesen lassen.” Noch im selben Jahre 1542, 7. Juni verteidigt sich der Junker: „Gudelin entstelle die
(16 ≡)
Wahrheit In dem Vergleich zu Ettlingen habe man dem Gutsherren versprochen, die zwei Messen wieder zu lesen, was aber nicht geschehen sei. Ehe dies geschieht, liefere ich nichts mehr an die Äbtissin zu Beuern (Lichtental) und an den Pfarrer von Ettlingen ab. Diese sollen mich vor dem ordentlichen Richter verklagen.” Während des Prozesses, der nun entsteht, erklärt die Regierung zu Baden 1544, 16. April: daß der Pfarrer von Ettlingen keine Messe mehr zu Rüppurr lese, sei nicht des Pfarrers Schuld. Dieser sei dreimal vergeblich in Rüppurr gewesen, aber niemand habe ihm ministrieren wollen. Daraus sei klar genug, an wem der Fehler liege. – Andererseits berichtet der Brandenburgische Rat Jüngler 1629 in einem Auszug aus den Akten des 16. Jahrhunderts, wie in diesem Jahr –- das Jahr gibt er aber nicht an – Dechant und Stift Ettlingen sich geweigert habe, in Schloß Riepur die zwei wöchentlichen Messen lesen zu lassen; das Stift habe diese Verbindlichkeit nur für die Kapelle zu Rüppurr, nicht für das Schloß, das vielmehr zur Pfarrei Gottsau gehöre. Batt von Rüppurr muß ein angesehener Herr gewesen sein; denn als Markgraf Ernst von Baden-Pforzheim infolge des Interims und eines besonderen kaiserlichen Befehls, die zahlreichen Beschwerden, die der Abt von St. Blasien gegen die Untertanen Ernst’s und gegen Ernst selbst erhoben hatte, durch den Vertrag von Offenburg beendigte, war Batt von Rüppurr bei dem Abschluß dieses Vertrages einer der drei Bevollmächtigten des Markgrafen. Er hat in Löven studiert, den Doctor juris in Heidelberg gemacht, und wurde badischer Rat. In Pantaleon’s Prosopographia (1566 gedruckt) heißt es von ihm ausdrücklich: Er habe die Einführung der badischen Reformation gefördert und lebe noch. In dem weiteren Verlauf des Streites schreibt die Äbtissin von Lichtental, 3. Januar 1553 an die Brüder Philipp Jakob, Batt und Reinhard von Riepur: „Unser Konvent hat zwar eurem seligen Vater unsern Zehnten auf dem Rietpurger Feld auf Lebenszeit in Bestand geliehen.- Das kann aber nicht mehr geschehen, da wir überhaupt nirgends mehr den Zehnten anders als auf Steigerung verleihen.” Und in demselben Jahre, am 21. Juni, schreibt der Pfarrer von Ettlingen an Junker Philipp Jakob: daß ich keine Messe mehr in Rüppurr lese, hat seinen Grund darin, daß ich den alten Vertrag gefunden habe, wonach Markgraf Philipp jene Messe dem Stift allhier übertragen hat. Während der Streit der Herren von Riepur mit dem Kloster Lichtental und dem Pfarrer von Ettlingen wegen des Zehnten und des Fruchtbezugs des Pfarrers immer noch fortdauert, wird durch beide Markgrafen von Pforzheim und von Baden die Reformation eingeführt. In Folge davon geben die drei Brüder Philipp Jakob, Batt und Reinhard von Riepur dem Kloster Lichtental bekannt, (17 ≡)
daß sie der Unterlassung des Gottesdienstes in Rüppurr nun lange genug zugesehen hätten, „sich und die Ihrigen nicht in ein wild ratlos Leben einstecken wöllen, daher durch frembde, dazu berufene Personen das Wort Gottes predigen lassen”. Vermöge des aufgerichteten Religionsfriedens habe das Kloster die Pflicht „wöchentlich zwei Predigten göttlichen Wortes nach Inhalt der Augsburgischen Konfession
In einem andern Schreiben an die Regierung sagen die drei Brüder: „Von alters her wurden in unserem Schloß Rüppurr oder in der Kapelle so zu dem Schloß und mit zu dem Flecken gehörig, wöchentlich zwei Messen von Ettlingen aus gelesen und wir verlangen kraft des Reichstagsabschiedes und Religionsfriedens, daß zwei Predigten des Wortes Gottes für uns, unsere Ehehalten, Gesind und Untertanen, statt der Messe gehalten werden. Wir und unsere Untertanen geben nicht zu, daß unsere Untertanen gen Ettlingen in die Pfarrei gehören, sondern es ist ihnen freigestellt, das Wort Gottes da zu suchen, wo es ihnen beliebt „wie sie denn von alters her auch gen Gotzau ver- pfarrt gewesen sind”. Nicht der Pfarrer von Bulach, sondern der Pfarrer oder Diakon zu Ettlingen sollen hier predigen, Sonntag und (18 ≡)
Freitag, entweder in der Kapelle oder zurzeit des Unwetters in dem Schloß. Richtet es bei den Klosterfrauen dahin, daß es so geschehe; wo nicht, so wollen wir es durch ein Schiedsgericht entscheiden lassen. 1565 bekam Leonhard Keiffelin, Pfarrer in Wolfahrtsweier, wo er 1593 starb, Rüppurr zur Besorgung. So auch sein Amts- nachfolger. Daneben aber hatte Pfarrer Tobias Mayer in Ettlingen 1569, laut seiner Anstellungsurkunde, in Rüppurr wöchentlich eine Predigt zu halten und in Ettlingen das Spital und Siechenhaus zu versehen. Es wird ihm das Zeugnis gegeben: „wir sind um seiner Lehr und seines Wandelswillen, so wir von ihm gesehen, gehört und gespürt haben, wohl zufrieden”. 1568, 28. September bestehen die Herren von Rüppurr in einem Schreiben an die Regierung zu Baden, auf ihrem Begehren, daß nicht der Pfarrer von Bulach, sondern der von Ettlingen die zwei Predigten halten solle. Aber der evangelische Markgraf Philibert von Baden-Baden starb 1569 und hinterließ einen minderjährigen Sohn, Philipp Il. und dies wurde wie für Baden-Baden, so auch für Rüppurr verhängnisvoll. Der Graf Von Schwarzenberg wurde durch Baiern zur Wiederherstellung der katholischen Religion in die Markgrafschaft Baden-Baden gesandt, während der junge Philipp II. in Baiern katholisch erzogen wurde. Dieser Graf schrieb an die Herren von Rüppurr: „Wir erfahren, daß ihr einige Güter, die uns und unserem Kloster Beuern früher den Fruchtzehnten gegeben haben, nahe bei eurem Schloß in einen Weinberg verwandelt habt und keinen Zehnten davon reichet. Wir verlangen, daß dieses nebst dem Rückstand in Zukunft au unseren Keller (Verwalter) zu Ettlingen geschehe. Darauf antworteten Philipp, Jakob und Reinhard am 7. Juli 1572: Unser lieber Vater selig hat vor etwa 40 Jahren jenen Baum- und Weingarten angelegt aus seinem unzehntbaren Eigentum. Blos aus gutem Willen haben wir in jüngst verflossenen Jahren dem Kloster auf unseren Gütern den Fruchtzehnten da bezahlt, wo früher unserer Eltern Sitzgarten und das untere Dorf gestanden hatten, bis hinauf über das steinerne Bild”. „Auch haben unsere lieben Voreltern von ihren Weingärten, deren in der Gemarkung Rüppurr ziemlich viel gewesen, niemals den Zehnten gegeben. Nachdem wir einige der wieder zum Ackerbau verwendeten Weingärten abermals in Weingärten umgewandelt haben, werden wir uns auch nicht zum Zehnten verstehen”. Derselbe Graf schrieb 1572 von Scheibenhardt aus an den Herzog: „Jetzt ist die ganze Markgrafschaft mit göttlicher Gnade zur alten, wahren und apostolischen Kirche gebracht, außer Ettlingen, wo wir nun aber auch die tauglichsten Reformationsmittel ergreifen werden”, und 1572 wurde die katholische Vormundschaftsregierung nach Ettlingen (19 ≡)
verlegt [1]und von hier aus erhielten im Frühjahre 1573 die evangelischen Geistlichen in Stadt und Amt Ettlingen den Abschied. Schon im folgenden Jahre 1573 den 5. März schrieb Philipp Jakob von Rüppurr nach Pforzheim an seinen Bruder Batth von und zu Ryeppur: „Der Pfarrer von Bulach ist auf Sonntag Lätare bei mir gewesen und hat angezeigt, er habe Urlaub (das heißt er sei entlassen) und wolle auf Dienstag den 3. März in Ryepur einziehen und auf einige Zeit Unterkunft bei unsern Brüdern versuchen. Ich habe also ein Combidens mit ihm gemacht: alle Woche einen Gulden und dann drei Malter Korn, zwei Malter Dinkel, zwei Malter Gerste, einen Malter Haber und eine Ohm Wein bis zur völligen Bestallung, dazu Holz und Behausung. Schreibe mir, wie diese Sache mit den Untertanen zu Ryeppur zu halten sei. Ich bin gewillt, die Untertanen mit der Kirche zu Ettlingen und mit dem Nachtmahl und der Taufe ganz zu enthalten und sie in die Kirche zu Ryeppur zu tun; bedenke das mit guten Leuten. Unser Bruder Reinhard wird dir von Markgraf Carls Schreiben Anzeige gemacht haben über den Deich, den der Markgraf durch das Langebruch anlegen will. Meine Hausfrau und ich grüßen dich und deine Hausfrau.” -- Er setzte seinen Willen mit solchem Erfolg durch, daß noch 1581 der Dechant von Ettlingen bei der Regierung, dem Grafen Schwarzenberg, klagte, eine Menge Halsstarriger gehe in die benachbarten Kirchen, besonders nach Rüppurr, und die Bauern von Spessart, Reichenbach und anderer Orte sträuben sich gegen Beichte und Kommunion. Ähnliche Klagen kamen von dem Kaplan in Busenbach – Daß auf einen Ort wie Rüppurr und ihre Herren der Graf nicht gut zu sprechen war, läßt sich denken. 1574 im September schreibt Graf Otto von Schwarzenberg aus Baden an die zwei Brüder Philipp Jakob und Reinhard, sie sollen dem Kloster Lichtental den innegehaltenen Stroh- und anderen Zehnten nicht länger vorenthalten. Und am 16. November wenden sich die drei Brüder an den Ritterausschuß des Viertels am Neckar und Schwarzwald, dieser solle sie als seine Mitglieder gegen die von Baden-Baden angedrohte Gewalt schirmen und beim Reichskammergericht ein Mandat de non offendendo et relaxando erwirken. Schon sei durch Markgraf Philipp II. ihr Zehnte zu Bulach arrestiert worden. Und am 21. November desselben Jahres berichten die Brüder an die Regierung zu Baden-Baden: wir müssen erst die Antwort unseres Bruders Batt erwarten; übrigens habe die Äbtissin sich noch immer nicht wegen des Kirchendienstes zu Rüppurr mit uns verglichen. Am 22. Dezember 1574 antwortet der Ritterausschuß zu Rottenburg am Neckar den drei Brüdern mit allerlei gutem Rat, macht aber erinnerlich, daß sie dem Gotteshaus die Schuldigkeit entrichten
(20 ≡)
sollen, es sei denn ein triftiger Rechtsgrund dagegen vorhanden. Reinhard wird Obervogt zu Leonberg genannt. Batt wohnt in Pforzheim. Wie scharf die Luft damals war, zeigt die Tatsache, daß in Ettlingen, das zu Baden-Baden gehörte, eine Hebamme von Ersingen als Hexe 1576 verbrannt wurde. 1580, 17. September schreibt Markgraf Philipp II. von Baden an Philipp Jakob von und zu Rieppurr: Die Äbtissin klage noch immer über den seit 12 Jahren gegen den markgräflichen Befehl vorenthaltenen Weinzehnten. – Philipp Jakob erhielt diesen Brief am 19. von Scheybenhart aus und schreibt unverzüglich an seinen Bruder Batt: „Setze eine Antwort auf, ich besorge Gewalt. Der Nequam (Nichtswürdige), der Burgvogt von Schybenhart ist bei mir am Rösparth bei dem Dammerstock gewesen mit zwei Zeugen aus Bullach und hat wegen des Weingartens förmlich Protest ausgesprochen.” Dabei ist auch von Äckern bei Rüppurr die Rede, die ehemals Reben waren und noch 1580 die Wingertäcker genannt werden. Am 20. Oktober desselben Jahres wenden sich die drei Brüder wieder an den Markgrafen Philipp II. Sie nennen sich Lehensleut des hochlöblichen fürstlichen Hauses Baden, berufen sich darauf, daß weder von dem fraglichen, noch von irgend einem anderen in Rüppurrer Markung gelegenen Weingarten früher je der Zehnte verlangt worden sei; auch derjenige Platz, da jetzt unser Garten steht und einst Häuser standen und ferner der andere Platz, wo einst das Unterdorf gestanden hat und jetzt Felder liegen, darf ja von uns nach Belieben wieder mit Häusern besetzt werden und der Markgraf sollte unser Lehen, das ein Eigentum des fürstlichen Hauses Baden ist, gegen Neuerungen schützen. Nun beginnt November 1580 der Prozeß bei dem geistlichen Gericht in Speier. Am 30. November werden die drei Brüder bei dem Markgrafen vorstellig: Obwohl unsere Voreltern dem Kloster Lichtental gegen Versehung des Gottesdienstes in der Kapelle unseres Stammhauses oder in der Kirche zu Rüppurr den Zehnten von allen Ackern übergeben haben, wie wir ihn noch immer entrichten, so ist doch der Wein, von dem die Äbtissin den Zehnten verlangt, so wenig darin begriffen als Heu, Holz, Fische und Obst. – Aber die Vor- stellung hatte wenig Erfolg, denn 1581 legt der Markgraf Arrest auf Gefälle, die den Brüdern im Amt Bühl gehören. 1581, den 25. Juli schreibt Philipp Jakob von Rüppurr an die Abtissin: „Ihr denkt nur an Euren Nutzen, nicht aber auch an Eure Pflicht und an Gotts Ehr. Meine Brüder und ich, dieweil wir uns aus Gottes Gnaden zur Augsburgischen Confession bekennen, werden uns des Passauer Vertrags und des Religionsfriedens zu bedienen wissen.” (21 ≡)
Am 11. August 1581 schreibt der Advokat Hauck in Speier an Batt, er habe die zwei Goldgulden pro arrha mit Dank empfangen und gegen die Klage der Äbtissin repliciert. Sie sei schuldig vermöge des Reichstagsabschieds von 1555 die Herren von Rüppurr und deren Untertanen mit einem Geistlichen von deren Confession zu versehen und sie habe durch ihre Weigerung verursacht, daß die Herren von Rüppurr einen eigenen Pfarrherrn mit schweren Kosten zu Rüppurr zu bestellen und zu unterhalten genötigt waren. Qui non vult seminare spiritualia, non debet metere temporalia. (Wer nicht ewige Dinge aussäen will, soll auch keine zeitliche Güter ernten.) Indessen rate er, sich von dem Prozeß nicht zu viel zu versprechen, mehr werde von unparteiischen Schiedsrichtern zu erwarten sein. Das geistliche Gericht verlangt ein Zeugenverhör und will nächstens einen Augenschein vornehmen. – Im folgenden Jahr 1582 den 3. April ist die Äbtissin erbötig, die zwei Messen in Rüppurr wieder lesen zu lassen (der reinste Hohn), aber nicht einen evang. Geistlichen zu bezahlen. – Im Mai klagt der Advokat, daß die Herren von Rüppurr ihm nicht gehörig Geld schicken für seine viele Mühe. Am 7. August stirbt Philipp Jakob von Rüppurr. Sein Grabstein ist in der hiesigen alten Kirche. Am 13. Oktober desselben Jahres schreibt derselbe Advokat aus Speier: Mit dem Prozeß steht es nahe am üblen Ende. Der Weinzehnte wird entrichtet werden müssen und die Messen gelesen; denn um den Religionsfrieden bekümmert sich das geistliche Gericht wenig. –- Das war auch Gerechtigkeit. Ein Jahr später, 1583 den 22. Oktober, rät der Advokat, wenn der bischöfliche Vikar das Urteil fällen werde, zu appellieren, aber nicht an das Mainzer Konsistorium des Erzbischofs, sondern an das Reichskammergericht. Doch pflege das bischöfliche Gericht erst dann das Urteil zu sprechen, wenn die Unkosten entrichtet seien und schreite, wenn diese Entrichtung gar zu lange ausbleibe, zum Bann, dessen Vollzug es dem weltlichen Arm übertrage, also dem Markgrafen Philipp II. von Baden-Baden, was für das Haus von Rüppurr bedenklich wäre. 1584 dauert der Prozeß in Speier noch fort. Aber 1585 den 26. März schreibt Advokat Hauck an Batt: „Ihr schreibt mir, Lichtental habe das Pfarr- und Zehntrecht in Rüppurr zu Eurem Nachteil dem Markgrafen Philipp übertragen und doch hieß es schon 1553 und 1568, daß jenes Kloster die zwei Messen dem Stift Ettlingen übertragen habe. Der Advokat des Klosters hat nun bei dem geistlichen Gericht verlangt, es solle über Euch den Bann aussprechen und diesen den beiden Markgrafen Philipp von Baden- Baden und Ernst Friedrich von Baden-Durlach zum Vollzug überweisen.” Schon drei Tage später, am 29. März schreiben die zwei (22 ≡)
Brüder Beat und Reinhard von Rüppurr an die Äbtissin: „Sie klagen wegen der Cession der Pfarr- und Zehntrechte von Rüppurr an den Markgrafen. Von der Versehung des Gottesdienstes aber rede das Kloster nicht. Zudem ist auch unsern Untertanen wider alles Herkommen, unlängst die Begräbnuß zu Ettlingen, abgestritten worden, sodaß die armen Untertanen sich genötigt gesehen haben, mit Unkosten einen eigenen Gottesacker zu machen[1]. Hoffentlich wird der Markgraf sich zu einem Vergleich über Gottesdienst und Begräbnis verstehen.” Erst am 5. Oktober antwortet die Abtissin: das Urteil des geistlichen Richters, des Probstes zu St. German in Speier werde nun durch die beiden Markgrafen vollzogen werden. Doch bin ich zu einem gütlichen Vergleich geneigt, zu dem die Zusammenkunft in Ettlingen stattfinden könnte. – Aber als Ort der Zusammenkunft wünschen die Brüder Pforzheim, da der eine von ihnen, Reinhard, wegen seines Amtes in Leonberg, zu weit nach Ettlingen habe. – 1586 vom 4.–14. März wird in Mühlburg der Vergleich geschlossen. Dort waren von seiten des Klosters der baden-badische Kammerrat Adam Ginth, Burgvogt in Scheibenhard, Kammerrat Joh. Christof Staud und Jakob Todt, Untervogt zu Ettlingen; von seiten der Herren von Rüppurr: Beat von Rüppurr in seinem und seines Bruders Reinhard Namen, Albrecht Oelinger, Notar zu Karlsburg. Das Ergebnis war: die Herren von Rüppurr sollen für den so lange nicht entrichteten Weinzehnten 156 Gulden an die Äbtissin zahlen. Wegen des Gottesdienftes zu Rüppurr solle das Reichskammergericht entscheiden. Noch in demselben Jahr ist Reinhard von Rüppurr bereits gestorben mit Hinterlassung eines Sohnes Sebastian. Am 9. September beschwert sich Bat, daß dem Mühlburger Vergleich eine unbillige Ausdehnung gegeben werde. Den kleinen Zehnten aus dem alten Garten habe selbst das Kloster nie angesprochen. 1587 den 21. Januar erinnert der Kammerrat Ginth den Bat an die auf Martini 1586 fällig gewesene und noch nicht entrichtete Summe von 156 Gulden und bemerkte in einer Nachschrift: Ich vernehme, daß der Junker noch etliche Karpfen zu verkaufen hat. Wenn ihm ein Gefallen damit erwiesen wird, wollte ich wohl etwa zehn Centner gen Hof nach Baden schaffen. Wegen des Gottesdienstes in Rüppurr ist 1587 der Prozeß beim Reichskammergericht anhängig gemacht worden. Ein Dr. Kremer ist Advokat der Herren von Rüppurr. Aber am 15. Oktober ist auch Bat nicht mehr am Leben· Seine Kinder kommen unter Vormundschaft des Karl von Remchingen und des Kaspar Melchior von Angeloch Und das Ende? Das ist zu entnehmen aus der Renovation des Lagerbuchs im Schloß und Dorf Rüppurr, die am 27. Mai 1594 auf
(23 ≡)
Befehl des Markgrafen Ernst Fr. von Baden-Durlach vorgenommen wurde. Darin heißt es auf Seite 15: „Das Schloß Rüppurr gehört durch Kauf den Markgrafen”. Dem Anschein nach waren die Herren von Rüppurr durch die Prozesse und deren ungünstigen Ausgang so sehr verschuldet worden, daß die Vormünder das Gut nicht mehr halten konnten. Eine Schuld von 180 Gulden zu 5%, die 1582 das Ettlinger Spital an die Herren von Rüppurr geliehen hatte, mußte von dem Markgrafen übernommen werden. Weiter heißt es in dem Lagerebuch: „der Markgraf hat im jetzigen Jahr 1594 unten an dem Kalkofen eine neue Scheuer außerhalb des Schlosses gebaut, ist auch Eigentümer der Mühle. Von den 61 Morgen dem Markgrafen gehörigen Felde sind dem Junker Zillenhard vier Morgen abgegeben worden. (Dieser Zillenhard war in Ettlingen sehr begütert und verkaufte später sein dortiges Haus dem kath. Markgrafen von Baden-Baden.) Eigentums- und Vogtherr ist der Markgraf, er hat die hohe und niedere Rechtssprechung Nur derjenige Teil der Gemarkung, der zwischen Alb und Scheibenhard liegt, steht unter Baden-Badischer Obrigkeit. Uber die Pfarrei heißt es Seite 10: Zu Rüppurr hat es keinen Pfarrer, sondern ist ein Filial von Ettlingen und haben von alters die Einwohner des Dorfes ihr Pfarrecht zu Ettlingen gesucht und empfangen, auch ihre Sepultur und Leiblag daselbst gehabt. Aber vor Jahren ist den armen Untertanen durch ihre abgestorbenen Vogtsjunkherren christlich-augsburgischer Konfession, ein eigener Pfarrer auf der Junkherrn Kosten verordnet worden, wie denn auch noch jetzt in löblicher Ubung ist und bleibt. So ist auch in denselben Jahren vor dem Dorf ein eigener Gottesacker durch Batt und Reinhard von Rüppurr aus ihren eigenen Gütern dargegeben und beschlüssig gemacht worden, derohalben diese Filialsnachfolge gen Ettlingen nunmehr erloschen ist. Die Kirch oder Kapell zu Rüppurr liegt ober dem Schloß, die Alb aufwärts. Sie, samt dem Heiligen St. Niclausen in derselben Kapell ist dem Patronat, der Kollatur und Schirm des Herrn Markgrafen allein unterworfen. Nachdem Gott zu Ehren und Lob, auch den armen Untertanen zum ewigen Heil die Filialsnachfolge gen Ettlingen aus christlichem Eifer abgeschafft und ein eigener Seelsorger und Pfarrherr ihnen gegeben und aus des Herrn Markgrafen eigenen Gefällen noch jetzt besoldet wird, so sind die Untertanen zu Rüppurr schuldig, Pfarrers Rinder und Schweine ohne Hirtenlohn durch ihre Hirten hüten zu lassen. Holz erhält er aus den markgräflichen Wäldern zu Notdurft; der Pfarrer läßt es auf seine Kosten hauen und scheitern, die Untertanen führen es ihm in der Fron in den Pfarrhof; auch hat er zwei Hausallmenden von der Gemein, zu dem jetzt innehabenden Pfarrhaus zu nießen. Der Pfarrer bewohnt ein Haus mit zwei Stuben im Dorf gelegen mit (24 ≡)
einem Baum- und Krautgarten. Endlich hat er auch einen Alltnend- Krautgarten. Der Meßner hat zu genießen den Kirchgarten bei der Kirch, auch zwei Morgen ein Viertel Wiesen und ist frei von Fronden. Der große Frucht und Weinzehnte gehört dem Kloster Lichtental als dem Kollator der Pfarrei Ettlingen, ebenso der kleine Zehnte. Nur die zum Schloß gehörigen Güter sind zehntfrei.” Das Kloster hat somit den Prozeß vollständig gewonnen, aber die großen Opfer, die Bat gebracht hat, waren nicht vergeblich, ihnen hat Rüppurr die Erhaltung der evangelischen Religion zu verdanken. 1596 bestätigt Kaiser Rudolf II. den Kauf des Guts. Nach Sachs IV 237 und Citat ans Gylmann Suppl. camer. IV 4, 2 p. 124 ist durch obigen Kauf nur die eine Hälfte des Dorfes Rüppurr aus der Hand der Herren von Rüppurr in die des Markgrafen Ernst Fr. übergegangen, und die andere Hälfte des Dorfes kaufte derselbe Markgraf 1603 von den Kindern des Bat von Rüppurr um 51000 fl. Denn ein Kaufbrief vom 13. Juni 1603 lautet: „über den halben Teil vom Schloß und Dorf Rüppurr zwischen Karl Ruprecht und Bat Ludwig, Gebrüder von Rüppurr für uns selbst und sodann Karl von Remchingen, fürstlich württemberg. Obervogt zu Wildberg und Kaspar Melchior von Angeloch, Ph. Christof von Münchingen, weiland Bats von Rieppur nachgelassener minderjähriger Söhne und Töchter Jörg, Ludwig, Amalia und Ursula, an dem kaiserlichen Kammergericht confirmierte Vormünder – und zwischen Ernst Friedrich Markgraf zu Baden und Hochberg mit samt dazu gehörigen Untertanen und Äckhern, Felder, Wiesen, Wälder, Brüchern, Söhen, Gärten, Wasser, Weiden, Gerichten, Zwinger, Beet, Umgelden, Diensten, Frondiensten, Renten, Gülten, Gefällen und Einkommen, Rechten und Gerechtigkeiten.” Von den 51000 fl. wurden 35 207 fl. 35 Kreuzer bar bezahlt und der Rest verzinst. Jeder der Töchter wird zum Heiratsgut und Hochzeit 2000 Gulden samt landläufigen Zins zugewiesen. Copialbuch 169, 1051 a. p. 73–90. Somit hatte das Geschlecht Rüppurr seinen alten Stammsitz aufgeben müssen. Doch waren die Markgrafen dem Geschlecht zugetan. Denn bereits 1584, als der Prozeß in Speier noch bestand, belehnte die Herrschaft Baden die Rippur mit Schloß Obermönsheim bei Pforzheim in Württemberg Schon 1561 hatte Batt von Rieppur von dem Markgrafen Karl von Baden die Lehensfolge zugesichert erhalten. Es waren allerdings bedeutend kleinere Güter als das Gut zu Rüppurr, wie aus dem Kaufpreis und den Zinsen hervorgeht, aber es war doch etwas. Das Schloßgut Rüppurr ist 712 Morgen groß; jenes nur 400, (Scheibenhardt 267, Gottsau 1038 Morgen). 1781 kamen, um dies kurz hier zu bemerken, durch Heirat mit der letzten Rüppurr die Herren von Phull, in Besitz des Mönsheimer Gutes, daher der (25 ≡)
jetzige Besitzer sich von Phull-Rippur schreibt. In Mönsheim und in der Burg war das Kloster Weißenburg durch den Bau einer Kirche und Gründung einer Pfarrei anno 1100 zu Einkünften, Rechten und Besitz gekommen. Das Kloster belehnte damit die Markgrafen von Baden, ebenso mit Ober-Mönsheim. 1291, 25. Mai belehnt der Abt Edelin von Weißenburg den Markgrafen Hermann VII. von Baden mit Unter-Mönsheim, der Diepolzburg, dem Kirchensatz und was dazu gehört. Die Markgrafen ihrerseits belehnen damit die Herren von Mönsheim, so am 2. Januar 1308, und als diese ausgestorben waren, etwa 1450, nach anderen Belehnungen, z. B. 1529 an Eitel Schenk und dann an Jakob Christof Schenk, geben sie 1584 Ober-Mönsheim denen von Rüppurr. Der Lehensbrief lautete für sich und seine ehelichen männlichen Leibeserben und wenn diese nicht wären, für seine eheliche Tochter und derselben ehelichen Leibeserben. Wiederholte Belehnungen der Rüppur fanden statt 1588, 1606, 1662, 1714, 1751. 1640 kam auch die Burg zu Untermönsheim an die Rippurer durch Württemberg. „Um seiner getreuen, redlichen und tapferm dem Herzogtum Wirtemberg geleisteten Kriegsdienste willen” belehnt am 19. November 1640 Herzog Eberhart den Obristleutnant Ernst Fr. von Rippur, wie seine Nachkommen männlichen und weiblichen Geschlechts mit dem Burgstall zu Untermönsheim samt Graben und den dazu gehörigen jährlichen Gülten aus dem Hofgut, die sich belaufen auf 7 Scheffel Roggen, 18 Scheffel 2 Simri Dinkel, 19 Scheffel 5 Simri Hafer, ferner Fischwasser, Trieb, Trab, Ackerich und allen anderen bürgerlichen Gerechtigkeiten. Dafür hat der Lehensträger im Fall eines Kriegs „Landsrettung" zu tun, d. h. er muß mit Knechten, die er selbst stellt, ausrüstet und besoldet, er- scheinen. Ernst Fr. von Rüppurr hatte als württembergischer Vasall 1660 einen Mann zu stellen. Der Oberstleutnant Rippur hatte dem Haus Württemberg lange Zeit Dienste getan, dafür ihm an ausstehendem Sold über 8000 fl schuldig geblieben sind. Auch die Gemeinde Mönsheim hatte im dreißigjährigen Krieg diesem Herrn Hilfe aus großer Not zu verdanken; bei einem drohenden feindlichen Einfall streckte 1642 er zu dessen Abwehr 647 fl vor; da sie nicht imstand war,«diese Summe in bar zurückzugeben, trat sie ihm dafür Wiesen und Acker ab. Aber schon 1645 wurde die Burg „solcher Gestalt ruiniert, daß das meiste davon nicht mehr zu reparieren ist”, nur die Hauptmauer und der Turm blieb stehen. Von da an blieb sie unbewohnbar und ziemlich in demselben Zustande wie gegenwärtig. Der Herr von Rüppurr nennt sie 1702 ein „altes Gemäuer, das vorher ein allem Anschein nach uraltes römisch Gebäude gewesen, dessen Ursprung auch nicht kann erfahren werden.” (Hoffmann, Geschichte von Mönsheim.) (26 ≡)
IV.Rüppurr gehörte nun zu den unmittelbaren Besitzungen der Markgrafen von Baden, die alles aufboten und durch keine Enttäuschungen sich abschrecken ließen, das Dorf zu heben. Besonders viel hat Markgraf, Kurfürst und Großherzog Karl Friedrich 1746–1811 hier getan. Von ungemein günstigem Einfluß war die Gründung der Residenz durch Großherzog Karl Wilhelm 1715, den 10. Juni, in der Nähe, wodurch die hiesigen mehr Arbeitsgelegenheit und Absatz für ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse fanden. So hat Riippurr sein Emporkommen aus großer und größter Armut seinem Fürstenhause zu verdanken. Möge das nie vergessen werden. –- Bald aber, nachdem es markgräflich badisch geworden war, hatte es wie Ettlingen schwere Zeiten durchzumachen, die des dreißigjährigen Krieges von 1618––1648, und der französischen Kriegszüge zur Verwüstung der beiden Rheinufer in der Pfalz, sowie die des spanischen Erbfolgekrieges- – Zunächst nahmen die Arbeiten des Friedens ihren Fortgang. 1597 wurde das Ettlinger Lagerbuch renoviert. Dort heißt es, Seite 38: „Wie Spessart, so hat auch vor Zeiten währenden Papsttums Riepur mit allen Insassen in die Pfarr- und Stiftskirche nach Ettlingen gehört, wurde aber derzeit mit einem evang. Prediger und allen pfarrlichen Rechten versehen; haben auch allda ihr eigen Begräbnis. Doch gibt das Kloster Lichtental, das in Ettlingen und Rüppurr den Zehnten bezieht, von wegen des Filials Riepur zur Kompetenz des Pfarrers 12 Malter Dinkel und ein Fuder Wein.” Seite 80 wird ein Acker in der Ettlinger Gemarkung genannt, der dem Magister Jakob Rösch, Pfarrer zu Rüppurr gehört. (1614–22 war er Pfarrer in Söllingen.) Im gleichen Jahr 1597 wurde zu Ettlingen der dortige evang. Bürger Hans Simon Heinzmann Mitglied des Rats. Im Juli 1597 wurde ihm ein Söhnchen geboren, das er, weil in Ettlingen seit 1571 kein evang. Pfarrer mehr war, nach Ripurg zur Taufe brachte. (Handschriftliche Familiengeschichte.) 1599 am Neujahrstage ist der neue kath. Kurs in der Markgrafschaft Baden-Baden durch Markgraf Ernst Friedrich wieder abgeschafft und erlaubt worden, daß in Ettlingen das Evangelium wieder gepredigt werden solle (wahrscheinlich durch den Pfarrer von Rüppurr). 1604 erbt Markgraf Georg Friedrich, nach Ernst Friedrichs Tod, das badische Unterland, hält aber seit der 1608 geschlossenen evang. Union sein Versprechen, das er dem Kaiser gegeben hatte, in Religionssachen der ererbten Markgrafschaft nichts zu ändern, auf dringendes Bitten seiner Untertanen, nicht mehr. 1610 den (27 ≡)
17. Dezember berichtet der Obervogt von Ettlingen, Freiherr von Fleckenstein an den Markgrafen: die evang. Bürger zu Ettlingen sind an Zahl 180 neben 170 katholischen; man könnte für sie einen Pfarrer anstellen. Am 8. Juli 1611 wird Andreas Burghard dazu ernannt und schon 1612 war die evang. Gemeinde in Ettlingen stärker als die katholische. Der Pfarrer starb 1618, sein Grabstein ist noch auf dem dortigen Kirchhof. 1621 war Magister Johann Gg. Wibel aus Augsburg evang. Diakonus in Ettlingen; 1622 war Joh. Christof Welsch Rektor der lateinischen Schule in Ettlingen, wurde aber nach der Schlacht bei Wimpfen verjagt, weil er nicht katholisch werden wollte. (Archiv Straßburg) Ebenso erging es dem Elias Seitz, evang. Pfarrer in Ettlingenweier seit 1612, vorher in Berghausen Er war auf die Bitte der evang. Bürger in Ettlingenweier, d. h. aller Bürger bis auf 11, an den Markgrafen um Anstellung eines evang. Pfarrers und um Abschaffung des Meßopfers, dahin gekommen. Auch Bulach und Beuertheim hat Lust zum Evangelium, lautete ein Bericht an den Markgrafen. Nach der Schlacht bei Wimpfen 1622 übernahm der katholische Markgraf Wilhelm die Regierung der Baden-Baden'schen Markgrafschaft. Als seine erste Pflicht sah er die Zurückführung seiner Untertanen zum kath. Glauben an. Doch gelang ihm das nur schwer, in Stadt und Amt Ettlingen erst seit 1661, d. h. seit Gründung des Jesuitenkollegiums daselbst. Aber nach genannter Schlacht kamen spanische Soldaten in unsere Gegend und hausten nach ihrer Weise in den Orten, die der evang. Religion treu geblieben waren. So wurde in dem nahen Schöllbrunn der dortige evang. Pfarrer erschossen. Trotzdem klagte noch 1636 am 20. Juli der Obervogt von Ettlingen von Welldorf [1] , bei dem Markgrafen von Baden-Baden: „Die annoch im Luthertum beharrenden Bürger zu Ettlingen haben den fürstlichen Befehl zur uralten kath. Religion sich zu bequemen oder auszuwandern, halsstarrig überschritten.” Sie werden einstweilen mit Gefängnis und mit Geld bis zu 100 Reichstalern gestraft. 38 solcher Bürger werden namhaft gemacht, z. B. Rummel, Frieß, Stein, Duttenhofer, Knaus, Klüppel, Messing und andere. 1634 nach der Schlacht bei Nördlingen stand es sehr schlimm um die evang. Landeskirche. Nur unter ständiger Lebensgefahr, in Schluchten und Wäldern, auf den Inseln des Rheins, konnte-evang. Gottesdienst gehalten werden; von 12 Pfarreien hatte kaum eine einen Geistlichen. (Fecht 256) – 1637 am 19. Januar haben 60 Reiter im- Dorf in Rüppurr übernachtet. 1638 forderte Herzog Bernhard von Weimar von der Stadt und dem Amt (mit Rüppurr) Ettlingen 2000 Reichstaler Ranzionsgelder. Stadt und die gesamte Bürgerschaft des Amts baten um
(28 ≡)
Nachlaß, wegen der großen Not. Sie schrieben: „Obgleich wir zur Bepflanzung unserer Feldgüter weder Tag noch Nacht feiern wollen, so sind wir doch keiner Stund sicher, daß nicht unsere Hüttlein, wo nicht gänzlich eingeäschert, doch durch Regen und Wind und durch die bald täglich erleidenden Durchzüge dergestalt ruiniert werden, daß unsere Augen tränen, die solches anschauen. Unsere Feldgüter sind in ödes Weideland verwandelt und tragen Dornen und Disteln statt guter Früchte.” Verhängnisvoll für Ettlingen und Umgegend waren 1640–44. 1640 sagt eine Beschwerde der Amtsorte, „daß bei diesen An- und Auflagen, welche die Quartiere und Kriegslasten brachten, der arme Mann alles dasjenige, so er das ganze Jahr in höchster Gefahr Leibs und Lebens mit saurem Schweiß und hungrigem Bauch erbauet, jederzeit auf dem Halm und vor der Ernt versetzen und verkaufen müsse, damit er nur bei häuslichen Ehren verbleiben möge, wie dann albereits der zwanzigste nicht mehr ein Stück Brots habe, weil die Winterfrüchte vor der Ernte verkauft und aus den Sommerfrüchten wegen langwierigen Regenwetters und eingefallener Kälte nichts geworden sei.” In einem Schreiben des Ettlinger Magistrats vom 22. August 1644 an den Herzog von Enghien, in dem gebeten wird, die Stadt mit dem Hauptquartier zu verschonen, heißt es: „dieweil wir durch dies über 20 Jahre am Rheinstrom währende Kriegswesen, wie der ganzen Welt kundig ist, dergestalt aufs äußerste ausgesogen und ruiniert worden, und sintemalen wir auf solchen unverhofften Fall mit unsern ohne das Vieh, weheschreienden, armen unschuldigen Weibern und Kindern vollends in die Hungergrube und äußerstes Elend gestürzt würden” Schwarz, Gesch. Seite 129. Natürlich wurde dieser Bitte nicht entsprochen und schon zwei Tage später mußte der Magistrat darüber klagen, daß Türennes Generalstab, nebst Generalmajor Rosen und zwei Oysonville'sche Regimenter zu Pferd in die Stadt gekommen seien und „haben selbige von Stund an behauptet, daß alles was in der Stadt sei, ihr Eigentum wäre, haben sich auch gleich der Schlüssel zu den Kellern, Scheunen, Ställen, Kästen bemächtigt und angefangen den Wein zu verkaufen, Vieh und Pferd an sich zu ziehen, über die Hauptmobilien, wie über die außen stehenden Früchte nach ihrem Gefallen verfügt usw., so daß wir mit den Kindern bittern Hungers sterben und verderben müssen, wenn nicht Abhilf geschaffen wird.” Diese Einquartierung in der Stadt und Umgegend hauste vom 23. August bis 10. September, und wurde dann von etwas kleineren abgelöst. Es war schlimme Zeit. Aus einem Bericht des Schultheißen dahier an den Markgrafen Friedrich V. teilen wir mit: „Als General Tilly mit seinen Völkern im Land gelegen, sind die Rüppurer von denselben dermaßen verderbt und ausgeplündert worden, (29 ≡)
daß wir uns fast nicht mehr zu erholen und auszubringen gewußt haben, so daß Ew. Gnaden sich gnädig erbarmt hat und ihnen fünf Morgen Wiesen nebst vier Morgen Acker eigentümlich gegeben und durch den gewesenen Forstmeister Ernst Jakob von Remchingen gnädig hat einräumen lassen. Von diesen 9 Morgen sollten wir von jedem Morgen 5 β Zins liefern, wie wir uns noch erinnern, aber diese 9 Morgen sind bei diesen schädlichen Kriegszeiten öde und wüst liegen blieben und wir haben sie seit 1634 gar nicht genießen können. Vor einem Jahr – 1645 – haben wir die 5 Morgen Wiesen wieder gesäubert und zum erstenmal genossen. In jener Zeit, als die äußerste Not uns getroffen hat, haben wir sie um 50 Gulden verkauft, davon haben wir gleich 30 Gulden an die Kontributionsmeister, die stark getrieben haben, geliefert, das übrige haben wir an das Rathaus, das einfallen wollte, verwendet.” 1648, nach dem westfälischen Frieden, kamen die geflüchteten Untertanen wieder zum Vorschein. Es kam auch wieder ein Pfarrer und wurde ihm ein Bauernhaus unter den 13 Höfen, in der Nähe des Rathauses, als Interimswohnung zugewiesen und später angekauft, das noch lange als Pfarrhaus diente. 1654 wird Rousselet de Hedival, Rat und Sekretär des Herzogs Franz von Lothringen, in dem Wald zwischen Wolfartsweier und Ettlingen samt seinem Diener meuchlings ermordet und in Wolfartsweier beerdigt. Ein ehemaliger Hauptmann, ein Baden-Durlacher, mit 6 Helfershelfern, hatten den Mord begangen und waren flüchtig geworden. (Fecht 680) Wie schwer die Gegend gelitten, geht aus der Beschreibung von 1679 hervor, da es bei der Aufzählung von Ettlinger Gütern oft heißt: liegt öd, oder sei unbebaut; obgleich seit Ende des Krieges bereits 30 Jahre verflossen waren. 1663 stiftete Markgraf Wilhelm von Baden-Baden für die Ettlinger Jesuiten das Collegium. Jn dem Stiftungsbrief heißt es: „Wegen des gefährlichen Zustandes, in den die kath. Kirche und die Reinheit des römischen Glaubens in der Stadt Ettlingen und in deren Amt durch die langen Kriege geraten ist und wegen des großen Mangels an Weltpriestern, so daß in diesem ganzen großen Bezirke nur Ein Kuratpriester sich befindet, haben wir zur größeren Ehre Gottes und um schweres Unheil abzuwenden, den Generalvikar des Jesuitenordens zu Rom, um Erlaubnis gebeten, ein Jesuitenhaus 3. Ordnung in Ettlingen zu gründen, damit die dortigen verirrten Seelen zum wahren Weg zurückgebracht werden usw.” Sie erhielten unter anderem jährlich 200 Gulden aus dem Gutleuthaus daselbst, 150 fl aus dem städtischen Spital, das Patronatsrecht der Pfarrei (30 ≡)
Ettlingen, die Einkünfte der Bickesheimer Kirche, 100 Klafter Holz usw. Auch die Pfarreien Ettlingenweier, Stupferich, Schöllbronn und Bulach wurden den Ettlinger Jesuiten damals zugeteilt. Bei den Zerstörungen im Orléans'schen Krieg (1689–97), als auf Befehl des Königs Ludwig XIV . seine Truppen unter Melac nach Heidelberg, Mannheim und Worms kamen und dort in bekannter Weise hausten und brannten, lagerte am 31. Januar 1689 das Serenji'sche Korps, 10 000 Mann stark, bei Rüppurr. Am 14. und 15. August 1689 fiel auch Ettlingen in die Gewalt der Franzosen und wurde beinahe ganz zerstört. Kolb berichtet, daß in diesem Jahr das hiesige Schloß zerstört worden sei, was aber widerlegt wird. Tatsache ist, daß am 26. Juni 1689 bei Beiertheim Feldlager der baier’schen und kaiserlichen Truppen war. Am 27. u. ff. August 1690 lagerte eine Menge Militär in der Gegend von Ettlingen und Rüppurr; die Zobor-Husaren und die kaiserliche Artillerie war in unmittelbarer Nähe des Schlosses und Dorfes Rüppurr. Auf einem Lagerbuchplan des vorigen Jahrhunderts steht das Schloß noch. Im selben Jahre, 1690, wurde in Ettlingen ein großer Teil der Stadtmauer zerstört und es sollte auf Befehl des französischen Königs die ganze Mauer niedergerissen werden, aber durch Vermittlung des Amtmanns Mohr blieb sie erhalten, „weil es sonst nicht möglich wäre, in Ettlingen zu wohnen, da kein Mensch weder zu Haus noch auf dem Felde vor den Husaren sicher ist.” Wie mag es erst auf den benachbarten Dörfern, hier, zugegangen sein? Wohl ähnlich wie wir aus Mönsheim hören. Nach 1698 sind dort 60 zerstörte Hofstätten leer, an Feldern liegen noch wüst und öd 40 Morgen Weinberg, 1000 Morgen Äcker. Es fehlte an Leuten und Vieh zum Bau; zudem mußte mancher sein Gut über täglichem Fronen und Jagen wüst liegen lassen; zu allem Unheil kamen noch Mißjahre (Hoffmann, Geschichte des Dorfes Mönsheim.) 1689 berichtet der Keller in Gottsau an den Markgrafen Friedrich Magnus: „Wenn die Zeiten nicht so miserabel wären und die Schreibmaterialien nicht so übel zu bekommen, wollte ich genauen Bericht erstatten, so aber muß ich bis auf hoffnungsreichere Besserung mancherlei zusammenziehen. Der Rippurer Früchte (nämlich deren Verkauf) kann ich mich nicht annehmen. Daß ich aber durch Amtsuntertanen solche Früchte nach Pforzheim führen lassen soll, bin ich viel zu schwach Eurer Durchlauchte wiewohl Leibeigene jedoch Pflichtvergessene Untertanen zu bezwingen. Als ich ihrer Durchlancht der Prinzessin Sachen aus dem Gewölbe zu führen, nur vier Fuhren ausschrieb, ist nicht nur kein einziger Bauer gefahren, sondern und zwar die Grätzinger haben mir durch den Büttel trocken und ohne Scheu ansagen lassen, der Teufel solle sie holen, wenn sie fahren, (31 ≡)
es könne befehlen, wer da wolle. Ich habe bis auf die Zeit der Zerstörung (von Gotttsau) an meiner Besoldung nicht weniger als 30 Gulden ausstehen. Der Bachvogel (Wiesenaufseher) von Blankenloch hat mir angezeigt, daß die dortigen Untertanen sowenig als andere vom Abmähen und Dörren des in Stutensee vorhandenen Grases etwas wissen wollen.” 1697 berichtet Pfarrer Obermüller von hier, daß er von dem Filial Wolfartsweier nicht das Geringste bekommen konnte, so lange diese Kriegszeit gewährt und daß er die sechs Jahre her nicht zwölf Gulden Wertes und weder von dem Widdumgut in Wolfartsweier noch von dem Flecken etwas genossen habe, dessen ihm die ganze Gemeinde Zeugnis gebe. Aber weil er vor zwei Jahren etwas von den Gütern zu Rippur zu verkaufen genötigt worden war, die jährlich vier Malter Korngülten ertragen, so bittet er diese, die schon im zweiten Jahr fällig seien, ihm zu erlassen. – Dies wurde ihm von dem Schultheißen in einem Bericht bestätigt: „Auf dem Bachmannschen Gut stehen seit 1688 jährlich vier Malter vier Simri und ⅞ Meßle Korn und 1 fl. 48 Kreuzer 2¾ ₰ in Geld, tut bis und mit 1695 in sieben Jahren 31 Malter vier Simri drei Meßle Gült und 11 fl. 47 Kreuzer Geld. Das Gut ist aber lange wüst gelegen und dann an Pfarrer Obermüller um 125 fl. im Jahre 1695 verkauft worden. Pfarrer Obermöller hat aber, weil er nicht gleich befuhrt gewesen, es nur in schlechten Bau gebracht und nur wenig Nutzen daraus gezogen.” 1698 klagt derselbe Pfarrer: „Das Dach der Kirche ist durchlöchert, so daß er bei nassem Wetter nicht trocken auf der Kanzel stehen könne und alles faule. Dazu seien die mit Brettern zugeschlagenen Fenster eine ziemliche Finsternis, dies sei dem Gottesdienst nicht wenig hinderlich, daher wären etliche Glasfenster sehr notwendig. Das Coral (Orgel) stehe hinten in der Kapelle und es sei ein übler Gesang wegen ungleicher Zusammenstimmung. Auch sei die Kirche an Festtagen viel zu klein. Das Kloster Lichtental sei zwar baupflichtig, aber es tue nichts.” Diese Klage wurde vom Keller bestätigt. Der kleine Zehnte des Klosters betrug im laufenden Jahr 20 fl und es hätte wenigstens die Fenster wohl machen lassen können. – Dies ist der Anfang eines Prozesses zwischen dem Kloster und der hiesigen Gemeinde wegen der Baupflicht fiir die hiesige Kirche. 1699 wurde befohlen, den Zehnten des Klosters Lichtental in Beschlag zu nehmen, um daraus die nötigen Reparaturen der Kirche zu bestreiten. Wer den kleinen und großen Zehnten habe, müsse nach dem Herkommen den Bau der Kirche leisten. Ein Kirchenvisitationsbericht von demselben Jahr 1699 und von demselben Pfarrer zeigt die Armut deutlich. Der Pfarrer hat dreimal (32 ≡)
bis auf vier Stück seine Bibliothek verloren, bisher aber etliche gute Bücher sich angeschafft Der beste Kelch ist von Kupfer und übergoldet, samt Patina und Kapsel, dann ein zinnerner Kelch. Bei der Taufe ist ein zinnern Plättlein und ein irden Krüglein gebraucht. Eine kleine Glocke von 60 Pfund ist vorhanden. Die Glocke ist auf dem Kirchhof vergraben gewesen, sonst wäre sie auch fortgekommen. Die Kirche ist so dunkel, daß niemand lesen könne, auch der Pfarrer im Winter kaum den Text. Das Almosen sei sehr gering, alles Kapital 100 Heller. Die Gemeinde sei ganz unvermögend und könne nichts geben, wie denn von Zins soviel als nichts eingehe, obschon die Almosenpfleger das Ihre täten. Der aufgeschwollene Zins von 1689 bis 1698 sei nachgelassen worden. Die Predigt und anderer Gottesdienst werde gar schlecht besucht; am Sonntag gehe es noch so hin, aber an Feiertagen (Aposteltagen) und in der Woche komme fast gar niemand; sie entschuldigen sich mit vielen Fronen und mit der Entlegenheit des Kirchleins, dadurch sie viel Zeit versäumen. Vordem sei die Betstunde auf dem Rathaus abgehalten worden, von dem Keller Weiß aber abbestellt worden unter dem Vorwand, es sei ein Fluchhaus. Es sei ein großer Fehler, daß die Wolfartsweirer keinen eigenen Schuldienst hätten, daher es komme, daß nur alle 14 Tage hier, in der Mutterkirche, eine Kirchenlehre könne gehalten werden, weil der Schulmeister mit dem Pfarrer hinüber nach Wolfartsweier gehen müsse. Keller W. traktiere die Leute nicht nur mit Worten, sondern auch mit Stockschlägen, wo er zukommen könne, übel und so habe er manche aus dem Lande vertrieben. Die Wolfartsweirer beschweren sich über den Stadtpfarrer B. in Durlach, daß sie ihre schöne Kirchenuhr der Stadt Durlach leihweise herausgeben mußten, unter der Versicherung, daß er gut dafür sein wolle. Aber da die Uhr verloren sei, wolle niemand dazu verhelfen. – „Rietbur” hatte damals 20 Bürgerehen, drei Hintersassenehen, einen Witwer, neun Witwen, 14 ledige Söhne und Töchter, 17 Schulkinder, 21 Unmündige; ledige Hintersassen 46, Knechte und Mägde 6, zusammen 160 Einwohner. Wolfartsweier hatte 51. Aber immer ist noch keine Ruhe. Ende des Jahres 1701 ent- brannte der spanische Erbfolgekrieg und währte bis 1714. Der deutsche Kaiser Leopold und der Franzose Ludwig XIV. waren für Verwandte Bewerber um den durch Tod erledigten Thron Spaniens. 1703 wird berichtet: „daß, als in kümmerlicher voriger Kriegszeit die armen, verhungerten Untertanen zu Ripur weder die gnädigster Herrschaft gültbaren Hofgüter hätten durchbringen können, noch die jährlichen Gülten abrichten, hätten sie solche Güter um ein schnödes Geld den ausgesessenen Beyertheimern überlassen. Dies sei 1699 gelegentlich der Renovation zu Rüppurr an den Tag gekommen (33 ≡)
Die Errichtung der „Ettlinger Linie” brachte 1708––11 viele Einquartierungen und Fronden mit sich, die selbstverständlich eine große Last waren. 1735 soll, um die Stellung bei Bruchsal zu decken, das niedrige Gelände von Ettlingen bis Philippsburg unter Wasser gesetzt werden. Der Plan war, von dem sogenannten Entensee bei Ettlingen aus, die Alb auf die Speckbrücke bei Durlach und von da in die Saalbach zu leiten. Diese Uberschwemmung begann am 15. Juni und zwar von der Ecke des Rüppurrer Waldes gegen Ettlingen; dort war eine Schleuße, welche die Hälfte der Alb gegen die zwei bisher ausgetrockneten Seen, dann durch das Horbenloch über das Kaninchenfeld gegen Rüppurr leitete, wo hart an der Mühle der Rest der Alb durch einen Kanal in den dortigen Schloßgraben, dann über die Wiesen nach Gottsau etc. geleitet war; bei Blankenloch zog sich die Uberschwemmung über Staffort, Bruchhausen und Ketsch in den Rhein; und noch im August stand das Gelände unter Wasser (Fecht 183), was unermeßlichen Schaden anrichtete. Im Ripurrer Feld allein wurde der Schaden auf 5600 fl. geschätzt, in jener Zeit eine sehr große Summe. 1715 den 17. Juni wurde, wie bereits erwähnt, Karlsruhe gegründet. Damit war den hiesigen Einwohnern eine neue Quelle des Verdienens und Erwerbens geöffnet, die sie auch fleißig benützt haben. Aber es währte noch geraume Zeit bis die Residenz emporkam und bis dahin hatte das Dorf noch oft mit Mangel und Not zu tun. Vom November 1745–47, beinahe zwei Jahre lang, lag in Durlach und in den Amtsdörfern wegen des österreichischen Erbfolgekriegs (1740–48) württembergisches und badisches Militär. In Rüppurr Hauptmann Honold und von Göler mit einer Kompagnie. (F. 186.) 1746 kam Karl Friedrich zur Regierung, der für Baden das war, was Friedrich der Große für Preußen. Er schuf eine tüchtige Schutzmannschaft, verbesserte das Gerichtsverfahren, half der Landwirtschaft und Forstwirtschaft auf. Junge Leute, auch etliche von hier, sandte er nach England um die dortige blühende Landwirtschaft kennen zu lernen, führte neue Nutzgewächse ein, Welschkorn, Runkelrüben, Tabak etc. etc. und unterstützte industrielle Unternehmungen. Das hiesige Kammergut sollte eine Versuchs- und Musterwirtschaft werden. Die Weide wurde abgeschafft, nach der neuen Erfahrung, daß von demselben Fleck, auf dem eine Kuh weidet, zum mindesten drei im Stalle gefüttert werden können und dabei vonjeder doch derselbe Nutzen gewonnen werden. Fleckvieh aus der Schweiz wurde hierher und nach Gottsau verbracht. Deutlich weisen in den Verzeichnissen die Namen: rot und rotscheckige Schweizerkühe, Federle, Blumi darauf hin. (34 ≡)
Als hier der Prozeß mit dem Kloster Lichtental wegen der kirchlichen Baupflicht bei dem Reichskammergericht in Wetzlar anhängig gemacht wurde, übernahm der Großherzog nicht nur die Prozeßkosten, sondern auch das nicht geringe Porto für Beförderung derProzeßakten, wegen der großen Armut der Gemeinde. 1769 erging das Urteil: das Kloster Lichtental ist schuldig zu bauen. Zwar appellierte das Kloster, jedoch ohne Erfolg. 1776 wurde die Kirche neu gebaut auf Kosten von Lichtental, dessen Zehnte so lange arrestiert wurden, bis die Bausumme mit 8305 fl 21 Kreuzer eingebracht war. Es ist dadurch dem Kloster vergolten worden, was es an den drei Brüdern von Rüppurr s. Z. verschuldet hatte. Aber ohne die Unterstützung des edlen Karl Friedrich hätte die hiesige Gemeinde den Prozeß nicht beginnen und nicht zu Ende führen können. Später wurde das Kloster durch einen Vertrag mit dem Landesherrn von seiner Baulast der hiesigen Kirche befreit und von diesem als dem Gutsherrn übernommen. In den 1760er Jahren wurde das Hauptgebäude des hiesigen Schlosses abgetragen; aber ein bewohnbarer Flügel stand noch 1807. 1771 kommt Ettlingen durch das Aussterben der Baden-Baden'schen Linie an Baden-Durlach. Dies hatte zufolge, daß 1773 der Jesuitenorden in Baden aufgehoben wurde, auch in Ettlingen, wo noch 20 Pater und 6 Zöglinge waren. 1782 wurde Wolfartsweier Von hier getrennt und als Filial zu Durlach gewiesen. Ein nicht erfreuliches Schicksal; denn anfangs war es selbständige Pfarrei, wurde dann Filial von hier und dann statt wieder selbständig zu werden vermöge seines ans ehnlichen Kirchengutes, kam es nach Durlach. 1790 heißt es: die Dorfrichter werden zwar bestellt, stehen aber so elend vor, daß man oft ganze Wochen keinen auf der Straße zu sehen, sogar manche 14 Tage hindurch nicht einmal einen Nachtwächter zu hören bekommt. Die Streifhusaren kommen zu Zeiten und haben bisher ihre Schuldigkeit getan. 1794 war Landesaufgebot zur Verteidigung des Vaterlandes, das durch Napoleon und seine Truppen von 1798––1815 schwer bedroht und gedrückt wurde. Am 3. August wurde mit 20 jungen Leuten hier exerziert; etliche die ungezogen waren, wurden auf etliche Stunden eingesperrt. Am 7. August wird berichtet, daß mit frischen Gewehren exerziert worden, daß alle sich eingefunden und aufmerksam und sittsam sich betragen hätten. Die Strafe hat also geholfen. Alte Gewehre waren hier 12 vorhanden. 1796 kam französische Einquartierung hierher. Durch sie wurde die hiesige Orgel aller ihrer Pfeifen beraubt und gänzlich ruiniert. Darnach kann man sich ungefähr denken, wie manierlich sie sich betrugen. (35 ≡)
Im Juli kam eine französische Schaar nach Grötzingen und plünderte dort für 17 300 fl, in Aue für 16 900 fl, in Wolfartsweier für 10500 fl. 1798 wird Von Pfarrer Ludwig eine „unparteiische Dar- stellung” der Gemeinde gegeben. Es sei dem Pfarrer in kurzer Zeit dreimal in seinem Keller eingebrochen worden. Die gewöhnlichen
(36 ≡)
sei nichts mehr zu bessern, aber hoffentlich an der kommenden. Das ganze Dorf bestand ehedem nur aus 14 Höfen, die zusammen ca. 386 Morgen Acker und 140 Morgen Wiesen besaßen und wenn man auf jeden Hof 20 Menschen rechnet, konnte man bequem leben, aber jetzt sind aus jenen 14 Höfen 103 Häuser und Höfe geworden, die über 519 Menschen zählen, von denen vielleicht 10 Familien ihr Brot bauen, die andern sind beständig im Taglohn. Er zählt die einzelnen Familien sorgfältig auf. Diese haben 12 Wallachen, 85 Stuten, 27 Fohlen, 4 Ochsen, 146 Kühe, 81 Kälber, 392 Schweine, 2 Ziegen, dazu viele Schulden, deren Zins die Hälfte oder ein Drittel ihres Einkommens raubt. Es sind nur 12 Familien, die für das ganze Jahr ihr Brot bauen, d. h. 10 und mehr Morgen Güter besitzen, es sind 26 Familien, die nur 6–8 Morgen besitzen und für 7–8 Monate bauen, dabei jede eine Schuld von ungefähr 500 fl habe; 13 Familien haben nur 4–6 Morgen und dazu 4–500 fl Schulden, 50 Familien, von denen die geringste ¼ Morgen, die reichste 3½ Morgen Güter habe und jede ist 2–300 fl schuldig, und bauen nicht für drei Monate Brot. 13 Familien haben gar keine Güter und ernähren sich bloß vom Taglohn. Die Einwohnerschaft macht bei ihrem großen Viehstand kaum die Hälfte ihres Heues; es sind 355 Stück Vieh; auf den Kopf nur 30 Zentner Heu gibt 10 650 Zentner; sie bekommt aber von 140 Morgen ä 40 Zentner nur 5620 Zentner. Deshalb treiben sie ihr Vieh auf alle möglichen Plätze, bei Tag und Nacht in die rings um das Dorf liegenden Wälder. Herrschaftliche Wiesen, Acker und Klee werden abgeweidet. Aber warum halten sie so viel Vieh? Durch das Taglöhnern verdienen sie nicht so viel als sie brauchen. Fabriken sind keine da, durch die sie Verdienst bekommen, das Spinnen wirft wenig ab und dann ist nicht immer jemand da, der ihnen damit zu verdienen gibt. Keiner gönnt dem anderen etwas, daher wird bei Versteigerungen alles auf das Höchste getrieben und zuletzt muß ihnen dann doch nachgelassen werden, weil sie nichts haben. Jetzt ist es die höchste Zeit dem Untergang des Dorfes zu steuern. Die Kinder kommen nicht in die Schule, sie müssen verdienen helfen. Dem Mangel wäre abzuhelfen durch Abtretung des Kammergutes an die Gemeinde, so daß die einzelnen Familien, der Anzahl der Familienmitglieder entsprechend, eine Anzahl Morgen in billige Pacht bekämen. – Aus dem Plan wurde natürlich nichts, aus naheliegenden Gründen. Wohl aber wurde von dem Markgrafen viel zur Hebung des Dorfes getan. 1754 wurden der Krapp-Bau-Kompagnie 25½ Morgen Acker vom Gut auf sechs Jahre verpachtet, à 3 fl. 45 Kr.; wegen des (37 ≡)
Zehnten mußte sie sich mit dem Kloster Lichtental abfinden. Die Kompagnie hatte aber empfindlichen Schaden und bat um Nachlaß; der Morgen wurde ihr nun um 1 fl. 15 Kr. gegeben. 1770 bekommt eine Leinwand- und Baumwollfabrik hier ein Privileg auf 15 Jahre und dieses wird 1782 auf 20 Jahre verlängert und dazu wird die Erlaubnis zur Leinwanddruckerei gegeben. Der Markgraf hatte das Kapital dazu vorgeschossen. 1770 wurde eine Leinwandbleiche eingerichtet auf dem Weidplatz mit fünf Morgen Wiesen und Wohnung in der Meierei, gegen jährlich 100Fl. von ursprünglich 150fl.; aber von 1819–37 gegen jährliche 120–160 fl. 1786 wird die Errichtung einer Lederfabrik an Thomas Harwey aus England bei dem Schloß dahier erlaubt, die später in eine Tabakfabrik umgewandelt wurde mit herrschaftlichem Vorschuß von 30000 fl. 1803 beschäftigte sie 26 ledige Burschen von hier. Im selben Jahr sind nur 23 zum Militärdienst taugliche Leute hier. 1792 wurde eine Essigsiederei und Brauerei und Branntweinbrennerei gebaut von Handelsmann Reuther und Griesbach; sie dürfen aber nicht im Kleinen verkaufen. 1803 wurde das Schloß zu einer herrschaftlichen Wollwäscherei und -Trocknung benützt. 1816, wurde eine Brotbäckerei für das großherzogliche Militär in den herrschaftlichen Meiereigebäuden eingerichtet. Da der Gewinn bei 1880 Mann = 470 Schuß Brot ä 2 Kr. per Schuß, jährlich auf 5715 fl. berechnet wurde, wurde der Plan gebilligt, trotz der Einrichtungskosten von 4435 fl. Mühle und Fruchtspeicher waren ja vorhanden. Oberbäckermeister W. Erxleben [1] wurde dabei angestellt. – Bei all diesen Anlagen arbeiteten die Hiesigen und hatten Verdienst. Auch mit dem Gut wurden verschiedene Versuche gemacht, um es ertragsreicher und für die hiesigen Einwohner nutzbringender zu gestalten; 1731-37wurde es verpachtet an Joachim Weiß und Jakob Billet von hier; 330 Morgen in drei Zelgen. Sie kamen aber in Gant, deshalb trat wieder Selbstverwaltung ein. 1758–70 kam es wieder an hiesige Bürger, gegen jährlich 2000 fl. Das Gut war in 20 Portionen verteilt. Ein Bürger konnte 2 oder 1½ oder ½ Portion nehmen, aber schon 1762 wird berichtet, daß einer der Beständer im Zuchthaus sei und auf 1766 wurde einer größeren Anzahl gekündigt. 1776 wurde Joh. Hügle von hier vom Markgrafen nach England gesandt, um sich landwirtschaftliche Kenntnisse zu erwerben; er war vier Jahre dort und wurde dann Pächter des Guts, aber wie es scheint ohne Erfolg, denn schon 1783 kam es an- einen Engländer Mr. Taylor, der aber sehr übel wirtschaftete. 1798–1806 wurde es an fünf Hiesige verpachtet, von 1815 ab an 38 Bürger von hier, und zwar 349 Morgen 37 Ruten, Acker å 9 fl. = 3143 fl. und 247 Morgen ein Viertel 23 Ruten Wiesen ä 12 fl. = 2968 fl. zusammen 6111 fl. 48 Kr.
(38 ≡)
Es mußte aber auch ihnen, wie den anderen, immer Nachlaß gewährt werden. Die Klagen über üble Lebensweise verstummen nicht. Hieß es 1765 von Wolfartsweier: es ist ein wohlgezogener Ort, die Leute sind christlich und größtenteils Liebhaber des göttlichen Wortes, so heißt es von Ripur: es ist eine sehr ungezogene Gemeinde, über die der Pfarrer nicht Meister werden kann, obgleich er wachsam ist. In etlichen Haushaltungen sind keine Bibeln, sie bekommen jetzt solche aus dem Almosen. 1804 lautet das Urteil noch schärfer: „Dieser ausgezeichnete Wohnsitz der Armut und der Lumperei, wo der Tochtermann des Schultheißen eine Wirtschaft hät, in der alle Sonntage bis morgens 2-3 Uhr gezecht, gespielt und getanzt wird usw.” – Glücklicherweise ist seitdem manches viel besser geworden, so daß ein bedeutender Fortschritt zu verzeichnen ist. 1783 am 23. Juli wurde von dem Markgrafen die Leibeigenschaft aufgehoben. 1788 heißt es darüber im Lagerbuch: Alle Ein- wohner sind bisher der Landesherrschaft mit der Leibeigenschaft verhaftet gewesen, da sie aber aufgehoben ist, so wurde es hier auch so gehalten. Dadurch wurde aufgehoben: der Abzugszoll, die Manumissionstaxe, das Landschaftsgeld, der Leibschilling, das Totfall- und Hauptrecht oder Besthaupt, soweit es nicht auf gewissen Gütern haftet, über die jederzeit bestimmte Träger bestellt sind. Am 13. April 1784 war die Gemeinde vorstellig geworden, das Totfallrecht auf ihren Höfen möge aufgehoben werden, aber es wurde nicht genehmigt. 1803 kam Rüppurr vom Amt Durlach zu dem Amt Karlsruhe. Während der Napoleon'schen Kriege fanden wiederholt Truppendurchzüge und Einquartierungen statt, die nicht nur viele Lasten, sondern auch böse Beispiele mit sich brachten. Die Kriegsfronen waren auch für hier sehr drückend. So mußten am 5. Mai 1810 20 Pferde und fünf Wagen in Rastatt sein, am 7. Mai 16 Pferde und vier Wagen, am 8. Mai zwei Pferde und ein Wagen, am 9. Mai vier Pferde und ein Wagen, am 11. Mai ebenso, am 12. Mai zehn Pferde und zwei Wagen usw. Auf 1. Januar 1811 waren hier 47 Froner und 59 Pferde, im ganzen Bezirk 1026 Froner und 1613 Pferde, vier Taglöhner und zehn Kuhbauern. Wenn die Fuhren nicht pünktlich eintrafen, kam Strafe für die Vorgesetzten, und zwar nicht geringe. In Rußheim wurde der Bürgermeister sofort um zehn Reichstaler gestraft. Von einer Husarenpatrouille wurde in Teutschneureut am 28. August 1809 in einer Nacht verlangt und mitgenommen: 200 Zentner Heu und 75 Bund Stroh. Ob und wie Rüppurr 1848 und 1849 beteiligt war, konnte nicht ermittelt werden. Es darf wohl angenommen werden, daß das (39 ≡)
Dorf seinen fürstlichen Wohltätern Treue gehalten hat, insbesondere dem gütigen Großherzog Leopold. In dem Feldzug 1870/71, der zum Deutschen Kaiserreiche führte, nahmen 48 Soldaten von hier teil. Unverletzt kamen zurück:
Verwundet wurden: Ludwig Kornmüller, Jakob Kornmüller (gestorben als Bürgermeister), Wilh. Obermeier, Ed. Lohner, W. P. Schlotzer, W. Dolde. Seit 1898 verbindet eine elektrische Bahn mit ½ stündigen Zügen das Dorf mit Karlsruhe und mit Ettlingen und den Staatsbahnen, wodurch Verkehr und Geschäfte ungemein erleichtert werden. 1903 wurde die hiesige chemische Fabrik zum großen Teil in eine Malzkaffeefabrik umgewandelt, was vielen Arbeit und Verdienst gibt. {{NE1903 trat die Großh. Domänendirektion in großem Entgegenkommen einen beträchtlichen Teil des Gewannes Göhren um einen sehr billigen Preis an Arbeiter Und Beamte ab zur Erbauung von Wohnhäusern mit Garten, unter der Bedingung, daß nicht damit spekuliert werde, was in entsprechender Weise in das Grundbuch eingetragen wurde. Es sind so eine Anzahl meist schöner Häuser gebaut worden, die dem Dorf eine Zierde sind und dem großen Mangel an besseren Wohnungen einigermaßen abgeholfen haben. Der Großh. Domänendirektion sei auch hier rückhaltlose Anerkennung ausgesprochen. Am 1. Januar 1907 wurde Rüppurr nach vergeblichen früheren Verhandlungen der Residenz eingemeindet. Die Eingemeindung des Dorfes war der Stadt sehr nahegelegt durch das städtische Wasserwerk, das den Rüppurrer Wald notwendig brauchte zu mehr Wassergewinnung Andererseits hatte (40 ≡)
V. Wirtschaftliche Verhältnisse im allgemeinen.1524 Lagerbuch heißt es: „Schloß und Flecken Ripur hat mit der Stadt Ettlingen eine gemeinsame Gemarkung, ist aber von beiderorts eigener Markung untersteint.” Erst 1756 wurden die Gemarkungen zwischen Ettlingen und Ripur, Wolfartsweier und Durlach genau festgestellt und rote Sandsteine mit Wappen gesteckt. 1561–1583 finden langdauernde Verhandlungen statt zwischen Markgraf Karl II. von Baden-Durlach und zwischen Markgraf Philibert von Baden-Baden wegen des Ablassens der Gottsauer Seen, namentlich des Rüppurrer Sees. Baden-Baden war wegen Scheibenhard und des Landstrichs bis Ettlingen hin häufig in Mitleidenschaft gezogen an dem Schaden, den das Wasser anrichtete. – Markgraf Ernst Friedrich machte diesem Ubelstand durch Anlage des Landgrabens ein Ende. (41 ≡)
1594 werden im Lagerbuch unterschieden 1) die zum Schloß gezogenen zinsbaren Lehen aus früheren Inhaber Handen und 2) des Schlosses eigene Güter. Auf des Schlosses eigenen Gütern wurde damals ein Leibgeding festgesetzt. Der Junker von Rüppurr, zurzeit Inhaber des halben Teiles von Schloß und Dorf Rüppurr, vermacht seinem lang gewesenen alten Diener Christoph Dissinger samt dessen Hausfrau, Magdalena Kies von Sultzbach, nachbeschriebene Güter, ihm, dem Christoph, zu Gunst und Vergeltung seiner getreuen Dienste und zu sonderer Freundschaft, ihnen beiden Lebenslang, ohne einige Verzinsung, einzuhaben, zu nutzen und zu nießen. Wann sie beide mit Tod abgegangen, sollen alsdann die Güter wieder zum Eigentum des Herren des Schlosses und des Dorfes Rüppurr fallen und gehören. Es sind 4 Morgen 3 Viertel 4 Ruten und 3 Morgen 4 Viertel und 4 Morgen 4 Ruten Acker und 2 Morgen 4 Viertel und ½ Morgen Wiesen. Aus demselben Jahr wird berichtet, der große See, 96 Morgen, ist jetzt zu einer Wiese gemacht und der Wolfsee, 61 Morgen, ist jetzt ein Acker. 1604 bekam ein Fuhrknecht auf dem Hofgut dahier an Lohn bei Barzahlung 20 fl, bei Herbstzahlung 37 fl – die Verzugszinsen waren sehr hoch – und für Wein 8 fl; ein Junge 16 fl oder bei Herbstzahlung 29 fl und für Wein 6 fl. Auf jeden Knecht rechnete man 4 Malter Korn im Jahr und 3 Malter Gerste und auf jede Magd 2½ Malter von beiden Früchten; laut Rechnung. 1613 antwortet auf eine Anfrage der Herrschaft an die Städte, wie mehr gespart werden könnte, unter anderem Rastatt: Roggen und Gerste diene den Vornehmen, Gerste und Haber den Ärmeren zu Brot; Rüben und Kraut seien ihre Küchenspeisen; der Vornehmste esse jährlich höchstens 15 Pfund Fleisch und verkaufe sein Schwein, aber an der Kirchweih rüste sich Hoch und Nieder, da müsse gemetzelt sein und wenn einer ein Schwein, Schaf oder Kalb habe, müsse es in 2–3 Tagen verzehrt sein. Auf die Anfrage, ob in der Kleidung nicht gespart werden könne, antwortet dieselbe Stadt: diese sei so gering, daß der Bürgermeister gemeiniglich „als sein schönst Kleid ein weiß wullen par Hossen hat, oder so er’s vermag, von gesprengtem (buntem) Tuch Hoßen und ein barchent Wamms.” „Ebenmäßig auch das Weibsvolk ist in der Kleidung so schlecht, daß hierin nichts vorzunehmen nöthig ist.” (Gerade wie jetzt!) (F. 676) 1614 wurde von den Landständen der oberen und unteren Markgrafschaft, unter denen von Rüppurr Stefan Fink war, wie auch schon 1605, zur Beförderung der Schuldentilgung beschlossen: (42 ≡)
1) Es solle künftig bei Hochzeiten die Morgensuppe und Schlaftrünke, wie auch an beiden Hochzeittagen die Nachtimbisse abgestellt werden. Bei Kindtaufen dürfe höchstens ein einziger Tisch Weiber mitfeiern. Bei diesen und anderen Gastereien dürfen nicht über 5 oder höchstens 6 Essen aufgetragen werden. Uebertretungen werden unnachsichtig gestraft. 2) Bei den Feldrügungen soll das übliche Geld nicht mehr verzehrt, sondern jeder Gemeinde zum Besten angewendet werden. Z) Wegen der Kleidung, mit der viel unnützer Aufwand getrieben werde, wird eine notwendige Ordnung erlassen. 4) Wer mit Wein und Frucht handelt, soll von jedem Malter 1 Batzen (4 Kreuzer) und von jeder Ohm Wein 6 Kreuzer entrichten. 5) Die Abzugsgebühr wird von 10 fl aus 12 fl erhöht. Diese 2 fl erhält die Landschaft. 6) Jeder Untertan muß von jedem Schwein 6 Pfennig geben. 7) Jeder neue Bürger soll über das herkömmliche Bürgerannahmegeld noch 2 fl an die Landschaft zahlen. 1633 wird von dem Keller gefragt, ob das Stück Weideplatz, 4 Morgen groß und 2 Morgen bei der Zenlach gelegen, so die Herrschaft der Gemeinde Rüppurr gegen jährlich 2 fl Zins zu einer Wiese überlassen habe, den die Gemeinde aber nun verkauft und nie einen Zins davon bezahlt habe, ihr eigentümlich überlassen worden sei. – 1661 wird in einer Rechnung bemerkt, daß die Froner täglich 12 Kreuzer bekommen und eine Maß Wein, wie üblich. – 1676 werden die 40 Morgen Herrschaftswiesen auf Ettlinger und Rüppurrer Gemarkung eingesteint durch 50 Steine mit fürstlichem Wappen. Von 1688–99, also für 12 Jahre, bleiben zu Rüppurr der gnädigsten Herrschaft in Rückstand an Geld 323 fl, Kapaunen 33 Stück, Gänse 99 Stück, alte Hennen 264, junge Hennen 818, Käß 1760, Roggen 639 Malter 3 Viertel, Haber 10 Malter. –- ¾ wird erlassen, aber das letzte Viertel muß in den nächsten Jahren bezahlt werden. 1688 hatte Rüppurr wieder 20 Bürger, 1698 aber nur 10. – Wolfartsweier hatte sechs Häuser mit einem Schaden von 9840 fl verloren, Rüppurr zwar kein Haus, aber 11039 fl Schaden. Ahnlich war es in anderen Hardtorten Die Felder lagen zum Teil herrenlos und unbebaut, die halbe Gemarkung wurde Weideland. Von der Entwertung des Bodens geben die Güterpreise eine Vorstellung Nach 1692 wurde für 1 Viertel Acker 4½ fl bezahlt, für ½ Morgen Wiesen 4 fl, während 1687 der Morgen Wiesen 293 fl gegolten hatte. – 1691 überfielen französische Truppen von Hagenbach aus Stadt und Amt Durlach weil die Contribution nicht bezahlt worden war, und nahmen eine Anzahl Männer, darunter zwei von hier, als Geiseln nach Philippsburg. (43 ≡)
1702 wird dem Müller Fr. Biterolf dahier gestattet, zwei Morgen Acker von dem Wald mit alten großen Eichen auszustocken im Rüppurrer Bann, bei dem sogenannten Rindlen, und er bekommt sechs Freijahre. –- 1703 kostet der Morgen gutes Ackerfeld 18 fl., sieben Viertel 45 fl., zwei Viertel 7 fl. 30 Kr. – 1705 bitten drei hiesige Bürger ein Stück Land 1½ Morgen, bei dem See, ehemals Wolfsee genannt, der seit 100 Und mehr Jahren nicht mehr geputzt worden ist und mit großen Eichen, Aspen, Erlen und Hecken verwachsen und mit viel Wild, das großen Schaden tut, als Eigentum zu kaufen. Sie werden aber abschläglich beschieden, weil die Herrschaft die Sache selbst und gründlich besorgen lassen will. –- 1710 wird entdeckt, daß eine Anzahl Bürger von hier an einen Beyertheimer von den Kellereiwiesen, Äcker, Wiesen und Lehensgüter verkauft und an den Keller Schmauß 190 fl. Auslösungsgelder bezahlt haben. Sie haben 8 fl. bar und dann an Früchten abgerechnet 103 fl. und hätten noch 78 fl. zu bezahlen. Die Herrschaft hatte dazu keinen Konsens gegeben. – 1713 bittet die Gemeinde Rüppurr um einen erklecklichen Nachlaß an ihren, der Kellerei dahier schuldigen Gülten, nämlich 169 fl. 17½ Kr., wegen Kontribution. – 1715 wird berichtet, daß die Jesuiten zu Ettlingen vor einigen Jahren auf eine Wiese zu Rüppurr ganz einseitiger und heimlicher Weise einige Steine gesetzt haben, mit einem Sigill Jus und der Jahreszahl 1648; es wird durch Augenschein bestätigt. Der Stein wird ausgehoben und zerschlagen. Jm selben Jahr wird an Hans Georg Müller, Kuhhirt hier, ein Plätzlein vom herrschaftlichen Schloßacker, 1 V. 12 Schuh groß, zu einem Haus um 16 fl. 30 Kr. abgegeben, zu einem ewig unablöslichen Bodenzins zu 2½ P. oder 10 5/7 Kr. 1716 wird die Auswerfung des Hägenacher Bruchgrabens, etwa 500 Ruten ä 12 Kr. = 100 fl., geplant, der zur Trockenstellung des Ettlinger Sees führen soll, daß mit der Zeit solcher zu einer Wiese werde, darin geheut werden könne. Die gemeinschaftliche Gemarkung, die gnädige Herrschaft Baden-Baden, hat sich schon vor 37 Jahren nicht dazu verstehen wollen. Jetzt wurde er gegraben. Die Kosten für Rüppurr betragen 31 fl. 41 Kr. Diese werden von der Herrschaft übernommen; die Rüppurrer sollen es aber nicht erfahren. – Jm selben Jahre wird von der Herrschaft ein Stück Wiese, 1 V. 30 R. um 5 fl. 30 Kr. verkauft, dazu jährlich ein Vierling Roggen und ein Käß. Daneben müssen aber auch die im Rückstand gebliebenen Kapitalzinsen mit 1 fl. 3 Kr. heimgezahlt werden. 1718 hat Hans W. Becker ein Häuslein für 35 fl. verkauft, wovon dem Hans Hang in Epfenbach 25 fl. bezahlt werden sollen. Dieser hat von der Kellerei 13 fl. 35 Kr. empfangen, muß sich aber wegen der übrigen 11 fl. an dem Werkzeug des Becker schadlos halten, das aber nur 10 fl. wert ist. Sonst (44 ≡)
ist nichts vorhanden, außer wenn er wieder zu Kräften kommt. – 1723 besaßen 34 Hiesige anf Ettlinger Gemarkung Grundstücke. –- 1726 soll Rüppurr 188 fl. Renovationskosten des Lagerbuches zahlen, beschweren sich aber sehr energisch dagegen aus verschiedenen Gründen namentlich auch deshalb, weil die Arbeit in viel kürzerer Zeit hätte geleistet werden können. - 1728 wird ein halbes Viertel Herrschaftsfeld an Speck, Untertanen und Schuhmacher zu Rüppurr, zur Erbauung eines Häusleins abgegeben, gegen 20 fl. und 12 Kr. jährlichen Bodenzins; ebenso an J. Schöchle· – 1739 kaufen Jakob Leutz, Jakob Becker und Gg Fr. Furrer, Einwohner hier, einige Wiesenstücke von der Herrschaft und in Ermanglung barer Zahlung werden drei Obligationen ausgestellt für 2½ Morgen zu je 63 fl., 63 fl. und 32 fl. 1737 hat der alte Schultheiß S. hier eine Herrschaftswiese von 2½ Morgen an sich gezogen. Er sagt, er habe sie gesteigert um 103 fl. und diese jährlich mit 5 fl. 9 Kr. gezinst, seit 40 Jahren. Er muß sie wieder an die Herrschaft abtreten. 1740 werden zur Machung des Weges von hier nach Karlsruhe ausgegeben 450 fl., 1741: 709 fl., 1742: 1036 fl. Sa. 2238 fl. Weggeld wurde erhoben, von jedem Stück Zugvieh ½ Kr., ausgenomme herrschaftliches, und muß zur Unterhaltung des Weges beitragen 1743 Juni bis März 1744 100 fl. 33½ Kr. 1744 wird es erhöht auf 1 Kr. per Stück Vieh und ½ Kr. per Person zu Fuß. Der Zoller und Geldeinzinser Billet erhebt es. Beiertheim wird davon befreit. 1742 werden fünf Viertel Acker in dem Hungerloch, die der gnädigen Herrschaft als Caduc heimgefallen sind (Caduc ist ein dem Lehensherrn wieder zurückgefallenes Gut), an Anwalt J. Frieß und alt Hery Kornmüller verkauft. Niemand wollte sie gerne geschenkt annehmen. Beide kaufen es auf langes Zureden um 10 fl. mit allen Lasten und Zehnten. – 1743 wird ein Wehr gebaut oberhalb der Rüppurrer Kirche, das die allzustarken Albwasser durch den Reiherbach abführt. 1745 ist das Ufer der Alb so ausgespült, daß eine Faschinenwand von der Kirche bis zu dem neuen Wehr gelegt werden muß. Es werden dazu verwendet 1650 Stück Faschinen, 4000 Stück Stickel, 10–16 Fuß lang, 600 Stück Weiden, 4000 Stück Ettergurten. 1746 dürfen die Rüppurrer ihr Geflügel und ihre Schweine nicht mehr auf die herrschaftlichen Acker laufen lassen, sondern müssen ihre Höfe mit lebendigen Zäunen zu machen. (Und dürfen jetzt auch ihre Enten Und Gänse nicht mehr auf der Alb schwimmen lassen und müssen sie deshalb abschaffen, was für das Dorf eine große Einbuße bedeutet und leicht könnte geändert werden.) In demselben Jahre berichtet der mit der Visitation des Kammerguts beauftragte Beamte, daß der dortige Aufseher das Gut in nützlichen und erträglichen Stand gebracht, es immer besser ausnützen (45 ≡)
möchte, ob er schon mit den Inwohnern zu Rüppurr, die mehrenteils um sich zu greifen gewohnt und vornehmlich mit ihrem Vieh auf Feldern, Wiesen und Weiden Schaden verursachen, vielfältige Händel und Zänkerei habe, woran er sich aber nicht kehre. Er hat 32 Stück Kühe und Farren und Kälber. Die untere Wiese wird von den vielen Wildschweinen sehr verwüstet. Die Rüppurrer grasen und rupfen auch die Frucht mit aus, ziehen mit ihren Pferden auf die herrschaftlichen Wiesen uud drohen dem Aufseher und seinen Knechten Hals und Beine abzuschlagen; sie seien aber nicht dazu berechtigt (nämlich zum Weiden); Sie werden mit ½ fl. gestraft für jedes Stück und das Vieh ist zu pfänden bis die Strafe erlegt ist. – 1749 ist eine Herrschaftswiese in Faudenbruch 44 M, 20 R. groß zu verpachten. Die Gemeinde bietet per Morgen 3 fl 30 Kr., aber nicht mehr, weil sie schlecht sei und oft unter Wasser. Die Gemeinde hat aber kein Gebot getan bei der Versteigerung, sondern will es für sich in der Gemeinde austeilen und lehensweise 3 fl 30 Kr; per Morgen, sind 154 fl. 26¼ Kr., geben. Sie soll aber, 4 fl. geben, gibt aber nur 3 fl. 30 Kr., und es wird genehmigt. – Im selbigen Spätjahr klagt die Gemeinde, durch die Holländische Flößgesellschaft habe sie großen Schaden an ihrer Wiese gehabt, das Heu sei ihnen gänzlich verdorben; sie bitten um Nachlaß. Nach der Untersuchung ist der Schaden aber nicht durch Flöße, sondern durch Regen und Uberschwemmung entstanden und beträgt nur ein Drittel des angegebenen. 1751 ist ein Äckerle in der Schelmengrube 1 V 6 R. von der Herrschaft zu verpachten. Es haften aber acht Stück Gänse darauf und wenn diese bleiben sollen, sei es geschenkt zu teuer. Wenn nur die Gült, der Zehnte und die Schatzung darauf bleiben, werden 20 fl. und zuletzt 35 fl. geboten. Es wird nun auf nur drei Jahre verpachtet und-um 7 fl. abgegeben. 1754 wird es wieder auf sechs Jahre verpachtet um jährlich 3 fl. 45 Kr. Genauen Einblick in die Güterverhältnisse gibt das Lagerbuch 1743 von F. Dietrich, darin die der Einwohnerschaft gesamten, sowohl zinsbaren als zinsfreien Güter beschrieben werden. Die Herren Patres Jesuiten haben 3 Viertel 10 Ruten Wiesen und 2 Viertel 32 Ruten und 3 Viertel 14 Ruten auf die Krautäcker stoßend. Das Stift Ettlingen hat im Obernfeld l Viertel 32 Ruten, am Bruchartsweg l Morgen 3 Viertel, auf den See stoßend 2 Morgen 3 Viertel 29 Ruten; 1 Morgen 2 Viertel in Steinäckern, 3 Viertel 21 Ruten im Schilfrain, 1 Morgen 1 Viertel 37 Ruten am See. Im Unterfeld: 1 Morgen 38 Ruten am Ettlinger See, 3 Morgen auf die Wiesen, 1 Morgen 1 Viertel 35 Ruten im Otterswinkel, [1] 1 Morgen 6 Ruten auf der Bußwieß, 1 Morgen 12 Ruten auf die
(46 ≡)
Gaß, 1 Morgen 2 Viertel am Hungerlochbruch, 1 Morgen 1 Viertel dto., 1 Morgen 3 Viertel dto., 2 Morgen 2 Viertel beim Karpfen, 3 Viertel in dem Wiedloch. Ettlingen, die löbliche Stadt, hat im Oberfeld: 1 Morgen 6 Ruten am Offenhardter Weg. Gnädigste Herrschaft zu Baden-Baden: 1 Stück Wiese, die Hauerswiese genannt, zwischen dem Stadtwald und dem Oberherle ringsum gelegen. Herr Oberstmarschall von Schilling hat 26 Morgen 1 Viertel Wiesen in dem Riesert oder Bittnertwald gelegen und ringsum von gedachtem Wald umgeben. Der Schultheiß Hans Jakob Kußler hat Haus und Hof 2 Viertel 4 Ruten mitten im Dorf, 1 Viertel 2 Ruten Garten unten im Dorf, neben dem Pfarrgarten, hinten auf die Alb; im Oberfeld 10 Morgen in 16 Stücken von 30 Ruten an bis 2 Morgen; im Unterfeld 7 Morgen in 11 Stücken von 1 Viertel 20 Ruten bis 1 Morgen 2 Viertel 4 Ruten, Wiesen 7 Morgen in 9 Stücken von 1 Viertel an bis 1 Morgen 3 Viertel 30 Ruten. Jakob Stoll hat eine Behausung 1 Viertel 8 Ruten Acker im Oberfeld, 8 Morgen in 15 Stücken von 1 Viertel 20 Ruten an bis 1. Morgen. Wiesen 2 Morgen in 7 Stücken von 30 Ruten bis 1 Morgen. Magdalene Pfattmeier hat Haus und Hof 1 Viertel 60 Ruten Acker 1 Morgen in 3 Stücken, und Wiesen 1 Viertel 67 Ruten in Z Stücken. – Es ist hiermit der Besitz eines der reichsten Bürger eines der mittleren und eines der ärmeren angegeben. Der Gemeindeflecken Rüppurr: Rathaus und Schulhaus. Äcker keine. Wiesen: Die sogen. Hausalmendwiese 6 Morgen 2 Viertel 34 Ruten, die ringsum mit einem Graben umgeben und alljährlich unter die Bürger, so Hausalmendhennen zu reichen haben, nach Proportion ihrer zu geben habenden Almendhennen, frisch aufgeteilt wird. – 3 Viertel 13 Ruten die sogen. Farrwies in den Almendstückern, einerseits die Herren Jesuiten in Ettlingen; 1 Viertel 20 Ruten neben der herrschaftlichen Amtmänninwies. Häuser sind es 53 mit 60 Hofraiten. Darunter sind 21 totfällige Häuser. - 4 Ziehbrunnen stehen mitten auf der Dorfstraße. Das Pfarrhaus ist die 14. Hofraite. Der Mößner hat 1 Morgen 6 Ruten anf dem Wolssrain, 1 Morgen 3 Viertel im Großen Hürstel, 2 Morgen 9 Ruten der Gottesacker, 3 Viertel 34 Ruten im Schlauch am Durlacher Weg. Den Farren muß der Bürgermeister halten und bekommt des Jahres zu genießen 1 Viertel 20 Ruten Wiesen und bei der Amtmänninwiese (47 ≡)
3 Viertel 3 Ruten. Gleichfalls muß der Bürgermeister den Eber auf gemeinen Flecken Kosten bestallen und erhalten. Ein Büttel und Dorfschütz hat von des Klosters Zehnten auf Rüppurr eigener Gemarkung jährlich 12 Korn- und 12 Hafergarben und von der Gemeinde Markung auch 12 Garben. Ein Feldschütz hat von jedem Bürger 2 Korn- und 2 Hafergarben; ebenso von jeder Feldrügung 1/3, die andern 2/3 gehören der Herrschaft. Ein jeder in Rüppurr angenommener unverbürgter Hintersaß muß gnädigster Herrschaft 4 fl als Schutzzoll erlegen, jedoch dann auch noch die Handfronen tun und so lange er keine liegenden Güter besitzt, alljährlich 1 fl Hintersaßschatzung entrichten. Die Untertanen haben Weidgang, aber ganz nach Bestimmung der Herrschaft. Die Schweine im Schloß muß der Gemeindehirte aus- und heimtreiben; jeden Schaden muß die Gemeinde ersetzen. Zu dem Schloß und dessen Gütern sitzen die Untertanen und Inwohner zu Rüppurr im Dorf zu täglichem, ungemessenem Frondienste. Flurnamen der Acker sind: Bildheckeracker 41 Morgen, Holzackergut 17 Morgen, Lattichacker 19 Morgen. Zelg Wolsartsweier. Zelg gegen dem Dorf oder dem Bühl 121 Morgen. Zelg Durlach 128 Morgen. – Flurnamen der Wiesen: Entenwiese 4 Morgen, bei der alten Schanz 7 Morgen, die Amtmännin 8 Morgen, Salmenwiese 24 Morgen, Obermühlwiese 33 Morgen, Untermühlwiese 21 Morgen, Hühnerwiese 40 Morgen. Diese drei letzten Wiesen müssen die Rüppurrer in der Fron mähen, heuen, einfahren und legen. – Kleine tiefe Reuthwiese 5 Morgen, große tiefe Reuthwiese 8 Morgen, Aichstattwiese 11 Morgen, das sogen. Dorfbruch 78 Morgen, Fautenbruch 44 Morgen, Spitzwiese 6 Morgen, Seewiese 21 Morgen, der große Schellenberg 32 Morgen, der kleine Schellenberg 23 Morgen, der hintere kleine Hurstel 1 Morgen. Summa 380 Morgen 1 Viertel. Dem Ripurer Schloß eigentümliche Wayd: die Nachtwayd, 27 Morgen, der Haberacker 16 Morgen, die Dammer Stockwayd 25 Morgen, der Wolfsee 23 Morgen, die Hungerlach 17 Morgen, die Baumgartenwayd 12 Morgen; ein alter Weg gewesen neben dem Leininger Stein 2 Ruten, die sogen. Tricher 2 Morgen, die Gänswayd 2 Morgen, Summa 127 Morgen. – Wälder, Hölzer und Eckerten samt Trieb- und Waydgang: der Winkelwald, mit einem Markstein, die wilde Sau genannt, 204 Morgen, der Matzenratwald 178 Morgen, der Bittnert und Rüßnertwald 495 Morgen. Darin liegt die von Schillingwiese 26 Morgen. Der Baumgartenwald 10 Morgen. Summa 1228 Morgen 3 Viertel 20 Ruten. Jedes Jahr haben die Rüppurrer die Gerechtigkeit, zu ihrer ziemlichen Notdurst Bau- und Brennholz an unschädlichen Orten und (48 ≡)
sonderlich von Windfällen und anderem abgehenden Holz zu nehmen. Nur die Latten haben sie bisher gekauft und gezahlt. Dafür müssen sie der Herrschaft jährlich aus solcher Waldung 50 Klafter Holz fällen und aufmachen und in das Schloß führen gegen 3 fl 34 ²/3 Kr. Gemeine Wald und Nutzbarkeit: mit Ettlingen ist gemeinsam der Hegenacher Bruchwald 30 Morgen; die gnädige Herrschaft hat davon 1/3 oder den 3. Stamm oder das 3. Klafter; die Stadt Ettlingen ²/3; ebenso das Eckerich und die Waidgerechtigkeit. Fischwasser, See und Wiesen: Alb mit allen Gräben so in die Alb fallen, gehören der gnädigen Herrschaft. Aber der Graben, so von Ettlingen durch das Hegenacher Bruch und Gemarkung herabgeht, ist mit Ettlingen gemeinsam zu fischen bis zu Anfang der Rüppurrer eigenen Gemarkung. 1752 nahm der Kienholzverkauf so überhand, daß das Holz mit Wagen nach Karlsruhe geführt und verkauft wurde und gute Stämme angehauen und ruiniert wurden. Darauf wurde der Verkauf gänzlich untersagt, dann aber wieder erlaubt unter der Bedingung, daß nur Stumpen dazu gebraucht werden dürfen, aber keine Stämme. Doch war der Holzfrevel in dem nahen Ettlingen noch schlimmer, denn 1765 mußten Gemeindebeamte wegen Holzunterschlagung, heimlichen Verkaufs von Gemeindeholz nach Karlsruhe etc. etc. zu Strafen verurteilt und ihres Dienstes entlassen werden. · 1753 erfolgt das amtliche Gebot, daß auf einem einfachen Hausplatz nicht zwei Häuser gestellt werden dürfen, wie auch auf unprivilegierten Hausplätzen nur ein Gebäu aufgeführt werden dürfe. Die neuen Gebäude sollen von Stein sein und nicht von Holz, wie in der Regel geschehe, da die Rüppurrer das Holz meist gratis empfangen haben, was hoher Herrschaft höchst schädlich. 1761 wünscht die Gemeinde bei einem Vogtgericht hier, daß die Landstraße, die bisher neben dem Hofgut Scheibenhart nach Ettlingen ging, durch ihren Flecken geleitet werden möchte, was auch befürwortet wird. Ebenso wünscht sie ein Stück Herrschaftswiese von 44 Morgen käuflich oder bestandsweise an sich zu bringen. – Der Hägenicher Bruchwald wird ausgestockt und zu einer Wiese gemacht; er gehört 1/3 gnädiger Herrschaft und ²/3 Ettlingen. Es sind 30 Morgen 1 Viertel. Die Herrschaft zahlt an Unkosten 29 fl 50 Kr. – 1764 wird die Bewässerung der Herrschafts- und der Rüppurrer Wiesen, von der Ettlinger Gemarkung bis an die Mühle zu Rüppurr aus dem Albfluß beantragt, ebenso die Erbauung eines Wehrs oberhalb des Dorfs, unweit der hohen Brücke. „Der sowohl an Brot als auch an Fütterung für das Vieh notleidenden armen Gemeinde Rüppurr wäre es zu gönnen, wenn auf ihr trockenes und ausgemergeltes Wiesental eine gute Wässerung eingeleitet werden könnte.” Die Herrschaft hat in diesem Tal, im Faudenbruch 43 Morgen, (49 ≡)
im Dörflich 72 Morgen Wiesen, zusammen 116 Morgen; die Rüppurrer haben höchstens 113 Morgen Wiesen· – 1765 wird ein Spießträger hier erwähnt, der dem leidigen Bettelgesindel wehrt. – 1766 wird der Verkauf von Brennholz den Hiesigen verboten, weil sie das Holz nur für ihre eigene Notdurft aus dem Herrschaftswald holen dürfen. – 1766 wird ein Acker, 2 Viertel, in der „Schelmengrub” an den Meistbietenden verkauft; Ein Bodenzins von 8 Stück Gänsen haftet darauf auf ewige Zeiten, auch der Zehnte muß gegeben werden. Der Käufer kann bar bezahlen oder mit 5 Prozent gegen Obligation verzinsen. Da aber die 8 Gänse ein sehr beschwerlicher Bodenzins seien, wollen sie es zehntfrei oder gar nicht steigern. Nun wird geboten, anfangend mit 24 Kr. –- die Namen der Steigerer sind angegeben –, bis 9 fl von Gg. Weiß. Man gab den Steigerern lange Bedenkzeit, aber sie boten nicht mehr. Da befürchtet wird, daß der Kloster Lichtentaler Schaffner in Ettlingen den Zehnten anheischig mache, so wird es als Hausplatz angesehen, der vom Zehnten frei ist. 1768 bekommt das Dorf zu den Kosten der Pflästerung der Dorfstraße auf beiden Seiten einen Beitrag von 100 fl. Der Weg kann bei Regenwetter ohne die größte Gefahr nicht benützt werden; in Winterzeit kann nicht einmal ein Nachbar zum andern gelangen vor dem vielen Morast, Sumpf und verfaulten Faschinen, mit denen die Straße gefüllt war. Die Rinnen zu pflästern kostet 218 fl 24 Kr. - 1770 wird als höchst notwendig eine Brücke über den Reiherbach beantragt, weil alles Heu von mehr als 150 Morgen herrschaftlicher Wiesen durch den Bach geführt werden müsse. Der Anschlag wird auf 168 fl gemacht und ausgeführt. – 1773 ist dem Fr. Dolde ein Teil seines Häusleins eingestürzt Und er steht in Gefahr, daß das übrige auch nachstürze und er samt den Seinigen im Schutt begraben werde. Er bittet Gnädige Herrschaft um Hilfe und erhält solche. 1768 wurden eingeschätzt: Gärten 3 Morgen, 3 Viertel; Äcker 404 Morgen 2 Viertel; Wiesen 133 Morgen 1 Viertel; Allmend nichts; und es mußten entrichten an Schatzung: Rüppurr 114 fl, Hagsfeld 215 fl, Eggenstein 677 fl. 1774 war der Güteranschlag nach dem Schatzungsfuß der Forstverwaltung: Rüppurr nur 306 fl 50 Kr., während Rintheim 3041 fl, Wolfartsweier 3786 fl und Ellmendingen 14,849 fl aufwies. 1776 wird bemerkt, daß die Hiesigen nicht fronen, außer zum Schloßgut dahier, während andere Orte, wie z. B. Eggenstein, Linkenheim Steine führen mußten zum Spital in Karlsruhe aus dem Roßgärtlebruch und zum Akademiegebäude. – 1775 wird festgestellt, daß bei den Fronfuhren auf eine Fuhre 1 Maß Wein und 1 Pfund Brot oder bar von der Herrschaft gegeben werde. – 1777 bittet die Gemeinde um Nachlaß ihrer Schuld von 24 fl an die Forstkasse. Sie habe (50 ≡)
das Faudenbrucheck mit 1½ Morgen auf 5 Jahre zu genießen be- kommen, derart, daß sie das erste Jahr das Gras mähe und dörre, die übrigen Jahre aber mit der Sichel grase und zwar zur Unterhaltung eines Farren. Dagegen solle die Gemeinde den Platz mit Holz anpflanzen auf ihre Kosten und wenn solches nicht geschieht, solle sie für jedes Jahr 4 fl zahlen, sind 21 fl 54 Kr. Da das Holz nicht gepflanzt worden ist, ist sie die 21 fl schuldig und für zwei Stämme Eichen 3 fl 24 Kr., zusammen 24 fl 57 Kr. Als Grund gibt sie an, daß ihr nichts abgefordert worden sei. 10 fl 37/2 Kr. werden ihr nachgelassen. –- Zur selben Zeit bittet der Ettlinger Bürgermeister und Rat, daß die Unterhaltung des Albfluss es aus die Landeskasse übernommen werde. Sie hätten so viel mit Säuberung und Unterhaltung der Murg, Federbach und des Rheindamms zu tun, daß, wenn nicht in dieser Weise Billigkeit geübt werde, die Stadt Ettlingen in wenig Jahren nichts als bettelarme Bürger zu Inwohnern behalten würde. Die Reinigung der Alb und der damit verbundenen Gräben kostete im Jahre 1772: 7264 fl. Die Stadt bekommt Erleichterung –- 1778 machte ein Hiesiger, der Zoller Kiefer, wegen des Entensees, ein Acker von 41½ Morgen, folgende Eingabe: „Das Feld bringt keinen Ertrag, da es nur alle 2 Jahre gebaut wird. Da Ew. Hoheit auf alle mögliche Weise den Ackerbau als eine Quelle der bürgerlichen Nahrung und des Wohlstandes landesväterlich zu befördern sich zum preiswürdigen Augenmerk genommen haben, so wage ich zu bitten, mir den Platz um 500 fl überlassen zu wollen.” Das Stück wurde aber von vier Hiesigen in Teilen ersteigert um 1051 fl und dann bot der Müller Biterolf 1082 fl ohne Akzis etc. etc. – Im selben Jahr soll in der Wässerungseinrichtung der herrschaftlichen Seematte zwischen Rüppurr nnd Ettlingen, der vorhandene Abzugsgraben geräumt und tiefer gelegt werden, was auch geschieht; die laufende Rute Um 38½ Kr. – Die Gemeinde bittet um Nachlaß des schuldigen Waidgeldes mit 27 fl; 10 fl werden nachgelassen. – 1780 bekommen Ad. Schnäbele und Fr. Kiefer zur Erweiterung ihrer Höfe jeder 20 bis 30 Ruten, den Morgen zu 100 fl gerechnet. Sie sollen aber eine steinerne Mauer aufführen, die wieder 150 fl kostet, deshalb wollen sie es mit Planken zumachen, die auch jede Beschädigung durch Vieh oder Hühner ausschließen würden, was genehmigt wird. 1781 ist der Viehstand bei 79 Bürgern und 329 Morgen Acker und 118 Morgen Wiesen 178 Stück Rindvieh und 101 Pferde. 1782 bittet K. V. Dolde, Taglöhner und Gg. V. Rau um einen Hausplatz, da im Dorf keiner mehr zu haben sei. Sie bekommen 1½ Viertel am Ende des Kammerguts gegen Bezahlung und unter der Bedingung, daß sie sich mit dem Kloster Lichtental wegen des demselben zustehenden Zehnten gehörig abfinden sollen. –- 1782: Die (51 ≡)
Ryppurrer Seewiesen auf Ettlinger Gemarkung sollen zur Wässerung eingerichtet werden. Die Kosten der Entwässerung des 46 Morgen haltenden Untersees sind auf 1516 fl geschätzt, werden aber um ein Beträchtliches niederer gehalten. –- 1783 bittet einer von hier um Nachlaß seiner Schuld von 21 fl 30 Kr. für Bauholz zu seiner Scheuer. Da er nicht bezahlte, wurde er gepreßt, 3 Tage nach einander å 20 Kreuzer Preßgeld. Er ist ein armer Mann und hat sechs unerzogene Kinder, hat nichts, bittet um Nachlaß. Es wird dies bestätigt vom Bürgermeister Joachim. 10 fl werden ihm geschenkt, aber nicht mehr, da die Forstkasse nicht so viel schenken kann. – 1785 ist einer Frau ihre Scheuer zusammengefallen und sie ist nicht imstande, sie wieder auszubauen, kann auch ihren Acker nicht dazu verkaufen, weil zu viel Schulden darauf ruhen. Schultheiß Joachim bittet mit Erfolg für sie. 1783–87 wird das Kammergut an einen Engländer, Mr. Taylor verpachtet gegen jährlich 2000 fl. Aber nach Ablauf der Pacht zeigte es sich, daß der Pächter einen Vorschuß von 7000 fl bekommen hatte und noch im Ausstand geblieben ist mit 8752 fl. Aber er durfte nur 3500 fl bezahlen und seine Vorräte sollen der Herrschaft verbleiben. - 1784 wird geklagt, daß das Kaffeetrinken zur allgemeinen Gewohnheit wird. – 1784 wird wegen einer Straße von Karlsruhe durch Rüppurr nach Ettlingen verhandelt, was bereits 1761 gewünscht worden war. – 1791 wird eine steinerne Brücke zwischen Scheibenhardt und Rüppurr in dem Wald über den Graben durch den Brielschlauch auf Rüppurrer Gemarkung vom Fürsten gebaut. - Der Aufseher von Rüppurr bekommt, wie 1780 festgestellt wird, nach dem Naturalienpreis 180 fl 30 Kr., nach der Kammertaxe 112 fl 15 Kr., der in Gottesau nach dem Naturalienpreis 251 fl, nach der Kammertaxe 156 fl 36 Kr. – 1786 schuldet die Gemeindekasse Rüppurr an die Forstverwaltung 21 fl 8½ Kr. wegen Bauholz, das sie seit 1775 empfangen hat. Das weiche Holz soll sie zwar gratis empfangen, nicht aber das harte, daher die Schuld. Da aber die Gemeinde so arm ist, soll sie es durch Arbeit bei der Okonomieverwaltung Gottesau abverdienen. Dies will aber die Gemeinde nicht, sondern es lieber aus der Gemeindekasse bezahlen, was dann auch geschieht. - 1795 wird in einer Untersuchung gefunden, daß der Grünbaumwirt P. B. 2 Viertel 72/5 Ruten vom Schloßgraben besitzt, während sein Vater laut Lagerbuch nicht weiter als 544/5 Ruten angewiesen bekommen hatte. - 1798 sind dem Paul Bauer auf 3½ Viertel Acker alle Grundbirnen ersoffen; er bittet um Nachlaß seines Zinses von 7 fl 30 Kr. Seine Armut wird bestätigt. Er ist Taglöhner und muß sein Brot mit seiner Hand verdienen. Es wird genehmigt 1797 werden 43 Morgen Ackerfeld, ein Gewann hinter dem Dorf an die Gemeinde verkauft. (52 ≡)
Aber 15 Personen wurde ihr gekauftes, je 1–2 Viertel, im Jahre 1800 wieder abgenommen, zusammen 23 Viertel, weil sie nicht zahlen konnten. – 1797 hat Rüppurr von der französischen Invasion her Kriegsschulden an Durlach zu bezahlen wegen Mehl- und Haferlieferungen in die Magazine, an Vorschuß 310 fl, an die Amtskasse 66 fl, an den Bürgermeister Kiefer 80 fl, an die Forsteinnehmerei 380 fl, Summa 836 fl. Außerdem aber ein noch weit mehreres an die Wirte, für den von ihnen beim Einrücken der Franzosen im Jahre 1796 abgegebenen Wein. Der diesfällige Betrag ist 1653 fl. Doch dürften sich die Wirte wohlfeiler finden lassen. Die Gemeinde braucht dringend ein Kapitalanlehen von 836 fl, da sie sonst exekutiert werden müßte. Sie bittet um Erlaubnis zu solchem Anleihen, das aus den Erträgnissen ihrer Gemeindeallmendwiesen wieder heimbezahlt wird. Bei Begleichung der Wirtsrechnungen bekommt Lammwirt S. statt geforderter 860 fl nur 287, Baumwirt B. statt 280 fl nur 80, Pfarrer Ludwig statt 144 fl nur 100. Summa 467 fl. Ferner verlangt Kronenwirt Biterolf 252 fl, Straußwirt S. 252 fl, Summa 504 fl; die wollen nicht mit sich reden lassen. Die Gemeinde hat aber nur 510 fl Einnahme und 1343 fl Schulden. Die Weinforderung muß durch Umlage bestritten werden. Die zwei letztgenannten Wirte sind für einen Prozeß, verstehen sich aber schließlich, der Kronenwirt auf 120 fl und der Straußwirt auch auf 120 fl. Es ist ein trübes Bild, das 1798 über die hiesigen wirtschaftlichen Verhältnisse dargelegt wird. „Es hat sich hier schauderhaft langsames, trödelndes Arbeiten eingebürgert. Fast überall gehen die Leute im Sommer um 4, im Winter um 5 Uhr an die Arbeit, hier aber erst um 6. Von 8–9 Uhr wird gefeiert und 11 Uhr hat der Vormittag ein Ende. Um 1 Uhr geht es wieder an, von 3–4 wird gefeiert und mit 6 ist das Tagewerk vollendet, ohne vielleicht ein einzigesmal nötig gehabt zu haben, den Schweiß von der Stirne zu wischen. Dabei sucht einer den andern anzuschwärzen und sich selbst einen besseren Schein zu geben. – Wenigstens 80 Haushaltungen mit 340 Personen müssen fast beständig taglöhnern. 100 davon können auf dem Kammergut und in Karlsruhe und Ettlingen taglöhnern und jeden Tag 30 Kr. verdienen, aber das reicht nicht für alle. Milch und Grundbirnen ist ihre immerwährende Kost, aber dazu ist eine Kuh notwendig, die von sehr vielen auf Borgs erhandelt wird, wenn sie gleich nicht wissen, wo sie das Geld zum Bezahlen herbekommen. Aus ähnlichem Grund werden Pferde angeschafft Mangel an Verdienst durch Handarbeit besonders im Winter führt zum Pferde, denn dadurch kann etwas verdient werden in der Stadt und im Dorf bei denen, die kein Pferd haben. Es mag auf eine rechte oder unrechte Art erhalten werden, es muß eben da sein, weil (53 ≡)
sonst die Familie verhungern würde. Ehe die Familie hungert, wird gestohlen. Aus Mißgunst wird oft nachgeboten. »Vater gib dir Mühe etwas zu erhalten, wenn wir auch nicht viel gewinnen.« Kann er aber den Bestand und Zins nicht auftreiben, dann wird Armut, Krankheit, Unglück und alles mögliche vorgeschützt und Bittschreiben werden gemacht. Dazu kommt der Krieg. Wenn eine Familie kaum für sich zu leben hat und noch eine ganze Stube voll Soldaten bekommt, das Malter Korn auf 20––22 fl steigt und das Brot vierfach teurer ist als zuvor, dann kommt es so weit, daß das Häuslein und die wenigen Viertel Acker verkauft werden und der Bettelstab ist da.” 1799 wird die obere Bruchwiese bestandsweise an die Gemeinde überlassen, 6 5Morgen 2 Viertel, ebenso wieder 1802. – 1800 wird berichtet, daß Rüppurr während der Kriege sehr stark mit Kriegsfuhren und Einquartierung mitgenommen worden sei, arm und außer Ruith der einzige Ort, der keine Gemeindeeinnahme habe, daß also alle Lasten auf den Ort fallen und von den Einwohnern getragen werden müssen. - 1801 werden den Pächtern des Guts 336 Malter Dinkel und 400 fl an Geld gnädigst erlassen. – 1805: Zur Verbesserung des Zustandes der Gemeindekasse dahier soll ein beständiger Bürgermeister – Rechner - angestellt werden. Die Gemeinde hat noch 435 fl Schulden. Vorschläge zur Verbesserung werden gemacht, aber abgelehnt. Doch soll ein Rechnungsbürgermeister auf 3 Jahre angestellt werden. Der Schultheiß bekommt 1806 statt 15 fl, 25. - 1806 wird ein neuer Gemeindebrunnen gebaut um 51 fl 50 Kr. Die Gemeindekasse soll davon 38 fl übernehmen, das andere die Bürger, die den Brunnen benützen – 1806 wünschen die Hiesigen, daß das ganze Kammergut unter sie verteilt würde, oder wenn dies nicht möglich, daß jeder Bürger 1 Morgen Acker und 1 Morgen Wiese bekäme zu einer billigen Taxe. 1806–14 überläßt S. K. Hoheit zur Verbesserung des Nahrungsstandes der hiesigen Einwohnerschaft folgende Güter bestandsweise: 63 Morgen 2 Viertel 5 Ruten Acker und 107 Morgen Wiesen. Acker und Wiesen müssen durch das Los verteilt werden. An Pachtzins hat die Gemeinde zu entrichten von den Äckern 8 fl å Morgen = 508 fl und von den Wiesen å 10 fl = 1120 fl. Zusammen 1628 fl. Von den Äckern muß der Zehnte an den Gutsherrn entrichtet werden. - 1807 vertauscht die Domäne 61 Morgen 75 Ruten Dammerstockwald an Beiertheim gegen die vor der Residenz gelegene Beiertheimer Nachtweide mit 36 Morgen 79 Ruten und verzichtet genannter Gemeinderat auf das bisher geübte Weidrecht auf der Reitelwiese, zu Gottesau gehörig. – 1807 wohnten vier Pächter auf dem Schloßgut, die 150 Stück Vieh halten. Auch wurde hier auf Veranlassung und mit Unterstützung des Großherzogs eine Tuchbleiche errichtet und eine Schäferei, ferner eine spanische (54 ≡)
Wollwäscherei, worin alle spanische Wolle, die im Lande gewonnen wird, kunstmäßig gewaschen und sortiert wird. 1805 galt der Zentner der feinsten Sorte 265 fl, von der 5. aber nur 110 fl. – Auch eine Saffianlederfabrik, die jährlich 32–36,000 Ziegenhäute verarbeitet, wurde errichtet. - Die Brache ist schon seit 50 Jahren abgeschafft; die Felder müssen in 2 Jahren dreimal tragen; einmal Winterfrucht und Stoppelrüben, dann Sommergewächse oder Kartoffeln etc. etc. – Auf Lohnfuhren sind die Rüppurrer sehr aus, sie fahren für die Karlsruher Handelsleute auf die benachbarten Märkte und holen Sägwaren von Herrenalb. Im Dorf sind 1807 folgende Handwerker: 1 Bäcker, 1 Gerber, 1 Geiselflechter, 2 Küfer, 1 Krämer, 2 Maurer, 1 Metzger, 2 Schmiede, 5 Schneider, 1 Schreiner, 2 Schuhmacher, 1 Strumpfstricker, 4 Spielleute, 1 Uhrmacher, 9 Weber, 3 Wirte, 2 Zimmerleute 1808 wird dem Küfer H. Sch. hier ein Hausplatz von dem Kammergut geschenkt, nebst einem Quantum Holz, da der Mann durch Mißgeschick und Strenge des Gesetzes in seinen Verhältnissen tief gesunken und alles Mitleid verdient und im Drange seiner Not unaufhörlich um Hilfe angeht. Er hatte einst eines der größten Häuser im Ort, nebst einem schönen Feldgut. Er bekommt 28 /sub>2 Ruten Hausplatz und 3000 Schuh Forlen und 1200 Fuß Eichenholz geschenkt im Wert von 295 fl. Er bekommt auch die Mauersteine vom sog. Badhäusle dahier, da dieses seinen Zweck auf jenem Platz doch nicht erreicht hat. Die gehauenen Steine aber und Schiefer des Badhäuschens nimmt das Großh. Kammergut in Verwahrung. 1808 kommen die Pächter des Kammergutes und bitten um Nachlaß, aber der Verwalter in Gottesau inspiciert ihre Speicher und findet, daß sie nicht nur den Bestand von 1807, sondern auch den Rückstand von 1806 abführen könnten, was nun auch geschieht. Auch ihre Geldrückstände können sie durch Verkauf ihres Mastviehes bezahlen. Nur dem einen (H) werden 358 fl nachgelassen. 1809 sind hier 57 Pferde, 2 Ochsenzüge, 8 Kuhbauern mit Zügen, 47 Taglöhner. Liedolsheim dagegen hatte 151 Pferde und 188 fronbare Männer. 1810 waren hier 47 Pferde mit Bericht, daß die srontüchtigen Pferde sehr zusammen gegangen und zum Teil krepiert seien, zum Teil um geringes Geld verkauft und niemand sich mehr Pferde anschaffen will, indem die Kriegsfronen garnicht nachlassen wollen. 1810 wurden den Pächtern wegen der Rindviehseuche 830 fl. nachgelassen. Da es ihnen aber an Kulturfleiß, Ordnung und Reinlichkeit fehlt, wird ihnen dies mitgeteilt: Wenn sie ihren Rückstand von 1808 mit 781 fl. und die neue Schuld mit 2144 fl. nicht zahlen, werde ihnen auf Weihnacht 1810 gekündigt. 1811 bittet der Invalide Gg. Furrer um einen Hausplatz nebst Holz zu einem Bürgerhaus; (55 ≡)
er würde dagegen seinen Invalidengehalt mit jährlich 36 fl. zurücklassen. Sein Vater diente 8 Jahre beim Militär, s ein Schwiegervater war im 7jährigen Kriege, ist aber nachträglich an einer Wunde gestorben. Der Bruder war auch 6 Jahre bei der Artillerie und als der Petent einstand, wurde jener entlassen. „Wir hatten ein Häuslein, weil ich aber beim Militär war, konnte ich es nicht bestreiten und mußte es fahren lassen. Nun bin ich 18 Jahre beim Militär, aber vor 11 Jahren war ich beordert, die neuen Gewehre zu probieren und wurde dabei schwer verletzt”. Er bekommt vom Kirchenacker das Viertel zu 105 fl. Und Bauholz, auf 200 fl. geschätzt, unentgeltlich. 1818 bekommt der Bierbrauer F. Sch. Nachlaß einer Strafe von 25 Reichstalern wegen ordnungswidrigen Bauens 1821–45 werden die sogenannten Kirchenäcker zu Bauplätzen verteilt, 5 Morgen 31 Ruten pro Morgen 376 fl. 1830 wird der Güterbesitz in der Gemarkung hier folgenderweise aufgezählt: Dem Staat – früher Schloßgut - gehörige Waldungen 1039 Morgen 2 Viertel, Wiesen 257 Morgen 3 Viertel, Acker 355 Morgen, Weiden 87 Morgen 1 Viertel 20 Ruten. Der Kirche gehörige Wiesen 3 Morgen 3 Viertel, Acker 1 Morgen. - Privaten gehörige Wiesen 146 Morgen 2 Viertel, Äcker 324 Morgen 1 Viertel 5 Ruten; der Gemeinde gehörige Wiesen 49 Morgen 2 Ruten, Acker 1 Morgen 27 Ruten, Weiden 25 Morgen. Totalgemarkung 2287 Morgen Und 892 Einwohner. 1835 und wieder 1838 wandern 20 und 30 juuge Leute nach Amerika aus. 1837 wird die Anschaffung und Unterhaltung eines Ebers von dem Kammergut abgelöst gegen Bezahlung von 550 fl. 10 Kr. an die Gemeinde. Die Gemeinde hatte früher dafür 855 Becher Korn an die Domäne zu entrichten, im Werte von 3 fl. 47 Kr.; früher verlangte die Gemeinde 4 Morgen Acker. Der Eber war früher um 45 fl. pro Jahr versteigert worden. 1836–45 wird der Fohlenhof der Landesgestütanstalt hierher verlegt. 1844–48 kommt die künstliche Bewässerung auf dem Haberacker und der Mühlwiese zustande. 1844 wird von dem hiesigen Adrian van Venroy eine Sparkasse unter Bürgschaft der Gemeinde errichtet, ein mutiges, kluges Unternehmen, das auch von der Nachbarschaft fleißig benutzt wurde. Bei ihrer Ubergabe an die Stadt hatte sie einen Gewinnnachweis im Ganzen von 70 270 Mark. Kassier seit 1895 ist E. Köllisch. Im Jahre 1869 hatte sie ein Einlage- Kapital von 16 550 fl., Reservefond 313 fl. bei etwa 80 Einlegern. JIm Jahre 1879 betrug das Einlagekapital 122 170 Mark, Reservefonds 4714 Mark; im genannten Jahr Reingewinn 913 Mark und etwa 200 Einleger. 1889 betrug das angelegte Kapital 382 169 Mark, der Jahresreingewinn 869 Mark, das Reinvermögen 14 710 Mark, bei etwa 400 Einlegern. 1899 betrug das angelegte Kapital (56 ≡)
Auch andere Unternehmungen suchten die Gemeinde wirtschaftlich zu heben, der Konsumverein und der Begräbnisverein, so daß die wirtschaftliche Lage jetzt als eine durchaus günstige bezeichnet werden darf. Besonders günstig wirkt die nahe Arbeitsgelegenheit in Karlsruhe und Ettlingen. Es sind etwa 450 Personen, die in die Fabriken dorthin gehen, dazu kommen etwa 100, die in anderer Tätigkeit in den genannten Städten ihren Verdienst haben. (Näheres darüber ist zu finden in: „Rüppurr, ein Bauern- und Industriearbeiterort”, von Dr. Hugo Mayer. Braunsche Buchhandlung 1909.) –- Auch die Landwirtschaft wird daneben fleißig betrieben. 1890 wurden hier gezählt: 467 Stück Rindvieh, 259 Schweine, 70 Pferde, 101 Ziegen, 24 Bienenvölker, 19 Schafe, 2000 Hühner. – 1900 waren hier 408 Stück Rindvieh, 330 Schweine, 68 Pferde, 2128 Hühner, 145 Ziegen, 35 Bienenstöcke, 87 Hunde, –- 1906 waren es 381 Stück Rindvieh, 316 Schweine, 68 Pferde, 227 Ziegen, 32 Bienenvölker, 3088 Hühner, 116 Hunde, bei 528 gewöhnlichen Haushaltungen, (nach der Zählung von 1905), 22 Einzelpersonen und zusammen 2574 Einwohner in 242 Häusern und 11 Wirtshäusern. Besondere Anerkennung verdienen die Frauen, die unermüdlich sind, ihre vielen Gartenfrüchte auf den Wochenmärkten in Karlsruhe und Ettlingen abzusetzen und dadurch ihren Haushaltungen viel nützen. – 20 Essenträgerinnen etwa besorgen für etwa 160–180 hiesige Arbeiter das Mittagessen in guter Hausmannskost in die Fabriken. – Die seiner Zeit vielgeschmähten staatlichen Versicherungen gegen Unfall, Krankheit, Invalidität und Alter haben hier ziemlich viele (80–90) Rentenempfänger, die mit mehr oder weniger Dankbarkeit ihre Renten benützen. Das Andenken ihrer Gründer, Kaiser Wilhelms I. und seines Reichskanzlers Fürst Bismark sei von ihnen hochgehalten. VI. Die wirtschaftlichen Verhältnisse im Besonderen.1. Die Bürgeraufnahmewar lange Zeit hindurch eine bedenkliche Sache, wegen der Kleinheit des Ackerfeldes und der Armut der Gemeinde und wegen der oft zweifelhaften Beschaffenheit der Bewerber. 1710 heißt es im Lagerbuch, daß eine Manns- und eine Weibsperson, die sich mit herrschaftlichem Konsens hier bürgerlich nieder- lassen wollen, 10 fl. vorlegen müssen, davon der Herrschaft und dem (57 ≡)
Flecken je die Hälfte zukomme. Aber statt dessen wurden von einem Manne 5 fl. und von einem Weib 2½ fl. eingezogen. Es wird gefragt, ob solches verrechnet worden ist. Auf Verneinung wird festgestellt, daß noch Mannspersonen leben, die soviel bezahlt haben. – 1740 muß eine Mannsperson 5 fl. 10 Schilling Bürgeraufnahme bezahlen, wovon je die Hälfte der Kellerei und dem Flecken zufällt. Eine Weibsperson 3 fl. 3 Schilling; ein Bürgersohn, wenn er heiratet, 5 Schilling. – 1784 berichtet das Amt hierher: „Den Fr. Steinle hat das Bürgergericht mit der Bedingung angenommen, daß er keine Bürgergabe Holz unentgeltlich erhalten solle. Noch besser aber wäre es, wenn man dergleichen fremde Leute bei der ohnehin großen Vermehrung der Einheimischen garnicht annehmen würde. Dergleichen Leute gehen im Anfang alles ein, um nur die Aufnahme zu erlangen und wenn sie diese haben, so legen sie sich aufs Betteln und denken, es müsse doch nach und nach geraten, daß sie zu ihrem Endzwecke kommen. –- 1801 wird vorgebracht, daß die Bewohner beim Schloß anfangs kein Bürgerrecht dahier gehabt, sondern Hintersassen gewesen seien, die ein jährliches Schutzgeld von 4 fl. und 1 fl. Frohngeld der hiesigen Verwaltung bezahlt haben. Dafür hatte jeder das Recht, einige Stücke Vieh auf die Weide des herrschaftlichen Kammergutes treiben zu dürfen. – 1812 wird ein Peter Jakob Schelersky aus Moskau, Geschirrhändler und heimatlos, einer der beiden Gemeinden Daxlanden oder Rüppur, die ihn ordnungswidrig bei sich geduldet haben, zugewiesen, und zwar kam er hierher. Die beiden Amter Baden und Rastatt wollten ihn durchaus nicht. – 1812 wehrt sich die Gemeinde mit Erfolg gegen die Annahme als Bürger des Leopold B. von Hof-Rüppurr, weil er sehr arm sei, obgleich verheiratet mit der Tochter eines Rüppurrers. Die Gemeinde ist als arm bekannt. – 1814 soll Gerber Trautwein von Schiltach, obgleich er seit 19 Jahren hier wohnt, ausgewiesen und in seine Heimat befördert werden. Er legt gute Zeugnisse vor, wehrt sich wiederholt gegen seine ausgesprochene Ausweisung und gegen die aktenmäßigen Lügen der Ortsvorgesetzten, beschwert sich auch, daß diese seine Mobilien hinausgeworfen uud sein Weib und seine Kinder handgreiflich aus der Wohnung gejagt haben, wobei im Schrecken seine zwei Kinder in den vorüberfließenden Bach sprangen. Er wird aber trotz allem abgewiesen. –- 1818 will Soldat und Schuhmacher Sebastian Kitt aus H. bei Überlingen Bürger hier werden, da von vier Schuhmachern hier nur einer das Handwerk treibe und er hier besser fortkommen könne, als in seiner Heimat, wo schon vier Schumacher seien; auch habe er ein parates Vermögen von 671 fl. Er sei zwar katholisch, aber das würde ihn nicht abhalten, sich hier niederzulassen. Die Vorgesetzten wollen ihn durchaus nicht annehmen, aber sie müssen. – 1819 will ein Leineweber und ehemaliger Großh. (58 ≡)
Leibgardist zu Pferde, Johannes Glockner von Merzhausen, verlobt mit Katharina Boraus dahier, Bürger werden, aber das Ortsgericht will ihn nicht annehmen, weil schon genug arme Leute hier wohnen, die der Heimatkasse zur Last fallen. Weil aber hier ein Bürgergenuß gar nicht stattfindet, dieser durch ihn also nicht geschmälert werde, er auch die notwendigen 600 fl. hat, ja mit seiner Braut ungefähr 1200 und weil seine Braut in seinem Ort die erste evangelische Frau wäre, während er in Rüppurr schon etliche Katholiken vorfände, so bittet er wieder. Das Vogtsamt schütze absichtlich, aber irrtümlich zu geringes Vermögen vor. Er macht eine Eingabe an S. K. Hoheit und wird jetzt angenommen. – 1822 bekommt eine Christine N. von hier, deren Bitte um schutzbürgerliche Aufnahme ihres Verlobten in Rüppurr, des Soldaten Meißner aus P., wiederholt abgewiesen worden ist, für ihre vier unehelichen Kinder wöchentlich 1 fl., hälftig aus der Amtskasse, hälftig aus der Gemeindekasse. – 1822 will ein Leineweber, Trainsoldat S. aus Herbolzheim, sich mit Barbara K. von hier verheiraten, da die Weber von hier sich auch wie er von der auswärtigen Kundschaft ernähren. Er wird aber wegen Vermögenslosigkeit abgewiesen. 1831 wird die Annahme des Hirschwirtschaftsbesitzers, Metzger Steinius als Bürger in Rüppurr, obgleich er ein Vermögen von 4007 fl. 39 Kr. besitzt, ohne das zu hoffende, von der Gemeinde abgewiesen, da, wie der Vogt G. und der Bürgermeister S. daselbst dem Bittschreiber, einem Rechtsanwalt, selbst sagten „es bei ihnen Gebrauch sei, gegen alles, was an sie komme, streiten zu müssen”. Daß sie im vorliegenden Falle gegen ihre Uberzeugung streiten, wird nachwiesen, denn die zwei vorhandenen Metzger schlachten nur dann, wenn sie von einem andern ein Stücklein Vieh geborgt erhalten, und will der dann Geld, so muß er klagen. Weil sie nicht regelmäßig schlachten und die Leute prellen, müssen die Kunden das weit teuerere Fleisch in Karlsruhe holen. Obgleich der Vogt ausdrücklich berichtet hat, daß man bei Steinius aller Art Fleisch haben kann, aber bei den hiesigen Metzgern nichts und daß die honetten Familien, Fabrikant Hoyer, Herr Pfarrer, Müller Schwenninger und der Zoller schon oft in Verlegenheit waren, weil hier kein Fleisch zu haben war und bitten, daß Steinius zugelassen werde, so habe er doch gegen ihn gestimmt. „Es ist bekannt, daß das Pfund Fleisch jeder Gattung in der Residenz 2–3 Kr. mehr koste als auf dem Dorfe; der Bauersmann ist aber in dieser geldarmen Zeit so auf 2 Kr. versessen, daß er sie sich gerne spart”. Der Konkurrent, Wirt und Metzger hat deshalb keinen Verdienst, weil er in seiner Wirtschaft Freudenmädchen hält und auch jetzt wieder verdächtigen Weibspersonen Aufenthalt gibt. Steinius aber hält sich davon fern und hat deshalb Glück und Nahrung. „Ich (59 ≡)
Da die Gratisabgabe von Brenn- und Bauholz eine so große Anziehungskraft hatte, daß sich stets mehr als Bürger hier aufnehmen lassen wollten, als der Gemeinde lieb war, so folgt nun 2. Wald und Holz.Darauf wurde stets viel Wert gelegt. Schon 1590 berichtet der Burgvogt von Scheibenhardt, daß die Herren von Rüppurr zur Trockenlegung ihrer Wälder und Brüche hätten Gräben und Wafferleitungen machen lassen, daß solches aber dem Wildstand schaden bringe. – Nach dem Lagerbuch 1594 fol. 37 gehört der Wald, Waid und Eckert (Eicheln und Bucheln für Schweine) zu Rüppurr der Herrschaft eigentümlich, doch haben die Untertanen zu Rüppurr von Alters her die Gerechtigkeit, daß ihnen jedes Jahr zu ihrer ziemlichen Notdurft Bau- und Brennholz, sonderlich von Windfällen und abgehendem Holz abgegeben werde, ausgenommen, was die Latten zu ihren Gebäuden betrifft, die haben sie selbst zu bezahlen. Von dieser Gerechtigkeit wird ausgiebig Gebrauch gemacht, denn es wurde 1766 von Amtswegen verboten, daß die Rüppurrer künftig in Karlsruhe Brennholz verkaufen. Aber schon 1611 genügten die hiesigen Waldungen für den großen Verbrauch nicht ganz, denn es wird dem Albrecht Franz, fürstlich-markgräflichem Amtmann in Frauenalb befohlen, zu veranlassen, daß 108 Dielen aus dem Amt Frauenalb zur Belegung der Böden im Schloß dahier geliefert werden. Und 1633 muß der Amtmann in Langensteinbach 31 Eschen und 70 forlene Stämme zum Ban des herrschaftlichen Hauses dahier senden. 1670 wird geklagt, daß der Baden-Baden'sche Jägermeister zu Ettlingen, an der Grenze bei Rüppurr, auf Baden-Durlach'schem Gebiet ein Jagen eingerichtet und die darin gewesenen jagdbaren Hirsche heimlicherweise und bei Nacht auf das Baden-Baden'sche Gebiet habe treiben lassen. 1694 bittet Pfarrer Obermüller dahier für einen hiesigen Bürger um 18 Stämme Eichen und 40 Stück Aspen zum Bau einer Scheune. Jn so gefährlicher Kriegszeit sei die höchste Not, da nicht mehr als vier Scheunen im ganzen Flecken seien. Er bekommt es gegen die gewöhnliche Bezahlung. –- 1697 bittet Jakob Karlin dahier um Bauholz. (60 ≡)
Er bekommt 20 Eichen, 36 Forlen zur Hälfte der gewöhnlichen Taxe. – 1700 will ein Mann, der 10 Jahre hindurch als Reiter gedient hat, eine geringe Wohnung bauen und braucht dazu neun Eichen und 42 Erlen. Die Erlen bekommt er unentgeltlich, die Eichen gegen die gewöhnliche Forsttaxe. – Im selben Jahr ist dem Christian Xander und Bernhard Gruber dahier wegen des Kriegswesens der hintere Giebel ihres Häusleins in Zerfall gekommen; sie wünschen deshalb 30 Eichen und 70 Forlen und bekommen es. – 1723 werden 100 Stämme Holländer Forlen ä 2 fl 15 Kr. an August Löw in Mainz verkauft und 1725 bereits 200 Stämme ä 2 fl 15 Kr. und 80 Stück forlene Reifstangen ä 30 Kr. 1738 müssen die Taglöhner zu Schloß Rüppurr, wie die Rüppurrer, vor dem Empfang des jährlichen Brennholzes 1 fl an die Forstverwaltung in Karlsruhe zahlen. Es sind acht Taglöhner mit hier fremden Namen. 1743 wollen sechs Hardtdörfer das Bauholz wieder unentgeltlich und nur gegen die sogen. Hardttaxe erhalten, wie in unvordenklichen Jahren; sie werden aber abgewiesen. Die alte Waldordnung auf der Hardt von 1483 lautet: Wer mit seinem Vieh in den Bannwald fährt – zur Weide – soll geben von jedem Stück 50 ₰, wer seinen Hund in den Wald laufen läßt, soll geben fünf Malter Hafer. Uber unentgeltliche Abgabe von Bauholz ist darin nichts enthalten. 1760 wird der Hägenicher Bruchwald ausgestockt Und zu einer Wiese gemacht; 30 Morgen 1 Viertel. 2/3 davon gehören zu Ettlingen. – 1764 werden vom Schloß Rüppurr Wälder und Hölzer aufgeführt (Durlach LA. XVI) nämlich 271 Morgen 3 Viertel der Oberholz- und Forstlacher Wald, 62 Morgen 2 Viertel der Dammerstockwald, 4 Morgen 1 Viertel das Haberackerwäldchen, 204 Morgen 2 Viertel der Winkelwald, 178 Morgen 3 Viertel der Dorfacker und Mazenrotwald, 495 Morgen 2 Viertel der Bittnert- und Rißnertwald, 30 Morgen 1 Viertel das Hegenacher Bruch. – 1779 werden hier zu Reparaturen und Neubauten verlangt 100 Eichen, 28 Forlen, 94 Eschen. – 1780 werden verlangt 109 Eichen, 192 Forlen, 33 Eschen. – 1781: 51 Eichen, 29 Forlen und 80 Eschen. 1782: 66 Eichen, 80 Forlen, 105 Eschen. 1784: 112 Eichen, 187 Forlen, 165 Eschen und 100 Reifstangen. – 1782 wird berichtet: So lange der Seekrieg noch währt, sind Tannen als Holländerholz oder Mastbäume gut zu verkaufen. Es wird deshalb mit der Holländer Holzkompagnie in Mannheim ein Akkord gemacht auf 100 Tannen ä 36 fl und 40 Stück Forlen à 40 fl = 6800 fl. – 1772 wurde die Pappelallee von Karlsruhe nach Durlach angelegt und 1904 beseitigt. 1781 hatte Rüppurr zehn Malter Eichelsamen, zwei Malter Bucheln, drei Malter Hagenbucheln im Oberholz und Forstlach gesammelt. Diese wurden ausgesäet im Stockacker in Fron unter Jäger Glaser. (61 ≡)
1784 bittet die hiesige Gemeinde, daß sie in Ansehung des Gabholzes ebenso wie die in den herrschaftlichen Hardtwaldungen berechtigten sieben Gemeinden behandelt werden möchte, so daß die jungen Bürger, sobald sie das 25. Lebensjahr erreicht haben, die gewöhnliche Holzgabe bekommen. Es wird – 25. Mai 1785 – dahin genehmigt, daß die 25 jährigen Bürger erst dann eintreten, wenn eine Abgabe durch den Tod eines alten Bürgers frei wird. Die Zahl der holzberechtigten Bürger betrug damals 154. – 1802 werden nach Mannheim verkauft 74 Eichen à 50 fl, 67 Forlen à 40 fl, 522 lange Ruten à 20 fl = 16 820 fl. – 1828 haben etliche Bürger von hier Audienz und geben an, daß die Gemeinde durch den Vergleich, aus dem Herrschaftswald jährlich 308 Klafter Brennholz zu bekommen, in das sich die Bürgerschaft so teile, daß jeder Bürger jährlich zwei Klafter erhalte, geschädigt werde, da etwa 40 der jüngsten Bürger leer ausgehen. Jetzt haben wir 180 Bürger und mit den Bürgerwitwen über 200. Das Holz reiche nicht. Auch beschweren sie sich, weil der Vogt zwei Klafter extra und eines zum Heizen der Amtsstube, und der Bürgermeister ein Klafter extra, die drei übrigen Richter und die beiden Hebammen und der Gerichtsschreiber je ein halb Klafter extra bekommen, wie sie meinen, ohne Berechtigung. Da die Bürgerschaft, die der Vogt einzeln in seine Wohnung kommen ließ, sich für diese Extraklafter aussprach, wurden die Beschwerdeführer abgewiesen. 1831 soll nach dem Bericht des Ortsgerichts dahier, jeder Bürger, wenn er verheiratet war und das 25. Lebensjahr zurückgelegt hatte, bevor das Gabholz aus 308 Klafter festgesetzt war, sein notdürftig Holz in Scheitern und Wellen aus dem dortigen Herrschaftswald bezogen haben, welcher Bezug sich auf eine alte Urkunde des Lagerbuchs gründe. Das Ministerium verlangt beglaubigte Abschrift jener Urkunde und seit wann diese Holzberechtigung geändert und auf 308 Klafter festgesetzt wurde und unter welchen Bedingungen dies geschehen sei. Die Petenten wurden abgewiesen. – 1836 erhob die Gemeinde Klage gegen den Fiskus und verlangte unentgeltliche Abgabe von Bauholz aus dem Herrschaftswald, wurde aber auch in letzter Instanz abgewiesen. – 1841. Nach oberhofgerichtlichem Urteil müssen dem Bürgermeister jährlich vier Klafter, jedem Mitglied des Gemeinderats drei, jedem Bürger zweieinhalb Klafter und jeder Witwe ein Klafter Holz nebst abfallendem Reisig unentgeltlich aus dem Rüppurer Domänenwald abgegeben werden. Somit ist das frühere auf 308 Klafter bestimmte Holzquantum hinfällig geworden. Die Prozeßkosten 1844 betrugen 325 fl. – 1852 kommt ein Vergleich wegen der Ablösung der Holzberechtigung zustande. Die Gemeinde hat außer einer bestimmten Waldfläche einen Wert von 3736 fl 10 Kr. (62 ≡)
3. Die Weidgerechtigkeitauf den abgeernteten Feldern und in den Wäldern der Gemarkung war wegen der Kühe, Pferde und Schweine sehr wichtig und führte deshalb oft zu Streitigkeiten und Vergleichen. So wurde schon am 27. Juli 1476 ein Vergleich festgelegt, zwischen der Stadt Ettlingen und denen von Rüppurr, über Eckerich und Waidgang und durch einen Markstein bestätigt. – Ahnliches fand 1540 statt zwischen dem Freiherrn Batt v. Rüppurr und der Stadt Ettlingen. – 1740 heißt es im Lagerbuch: Die Untertanen haben Waidgang, aber ganz nach Bestimmung der Herrschaft – 1749 hatte die Gemeinde Rüppurr auf den Stupfeläckern einen achttägigen Waidbetrieb, aber sie hat das nicht beachtet, sondern mehr Tage waiden lassen; für jedes Tier wird deshalb eine Strafe erhoben. Auch die Waidgerechtigkeit auf den Schloßwiesen wurde sehr überschritten, deshalb wird die Gemeinde auf ihr Lagerbuch aufmerksam gemacht. –- 1778, den 18. Januar, kommt zwischen Ettlingen und der Herrschaft ein Vergleich zustande über Eigentum, Schatzungs- und Waidrecht der Rüppurrer Wiese nnd des Harbruchs. – 1781 wehrt sich die Gemeinde, daß ihr schon so manche Vergünstigung und Gerechtigkeit entzogen worden sei. Es« geschehe dies aus der Ursach, weil die hiesigen armen Einwohner nach und nach so eingeschränkt werden, daß wir uns bald nimmer als rechtschaffene Untertanen ernähren können. Die sogen. Hägenichswiese, die ehedem ein Wald gewesen, haben wir mit Ettlingen gemeinsam betreiben dürfen. Dies ist aber schon lange verboten. Die Dämme und Gräben hier haben wir benutzen dürfen, auch dies ist uns genommen und noch auf andern Orten, so daß wir den Untergang voraussehen. – Nun wurde noch im selben Jahr für den von (63 ≡)
4. Eine weitere Einnahme bildete die Fischerei.Die Alb bei ihrem früher klaren und frischen Gebirgswasser war sehr fischreich und lieferte, wie jetzt noch die Alten erzählen, manches Mittagessen mit rasch gefangenen großen und schmackhaften Forellen. Ebenso fischreich waren früher die Seen, die hier existierten: Der Ettlingersee, der große See, 96 Morgen, der Wolfsee, 61 Morgen, der Rüppurrersee, der Entensee, der Untersee. So lange sie nicht trocken gelegt und zu Wiesen umgewandelt waren, dienten sie jedermann zu einem kleinen Verdienst. Es ist deshalb selbstverständlich, daß über das Fischrecht allerlei Reibereien entstanden. {{NE 00So fand schon 1508 am 27. Juli ein Vergleich statt zwischen der Herrschaft und der Gemeinde Ettlingen wegen des Grabens, der das Wasser in den Rüppurrer See trägt, auch wegen eines Vorzugsrechtes der Ettlinger auf den dem Seeknecht gehörigen Acker am Rüppurrer See; auch wegen des Viehtränkrechts der Ettlinger in demselbigen See. 1716 wird geklagt: Im Rüppurrer See werde unberechtigt gefischt. Die Ettlinger haben ein Recht darauf, aber der Herrschaft zu Rüppurr gebührt die Hälfte. – 1738 wird das Fischen in der Alb dem Müller Albrecht Biterolf auf 3 Jahre um jährlich 9 fl verpachtet. – 1747 wurde der sog. Fischstein, der die Grenze (64 ≡)
5. Abgaben und Steuern.In der Erneuerung des Lagerbuchs 1740 wird bestätigt, daß jedes Haus und jede Hofstatt, so vor Langem gebaut und zur Hofstatt eingefangen ist, der Gnädigen Herrschaft, als Grund- und Vogtsherrn, alle Jahr auf Martini eine Haus-Allmend-Henne zu geben schuldig ist. Ein jeder dahier angenommene, unverbürgerter Hintersaß muß gnädiger Herrschaft jährlich 4 fl als Schutzzoll erlegen, jedoch auch noch die Handfronen tun, und so lange er keine liegenden Güter besitzt, alljährlich 1 fl Hintersaßschatzung entrichten. Dies sind die allgemeinen Bestimmungen. Im Besondern aber wird gefordert: 1) Unablösiger Bodenzins aus Häusern, Scheuern, Hofraiten, auch Baum- und Küchengärten, die Mannslehen sind jährlich 12 Kreuzer (65 ≡)
33/7 Pfennig und ein junges Huhn, aber je nach Größe des Besitzes. So gibt Nr. 1 Georg Pfeifer aus seinem Haus usw., so zusammen l Viertel 38 Ruten sind, worauf seit Jahren 3 Häuser gestanden sind und noch Hofstattsrecht haben, Bodenzins: Geld 3 ß = 12 Kr. 3¾ Pfennig, 3 Stück alte Haushennen, 2 Stück junge Hühner. – Nr. 2 Georg Schlotzer, der 1 Morgen 32 Ruten großen Hausplatz hat, gibt Bodenzins 4 ß = oder 17 Kreuzer 4/7 Pfennig, 1 Stück alte Henne und 10 junge Hühner. – Es sind 21 solcher Häuser und Plätze. 2) Ewig unablösbarer Bodenzins aus Häusern etc etc, die Eigentum sind, jährlich 2 Krzr. 4/7 Pfg. und ein junges Huhn. Philipp Spöck zinst für 1 Viertel 30 Ruten 2 Krzr. 4/5 Pfg., 6 junge Hühner. So sind es 60 Familien, die in Summa bezahlen: 31 Krzr. 2/7 Pfg., 3 Kappaunen, ½ altes Huhn, 50½ junge Hühner, 1 Malter, 1 Simri Roggen. 3) Ewig unablöslicher Geld- und Gäuszins aus Krautgärten, die dermalen zu Wiesen gemacht sind, per Stück 10 Kr. oder 2/5 Stück Gans. Alt-Schultheiß J. Spöck zinst aus 9 Stück à 10 Kr. = 1 fl 30 Kr. und 33/5 Gänse. Alles in allem ertrug 7 fl 15 Kr. und 172/5 Gänse. 4) Jährlich unablöslicher Geldzins, Roggengült auf Martini und Käß auf Walpurgis aus einzechtigen Äckern, per Morgen 1 Semri Roggen. Im Ganzen mußte gegeben werden: 1 Kr. 5/7 Pfg., 3 Malter, 2 Semri, 2 Meßlein Roggen, 12 Käße. 5. Roggen und Käß aus Äckern, die eigen sind und Nichtlehen, per Morgen sieben Meßlein. Im ganzen zwei Malter zwei Meßlein. 6. Aus Wiesen, per Viertel 1 Kr., drei Meßlein Roggen und drei Käße Summa 1 fl 8 Kr. 1½ ₰, vier Malter, vier Simri, drei Meßlein Roggen, 139 Käß. 7. Geld- und Käßzinsen von Ausleuten, per Morgen 18 Kr. 22/7 ₰. Solche waren in Ettlingen, Scheibenhardt, Beiertheim, Bulach und geben zusammen 1 fl 45 Kr. 26,6/7 ₰, ein Malter, drei Meßlein Roggen, 33 Käß. 8. Die Erblichen Lehensgüter zinsen je nach Grösse verschieden. Es sind zwölf solcher Höfe. Der erste Hof, Georg Weiß als Träger, hat dieser Zeit inne und besitzt mit seinen Konsorten ein Lehen, das vorher viele Jahre Hans Georg Hockenheim innegehabt und genossen. Es ist der gnädigen Herrschaft Eigentum und sein, des Inhabers, Erbgut. Daraus zinst und gibt er und alle nachkommenden Inhaber jährlich auf St. Martini zu ewig unablösbarer Gült, sauberes Kaufmannsgut, gen Rüppurr ins Schloß, oder wo sie sonst beschieden werden, auf den Kasten (Markt), ohne der Lehen- und (66 ≡)
Eigentumsherrschafts Kosten und Schaden, ohne zu antworten und zu wehren vier Malter Roggen und vier Kappaunen. Das Gut ist 16 Morgen 22 Ruten groß. Das Gut Nr. 2 ist groß 23 Morgen 1 Viertel, Nr. 3: 25 Morgen, Nr. 4: 28 Morgen, Nr. 5: 14 Morgen, Nr. 6: 29 Morgen, Nr. 7: 15 Morgen, Nr. 8: 19 Morgen, Nr. 9: 37 Morgen, Nr. 10: 35 Morgen 3 Viertel, Nr. 11: 18 Morgen 3 Viertel, Nr. 12: 15 Morgen 3 Viertel 20 Ruten. Jedes Gut hat seinen Träger, der für den Zins aufzukommen hat; der Teilnehmer an einem solchen Gut sind es aber im Lauf der Zeit viele geworden, bis zu 52. Das Lagerbuch von 1740 stützt sich auf das Haischbuch von 1681. Darin wird dasselbe gefordert. Z. B. Georg Wilh. Bekh, Träger eines Erbgutes, vorher Peter Kaul und Hans Pfaffenuhr, vorher Philipp Einbeck, vorher Wendel Kam und vorher Peter Kam – geben zinslich aus ihren drei Hofstatten etc. etc. Oder: Hans Georg Bekh Träger, vorher Simon Bekh, vorher Velten Kröner, hat inne und besitzt Ein Hof- und Lehengut, mit seinen Mithelfern, das gnädigster Herrschaft Eigentum und der Inhaber Erbgut und vor Jahren Joachim Braun, vorhero aber Georg Engerich innegehabt und aus demselben alle Jahr das dritte Teil aller Früchte gegeben und nach Inhabung der Junker Vormunder dergestalt erblich hingeliehen worden, daß nun hinfürder ein jeder Inhaber aus demselben alle Jahre jährlich und jeder besonders allweg auf Martini gen Rüppurr ins Schloß oder wohin sie dort beschieden werden, zu geben haben: Roggen, Ettlinger Maß, drei Malter, ein Kappaun; und sind diese hernach beschriebenen Güter dieses, das erste Mal aber schon in 14 Portionen geteilt. – Ebenso hat Hans Georg Speck ein Lehensgut, so vor Jahren dem Junkher daraus das dritte Teil aller Früchte gegeben hat etc. etc. – Ebenso Simon Velten zinst vier Malter Roggen und vier Kappaunen. 9. Nach Lagerbuch 1710 werden zu besonderen Abgaben die Hausplätze beigezogen, auf denen das Hauptrecht oder der Todfall ruht. Es sind deren 13. Nach Ableben eines jeden Trägers fällt der Herrschaft ein Hauptrecht zu. Die Todfallrechte ruhen nicht auf allen Innwohnern, sondern nur auf denen, die ein todfälliges Haus und solchen Hausplatz haben. – Jn der Kellereirechnung wird bemerkt, daß für einen solchen Todfall jedesmal 12 fl eingezogen worden sind. Da aber zuweilen sehr vermögliche Hauptrecht- und Todfallträger sterben, die viel Pferde und Rindvieh hinterlassen, davon der gnädigsten Herrschaft billig das beste Pferd oder ein anderes Vieh, vermöge des älteren Lagerbuchs Fol. 47––53 gebührt hätte, und es habe sich trotzdem der Keller mit 12 fl befriedigen lassen, so sei der Herrschaft dadurch ein großer Verlust und Abgang zugewachsen. (67 ≡)
Nun wird nach 1718 verfügt, es soll von den begüterten Untertanen, deren Erbe das Hauptrecht zu bezahlen habe, jedesmal das beste Pferd oder Rindvieh eingezogen werden. Aber es wird berichtet, daß „diese Träger einen betrüglichen Vorteil spielen, denn wenn sie in das Alter zu kommen beginnen, trachten sie auf allerhandweise und wege, dergleichen fällige Plätze an junge Leute zu bringen, nur damit die
(68 ≡)
Von Forst- und Jagdabgaben war Rüppurr frei. Doch hatte der Förster eine Wiese, 1 Viertel groß. Dagegen Spöck hatte jährlich auf Ostern 200 sogenannte Waldeier zu 2 fl taxiert, an den Förster, bezw. an die Großh. Forstverwaltung abzugeben bis 1829, da diese Abgabe aufgehoben wurde. 1664 wurde eine Türkensteuer im ganzen Lande angeordnet, von einer Ehe 30 Kr., einem Witwer 20 Kr., einer Witwe 10 Kr., von den ledigen 15 und 7½ Kr., von Vermögen unter 500 fl 7½ Kr. Auch Weggeld (Oktroi) wurde erhoben; 1743/44 von jedem Stück Zugvieh ½ Kr. Von Juni bis März des folgenden Jahres 1743/44 ertrug es 100 fl 33½ Kr. – 1733 wurde es erhöht auf 1 Kr. für Vieh und ½ Kr. für Personen zu Fuß. Beiertheim war frei. Der Zoller und Geldeinzieher Billet erhob es. 1747 wird für das Pfinztal eine neue Weggeldordnung festgestellt, dagegen wurde der Weg von Wolfartsweier über das Killisfeld nach Rüppurr und Karlsruhe den Fremden verboten, den Einheimischen aber freigegeben ohne Weggeld. Neben den Abgaben und Steuern für das wirtschaftliche Leben von großer Bedeutung war 6. der Zehnte.Den Zehnten von hier hat das Kloster Lichtental 1290 laut Kaufbrief an sich gebracht und hat ihn 346 Jahre hindurch innegehabt. – Aber nicht ohne Schwierigkeiten. Schon 1340 war des Klosters Lichtental Kleinzehnten in Ettlingen, Durlach und Rüppurr für eine Schuld an Herburg, die Witwe des Bürgers Heinrich Weiß in Ettlingen verpfändet. 1594 Lagerbuch-Renovation heißt es: Der große Frucht- und Weinzehnte, zu Rüppurr fallend, gehört dem Kloster Lichtental bei Beuren zu. Ausgenommen davon sind nachbeschriebene, znm Schloß gehörige Güter; sie sind mit 13 Marksteinen ausgezeichnet mit den Buchstaben R. K. G. = Rüppurer Kammer Gut und Z. F.= Zehntfrei. 1636 wird berichtet: Männiglich weiß, daß vor langer Zeit (nemlich bis 1596) Edelleute zu Rüppurr gewohnt haben, die den Zehnten innegehabt, aber ihn dem Gotteshaus zu Lichtental haben zukommen lassen. Das Kloster hat davon dem Pfarrer zu Ettlingen (69 ≡)
wegen Versehung von Rüppurr zu geben 12 Malter Dinkel und 1 Fuder Wein. Aber das erstere hat der evangelische Pfarrer nie bekommen, obwohl oft daran erinnert und von den Edelleuten prozessiert worden ist. (1596 Lagerbuch Ettlingen, extrahiert 1720). – Von 1664 datiert ein Bestandbrief über die dem Kloster Lichtental zu Rüppurr angehörigen Fruchtzehnten zwischen Friedrich, Markgraf zu Baden und Hochberg und zwischen Eva Regina, Abtissin. Es wird ein Vergleich auf 10 Jahre geschlossen von 1664–1673. Der Fruchtzehnte beträgt 60 Malter, nämlich 30 Malter Korn, 14 Malter Dinkel, 8 Malter Gerste, 8 Malter Haber und der kleine Zehnten, Z fl. Mit Siegel und Unterschrift. Dieser Bestandbrief wird erneuert 1674–1682 mit demselben Inhalt, unterschrieben von Äbtissin Maria Margareta ebenso 1683–1686 auf 48 Malter und der kleine Zehnte wieder auf 3 fl. – 1699 klagt die Äbtissin Euphrosine, daß sie außerstand sei, ihre Verbindlichkeit an die geistliche Verwaltung in Pforzheim zu leisten. Dem Verwalter dort wird aufgetragen, er solle sich an dem Zehnten von Pforzheim schadlos halten. Doch wird noch im selben Jahr befohlen, daß nur durchaus wegen der Kriegszeit ⅔ nachzulassen seien. Von 1774 an wird der dem Kloster Lichtental zugewiesene Zehnte in Rüppurr und Gottsau wegen Erbauung der Kirche in Rüppurr gesperrt, bis die 7276 fl betragenden Vaukosten davon bezahlt waren. Jm Jahre 1774 ergab der große Zehnte 296 fl 33 Kr. und der kleine 144 fl 15 Kr. und in Gottesau 151 fl 22 Kr. und der kleine 111 fl, zusammen 703 fl. Bis 1778 betrug er 3908 fl 27 Kr. 1778 betrug der Zehnte hier 353 fl, 1779 333 fl, 1780 167 fl, 1781 329 fl, 1782 313 fl, 1784 366 fl. Das Kammergut Rüppurr enthält 402 Morgen, davon sind 98 Morgen zehntfrei, verbleiben dem Zehnten 304 Morgen. – 1805 werden die Felder, die mit Fruchtgattungen für den kleinen Zehnten angebaut sind, zusammengestellt Es sind mit Hirsen 23 Ruten, Magsamen 3 Morgen 2 Viertel, Reps 12 Morgen, Dottersamen 6 Ruten, Flachs 2 Viertel 25 Ruten, Hanf 22 Morgen. Der große Zehnte lieferte in jenem Jahre: 7 Morgen mit Weizen à 8 fl =56 fl, 13 Morgen mit Roggen à 5 fl 30 Kr.= 74 fl, 16 Morgen mit Gerste à 5 fl= 80 fl, 54 Morgen mit Dinkel à 4 fl= 218 fl, 2 Morgen mit Haber à 3 fl 30 Kr. = 7 fl, 900 Bund Stroh à 6 Kr. = 90 fl, zusammen 512 fl 20 Kr. - 1807 wird bestimmt: Den Zehnten müssen die Gemeinden von den in Bestand gehaltenen Gütern durch alle Gattung Früchte abgeben. Wenn durch Kriegsgewalt, Schloßenwetter und anderes Ungemach von höherer Hand die Früchte beschädigt werden, so haben sich die Gemeinden eines verhältnismäßigen Nachlasses zu getrösten. – Von 1818–1832 wurde der große und der kleine Zehnte hier abgelöst. Zehntpflichtig sind 458 (70 ≡)
7. Fronen.Im Lagerbuch 1594, erneuert 1780, heißt es: Alle Untertanen und Inwohner zu Rüppurr sind einem jeden Herrn und Fürsten reisbar, steuerbar, fronbar, postmäßig, dienstbar, Fol. 5. Zu dem Schlosse und seinen angehörigen Gütern sitzen die Untertanen und Inwohner zu Rüppurr, dem Dorf zu täglichem Frondienst. – 1715 wird festgestellt: Der Mann bekommt in der Fron 20 Kr., die Frau 16 Kr., im Winter aber 16 und 10 Kr. und pro Tag eine Maß Wein wie üblich. – 1732 wird berichtet, daß die Gemeinde Rüppurr schuldig ist, 50 Klafter Brennholz jährlich für das Schloß zu machen, gegen Bezahlung von 3 fl 34⅔ Kreuzer. – Die sog. Mühlwiese 57¾ Morgen groß, kostet zu heuen und zu öhmden, da für den Morgen 20 Kr. in der Fron bezahlt werden und dazu 100 Fronfuhren ä 42/7 Kr. = 7 fl 8-Kr., zusammen 64 fl. Ein Mann bekommt pro Tag 10 Kr., ebenso eine Frau; ein Gabler aber 12 Kr. Bei Fronfuhren kommt zum Wein noch ein Pfund Brot von der Herrschaft. Aber die Rüppurrer wehren sich dagegen 1732, weil sie es noch nie getan hätten, auch wäre es ein Schaden für den Fürsten, da sie dann 300 Morgen Wiesen zu heuen hätten, was sie nicht können. – Aber im Lagerbuch 1740 wird festgesetzt: Zu dem Schloß und dessen Gütern sitzen die Untertanen und Inwohner zu täglichem, ungemessenem Frondienst. – „Wie aber das Schloß abgegangen, die Acker mit herrschaftlichen Zügen bebaut und den Rüppurrern für ihre Arbeit auf den Wiesen im Jahr 1773 ein erhöhter Lohn ausgeworfen wurde, so ist ihnen dadurch ein großer Teil ihrer vorigen Fronlasten abgegangen und ich glaube nicht, daß sie sich mit Grund beschweren können, wenn (71 ≡)
8. Besondere Streitigkeite,die ja leider im wirtschaftlichen Leben zu großen Ausgaben führen. 1318, den 19. Mai machen „Rudolf(Ill.) der ältere, Herr von Baden und die stadt Straßburg eine sühne für sich und ihre (72 ≡)
Helfer wegen des den Straßburgern von dem von Rytbure zugefügten schadens, wegen des Brandschadens, der den bürgern zu Willstätt geschah, wegen des Frau Margarethe von Elsaß an ihrem Hause zu Staufenberg (Stopfenberg) geschehenen schadens und wegen der gefangennahme markgräflicher Diener durch die Straßburger in dem Kriege des markgrafen wider Reinbold von Staufenberg. Beide teile verzichten auf schadenersatz, behalten sich aber ihre rechte hinsichtlich verbriefter oder beglaubigter schulden vor”. – Regesten der Markgrafen von Baden I, 736. – 1335, den 9. Oktober schwört Arnolt Phawe von Riepbur, ein Edelknecht, seinen gütigen Herren, den Grafen Heinrich und Götz von Fürstenberg und ihren Söhnen und Helfern, Dienern und Leuten wegen seiner Gefangenschaft Urfehde (d. h. Frieden) und verspricht, möglichst seine Freunde und alle die des Tags, da er gefangen und die bei ihm auf dem Felde waren, denselben zu gewinnen (zu Freunden) oder den, den er nicht hiezu bewegen könne, ihnen anzuzeigen. Über sich zu Tröstern (Bürgen) gibt er Herrn Engelhardt, einen Ritter, genannt v. Niperp, Reinhard und Heinrich seine Brüder, genannt v. Riepbur an. (Mitt. Pfalz 17.) 1539, April 24. Reynhart von Rieppürr, Domdekan zu Worms, entschuldigt sich bei „Herrn Heinrich, Administrator des Stifts Worms, probst und Herr zu Ellwangen, pfalzgrafen bei Rhein und Herzog in Bayern” wegen seiner vor einem Jahr unternommenen Vermittlung zwischen der Äbtissin einerseits und dem Konvent vom Kloster Neuburg andrerseits Reynhart erklärt, er habe beide Teile „so ganz hitzig und ungeschlacht befunden”, daß er nur in Anwesenheit des Neuburgers Beichtvaters mit ihnen verhandelt habe. Der Vergleich kam dann in der Weise zustande, daß in allen wichtigen Fragen die Äbtissin nur in Ubereinstimmung mit der neugewählten Priorin, Elisabet von Ehingen und der ebenfalls neugewählten Kellerin, Helene von Riepurr, der Schwester Reynharts, Anordnung treffen dürfe. In dem Entschuldigungsschreiben weist Reynhart den Vorwurf, dem man ihm beim Kurfürsten gemacht habe, als habe er sich eingemischt, nur, um der Äbtissin zu schaden und seiner Schwester mehr Ansehen zu verschaffen, als unrichtig zurück. (Neues Archiv für Heidelberg und Pfalz 6,27.) 1540 kam es zwischen Ettlingen und Batt von Rüppurr zu einem Vergleich wegen etlicher kleiner Güter und einem Waidgang und einer Gült; dabei wurde als 4. Punkt festgesetzt, „daß Batt von Rüppurr von seiner angemaßten Forderung abstehen und fürderhin ruhig sein solle.” 1549 ist ein Rechtsstreit zwischen den beiden fürstlichen Häusern Baden-Baden und Baden-Pforzheim über die Frage: Ob das Schloß (73 ≡)
und das Dorf Rüppurr und somit auch die sog. Weißer oder leibeigenen Leute daselbst, samt dem Hochgericht, Wildbann und Lehen, in den Badener oder Pforzheimer Teil gehören und wie viel am Hochgericht und Wildbann und Leibeigenen den Herren von Rüppurr zukomme. – 1560 ließ der Markgraf junge Karpfen in den Rüppurrer See setzen und der Markgräfliche Küchenmeister in Ettlingen hatte den Auftrag, dafür zu sorgen, daß sie nicht weggefangen würden, auch dürfe während der Laichzeit nicht gefischt werden. Aber die Herren zu Rüppurr ritten in der Zeit, da der Küchenmeister zu Hause beschäftigt war, in den See und in die Alb und zerstörten die Laiche. Als das Warnen und Drohen des Küchenmeisters nichts half, nahm er den Rüppurrern ihre Pferde weg und führte sie mit sich nach Ettlingen und erst gegen eidliches Versprechen, den Fischen keinen Schaden mehr zu tun, erfolgte die Rückgabe. – Die Ettlinger waren dafür, daß der See trocken gelegt werde, und Markgraf Ernst Friedrich von Durlach unterstützte sie darin 1593, aber die Rüppurrer mehrten sich dagegen, weil sie aus dem See Nutzen zogen. 1582: Der Pfarrei ist das Widdumshöflin zu Rüppurr gehörig, das vormals Joachim Rummel, laut Lehensbrief vom Pfarrherrn zu Ettlingen in Händen gehabt hat. Aber die Junkherren von Rüppurr vermeinten es an sich ziehen zu können, wurden aber vom Markgrafen Philipp abgewiesen. 1750 sollen 350 Stück Marksteine für das Kammergut, von Steinhauer Z. in Durlach nach seiner Rechnung gefertigt worden sein, aber der Fuhrmann behauptet nur 200 Steine herbeigeführt zu haben; die andern sollen bis auf 20 Stück hinweggekommen sein, Nach gründlicher Untersuchung werden 200 Stück à 11 Kr. bezahlt =33 fl 20 Kr., das andere wird abgewiesen. 1756 beginnt der Rechtsstreit zwischen dem Kloster Lichtental und der Gemeinde Rüppurr über den Neubau der Kirche, der 1779 zu Ungunsten des Klosters entschieden wurde, während der 1582 begonnene Rechtsstreit zwischen dem Kloster und den Herren von Rüppurr über die jährlichen 12 Malter Weizen, zu Gunsten des Klosters entschieden worden war. 1770 berichtet der Keller von Gottsau, daß der Kloster Lichtentaler Schaffner Tagliasaki von Ettlingen und einer von Rüppurr, während seiner dreitägigen Abwesenheit, den Krappzehnten geraubt habe, trotz der Protestation des Schreibers Deimling und sich in aller Geschwindigkeit mit seinem Raub davon gemacht habe. Derselbe habe einmal bei Regenwetter einen Wagen geschickt und in aller Eile 38 Garben aufgeladen und nach Ettlingen geführt. 1800 versagt die Mutter S, ihrem 33jährigen Sohn die Verheiratung mit einem Mädchen, angeblich weil es kein Vermögen habe. (74 ≡)
Hier mag auch erwähnt werden, daß am 5. März 1854 hier eine 56jährige Frau, J. S.-P., in ihrem Bett ermordet wurde, während es ihrer Tochter gelang, wenn auch an Kopf und Arm schwer verwundet, durch das Fenster auf die Straße sich zu retten und ihren Vater aus dem gegenüberliegenden Wirtshause zu Hilfe zu rufen. Bis Hilfe kam, war der Mörder verschwunden, aber ohne die 3000 fl aus der Gemeindekasse, auf die es offenbar abgesehen war. Da auf niemand Verdacht geworfen werden konnte, schien das Verbrechen ungesühnt bleiben zu sollen. Aber scheinbar harmlos fragte eines Tags ein Gendarm, eine Anzahl erwachsener Mädchen, ob keine oon ihnen unentgeltlich nach Amerika auswandern wolle und als eines sofort und eifrig sich meldete und ernstlich nach der Ursache ihrer Auswanderungslust befragt wurde, gestand sie endlich, daß sie wegen der Untat fortwolle und nannte den Mörder, den sie nicht länger sehen könne. Da man an bezeichnetem Orte seine blutbefleckten Kleider und sein Beil fand, wurde er trotz hartnäckigen Leugnens überführt und am 8. August desselben Jahres morgens 8 Uhr auf einem Schaffot, das auf den ärarischen Wiesen (sogenannter Schellenberg) errichtet worden war, öffentlich enthauptet, angesichts einer ungeheuren Menge Zuschauer, die tief bewegt waren und aufmerksam die Mahnungen des Geistlichen (C.) entgegennahmen. Es wird wohl die letzte öffentliche Hinrichtung in Baden gewesen sein. F. B. p. 90 und Karlsruhe Z. vom 9. August 1854. Das erwähnte Mädchen wanderte nach Amerika aus und hat sich dort glücklich verheiratet. 9. Die Schloßmühleist wohl so alt wie das Schloß, da sie unentbehrlich und leicht zu errichten war. 1637 muß das Wehr- und Wasserwerk repariert und dazu 70 und mehr Fuhren Holz von den Hardtdörfern beigeführt werden. Spöck und andere Dörfer müssen sich darüber miteinander vergleichen. 1679 hat der Markgraf Friedrich Magnus von Basel aus die mit 2 Mahl- und einem Gerbgang versehene Schloßmühle an Kath. Biterolf We. und deren Erben verkauft mit 4 Morgen Wiesen und 4 Morgen Acker im Bauernfeld, in öffentlicher Steigerung um 1021 fl und gegen jährliche Abgabe von 36 Malter Moltzer. Zum Angeld mußten (75 ≡)
1771 bittet er um die Genehmigung, eine Walkmühle und eine Hanfreibe zu bauen, damit die Färber und Weißgerber zu Karlsruhe und zu Durlach nicht genötigt seien, ihre Sachen nach Ettlingen und Weingarten mit großen Kosten führen zu lassen. – 1805: Weil der hiesige Müller von Mai bis Juli 14 Stunden lang die Schleuße wegen der Flötzung von Dielen für das Kurfürstliche Bauamt öffnen mußte, legte er eine Rechnung von 14 fl vor; er wird aber abgewiesen. 1817 probiert er es wieder, da er wegen der Flötze das Wasser ablassen mußte von Morgens 5 bis Abends 8 Uhr, pro Stunde 1 fl, sind 15 fl, bittet er um Entschädigung. Es wird ihm aber erwidert, daß nach seinem Mühlenbrief diese Ansprüche nicht berechtigt seien. Die Mühle ist nun seit einer Reihe von Jahren nur Sägemühle, aber mit starkem Betrieb. 10. Wirtschaften.
(76 ≡)
niemand darin zu logieren oder zu verzehren begehrt. Ja, wenn man nur ein gutes Glas Wein haben wolle, müsse man es zu Ettlingen maßweise holen, und wenn jemand von den fürstlichen Beamten in das Dorf komme, so logiere er sich, weil es in dem Wirtshaus unsauber zugehe, bei dem Schultheiß ein, so daß er, der Schultheiß, wegen des Wirts immer Verdruß habe, aber keinen Nutzen. Er würde dann trachten, ein gutes Glas Wein in das Dorf zu schaffen, damit, wie es vor alters gewesen, ein Spaziergang von Ettlingen her, mithin die alte Kundschast wieder zuwege gebracht werde. Es wird genehmigt. Sonach waren nun zwei Wirtschaften hier. – 1738 bittet derselbe Wirt um Nachlaß des Ohmgeldes, da er in dieser großen Trauerzeit in mancher Woche keine 15 oder 20 Kr. löse, was beglaubigt wird. – 1740 wird bekannt gegeben: Wenn die Wirte zu Rüppurr keinen Akkord haben, der einzig und allein auf das herrschaftliche Belieben ankomme, sondern unter dem Siegel wirten, so müssen sie das alte Ohmgeld auf Maßkreuzern, wie in allen andern Orten im Land, entrichten. Wenn die Maß Wein ä 4 Kr. verzapft wird, so gibt die Ohm 24 Kr. Und bei 5 Kr. 8 Kr. mehr=32 Kr. usw. Dies war das alte Ohmgeld. Das neue, ob billig oder teuer verzapft, macht 26 Kr. auf die Ohm. Der Maaßkreuzer ist von jeder Maaß 1 Kr., von der Ohm 1 fl 20 Kr., aber von den Ehrenweinen, nämlich Rhein- oder guter, alter Oberländerwein das Doppelte, nämlich von jeder Ohm 2 fl 40 Kr. Bei Bier ein Ohm 40 Kr., ebenso von Birnen- und Apfelmost. 1742 bekommt der Zoller in Kleinrüppurr gegenüber der Mühle die Erlaubnis, ein neues Haus zu bauen und Wirtschaft darin zu halten, aber alle drei Wirte wehren sich dagegen, da sie dadurch völlig ruiniert würden. - 1770 weigerte sich die Stadt, d. h. die Wirte Durlachs, die Straße nach Weingarten gut fahrbar zu machen, damit die Fuhrleute, besonders wenn sie zum Weingartner Fruchtmarkt fuhren, in Durlach übernachten mußten. (F. 668). Welche Uneigennützigkeit! 1800 klagt der Straußwirt über Verfolgung durch die Ortsvorgesetzten. Diese wollen ihm statt 120 fl, die ihm durch Einquartierung der Franzosen weggetrunken, nur 60 fl geben, und er habe doch 1000 fl Schulden machen müssen. „Beim Einrücken der Kaiserlich Königlichen Truppen hatte kein Wirt außer mir in dem Wohnzimmer einen Ofen. Der Kronenwirt lies sein Haus leer stehen und zog in ein Privathaus. Die Vorgesetzten brachten deshalb alles, was eine bessere Bewirtung erforderte, zu mir, ungeachtet ich nur Straußwirt bin, d. h. keine Realgerechtigkeit habe. Dadurch wurde ich genötigt, meinen Stall den Offizierspferden einzuräumen; mein Vieh wurde herausgejagt, mein Haus mit Wachen, Offizieren und Gemeinen belegt, die ich alle mit Holz, Licht und Speise versehen mußte. Was die (77 ≡)
In der Nähe des Schlosses stand VII. die Kirche.Schon 1351 wird eine capella vel cymeterium in Rietbur erwähnt Z8,97. Ein Schreiben von genanntem Jahr, am Jahrestag Johannes des Täufers, besagt, daß zwischen dem Berchtold Bäßler, Dekan in Rotenfels und zwischen den Pfauen von Rüppurr und der Gemeinde daselbst wegen Bau und Reparierung der Kapelle zu Rüppurr einen Vertrag geschlossen sei, daß das Kloster Lichtental dazu nicht angehalten werden könne, außer was ihm nach eigenem Willen und Wohlgefallen beliebe, aber mit keinem Rechte. – Dazu wird aber bemerkt: Dieser Vertrag ist nicht authentisch, weil kein Grund darin vermeldet wird, warum es die Reparierung nicht schuldig sei, zumal auch keiner Bestätigung von dem edlen Pfauen und der Gemeinde Rüppurr durch ihre Unterschrift und Petschaft gedacht wird. In der Kapelle waren vor der Zeit der Reformation wöchentlich zwei Frühmessen gehalten worden von einem Kaplan, der in dem Schloß ein besonderes Zimmer hatte, das noch lange die Kaplanei hieß. Für diesen Kaplan gab das Kloster Lichtental jährlich 60 fl Geld, ein Fuder Wein und zwölf Malter Dinkel und bekam dafür den Zehnten von dem Feldgut der 13 Höfe. Die Kapelle war also keine Pfarrkirche, denn im Lagerbuch 1594 steht: Zu Rüppurr hat es keinen Pfarrer, sondern ist ein Filial von Ettlingen und haben die Untertanen und Einwohner des Dorfes ihr Pfarrecht daselbst in Ettlingen gesucht und empfangen, auch ihre Sepultur und Leiblag allda gehabt. Die Kapelle war dem hl· Nikolaus geweiht, was auf ein hohes Alter schließen läßt. (78 ≡)
Aber vor Jahren wurde durch den verstorbenen Vogtsjunkher, christlich Augsburger Konfession und Religion, auf des Junkherrn Selbstkosten ein eigener Pfarrer verordnet und fürgesetzt. Jn demselben Jahr ist vor dem Dorf Rüppurr ein eigener Begräbnis- und Gottesacker durch die jüngst Verstorbenen Vogtsjunkherren Batt und Reinhard von Rüppurr selig, von ihren eigenen Gütern dargegeben worden. Bei und nach der Resormation wurde vom Markgrafen Karl zu Baden 1556 der erste lutherische Pfarrer zu Wolfartsweier eingesetzt, der von dort her die wenigen Untertanen im Schloß Rüppurr und in den 13 Höfen besorgte: Leonhard Keiffel 28 Jahre hindurch, seit 1593, ist in der Kirche zu Wolfartsweier begraben; auf ihn folgte Widder, Suder, Pauli. Jm dreißigjährigen Krieg ist die Kirche und das Pfarrhaus zu Wolfartsweier ein Aschenhaufen geworden und der Pfarrer ist, da ohnedem die Gemeinde verloffen war, ins Exil gegangen. Noch 1741 war in dem Pfarrgarten in Wolfartsweier der öde Haus- und Scheunenplatz, der gewölbte Keller und der Brunnen zu sehen. Die Kirche gehört zu den ältesten der Gegend und hat etliche bemerkenswerte Grabsteine. (Fecht 264). – 1648, da die Leute wieder kamen, wurde in Rüppurr von den 13 Höfen dem sich meldenden Pfarrer Ph. Samuel Baufein, der dann 1653 nach Liedolsheim kam (Liedolsheimer Urkunden), ein Bauernhaus gegeben, das noch lange das Pfarrhaus hieß. Die anderen Pfarrer waren: Kirchhoff, Föckler, Albrecht Obermüller 1692, der nebst seinen Nachfolgern, von Rüppurr aus, „da dieser Ort inzwischen durch jetziger Herrschaft hohe Vergünstigungen und Vorrechte zu einem mittelmäßigen Dörflein angewachsen war, den Ort Wolfartsweier, aber mit dortseitiger Protestation, daß sie die Mutterkirche sei, und man aus ihr kein Filial machen solle, mit großer Mühseligkeit und Beschwernis, auch mancher Lebensgefahr, wie solches der † Pfarrer Amberger erfahren hat und auch der jetzige Pfarrer Bürklin, der einmal im Schnee fast ersticken mußte, bis jetzt versehen hat” 1698 war die Kirche sehr baufällig geworden, was der hiesige Keller bestätigt. Da das Kloster Lichtental wegen seines Zehnten hier bauen soll, so berichtet der Keller in Ettlingen an die hochwürdige Frau Marie Euphrosine des Gotteshauses Lichtental Äbtissin: „Mir ist eine Ripurer Kirche ganz fremd, wohl aber ist mir bekannt, daß im Langhaus der Ettlinger Pfarrkirche die sogen. Ripurer Kapell bereit gestanden und zu dem Kirchengebäu gerechnet, auch keine andere Unterhaltung von nöthen gehabt hat, leider aber samt der Kirche durch den französischen Brand zum Steinhaufen worden ist. Von jener (79 ≡)
Kirche ist das Kloster mehr nicht schuldig als den Kirchturm und von der Kirche zu Ripur ist das Kloster durch das Urteil des Gerichts schon längst absolviert.” 1698, den 5. Oktober berichtet der Keller dahier, Joh. Fr. Weiß, er habe die ältesten Männer des Dorfes Rüppurr vor sich beschieden wegen der Reparatur der Kirche, und diese sagen, daß sie von ihren Voreltern vernommen, daß das Kloster Lichtental des jährlich dahier erhobenen großen und kleinen Zehnten halben sowohl auf Ew. Hoheit eigentümlichen, als auch auf des Fleckens Güter, die Kirche dahier, anstatt der Ripurer Kapell zu Ettlingen, die wegen der röm.-kath. Religion abgegangen, zu erhalten schuldig sei. Das Kloster möge sich widersetzen, wie es wolle. Von einer anderen Reparation wüßten sie nichts zu sagen, als daß vor ungefähr 30 Jahren, da ihre Hoheit Herr Friedrich, Ew. Hoheit Herr Vater seligen Andenkens, den Lerchenfang zu Rüppurr angefangen, waren sie in die Kirche gekommen und haben gesehen, daß keine andere Stühl als nur eichene Blöcke vorhanden, auch die Fenster so übel versehen, hatten sie gefragt, warum man solche nicht repariere, worauf dann sei gebeten worden, die Äbtissin in Lichtental zur Reparatur anzuhalten. Und weilen dazumal gnädigste Herrschaft den Zehnten mit 40 Malter glatter und reiner Früchte genoßen, hatten Sie zur Antwort gegeben, Sie möchten ihr die Ehre nicht antun, sondern haben befohlen, andere Stühle hineinzumachen und die Fenster zu reparieren und dem Stoffel Schlechte, dem damaligen Vogelfänger die Inspektion darüber anbefohlen. Ob aber etwas am Zehnten abgezogen worden, sei ihnen unbekannt. – Daraufhin wurde noch im selbigen Jahr 1698 auf den zu Rüppurr gefallenen Kleinzehnten der Arrest gelegt von der gnädigen Herrschaft, wegen Reparierung der Fenster, die 22 fl kosteten. 1699, den 26. Januar ergeht Bericht von dem Keller zu Rypurgk an den Markgrafen Friedrich Magnus, daß die hiesige Kirche einige Jahre ohne Glocken gewesen und man statt der Glocke ein Zeichen mit einem Hammer am Schloßtor gegeben. Aber dero Frau Gemahlin habe bei Erbauung der Hospitalkirche in Durlach auch an hiesige Kirche gedacht und das schimpfliche Hämmern am Tore abgeschafft und sich zu einer erklecklichen Beisteuer zur Gießung einer Glocke gnädigst herbeigelassen, auch die Veranstaltung getan, daß die Glocke hier aufgehangen werde. Nachdem aber der leidige Krieg eingefallen und das Glöcklein aus dem Rathause durch Kurbayerische Soldaten entwendet, habe man diese Glocke in Sicherheit gebracht und vergraben; nach erlangtem Frieden aber, und zwar diesen Frühling, wieder hervorgesucht, aber der Kirche entzogen und in dem Flecken statt ihres verlorenen Glöckleins aufgehangen. Mein Vorgänger Keller Weiß, damals von Podagra belästigt, hat dagegen protestiert und (80 ≡)
mich ersucht, dieses Gemeindeunternehmen zu berichten und zu bitten, daß die Glocke wieder an gehörigen Ort möchte gebracht werden. Dieses unbesonnene Unternehmen ist nicht nur wider die gnädigste Stiftung, inmaßen die Glocke nicht in den Flecken und für die Bürger zu Rüppurr, sondern zu allermeist für die Kirche und für das Schloß sgestiftet worden. Auch bleibt solchergestalt manches Gebet vergessen, das aber, wenn die Glocke auf der Kirche hinge und des Tags damit dreimal ein Zeichen gegeben, erinnert würde. Überdies haben die Bürger zu Rüppurr fast gar nichts dazu gesteuert und folglich kein Recht daran. Ja sie hängt an einem öffentlichen Platz wo man Wein schänkt und alle Üppigkeit getrieben wird.” – Auch Ettlingen hatte seine Glocke vergraben, aber am 27. Oktober 1711 wurde die Glocke, die aus Furcht vor den Frauzosen im Rüppurrer Feld vergraben war, wieder ausgegraben und in der Kirche aufgehangen. Dabei wurde von dem Stadtschreiber, den zwei Bürgermeistern und zwei Baumeistern für 11 fl 20 Kr. verzehrt. 1700 bekommt der Pfarrer Obermüller zur Erbauung der Empore 4 Eichen und 13 Forlen, weil alle Hoffnung wegen des Klosters Lichtental geschwunden sei. – 1710 klagt der Pfarrer, daß er bei schlechtem Wetter nirgends auf der Kanzel stehen könne und befürchte, es möge das Dach über uns zusammenfallen, wie zu Simsons Zeiten über die Philister. Mit meiner ganzen dürftigen Gemeinde möchte ich Ew. Hoheit anflehen, das Kloster Lichtental anzuhalten, damit wir nicht länger mit Furcht und Zittern in dem Ort, der einem Straußennest, Wind-, Regen- und Schneefang ähnlicher ist als einer Kirche, unsern Gottesdienst widerwillig und zur Schädigung unserer Gesundheit zu verrichten gezwungen werden. – Nun will sich, noch 1710, die Äbtissin zu einem Beitrag von 150 fl zu dem Kirchenbau gegen einen Revers verstehen; 1711 sogar zu 200 fl, aber gegen einen Revers, daß sie die 200 fl gutwillig gebe und künftig keine Konsequenzen daraus gezogen werden dürfen. – 1711 bittet der Pfarrer M. Egidius Zink, um Gotteswillen die Kirche anzusehen. Die Abtissin solle in diesem Frühjahr angehalten werden zu bauen, andernfalls könne man nicht mehr hineingehen; auch das Pfarrhaus ist höchst baufällig und die Scheuer eingestürzt. Wenn die Kirche einfalle, könne es ein Unglück geben. – 1712 werden die Kosten auf 204 fl 50 Kr. berechnet, der Plan ist beigelegt; es sind neun Bänke vorgesehen. Es ergeht der Befehl, die Rüppurrer sollen ohne weitere Einrede das Bauholz führen. Aber 1712 weigert sich die Gemeinde das Bauholz zur Kirche allein herbeizuführen und habe doch gar keinen Grund zur Weigerung, so meldet der Amtmann Joh. Daniel Dr. R. Andree. – Wieder 1727 berichtet der Pfarrer: Die Kirche hier ist sehr baufällig, der Dachstuhl faul, die Ziegel abgedeckt, das (81 ≡)
Kreuz auf dem Turm zerbrochen, die Fenster eingeschlagen. Das Kloster Lichtental solle reparieren, da es vor etwa 20 Jahren auch habe reparieren lassen. Beim letzten Abendmahl habe es in die Gefäße hineingeregnet und die Tücher seien vom Winde umhergeweht worden. 1728 wird die Äbtissin von den markgräflichen Oberbeamten dringend gebeten, die Kirche doch reparieren zu lassen, aber sie will zur Reparatur nicht mehr als 30 fl geben, aber nach dem Überschlag kommt sie höher. Die ganze Kirche samt dem Chor (das damals vorhanden war), innen zu verputzen und zu weißeln und in der Sakristei eine Wand, die einfallen will, aufmauern: 11 fl Maurerarbeit, 11 fl für Zimmermann, 1 fl 46 Kr. für Schlosser, 3 fl für Glaser, 32 fl für Material=63 fl. – 1732 hören wir: Die Kirchenfenster werden immer eingeworfen, weil keine Läden vorhanden sind (an Drahtgeflechte dachte man damals noch nicht). Darauf wird gestattet, daß Läden angebracht werden und in die Sakristei ein Fenster und zwei Lehnstühle und ein Tisch mit einer Schieblade; die Kosten werden auf 16 fl berechnet. – 1748 wird mitgeteilt: ein silberner Kelch ist vorhanden, von etlichen Offizieren gestiftet. Aber auch in Ettlingen war die neu gebaute Stiftskirche in der innern Ausstattung sehr ärmlich, denn 1735 wird darüber geklagt, daß in einer so ansehnlichen Stadtkirche sich nicht eimal ein Taufstein befinde; 1760, daß wohl ein Taufstein vorhanden sei, aber kein heiliger Johannes darauf; auch sei der Meßner dem Trinken sehr ergeben und reinige die Altäre nicht von Spinngeweben und Staub. 1749 müssen die Bürger durch Umlage eine Glocke anschaffen; eine Orgel ist nicht vorhanden. Aus der Katharina-Barbara-Stiftung wird eine tuchene, orangefarbene und weiß abgenähte Kanzel-, Altar- und Taufsteindecke erlangt – 1754 ist schon wieder eine Reparatur sehr nötig. Die Äbtissin will zum letzten mal 20 fl geben. Diese sind aber nicht anzunehmen, sondern es wird ein Prozeß angestrengt. Kirchenrat und Special Bürklin hat dies der Gemeinde bekannt zu geben. 1759 übernimmt der Markgraf Carl Friedrich als Gutsherr in Sachen der Gemeinde gegen das Kloster Lichtental die der Gemeinde zufallende Hälfte der Aktenversendungskosten mit 10 fl 11½ Kr.; dasselbe wieder 1769 mit 39 fl 22 Kr. – 1763 wird das unumgänglich Nötige an der Kirche gebaut. Das übrige Geld darf zu einem Glöcklein verwendet werden, dessen man sehr benötigt ist, weil die Gemeindeglieder die eigentliche Zeit zur Predigt und Betstunde und dergleichen nicht wissen können, da keine Uhr im Dorf ist. Ein Jahr später wird wegen der zersprungenen Glocke in Wolfartsweier um Unterstützung gebeten, wie 1723 auch geschehen sei. – 1764 heißt es: Die Kirche ist ein schwaches Gebäu und abgängig – 1771 wird mitgeteilt, daß der Gemeinde Rüppurr gegen das Kloster Lichtental (82 ≡)
ein Advokat extraordinär, Stößer, ex officio gratis als Sachwalter bestellt worden sei. Dem Prokurator N. N. beim Wetzlarer Reichskammergericht, der ohnehin bei den Assessoren nicht viel ausrichten kann, wird nicht nachgerühmt, daß er sich die herrschaftlichen Prozesse sonderlich angelegen sein lasse, vielmehr habe es bei manchen Gelegenheiten geschienen, daß er sich nicht viel um die Praxis bekümmere, aber wohl seine Rechnungen sehr zu übersetzen pflege. – Der Prozeß dauerte von 1755––1769 und brachte den Bescheid, daß das Kloster die Rüppurrer Kirche zu unterhalten und zu bauen schuldig sei. Die Prozeßkosten werden wegen Armut der Gemeinde aus dem Ärar bestritten. Zu dem Prozeß wurden Gutachten von verschiedenen Universitäten eingeholt. Da das Kloster appellierte, so kam ein endgültiges, bestätigendes Urteil erst 1772 zustande. – 1773 wird durch den Augenschein bestätigt, daß man nur mit äußerster Lebensgefahr in die Kirche könne. Beim Augenschein haben die Herren, ein Hofrat, ein Bamneister und ein Werkmeister nebst Diener für Essen 2 fl und für 3 Maß Wein à 40 Kr.= 2 fl bei Lammwirt Schnäbele ausgegeben. Im selben Jahr zeigt der Kirchengemeinderat an, daß wegen der Baufälligkeit der Kirche schon seit sechs Wochen kein Gottesdienst mehr gehalten werden konnte. – Der Schultheiß und andere bitten, die Kirche möchte in das Dorf gebaut werden und nicht wie jetzt fast eine Viertelstunde von dem Dorf entlegen. Diese Bitte ergeht schon das zweite Mal. Der Schultheisz hat deshalb zwei Gänge nach Durlach und Karlsruhe tun müssen und berechnet dafür sechs und neun Kreuzer wegen Auslagen. – 1774: Da die Äbtissin sich nicht erklärt, fragen die Herren an, ob sie mit dem Bau beginnen und Arrest legen sollen auf die Lichtentaler Gefälle Der Bau komme auf 8305 fl und die Prozeßkosten aus über 1000 fl. Der Zehnte betrage jährlich 550 fl, so werde es über 10 Jahre dauern und müsse Vorschuß genommen werden. – 1776 ist die Kirche vollendet; beschäftigt waren von hier nur Zimmerman Joachim. – Die wiederholte Bitte der Gemeinde 1774, die neu zu erbauende Kirche in das Dorf und nicht auf die bisherige unschickliche und höchst unbequeme Art an die öffentliche Landstraße zu stellen, war unberücksichtigt geblieben, trotz der weiteren Begründung: aus Furcht vor Beraubung müsse jeden Sonntag ein Bub das Altartuch und sonstige Geräte hinwegnehmen und wahrscheinlich kämen aus demselben Grund auch keine Orgel, kein Geläute und keine Uhr hinein und es seien doch nur vier Haushaltungen im Schloß. – 1786, 31 August macht das Kloster Lichtental den Vorschlag, ihm die Rüppurrer Kirchenbaulast gegen ein aversum ganz abnehmen zu wollen und der gnädigste Herr ist nicht abgeneigt. Die Baurechnung beläuft sich auf 7276 fl 71½ Kr. Sie ist aus den sequestrierten Klosterzehntgefällen bestritten worden. Diese Sequestrierung hat ungewöhnliche (83 ≡)
Kosten verursacht, die in den 7000 fl stecken. – Das Sequester hat bis 1783 gedauert. Der Vergleich mit dem Kloster ist 1791 zustande gekommen, aus gnädigstem Wohlgefallen gegen das treue Kloster Lichtental und aus Fürsorge für die Gemeinde Rüppurr. Die Landesherrschaft übernimmt für alle Zukunft die Verbindlichkeiten die Kirche Rüppurr, in eben dem Maße zu bauen und zu unterhalten, wie solches bisher dem Gotteshaus Lichtental obgelegen. Gegen diese llbernahme befreit das Gotteshaus Lichtental weitere 50 Morgen des Rüppurrer Kammergutes von Abgabe des großen Zehnten und hat somit nur noch 188 Morgen für großen Zehnten, die auf gemeinsame Kosten umsteint und in Riß gelegt werden. s Die Prozeßkosten der Gemeinde in Summa 433 fl 59 Kr. werden von der fürstlichen Kasse übernommen. Die Gemeinde hat bei Reparaturen und Neubauten die erforderlichen Hand- und Zugfronen ohnweigerlich zu leisten. Was von der Gemeinde mit Dank anzuerkennen und zu unterschreiben ist. 1788 ist das Kirchendach, wie bekannt, seit etlichen Jahren in üblem Stand; „wir stehen in Gefahr von der durch Regen und Schnee aufgelösten Decke erschlagen oder mit blutigen Köpfen davon gejagt zu werden”. Das gibt noch in demselben Jahr eine Rechnung über Ziegel und ihr Einstecken von 24 fl. – 1793 muß die Kirche schon wieder repariert werden. Da sie die ganze Woche geschlossen ist, verfault das Holz. – 1781 wird eine Orgel gekauft, die aber 1796 von französischem Militär gestohlen und zerschlagen wird. 1801, nach wieder hergestelltem Frieden wünscht die Gemeinde wieder eine zu bekommen. Orgelbauer Voit in Durlach würde die bisherige Bauschlotter Orgel verbessern und hierher bringen gegen 275 fl. Dies Geld würde aufgebracht werden durch 50 fl von Joh. Bekh hier und 100 fl von verschiedenen Bürgern; 22 fl hat das Kloster Lichtental zu leisten versprochen und die fehlenden 100 fl könnten aus dem Almosen genommen werden; wird aber abgelehnt. – 1850 wurde die Orgel ersetzt und repariert. – 1893 eine neue Orgel von Voit in Durlach geliefert, die sich jetzt noch in der alten Kirche befindet. – Eine Glocke wird endlich 1860 gekauft. Da die 1772 gebaute Kirche am Ende des 25 Minuten langsgestreckten Dorfes stand und an Festtagen viel zu klein war und nur eine kleine Glocke hatte, mußte an Beseitigung dieser Mißstände gedacht werden. Bei dem kleinen Vermögen des Dorfes und seiner allmählig hereingetragenen geringen Kirchlichkeit mußte von Opfern seinerseits abgesehen werden. Als Ausweg konnte schließlich nur die Ablösung der ärarischen Baupflicht in Betracht kommen. Die Ablösungsverhandlungen währten vom 30. Juni 1901 bis Dezember 1903. Die Ablösungssumme ertrug 200000 ℳ und die (84 ≡)
alte Kirche nebst zugehörigem Gelände. Die entscheidende Abstimmung der Kirchengemeindeversammlung fand am 20. Juni 1902 statt. Da die alte Kirche als Baudenkmal früherer Zeit nach dem Wunsche der Regierung erhalten bleiben sollte, so wurden Verhandlungen mit dem kath. Pfarramt und Stiftungsrat der Liebfrauenkirche in Karlsruhe geführt mit dem Ergebnis, daß die Kirche von demselben um 36 000 ℳ und die Orgel um 1600 ℳ für die hiesige kath. Gemeinde übernommen wurde. Nach verschiedenen Vorschlägen wurde im Juli 1905 das Haus von Bönninger und Schöchle nebst Garten um 15000 ℳ als Platz für die neue Kirche angekauft und das darauf stehende alte Wachthäuschen um den von dem damaligen hiesigen Bürgerausschuß verlangten Preis von 700 ℳ, der später von der Stadtgemeinde auf 500 ℳ ermäßigt wurde. Um mehr Front zu bekommen, wurde ein der hiesigen Gemeinde gehöriges Nebengrundstück nach hinten umgetauscht. Unter drei vorgelegten Plänen mit Kostenberechnung seitens der kirchlichen Bauinspektion wurde der letzte gewählt und im April 1907 mit dem Bau begonnen. Am 2. Juni desselben Jahres, Trinitatisfest, nachmittags 2 Uhr wurde der Grundstein gelegt in Gegenwart u. a. der Herren Prälat Oehler, Exzellenz Staatsrat Reinhard, Geh. Rat Elbs, Dekan Roth und fast aller Pfarrer der Diözese Karlsruhe-Land, Baurat Burkhard, Oberbürgermeister Siegrist, Stadträte Höpfner und Dürr, Regierungsrat Hecht, Abgeordneter Gierich, die hiesigen vier Lehrer. Es sprachen der Ortsgeistliche Lebrecht Mayer über Jes. 2, 2, Dekan Roth über den ewigen Grund Jesus Christus, Prälat Oehler über die christliche Religion als eine Gabe Gottes; Pfarrer Dr. Menton anschließend an die stärkende Gebirgsluft über die reinigende Buße. Sämtliche anwesende Gäste nebst dem hiesigen Kirchengemeinderat begleiteten ihre Hammerschläge mit trefflichen kurzen Worten. Der Posaunenchor von hier und Karlsruhe unter Leitung eines Einjährigen Artilleristen, jetzt Stadtvikar, der Schülerchor der 7. und 8. Klasse unter Leitung von Herrn Lehrer Meng, der Kirchenchor, dirigiert von Hauptlehrer Braun und der hiesige Männergesangverein verschönten die Feier, die gerade von der günstigsten Witterung begleitet wurde, während es vorher und nachher in Strömen regnete. Herr Lehrer Heim a. D. feierte die Grundsteinlegung in einem schwungvollen Gedicht. Schon am 4. Oktober 1908 konnte die neue Kirche, die mit ihrem 51 Meter hohen Turm weit ins Land hinausschaut eingeweiht werden. Nach einem wehmütigen Abschiedsgottesdienst in der alten Kirche, in dem dankbar der zwölf Pfarrer gedacht wurde, die darin gewirkt und der zwei Dichter v. Schenkendorf und Vierordt, die es besungen hatten, und dem Wunsche Ausdruck gegeben wurde, daß das (85 ≡)
Kirchlein stets eine Stätte der Pflege des christlichen Glaubens und christlichen Liebe bleiben möge, ging es in feierlichem Zuge und im schönsten Sonnenschein, die Festjungfrauen voran, zu der neuen Kirche. Um ½11 Uhr trafen I. Kgl. H. der Großherzog Friedrich II. und die Großherzogin Hilda, von den Glocken und der zahlreichen Menge jubelnd begrüßt, vor der Kirche ein. Das hohe Paar wurde von
Im Festgottesdienst weihte Dekan Roth und legte seiner Ansprache 1. Petr. 2, 5 zu Grunde, Herr Oberkirchenrat D. Zähringer redete über Ps. 42,3 und der Ortsgeistliche hielt die Festpredigt über (86 ≡)
Of. 3, 11 und gab dabei einen kurzen Überblick über die Wandlungen in der Gemeinde in guten und schweren Tagen mit Dank an alle, die zum Bau des Gotteshauses mitgewirkt hatten und mit Mahnung der sorgsamen Pflege der anvertrauten religiösen Anlagen und Gaben. Eine Trauung (Otto Joachim) und eine Taufe (Hilda Sterzinger) machten den Schluß der Feier, die allen Teilnehmeru unvergeßlich sein wird. Als Vertreter der Regierung waren anwesend der Minister des Großh. Hauses, von Marschall und der Minister des Innern, von Bodmann. Die Kirchenbehörde war vertreten durch den Präsidenten des evang. Oberkirchenrats, Exzellenz Dr. Helbing und Oberkirchenrat Zähringer, die Domänendirektion durch Geh. Rat Elbs. Ferner waren zugegen Landeskommissär Oberregierungsrat Föhrenbach, der Amtsvorstand Geh. Regierungsrat von Krafft-Ebing und Polizeidirektor Seidenadel; namens der Stadt waren Oberbürgermeister Siegrist und die Stadträte Höpfner, Bekh, Ostertag und Kölsch, Stadtschulrat Dr. Gerwig erschienen. Von Karlsruhe, Ettlingen, Wolfartsweier, Ellmendingen, Berghausen, Ichenheim und von Obermönsheim, Frhr. von Phull-Rüppurr, waren Teilnehmer gekommen. Den nachfolgenden Schülergottesdienst hielt Pfarrer Gleis von Teutschneureut (jetzt in Bethel-Bielefeld) in seiner anziehenden Weise an der Hand der die Kirche schmückenden Gemälde. Nachmittags, nach dem Festessen mit seinen anregenden Reden, erfreute ein Kirchenkonzert die wieder dichtgefüllte Kirche mit Vorträgen von Frau Pfarrer Gilg-Schnabel und Konzertsänger Braun, Organist Schick und des hiesigen Kirchenchors. Ihre Kgl. H. Großherzogin Luise grüßte telegraphisch von Mainau: „Möchte die heutige Feier, der ich zu meinem Bedauern fernbleiben mußte, in ihrem weihvollen Verlauf der Beginn einer Zeit sein, in der das neue Gotteshaus seinem hohen Zweck entsprechend, immer mehr dazu beiträgt, Gottesfurcht und Frömmigkeit zu verbreiten und zu stärken. Das walte Gott!” Der in Barock gehaltene Neubau mit seinen schönen Wölbungen und inhaltsreichen Fenstermedaillons und biblischen Darstellungen, und der großen Himmelfahrt von Maler Bernhard Schneider bildet eine anregende Stätte der Sammlung und des Gebets; hat aber die Gemeinde außer freiwilligen Stiftungen keinen Pfennig gekostet, sondern ihr noch einen genügenden Fonds hinterlassen. Sie ist gebaut unter Leitung von Baurat Burkhardt und Architekt Appenzeller, von dem Baugeschäft Lacroix und Christ; die Hausteine lieferte R. Weiß hier und Adelmann, Hofsteinmetz in Bettingen bei Wertheim; Zimmermannsarbeit besorgte Fr. Fischer hier, Dachdeckerarbeit Wolf und Heinz, Blechnerarbeit J. Haaß hier, Schmiede- und Schlosserarbeit Gebriider Baier und Mansdörfer hier, Gipserarbeit G. Kull hier, Schreinerarbeit (87 ≡)
Fr. Bopp in Mühlburg, Fischer und Höger hier, Glasmalerei H. Drinneberg, Malerarbeit E. Haag in Karlsruhe und Hartlieb hier. Die Heizungseinrichtung – Dampfniederdruck – die vorzüglich ist, lieferten die Zentralheizungswerke in Hannover-Hainholz. –- Altar- Kanzel- und Taufsteinbekleidung besorgte zum Teil die Kunststickereischule des Bad. Frauenvereins, zum Teil die bekannte Firma A. Blum in Durlach. Die Uhr aus dem Kirchturm, vom ältesten badischen Turmuhrengeschäft, Schneider in Schonach, bad. Schwarzwald, gehört der politischen Gemeinde und wird von ihr besorgt. Die Kirchengemeinde hat 600 ℳ dazu gegeben; an Stelle der alten auf dem Rathause, die nicht mehr ging, ist sie mit ihrem schönen Schlag und pünktlichen Gang eine tägliche Freude. Die Orgel ist von Voit & Söhne in Durlach und hat 28 klingende Register, 10 Nebenregister, 2 Manuale und alle die Vorzüge der neuen Orgelbautechnik. Die Weihe der vier Klocken cis, e, gis, h, hatte am Palmsonntag 1908 vor einer großen Versammlung nachmittags 1 Uhr stattgefunden mit Beteiligung des Posaunen- und des Kirchenchors und zum Schlusse mit Verteilung von 1000 Bretzeln an die hiesigen Kinder. In der Festansprache wurden die Namen und Inschriften der vier Glocken dargelegt; St. Matthäus 2680 kg und 1,545 m unterer Durchmesser (die größte): „Das Evangelium von Jesus Christus ist eine Kraft Gottes” St. Markus 1210 kg und 1,3 m Durchmesser: „Wache auf der du schläfst und stehe auf von den Toten.” St. Lukas 590 kg und 1,028 m Durchmesser: „Das Himmelreich leidet Gewalt.” St. Johannes 350 kg und 0,867 m Durchmesser: „O Herr hilf, o Herr laß alles wohlgelingen." Auf der großen stehen die Namen des damaligen Kirchengemeinderats: Pfarrer Lebrecht Mauer, Fr. Fischer, W. Joachim, J. Bohraus, Chr. Schumm, Karl Baier, Leopold Schäfer. Sie sind in schwerer Rippe gegossen von Gebrüder Bachert in Karlsruhe und vorzüglich in Ton und Ausstattung. Sie werden sowohl als Dur- und als Mollgeläute verwendet. – Am Samstag zuvor waren sie von hiesigen Bürgern und Freunden der Kirche reichbekränzt und unterwegs freudig begrüßt, hier von dem Glöcklein der alten Kirche, freiwillig und unentgeltlich hierher geführt worden. 1905 wurde die Pfarrscheuer um 1100 ℳ von der Domäne abgelöst und mit weiteren 400 ℳ aus dem Glockenfonds in einen freundlichen Saal für Wochengottesdienste und kirchliche Vereine umgewandelt. Ihre Kgl. H. Großherzogin Luise stiftete dazu ein Harmonium Prinz Max den Grundstock einer Bibliothek, Exz. Bücklin einen Lichtbilderapparat. 1909 Sonntag Exaudi wurde in der neuen Kirche die Ordination von drei Pfarramtskandidaten – Mayer, Jundt und Sturm durch Dekan Roth vorgenommen. Die erste derartige Feier in der hiesigen Gemeinde. (88 ≡)
VIII. Kirchliche Verhältnisse.1459 wurden durch Papst Pius ll. die Pfarrkirchen zu Pforzheim und Ettlingen auf den Wunsch des Markgrafen Karl zu Stiftskirchen mit einem Dekan erhoben und von dem allzugroßen Dekanat Durlach getrennt. Somit gehörte Rüppurr mit Ettlingen von jetzt ab nicht mehr zum (kath.) Dekanat Durlach, sondern zum Dekanat Ettlingen, (F. 237) bis zur Resormation, wo es wegen Wolfartsweier wieder zum Dekanat Durlach kam, bis es 1803 zu Karlsruhe kam. 1557 wird geschrieben: „Die damaligen Untertanen in Rüppurr haben keine Schwierigkeiten gemacht und sind fleißig nach Wolfartsweier in die Kirche gegangen, wenn der Pfarrer von dort nicht herkommen konnte.” – 1558 schreiben die Herren von Rüppurr an das Kloster Lichtental, sie könnten sich nicht mit Einer Predigt wöchentlich begnügen. – 1574 bitten die Pfauen von Rüppurr den Markgrafen, das Kloster Lichtental zum schuldigen Gottesdienst anzuhalten und sie mit unglimpflichen Worten zu verschonen. – 1717 wird berichtet, ein Bürger D., der vor drei Jahren sich hier niedergelassen und eine katholische Frau hatte und vier Kinder, wurde von den Jesuiten in Ettlingen nach Bulach aus das dortige Pfarrgut als Verwalter gesetzt und ist dort katholisch geworden. Er will nun wieder hierher kommen, was aber nicht gut wäre. – 1739 beschwert sich das Oberamt Durlach, daß Pfarrer Huber ohne Not in Rüppurrer Häusern Taufe abhalte und die Verordnung darüber nicht berücksichtige. Die Verordnung ist, daß alle Personen, die ohne dringende Not im Hause taufen lassen, pro Person, ohne Unterschied des Standes, 2 fl an das Waisenhaus bezahlen müssen, und wenn die Zahl der Gevattern vier übersteigt, pro Person 30 Kr.- – Der Pfarrer wurde um 7 fl bestraft, was ihm ganz recht geschehen ist. 1747. Die Kirche ist weit entfernt vom Pfarrhaus. In Wolfartsweier müssen jetzt sonntäglich die Gottesdienste gehalten werden. Betstunden sind hier Dienstags und Donnerstags 10 Uhr auf dem Rathaus, weil das mitten im Ort liegt. Vespergottesdienste an den Samstagen sind hier nicht gebräuchlich gewesen. Einwohner hier 456 und in Wolfartsweier 80. – Wolfartsweier, jetzt Filial von Rüppurr, war ehedem die Mutterkirche zu St. Jakob genannt. Auch hat „Düren” jetzt Hohenwettersbach vor Zeiten nach Wolfartsweier gehört, wie sie auch ihre Toten dorthin tragen. Glocken hat es nur eine, statt der vorigen zwei die aus dem Almosen angeschafft waren, ä 60 Zentner, anno 1702, und ä 20 Zentner anno 1723. Es hat 22 Haushaltungen. – 1759. Hier sind 250 zum Abendmahl gegangen und in Wolfartsweier 100, bei 350 und 90 evangelischen. Der Anlauf der Armen ist groß, man weiß kein Mittel gegen sie. Hier sollte der (89 ≡)
Gottesdienst besser besucht sein. Zu wünschen wäre, daß die Juden an den Sonn- und Festtagen zu Hause bleiben müßten, auch daß in dem benachbarten Ettlingen das Tanzen und Spielen an den Sonntagen verboten wäre. Der Schulz sollte weniger trinken und mehr Herz haben. Die Kinder werden im öffentlichen Gottesdienst getauft. Nichts werde schlechter beachtet, als das Kirchenalmosengeben. Bei Beerdigungen verlangen die Leute Predigt und nicht blos eine Rede. Außer dem Schülerchor ist auf der Straße kein Weihnachtsgesang. Während in Graben, Liedolsheim, Rußheim und Blankenloch die alte, schon 1688 herkömmliche Sitte ist, daß aus der Gemeindekasse am S. Lätare Sommerwecken ausgeteilt werden, an jedes Kind von 7–12 Jahr für 1 Kr., an ältere für 2 Kr. und was mit dem Gesang geht, für 4 Kr. und jeder Vorgesetzte für 48 Kr., ist solches hier nicht vorgekommen – In der Kirche gibt es wegen der Sitzplätze keinen Rangstreit. Der Gottesdienst ist im Sommer Um ½ 8, im Winter um ½ 9; in Wolfartsweier um ½ 11 und 11 Uhr. Die Christenlehre ist wechselweise hier und in Wolfartsweier; Samstag Abends ist Vespergottesdienst. – 1761. In der Christenlehre zeigen sich die jungen Leute wohl unterrichtet; es wurde bei der Kirchenvisitation 1 Stunde katechisiert. An Festtagen wird das Vieh vor dem Gottesdienst nicht ausgetrieben, am Sonntag so, daß die Hirten in die Kirche können. Die Betstunde wird, zumal im Sommer, nachlässig besucht. Das Nachtausreiten auf die Weide sollte abgeschafft werden, weil viel gestohlen wird. Die Entlegenheit der Kirche hält viele, namentlich alte, vom Gottesdienst ab. Die Armut verbietet von selbst das Tanzen, Spielen und Zechen. Der Ortsvorgesetzte führt ein sehr unordentliches Leben, deshalb straft er das Böse so ungern. – 1763: Da man sonst in hiesiger Kirche sehr langsam sang, so ist es jetzt doch dahin gebracht worden, daß das Singen fertig von statten geht. Da die Viehhirten am Sonntag Beihüter bekommen, so können sie in die Kirche. An beiden Orten ist keiner so arm, daß er betteln gehen müßte. - 1765: Wegen des üblen Aussehens unserer Kirche werden wir sehr verspottet. Auf dem Schulhause sind 2 Glocken, die der Gemeinde gehören. Eine hat folgende Inschrift: † Für die . . . . (hinweggeschlagen, wahrscheinlich: Kirche) Ripppurg in Rastatt gegossen von Jgnaz Reimburg anno 1816. Erbarmet euch über mich, ihr meine Freunde, denn Gotteshand hat mich getroffen. Job. 19, 21. – Vom ersten Advent bis 8. September waren es 1034 Kommunikanten, die sich regelmäßig anmeldeten. Saumselige Kirchgänger gibt es wohl, aber keine Verächter. Uneheliche Kinder sind eine ziemliche Zahl, was der Gemeinde ein bös Geschrei macht und unter den andern Gemeinden großes Argernis gibt. Nachmittags ist der Gottesdienst immer um 1 Uhr; vormittags 8, (90 ≡)
im Winter um 9 Uhr, wegen Wolfartsweier. Betstunde Dienstag und Donnerstag abend; Sonnabend (Samstag) 5 Uhr, im Winter um 3 Uhr. - 1770 heißt es: Die Jugend antwortet in der Christenlehre ziemlich blöde. Eine Orgel ist nicht vorhanden, auch nicht in Wolfartstweier. Der Gottesdienst wird meist im Schulhaus gehalten, worüber sich die im Schlosse beschweren; der Pfarrer wird deshalb vermahnt. Die Leute müssen viel fronen und deshalb die Betstunde versäumen. In Wolfartsweier duldet der Wirt weder Tanzen noch Spielen. Der Almosen hat an bar Geld 6 fl, Ausstand 10 fl, Kapital 28 fl 57 Kr. und keine andern Güter. Wegen der seitherigen Menge der Handwerksburschen haben wir nicht geringe Abgaben. – 1783. Im Spätjahr und im Winter haben wir beinahe jeden Sonntag Jagden, wozu die jungen Leute mitgenommen werden. Hausarme keine. Der Almosen hat 76 fl 25 Kr. – 1787 ist eine Orgel vorhanden, die aber auffallend schlecht und falsch gespielt wird. 1809 soll das Almosen 50 fl geben zur Beschaffung einer Uhr auf das Rathaus, aber es hat nur 560 fl, kann deshalb nichts dazu geben. – 1812 bittet die Gemeinde, im Winter den Gottesdienst im Schulsaal zu halten, wegen der dünnen Kleidung der Kinder und der Alten. – Von 1813 an an hat der hiesige Pfarrer jeden Monat einen sonntäglichen Gottesdienst und an den Festtagen, bei den evang. Invaliden zu Ettlingen zu halten. Dafür bekommt er jährlich 88 fl und der Lehrer jedesmal 1 fl. Er hat sich mit dem Kommandeur der Invaliden und mit dem katholischen Stadtpfarrer ins Benehmen zu setzen. – 1823 wurde der seiner Zeit sehr bekannte Pfarrer Henhöfer von Mühlhausen aufgefordert, am Pfingstmontag in hiesiger Kirche vor seinem Landesherrn, Großherzog Ludwig und der evangelischen Kirchensektion zu predigen. Er kam und predigte über den vorgeschriebenen Text: Also hat Gott die Welt geliebet etc. so eindringlich und ernst, daß, obgleich sich der Staatsminister Winter über diesen „schroffen Pietisten” beklagte, der Großherzog sagte: „Nun habe ich wieder seit 20 Jahren eine evangelische Predigt gehört” Prälat Hebel schrieb über diese Predigt, daß ihm in derselben besonders die Stelle, da die Liebe Gottes zu den Sünden verglichen wurde mit der Liebe einer Mutter zu ihrem kranken Kinde, einen Eindruck gemacht habe. Auf diese Predigt hin kam Henhöfer auf 1. Juli nach Graben. (Frommel.) – Seit 1866 wurde der Kirche viel von ihrer bisherigen Arbeit und damit von ihrem Einfluß entzogen und dadurch anderen Einflüssen die Wege geebnet, aber nicht zum ruhigen Gedeihen des Landes; doch müssen zuletzt auch diese Kräfte, ohne daß sie es wollen, den Zwecken des Reiches Gottes dienen. Röm. 11, 36. – Durch die Generalsynode von 1909 wurde Rüppurr der Diöcese Karlsruhe-Stadt zugewiesen und von der Diöcese Karlsruhe-Land, die ihr so viele Jahre hindurch zur Stärkung und (91 ≡)
zum Vorbild gedient hatte, losgelöst. Das ist die fünfte Veränderung: Katholisch Durlach, Ettlingen, evangelisch Durlach, Karlsruhe- Land, Karlsruhe-Stadt und hoffentlich die letzte in dieser Beziehung. Nähere Angaben liefert folgende Tabelle:
Stiftungen.1832. Die Karl Friedrich-Stiftung 125 ℳ, bei der Jahrhundertfeier seiner Geburt gesammelt. 1901. Der Glockenfonds 450 ℳ, darunter 300 ℳ von S. Kgl. Großherzog Friedrich I. 1905. Pfarrer Abegg-Stiftung 200 ℳ, zum Andenken an ihn nnd seine Frau, von ihren Söhnen. 1905. Karl Glockner-Stiftung aus Mailand, 100 ℳ. 1906. Von I. Kgl. H. Großherzogin Luise eine rote Altardecke mit Stickerei von P. H. 1908. In die neue Kirche, von I. Kgl. H. Großherzogin Luise, eine rote Altar-Kanzel- und Taufsteinbekleidung nebst Antependium; I. Kgl. H. Großherzogin Hilda, ein silbernes Taufgefäß, Becken und Kanne; S. Kgl. H. Großherzog Friedrich II., ein Fenster Karl Friedrich; Freiherr E. v. Phull-Rüppurr, 120 ℳ zu einem Fenster Ritter Batt v. Rüppurr; hiesiger Kirchenchor ebenso zu König David; hiesige Volksschule und Christenlehre ebenso zu Apostel Paulus; ehemalige Filialgemeinde Wolfartsweier ebenso zu Jesus und die Kinder; K. H. R. Baier ebenso zu betendem Jesus; K. H. R. Fischer ebenso zu Apostel Petrus; Bäckermeister Graf ebenso zu Moses; hiesiger Frauenverein ebenso zu Paul Gerhardt; † Bürgermeister Kornmüller ebenso zu Pfarrer Henhöfer; – evang. Kirchengemeinde Ettlingen (einst hiesiges Filial) ebenso zu König Gustav Adolf; K. Glockner von hier in Mailand ebenso zu M. v. Schenkendorf; Gemeindesekretär Klotz ebenso zu Fürst Bismarck; verschiedene Gemeindeglieder 1200 ℳ zu Luther im Kreise seiner Freunde die Bibel übersetzend; Pfarrer (92 ≡)
hatte
IX. Kirchhof.Anfangs fanden die Beerdigungen in Ettlingen statt; später war ein Kirchhof bei der Kirche vorhanden: 1594 wurde ein eigener Begräbnisplatz durch die jüngst verstorbenen Junker Batt und Reinhard von Rüppurr von ihren eigenen Gütern errichtet, neben der alten Kirche. 1731 bittet der Schultheiß den Verwalter in Gottsau, den Kirchhof einzumachen, damit die nächtlicherweile vorbeigehenden Leute ihren Mutwillen mit Ruinierung der Fenster der Kirche nicht mehr so frei und ungehindert ausüben können. 1750. Da der lebendige Hag an dem großen Garten nächst der Kirche nicht nur viel Lücken hat, sondern auch so in die Höhe gegangen ist, daß er notwendig mit der Baumsäge abgesägt werden muß, so wird der Gärtner Murhardt im Dörfle damit beauftragt. Für die Rute verlangt er 7 Kr. Lohn, aber die Kellerei ist nur zu 2 Kr. berechtigt. – 1760 bittet Pfarrer Bürklin um Einzäunung des Kirchhofes – des jetzigen – mit Dielen und Pfosten; die erneute Bitte 1793 wird ebenfalls abgeschlagen, da die Herrschaft den Platz unentgeltlich an die Gemeinde abgegeben habe. 1792. Der sehr große Kirchhof ist herrschaftliches Gut und gehört zum Kammergut, wird vom Schulmeister benützt, der Krapp, Welschkorn, Frucht etc. pflanzt. Die Gemeinde will keine Mauer bauen. In voriger Zeit sei die Unterhaltung des Hags aus dem Almosen genommen worden. Das Almosen ist in dem so güterarmen Ort um so mehr unzureichend, als die Zahl armer Inwohner zugenommen hat. Die Herrschaft soll die Mauer bauen, denn ihr ist der Gottesacker auch zugeschrieben worden. – 1794. Der Kirchhof ist nun Eigentum der Gemeinde geworden und sie hat die Mauer zu bauen. Das überflüssige Gelände, 2 Viertel 9 Ruten, verkauft die Verwaltung an die anstoßenden Häuserbesitzer, 100 fl das Viertel. (93 ≡)
Bestattet wurden hier u. a. 1745, 15. Dezember der hochwohlgeborene, hochedle Herr Thomas von Weltz, gewesener Fähnrich im Prinz Friedrich vom Württemberg. Dragonerregiment unter Herrn Oberst von Brandenstein. Er verunglückte durch einen Sturz bei
Malsch auf dem glatten Eis der Straße, und war gebürtig von Lindau am Bodensee. 1789, den 26. Juni Herr Karl Christian Fr. Siegfrid Leopold, Freiherr von Rathsam-Hausen, Ritter des königl. französischen Ordens de la mérite, Hauptmann der Infanterie in königl. französischen Diensten, Teilhaber an der Herrschaft zu Lembach, Hochweiler, Irmstatt etc. etc. 51 Jahre alt. – 1796 eine Marketenderin bei der kaiserl. Armee Cath Duquiné aus Brabant. – 1809, 16. Juni Pfarrer Joh. Gottfried Tulla, Vater des s. Z. berühmten Ingenieurs, der sich um die Rheinkorrektion sehr verdient gemacht hat. – 1797 rafften die Blattern viele hinweg, ebenso 1800 nebst den Pocken. – Da, wie 1802 bemerkt wird, kein ständiger Totengräber hier ist, so versehen die Freunde und Nachbarn eines Gestorbenen dessen Pflichten. 1908. Da die neue Kirche neben dem Friedhof steht, finden die Begräbnisfeiern in der Kirche statt. X. Das Pfarrhaus.1594. Lagerbuch: Auf dem jetzigen Pfarrhaus mit zwei Stuben, Hofrait, Ställe und Krautgarten auf der Albseite neben Christian (94 ≡)
Beck Witwe und Hans Jakob Kiefers Hausplatz gelegen, - unweit des Rathauses - liegen als Last 6 Pfennig und ein junges Huhn, und von dem Krautgarten daneben, der Hofstattrecht hat, ein Simri Korn, 1½ junge Hühner und vier Käß. So lange der Pfarrer darin wohnt, werden diese Abgaben in Abgang gerechnet – 1710. Das Pfarrhaus wird, wenn es nicht repariert wird, ruiniert. Das Dach will einstürzen 1712 bittet der Pfarrer um eine neue Scheuer, da er keine handvoll Stroh und Heu aufbewahren kann; 1714 bittet er wieder, da er jedes Jahr 50 fl Schaden erleide. 1715 wird sie gebaut. – 1733. Es regnet in alle Gemächer des Pfarrhauses und alles verfault; es ist nicht ohne Lebensgefahr zu bewohnen. – 1735 ist das Tenn der Pfarrscheuer durch daselbst gestandene Kavallerie total unbrauchbar. 1737 wird ein Kostenüberschlag von 112 fl 58 Kr. gemacht. 1738 wird berichtet, daß Tenn und Pfarrscheuer von den Soldaten zu einer Metzig und zu einem Schlachthaus gerichtet und vollständig ruiniert worden sei. Im selbigen Jahre wurden von der geistlichen Verwaltung in Durlach dem Pfarrer wegen Einzäunung des Pfarrhofes und Erstellung des Scheuertores 11 fl abgezogen. Da diese aber im Krieg geraubt und verbrannt worden seien, ohne sein Verschulden, protestiert er gegen diesen Abzug. – 1750 bittet Pfarrer Amberger um ein neues Pfarrhaus, aber nicht in Rüppurr, sondern im bisherigen Filial Wolfartsweier, das wegen der Pfarräcker gelegener sei. Darauf wird erwidert, das Kloster Lichtental, das einem jeweiligen Pfarrherrn zu Rüppurr sechs Morgen Wiesen zu benutzen gebe, könnte Schwierigkeiten machen, wenn der Pfarrer in Wolfartsweier wohne. – 1751. Das Pfarrhaus ist ein schlechtes, übel bestelltes Gebäude, hat nur vier Zimmer. In einer Kammer sind nur kleine Kätenlöcher und keine Fenster. Das Dach ist sehr schlecht. Die Reparatur käme auf 260 fl. – 1751 meldet Pfarrer Bücklin, der bis jetzt wegen des unbewohnbaren Pfarrhanses in Karlsruhe wohnte, daß er unmöglich länger von einer Gemeinde hinweg bleiben könne, die ohnehin geraume Zeit sich einer genauen Aussicht entäußert sehen mußte, zu geschweigen der eigenen Beschwerde, einen Pfarrdienst von hier aus (von Karlsruhe) zu versehen. Er wünscht noch in diesem Jahr einzuziehen, es sei deshalb die Reparatur des Pfarrhauses zu beschleunigen – 1752 hat der Backofen einen Riß bekommen und hält keine Hitze mehr. – 1754. Das Gebälk in der Küche nächst dem Kamin ist fast ganz eingefallen und deshalb Feuersgefahr zu besorgen. Es kostet 21 fl 58 Kr. Auch bittet er, daß der ganz unbrauchbare eiserne Plattenofen durch einen mittelgroßen Rundofen, der viel weniger Holz erfordern würde, ersetzt werde, was auch geschieht. – 1756. Die Scheuer ist grundschlecht und so baufällig, daß sie krumm steht; sie kommt in Reparatur auf 239 fl. – 1761 bittet er um (95 ≡)
einen tieferen und größeren Keller; er könne kaum seinen wenigen Wein darin aufheben und die Frucht von Feld und Garten gar nicht. Es wird bestätigt, daß es kaum Platz gibt für zwei Fuder Wein, auch daß das Haus kaum noch länger als 5–10 Jahre halten werde. 1765 wird festgestellt, daß das Haus ganz baufällig ist und der Pfarrer mit großer Gefahr und mit großem Schaden darin wohne. 1769 heißt es: Das Pfarrhaus droht täglich einzufallen. 1776 wird etwas repariert. 1782 kommt in die Studierstube ein neuer Ofen und einige Läden an den notwendigen Orten. 1797 sind zur Reparierung des Getreidebodens 24 Stück Dielen erforderlich. 1800 wurde die
(96 ≡)
XI. Pfarrbesoldung.Lagerbuch 1594: Seit Jahren sind auf der Junkherren augsburgischer Konfession und Religion Selbstkosten eigene Pfarrer verordnet und vorgesetzt. Diese werden aus des gnädigsten Fürsten eigenen Gefällen und Einkommen besoldet. Aber die Untertanen und Bürgerschaft zu Rüppurr ist schuldig, dem Pfarrer seine Rinder und Schweine ungefordert der Zahl, doch Uberfluß hintangesetzt, durch ihre Gemeindehüter frei umtreiben und verhüten zu lassen. Die Besoldung so ihm aus den herrschaftlichen Wäldern jährlich zu Notdurft gegeben wird, müssen die Untertanen dem Pfarrer im Fron in den Pfarrhof liefern; aber er muß es auf seine Kosten hauen und bescheitern lassen. Der Pfarrer hat zwei Hausalmenden in dem jetzt innehabenden Pfarrhaus zu nießen, auch einen Almendkrautgarten im Dorfbruchalmend. Aber diese Hausalmende und Krautgärten müssen in das Schloß Rüppurr jährlich auf Martini zwei alte Hennen und eine Gans liefern. – 1636 beklagt sich Pfarrer Thum, daß er seit acht Wochen nichts erhalten habe. Die Besoldung betrage 80 fl, 15 Malter Dinkel, 12 Malter Roggen, 6 Malter Gerste, 4 Simri Erbsen. Er bittet um Befehl zur Verabfolgung – 1661 meldet der Pfarrer, daß seit 20 Jahren die 12 Malter Dinkel des Klosters Lichtental, das ja den kleinen und großen Zehnten hier habe, ausgeblieben seien und nur das Fuder Wein geliefert werde. Die Äbtissin schreibe, wenn die Inwohner zu Rüppurr zur kath. Religion (97 ≡)
sich bequemen und die zwei Messen zu Rüppurr wie vor alters anhören wollten, dann werden die 12 Malter ohne Disput geliefert werden. – 1699 wird die Besoldung angegeben: Geld 60 fl, Korn 12 Malter, Dinkel 25 Malter, Gerste 6 Malter, Erbsen 4 Simri, vom Kloster Lichtental 1 Fuder Wein, vom Amtskeller in Durlach 5 Ohm; 1 Viertel Garten, 6 Morgen Wiesen, Nießung des Waidgangs wie ein Bürger; von Wolfartsweier ein Widdumgut, 25 Morgen groß, doch muß der Pfarrer dafür dem Flecken das Faselvieh stellen und halten. 1710 ist die Besoldung dieselbe, nur wird noch bemerkt: Für eine Hochzeitpredigt die Mahlzeit, für eine Kindtauf ein Stück Braten und ein Trunk Wein, für einen Leichensermon 30 Kr., für eine Leichenpredigt l fl. Vom Gütle in Wolfartsweier hat er jährlich 4 Malter Dinkel, 4 Malter Roggen, 4 Malter Gerste und 100 Bund Stroh. – 1718 wird die Besoldung alles in allem auf 247 fl berechnet. – 1727 schreibt die Äbtissin, es habe Markgraf Philipp 1525 in der Ettlinger Pfarreibestallung die Stiftung von 12 Malter Dinkel wegen wöchenlicher Lesung von zwei Messen in der Rüppurrer Kapelle bestätigt. Im Ettlinger Lagerbuch 1596 stehe diese Stiftung ganz deutlich, aber die Herren Jesuiten zu Ettlingen melden, es sei dies dunkel und das Lagerbuch sei zur Unzeit verfertigt worden. – 1746 ist die Geldbesoldung von 60 fl auf 20 fl gesunken. Das Pfarrwiddumgut auf Rüppurrer Gemarkung und nach Ettlingen zur Stiftungenverwaltung gehörig, besteht in 15 Morgen 2 Viertel Wiesen und trägt 14 Malter Korn und 4 fl Wiesenzins jährlich. Das Liebfrauenhöflein auf Rüppurrer Gemarkung, dem Stift gehörig, trägt 2 Malter Korn und 1 Malter Hafer. – 1754. Auszug aus den Akten: Woher bezieht der Pfarrer seine Besoldung? Ein Fuder Wein bekommt er vom Kloster Lichtental, so werden ihm auch die dazugeschriebenen 12 Malter Dinkel gebühren, die von altersher dem Pfarrer in Ettlingen wegen der zwei wöchentlich in Rüppurr gelesenen Messen vom Kloster gegeben werden. Aber die Jesuiten in Ettlingen beziehen diesen Dinkel vom Kloster seit undenklichen Jahren und wollen sogar auch das Fuder Wein an sich ziehen. Wie sind sie dazu gekommen? Weil im dreißigjährigen Krieg kein Pfarrer in Rüppurr und in Wolfartsweier den Gottesdienst halten konnte und deshalb auch keine Besoldung gefordert wurde, so war es den Jesuiten gar leicht, diese Früchte von dem Kloster Lichtental an sich zu ziehen und das Dorf Rüppurr als ihr Filial wie in alten Zeiten anzusehen. Als 1781 Wolfartsweier von Rüppurr getrennt wurde und nach Durlach kam, fiel auch das Einkommen des Widdumgutes dorthin; dadurch wurde die Besoldung hier sehr geschmälert, weshalb Pfarrer S. 1792 klagt: Es ist etwas ungewöhnliches und beinahe unerhörtes, daß ein Anfänger ohne sich ftrafwürdig vergangen zu haben, (98 ≡)
über zehn Jahre bei einem Dienst belassen wird, bei dessen geringen Einkünften er sich elend behelfen und seine meiste Zeit in Nahrungssorgen hinbringen muß. Er muß bei seinen fünf Kindern eine Schuld auf die andere machen, nur um mit dem Notdürftigsten versehen zu werden. Trotz aller Sparsamkeit habe er 100 fl Schulden und nimmt nur 100 Taler ein. – 1805 bekommt der Pfarrer 474 fl, aber das Holz werde in so kleinen Klaftern und in so geringem Eichenholz von abgängigen Bäumen geliefert, daß das Klafter nur 4 fl gelte. 1809 wird die Pfarrei auf 450 fl geschätzt und ist dadurch Anfangspfarrei geworden. 1820 wird mitgeteilt, daß die Pfarrei 20 Klafter Holz bekomme seit 80 Jahren, bisher eichenes, jetzt aber wie der Schlag es liefere. – Durch Einführung der Landeskirchensteuer und der Staatsdotation ist diesen elenden Verhältnissen das wohlverdiente Ende bereitet worden. XII. Schule.„Vor alters war hier außer der Kapell kein anderes öffentliches Gebäu, kein Schulhaus.” Die Schüler gingen nach Ettlingen oder auch nicht. – 1658 ist zum ersten Mal ein Schullehrer hier erwähnt. Geschichte des Oberrheins 23, 211. „Die Schullehrer von Rüppurr und von Berghausen sind 1658 mit dem Schatzungseinzug beschäftigt, weil kein anderer Bürger im Ort lesen und schreiben kann, aber zum Nachteil der Schule. Der Lehrer bekommt 2 Malter Korn vom geistlichen Verwalter, 3 Malter von der Gemeinde und Almendwiese von der Meßnerei. Das Schulgeld beträgt 15 Kr. per Schüler im Winter (im Sommer fiel sie wahrscheinlich aus). – 1689 heißt es: Die Schuldienste in Rüppurr und in Wolfartsweier sind so gering besoldet, daß nicht leicht sich jemand dazu hält. Im Fall da man keinen haben konnte, hat der Pfarrer in Rüppurr selbst die Schule gehalten. Von der gnädigsten Herrschaft haben beide Schuldienste soviel als nichts, nämlich nur 2 Malter Korn, was sie als eine nicht schuldige Sache sich noch erbitten müssen. Von den Gemeinden haben sie wenig. Wenn nicht jemand in den Dörfern selbst zum Dienst sich anbietet, so geht es schwer, jemand zu bekommen. – 1694 bittet Gg. Schmidt, Bürger in Ittersbach um den Rüppurrer und Wolfartsweirer Schuldienst, da er in Ittersbach wegen großer Armut nimmer sein könne. Er bekomme dort nur 2 Malter Korn; er wird angenommen. – 1695 erklärt Pfarrer Obermüller, daß die Wolfartsweirer keinen Schulmeister verlangen; es sind nur sechs Bürger dort – 1705 sind die Schulen in Rüppurr und Berghausen durch zwei Bauern besetzt. (Oberrhein 23,219). Der in Rüppurr baut daneben sein Gütchen und hat das Lob, daß er ein feines, ehrbares Leben führe, im Schreiben und Lesen wohl erfahren und ein guter Singer sei; er warte lieber (99 ≡)
seinem Schuldienst, als seinem Ackerbau ab und suche sich zu vervollkommnen. – Das Seminar war die Schulstube und mehr als der Lehrmeister wußte, konnte er den Präparanden nicht geben. In der Regel verlangte man nicht mehr, als daß der Lehrer lesen, schreiben und die Choräle singen könne, aber auch dazu wollen die Kenntnisse nicht immer ausreichen, und bei der dürftigen Existenz eines Lehrers
(100 ≡)
die er nicht könne schreiben lehren; er wolle es aber wieder üben.” Von großer Wichtigkeit für die Existenz der Schulen sind die Schulhäuser. Die Kriegsstürme haben manches Schulhaus zertrümmert und der Wiederaufbau ließ lange auf sich warten. Jn Rüppurr war im Jahr 1699 eins vorhanden, aber 1705 nicht mehr (Oberrh. 23,249). 1711–13 wird ein neues Schulhaus und zugleich Rathaus gebaut. 12 Eichen und 90 Forlen werden dazu aus dem Herrschaftswald bewilligt, aber noch 1716 mangelt es am Kamin, an Bänken, Türen, Uhr und Glocken. Die Gemeinde bittet, eine Kollekte in den Oberlanden zu gestatten, was 1717 gewährt wird. – 1718 beklagen sich die Rüppurrer und Wolfartsweirer über ihren 70 Jahre alten Lehrer; aber bei der Prüfung ist nichts auszusetzen. Doch will der Lehrer seinen künftigen Schwiegersohn K., Weber von Durlach, sich als Adjunkt nehmen und die Besoldung mit ihm teilen; derselbe hat eine Probeschrift eingesandt. – 1740. Bei üblem Wetter werden im Schulhaus auch die Kindtaufen und Betstunden gehalten, aber eine Reparatur ist sehr nötig, sie kommtan 250 fl; ein neues käme auf 785 fl. Das Türmlein ist nicht mehr dauerhaft und muß neu gebaut werden. Unten war Schulstube, hinten Kammer und Schulmeistersstube und- daneben Küche. Oben Rathaus und Vorplatz. – 1745 besagt das K. Visitationsprotokoll, daß in dem Schulhaus keine Betstunde könne gehalteu werden, weil Lebensgefahr vorhanden sei. Im ganzen Dorf sei kein Haus, das zur Schule tauglich sei, auch das Pfarrhaus sei ein schlechter Bau. Aber es wird noch einmal geflickt. – 1746 bittet die Gemeinde: Die Kirche und das Schulhaus möchten auf den Gottesacker gebaut werden, was der erste Platz vom Dorf gegen das Schloß sei, damals. –- 1747: Der Schulmeister hat 60 Kinder und wohnt in einem elenden Haus, wie der Pfarrer und die Kirche. Der Lehrer klagt, daß er 40 fl Schullohn ausstehen habe. Die Leute seien arm und wenn er nicht sein Weberhandwerk triebe, könnte er nicht bestehen. An der Lehrart des Lehrers ist nichts auszusetzen, außer besser Schreiben, woran aber meist die Eltern schuld sind, die ihre Kinder nicht senden. –- 1748 wird das neue Schulhaus gebaut um 851 fl, ausschließlich des Türmleins. Es ist das jetzige Rathaus. Im zweiteu Stock ist die Schulstube, unten die Lehrerwohnung. – 1749. In Rüppurr wird im Sommer von 11–1 Uhr alle Tage Schule gehalten, in Wolfartsweier nur Donnerstags und Freitags, aber den ganzen Tag. Dies würde dem Rüppurrer Lehrer und Pfarrer auch besser gefallen. Sie werden dazu angewiesen. – Den fürsorglichen Geist des Markgrafen K. Friedrichs erkennen wir in den Sonntagsschulen, die als neu aus der Volksschule herausgewachsener Zweig 1755 zuerst in den Diözesen Pforzheim und Stein nach württembergischem Muster eingeführt wurden. – 1756 kommt (101 ≡)
die früheste bad. Verordnung für die Vorbildung der Lehrer. 1767 ist der Anfang eines Schullehrerseminars. Im selben Jahr wird Unterricht in der Geometrie verlangt; nur die über 50 Jahre alten Lehrer sind davon befreit. – 1759 hat Rüppurr 66 Schüler, Wolfartsweier 26. Der Lehrer schätzt seinen Verdienst auf 50 fl und verlangt mit der Zeit einen bessern Ort. Der von Wolfartsweier stellt sich auf 70 fl und verlangt keinen andern Ort. Unter den Schülern findet sich einer, Fr. Kornmüller, der 44 Gesänge auswendig kann. Alle Sonn- und Festtage werden durch den Schulmeister die erwachsenen Söhne und Töchter in Lesen, Katechismus und Sprüchen unterrichtet. Diese Sonntagsschulen werden ordentlich gehalten. – 1760: Die Sommerschule ist von 12–2 Uhr, Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag; es sind 71 Schüler. Der Schuldienst trägt 83 fl. Wer rechnen lernen will, bekommt Unterricht. Der Lehrer versteht das Rechnen sehr gut. – 1761. Die Lehrer hier und in Wolfartsweier unterrichten die Schüler gut. Lesen, Buchstabieren, auswendig hersagen ist gut; Rechnen fehlt. Es soll im Winter getrieben werden, der Lehrer versteht es. Es sind 74 Schüler hier, in Wolfartsweier 21. – 1763. Es wird auch im Rechnen geprüft. – 1768 ist die Schule sehr gesunken. Es sind 54 Kinder in 3 Klassen; die in der 1. Klasse sind nicht imstande, fertig zu lesen, keines kann seinen Namen schreiben, vom Rechnen weiß keines etwas. Im kleinen - Katechismus ging es noch erträglich. Und doch sind es 14 Burschen, die auf Ostern kommunizieren. Die Mädchen sind etwas fertiger im Katechismus, aber in den andern Stücken ebenso unwissend, wie die Burschen. Aber so sind alle; wie der Schultheiß klagt, daß 3 seiner Buben, von denen der älteste 21 Jahre alt ist, nicht recht lesen, schreiben und gar nicht rechnen kann. Die 2. Klasse soll buchstabieren, aber sie kann es nicht und doch sind die Kinder schon 10 Jahre alt. Es ist das ein großer Schaden für die Gemeinde. Der Schullehrer beschäftigt sich stark mit seinem Schneiderhandwerk und seinen Gütern. Er soll entlassen werden. Die Schüler werden größtenteils unfleißig geschickt und nur im Winter. Statt 56 Kinder kommen nur 15–20 und doch schieben die Vorgesetzten alle Schuld auf den Lehrer, der doch fleißig ist. Sie kümmern sich nicht um die Schule, aber sobald die Lehrer nicht nach ihrem Kopf leben, sind ihre Verklagungen beim Oberamt fertig. Derselbe Schulmeister J. G. K. beschwert sich, daß der Schultheiß und andere ihm gehässig seien, weil er ein Haus gebaut und etliche Äcker gekauft habe. – 1769 berichtet Pfarrer Grether: Die Gemeinde mit ihren Kindern hat keine Lust, etwas gutes zu lernen. Diesen Fehler haben sie sozusagen erblich; denn unter den Erwachsenen habe ich niemand gefunden, der recht lesen, geschweige denn schreiben und rechnen kann. –- 1770 lautet es besser: Alle (102 ≡)
Buben der 1. Ordnung lernen auch Geometrie, aber es fehlt an Büchern und Instrumenten wegen der großen Armut der Gemeinde. Im Winter ist Schule am Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag, samt dem Rechnen von 10––1 Uhr. Ehemals sind bei 25 Kindern in die Spinn- und Strickschule gegangen, diese ist aber seit Ostern eingegangen. Es ist keine Lehrerin da; weil sie aus der Gemeindekasse nichts erhalten hat, ist sie fort. Auf die Spinnräder hat der Flecken seit 2 Jahren 6 fl 40 Kr. durch eine Umlage verwendet. Es sind 70 Schüler in drei Klassen à 2 Ordnungen. – 1771. Da der Schulmeister für den alten Kirchhof, der teils zur Straße gezogen wurde, das sog. Schläuchlein bekommen hat, so möchte er dasselbe gegen 3 Malter Dinkel vertauschen. Die Spinn-, Strick- und Nähschule wird jetzt richtig betrieben, auch im Sommer. 10 Mädchen und 13 Knaben besuchen sie. Die Lehrmeisterin ist eine fremde Weibsperson aus dem Württembergischen. 2 fl 30 Kr. wurde zur Abholung der Lehrfrau verwendet und 4 fl aus der Gemeindekasse für sie. – 1775: Früher haben die Schulmeister auch die Hochzeitbitter gemacht, jetzt nicht mehr, aber dadurch entgeht ihnen ein kleiner Nutzen und die Rüppurrer weigern sich, ihm für Läuten und Singen bei Hochzeiten etwas zu geben. Es wird vorgeschlagen, dafür 12 Kr. Geld, l Laib Brot und ½ Maas Wein zu geben. Dies wird genehmigt. – 1784 bittet der Schulmeister Dellenbach um Vermehrung seiner kleinen Besoldung, von der er nicht leben könne. Zum Schuldienst gehören 3 Morgen Wiesen, die aber sehr naß sind, Genuß des Gottesackers, der aber von anderem Vieh abgeweidet werde, weil er auf einer Seite offen sei, 4½ Malter Korn, von den Schülern à 30 Kr. und 1 Laib Brot von jeder Haushaltung und von der Gemeinde 5 fl. Für die Sonntagsschule 4 fl. An Holz seit 1756 5 Klafter eichen; früher haben die Schulkinder das erforderliche Holz scheiterweise zusammengetragen. Das Holz verkauft er und hält sich an seine Bürgergabe. – Er bittet um seine Versetzung nach Emmendingen. Aber 1794 ist er gestorben, weil das Lazarett der kaiserlich königl. Soldaten in die Schulstube und zwei Kranke mit einer Frau in das eigene Logis gelegt worden sind. Er war nur wenige Tage krank, erst 44 Jahre alt. Seine Witwe ist zu arm, als daß sie einem Schulkandidaten die Kost geben könnte. Der Adjunkt bittet um den Dienst und will die Witwe heiraten und ihre 2 Kinder versorgen. – 1785 wird die ökonomische Schule im Winter Mittwoch und Samstag nachmittags gehalten. Die Schülerinnen sollen stricken, aber nicht spinnen. – 1786: Alle Mägdlein der 1. (obersten) Klasse lernen Spinnen, Stricken und Nähen, alle Buben derselben Klasse aber Stricken. So auch 1790. – (103 ≡)
1860 wurde ein neues Schulhaus gebaut mit vier großen Sälen, die aber seit 1907 nicht mehr reichen. - 1898 wurde auch hier die gemischte Schule eingeführt, von der viele so viel hofften und versprachen. - Die Reihenfolge der hiesigen Hauptlehrer kann leider nur lückenhaft gegeben werden. 1694 Gg. Schmidt von Ittersbach, 1730–55 Ferdinand Klein, 1759 Georg Kornmüller, 1787 Dellenbach, 1800 Lembke, 1818 Petri, 1828 Vetter, 1848 Stutz, 1855 Hiller, 1860 Mößinger, 1871 Sauer, zuletzt Oberlehrer, Hofheinz, Meng, Braun, letztere beide jetzt Oberlehrer; König, Jockers und Scherer. XIII. Die Kleinkinderpflegewurde im März 1850 durch Verwalter Ziegler in Scheibenhardt, Ernst Schnäbele hier und Müller Dörrfuß in Ettlingen gegründet und im selbigen Jahre in der Stube eines gewöhnlichen Hauses eröffnet. 1853 hatte sie 70 Kinder, die 1–3 Kr. wöchentlich zahlten; ganz arme wurden ohne Entgeld aufgenommen. „Die Gemeindekasse, heißt es, war bisher wie noch so manches andere Herz für diese Anstalt verschlossen, dagegen hat der Herr, dem Beides, Silber und Gold ist, viele Freunde zu Liebesbeiträgen willig gemacht. Es ist bisher nur eine Lehrerin mit den Kindern beschäftigt. Die Kinder werden durch Erzählung von Geschichten alten und neuen Testaments, mit Anschauen verschiedener Gegenstände, auch mit leiblichen Ubungen und mit Singen unterhalten. Die Einnahmen betrugen: Schulgeld 65 fl 43½ Kr., Opfer in Versammlungen 33 fl 15½ Kr., von Gemeindegliedern zur Christbescherung 10 fl 48 Kr., von Herrn Venroy in Karlsruhe 2 fl, von den Herren Markgrafen Wilhelm und Max (104 ≡)
XIV. Vereine.1. Verein für Innere Mission A. Bgegründet 1849, hält s eine Versammlungen in der Kinderschule. Müller, Dörrfuß, Karcher und Häfele haben sich um ihn verdient gemacht. 2. Der Frauenverein.Er wurde 1900 gegründet, anfangs mit einer Diakonissin, seit 1909 mit zwei. Beinahe alle hiesige Frauen sind Mitglieder, à 25 ₰ monatlich. Er ist Zweigverein des Badischen Frauenvereins und widmet sich besonders der Kranken- und Armenpflege. 3. Der Kirchenchor,gegründet 1874 von Herren Lehrer Hiller und von A. Walz. Seit 1880 dirigiert von Herrn Oberlehrer Braun; etwa 30 Mitglieder; erfreut an Festtagen die Gottesdienstgemeinde. – Demselben Zweck dient 4. Der Posaunenchor,1901 gegründet von Pfarrer L. Mayer, jetzt geleitet von Hauptlehrer Jockers. - 5. Der Jünglingsverein,gegründet 1900 von Pfarrer Mayer, sammelt Sonntag abends in dem Pfarrhaussaal Jünglinge zu guter Unterhaltung und gibt jährlich 2–3 mal religiöse und patriotische Darstellungen. 6. Die freiwillige Feuerwehr,gegründet 1870 mit dem guten Wahlspruch: „Gott zur Ehr und dem Nächsten zur Wehr. Einer für alle, alle für Einen”; hat etwa 130 Mitglieder. Jetziger Hauptmann Architekt Fischer. Am 3.–5. Juli 1910 feierte sie ihr 40jähriges Jubiläum, mit Festgottesdienst. 7. Der Militärverein,gegründet 1870; hat seit 1896 ein Denkmal zum Gedächtnis des 1870/7l Krieges vor der evang. Kirche; sucht patriotische Gesinnung zu pflegen. Jetziger Vorstand Gemeindesekretär Klotz. 8. Sterbekassenverein,gegründet 1848, hat 550 Mitglieder, hatte aber auch schon 790. Monatsbeitrag 20 ₰. Ein sehr nützlicher Verein. Jetziger Vorstand Schreiner Höger. (105 ≡)
9. Konsumverein,gegründet etwa 1885 von Hauptlehrer Mössinger. Jetziger Stand 150 Mitiglieder. Derzeitiger Vorstand Sparkassenrechner Köllisch. 10. Turnverein,gegründet 1874 von A. Walz. Jetziger Vorstand Schöchle. 11. Freier Turnverein,gegründet 1906. 12. Gesangverein Liederkranz,seit!1875. Vorstand Christian Schäfer. 13. Männergesangverein,seit 1880. Vorstand Christof Jakob Dolde. 14. Arbeitergesangvereinseit l908. Vorstand Jakob. Dietz. Dazu kommen noch Radfahrerverein, Fußballverein, Kaninchenzuchtverein etc. etc. XV. Reihenfolge der evangelischen Pfarrer für Rüppurr
(106 ≡)
XVI. Familiennamen ans alter Zeit.
(107 ≡)
Alte Familien, die weggezogen oder ausgestorben sind.Beck 1776. Biterolf 1753. Brädle. Bühler 1754. Eisenlöffel 1770. Fellmet. Struby 1625. Staiger 1650. Jonele 1673. Gartner 1673. Caroly. Kuster 1679. Schoraus. Rauh. Hell. Scheible. Stuky. Rastatter 1676. Schlecht. Schilling. Eberlin. Blank. Ruthel. Radel. Buck. Schöpflin. Heß. Wurster. Muth. Zwetschig. Albrecht. Eisele. Stolz. Schwaab. Herriegel. Stempel. Gegenheimer. Dießler 1677. Kummerle. Ligore. 168L Thomse. (108 ≡)
Schindel. Simon. Pfetrich 1687. Broß. Moßratz. Weber. Frühauf. Wißler. Faber. Ortlieb. Schmauß. Benzinger. Deuchler. Zoller. Lembke. Gall. Geyer. Hammerschmied, ein Zundelmacher. Hüse. Hummel 1745. Brilh., Andreas. Breysing. Bailsenstoß. Gise. Emmert. Ernsperger Kindler. Buckel. Martj. Haßler 1743. Meußner. Rausch. Moll. Munz. Oberst. Petri. Steinius. Wille. Bechtler. Günther. Vollradt. Kitt. Schlager 1720. Hacker. Heinzelmann u. a. XVII. Einwohnerzahl.
(109 ≡)
(Die Abbildungen sind nach Photographie von H. Hollritt hier.) Haus von Neu-Rüppurr. XVIII. Gedichte.
l. Rippurrvon Max von Schenkendorf, gedichtet 1813 in Karlsruhe.
(110 ≡)
II. Das Kirchlein in Rüppurr. 1904.Heinrich Vierordt.
III. Zur Einweihung der Kirche in Rüppurrvon Pf. Meerwein in Palmbach
(111 ≡)
XIX. Zur Geschichte der Herren von Rüppurr.Burgermeister in seinem Buche „von dem unmittelbaren Reichsadel in Schwaben” gibt an, daß von 934 an, zur Zeit als Kaiser Heinrich regierte bis 1487 die von Rüppurr allen Turnieren, an Zahl 36, beigewohnt haben. – G. Bucelin „Germania sacra et profana” gibt f. Geschlechtstafel aus ältester Zeit: N. v. Rüppürr, Gemahlin N. v. Urlingen; Kaspar v. Rüppurr, Gemahlin Margarete von Fremersheim; Balthasar v. Rüppurr, Gemahlin Agnes Spethin von Zwiefalten; Reinhard v. Rüppurr, Gemahlin Rosina v. Gültlingen; Sebastian v. Rüppurr und Maria v. Stein; Reinhard Wolfgang v. Rüppurr. Derselbe Bucelin führt S. 276 bei feierlichem Turnspiel ff. Pfauen de Riepepurg, auch Pfauen von Riepe unter dem Schwäbischen Adel, an: Sebastian, zu Worms 1209; Georg, zu Ravensburg 1311 unter Jakob v. Bodmann; Wilhelm, zu Ingelheim 1337; Rudolfus, zu Schaffhausen 1392; Rudolf, zu Heilbronn 1408; Rudolf, zu Heidelberg 1481 unter Joh. von Seckendorff. – 1220, als Markgraf Hermann V. von Baden für sich und im Namen seines im hl. Lande verstorbenen Bruders Friedrich, ihr beiderseitiges Zugehör in Ulm, den Brüdern des deutschen Hospitals zur hl. Maria in Jerusalem schenkten, ist Zeuge, neben Ludwig, Herzog v. Baiern, auch Sifridus de Rietpure. Ein Zeichen seines hohen Ansehens. W. U. 3, 102. 1250, als Graf Otto von Eberstein seine Tochter Kunigund dem Markgrafen Rudolf I. von Baden vermählte, wird ein Ritter Sigfried von Riedbur genannt, der das Schloß und Dorf dort besaß und ebersteinscher Lehensträger war. 1260 war zwischen Markgraf Rudolf von Baden und dem Abt Bertold von Gottsau wegen Neureut, nova villa, des Klosters bei Eckenstein, Streit entstanden. Die Bevollmächtigten, Ritter Sigfried von Rüppurr und die beiden Notare Walter und Heinrich, vermittelten am 19. April dahin, daß der Markgraf von jeder Hube daselbst jährlich 4 Schilling Heller, 1 Malter Roggen und 2 junge Hühner bekomme; das Kloster dagegen 4 Schilling Heller, ½ Malter Haber und für das Hauptrecht 2 Schilling Heller. (Leichtlin, Gottsau, p. 40 nach Schöpflin h. B. 1265 hat der Ritter Sifrid von Unterrüpur mit der dortigen Gemeinde 3 ₰ jährlich aus Joh. d. Täufer an den Dekan Rudolf in Ettlingen zu zahlen, laut Vertrag. Der Propst Gerhard von St. German in Speyer war Vorsitzender bei dieser Einigung. V, 345. Derselbe Sigfried mußte sehen, wie der Stern von Eberstein zu sinken begann und wie im Sommer 1279 der Graf Otto von (112 ≡)
Eberstein, 109jährig, schied. Den Übergang der Grafschaft Alt- Eberstein an das markgräfliche Haus Baden erlebte sein Sohn und Erbe Heinrich, der von den langwierigen Kaufverhandlungen, wodurch die westliche Hälfte des eberstein'schen Gebiets badisch wurde, den Vorteil hatte, daß er nun badischer Vasall wurde. Mit dem Jahr 1283 erscheint der Edelknecht Heinrich von Riedbur als markgräflich- badischer Dienstmann und gehörte wohl zu der tapferen Schar, womit Hermann, der Sohn des Markgrafen Rudolf und der eberstein'schen Kunigund, seinen alternden Vater befreite, als er noch am Abend eines vielbewegten Lebens in der Veste Alt-Eberstein von Feinden belagert wurde. Als Edelknecht war Herr Heinrich Diener, und da der niedere Adel des Mittelalters zunächst nur Waffen- oder Kriegsdienste geleistet hat, so versteht man unter Edelknecht einen schildbürtigen, d. h. standesgeborenen Soldaten – armiger –, der berechtigt war, die Ritterwürde zu erlangen. – Vorübergehend besaßen die Rüppurrer auch die Burg Hornberg: 1283 kommt Gerhard Pfau von Hornberg vor. – 1294 nennt Heinrich von Riedbur den miles Heinrich de Troscheler seinen Schwager. (Gefch. d. Ob.-Rh. 7, 223). Im selben Jahr 1294 verkauft Heinrich von Rietbur, Lehensmann des Grafen von Eberstein und der Markgrafen von Baden seinen halben Teil am Dorfe Spessart – Spetezhart –- bei Ettlingen, mit der Vogtei und allen Gütern und Rechten, mit Ausnahme seiner eigenen Leute daselbst, an das Kloster Frauenalb –- unter Abt Johannes –- um 63 Pfund Heller. Zeuge ist Heinrich miles dictus Troscheler, sein Schwager. (Gesch. des Ob.-Rh. 16,401). –- 1304 ist Heinrich von Riepur Zeuge, als Jakob von Durmersheim urkundet, daß der Ritter Fritzmann von Durmersheim seiner Ehefrau 10 Mark lötiges Silber auf seinen Hof Elchesheim angewiesen habe, so daß sie die Hälfte des Ertrages von diesem Hof erhalte. – 1309 war derselbe Heinrich von Rietbüre, Ritter, einer der Bürgen für Eberlin von Windeck, als dieser 1309 dem Markgrafen Rudolf dem Älteren von Baden die Stadt Stollhofen und die Dörfer Sellingen und Hügelsheim um 1350 Mark Silbers verkaufte. (G.-L.-A.) – 1313, 21. Dezember ist der von Rietburer Zeuge, als Rudolf III., der alte Markgraf von Baden, die Streitigkeiten zwischen dem Kloster Herrenalb und den Gemeinden Oetigheim und Bietigheim wegen der Waidgerechtigkeit des Ziegelhofes schlichtete. – 1318 versöhnt sich Markgraf Rudolf von Baden mit der Stadt Straßburg wegen des Schadens, den der von Rietburc ihr getan hat und der der Frau Margarete von Elsaz an ihrem Hause zu Staufenberg geschehen war. (Schöpflin, Alsatia diplomatica). Ritter Heinrich hinterließ zwei Söhne, von denen der älteste, Heinrich, die Stammburg mit der zugehörigen Herrschaft erbte, während sein Bruder Arnold anderweitig versorgt wurde. Beide (113 ≡)
Herren haben ihr Geschlecht fortgepflanzt, wodurch zwei Äste desselben entstanden, die bis ins 18. Jahrhundert grünten. Arnold heißt der Pfau von Riedbur und vererbte diesen Namen auf seine Nachkommen Ob er ihn sich erwählte oder von Genossen erhielt, ist ungewiß. Doch war die Bezeichnung Pfau beim Dienstadel des Mittelalters beliebt; es gab z. B. Pfauen von Gäßheim, von Thalheim, von Hornberg etc. Zur Ergänzung diene folgende Stelle des Historikers: „Der höchste Hort des oberdeutschen Rittertums war das glorreiche Erzhaus Ostereich, das einen Pfauenschweif als Helmzier führte. So konnte dieser Schmuck ein Sinnbild adeligen Stolzes der bürgerlichen Welt gegenüber sein, und oft genug mag er in der Tat die pfauenartige Hoffart derjenigen bezeichnet haben, die ihn zu tragen pflegten”. Der ältere Ast des Riedburer Edelgeschlechts Heinrich teilte sich mehrmals in Zweige und Nebenzweige, die immer wieder abstarben, bis auf den Senior Kaspar, der ein Großenkel des Stammherrn Heinrich war und 1516 als Baden-Durlacher Haushofmeister starb. Vor ihm und bis ins 4. Geschlecht nach ihm trugen die männlichen Familienglieder nur die Taufnamen Heinrich, Johann, Georg, Beat (von Beatus = glücklich, abgekürzt Bat oder Bath) und Reinhard. 1334. 40. 45 ist Hensel Phawelin von Rietberg im Rate der Ritterschaft zu Straßburg (Archiv des Freiherrn Zorn von Bulach im. Schloß Osthausen, nebst andern gütigen Mitteilungen von K. v. K. in B.) 1335, den 9. Oktober schwört Arnolt, Phawe von Riepbur, Edelknecht, seinen gütigen Herren, den Grafen Heinrich und Götz von Fürstenberg und ihren Söhnen und Helfern, Dienern und Leuten wegen seiner Gefangenschaft Urfehde und verspricht, möglichst seine Freunde und alle die des Tages, da er gefangen und bei ihm auf dem Felde waren, denselben zu Freunden zu gewinnen, oder den, welchen er nicht hierzu bewegen könne, ihnen anzuzeigen. Zu Tröstern gibt er Herrn Engelhardt, seinen Bruder, einen Ritter, genannt von Riperg, Reinhardt und Heinz an. 1336 ist Renz Pfau von Rüppurr Beisitzer eines markgräflichen Lehengerichts (S. Mk. B.). 1337 und 1344 lebt Arnold, Phawe, Edelknecht; ist Schiedsrichter (Regesten der Markgrafen von Baden und Hochberg) (Gesch. des Ob.-Rh. 7,486). 1337 vergleicht er sich mit dem Kloster Frauenalb über den Kirchensatz zu Oetenkeim, daß er auf alle Rechte und Ansprüche an dem Kirchensatz daselbst verzichte. Der Probst von Speier wollte den Streit beigelegt haben. Aber erst 1360 den 24. März wird vom Bischof Gerhard von Speier die Einverleibung der Pfarr- kirche zu Oetenkeim mit dem Kloster Frauenalb ausgesprochen, mit dem Beding, daß diese Vereinigung erst nach dem Abgang des dermaligen Rektors, des Edelknechts Rheinhard Phawe von Rüppurr (114 ≡)
stattfinde (Gesch. des Ob.-Rh. 26,462). Mit Arnold siegelt Heinrich von Selbach, Gemahl seiner Schwester (24,428). 1348 wird er auch Dienstmann des Markgrafen von Baden genannt (8, 911 2a), denn die Markgrafen Hermann IX. und die Brüder Friedrich III. und Rudolf V. erklären unter Bürgschaft ihrer Vettern, der Grafen Heinrich und Wilhelm von Neu-Eberstein und ihrer Dienstmannen des Arnold Pfau von Rüppurr und anderer, daß sie ihre Schwester und Base, die Abtissin Agnes und den Konvent von Lichtental-Beuern in dem Besitzstand ihrer Güter und Rechte und Gewohnheiten sichern, schirmen und schützen und selbst in keiner Weise benachteiligen wollen. Derselbe Arnold kommt 1351 in Straßburg vor (Straßburger Stadtarchiv). – 1341 vergleichen Markgraf Rudolf IV. und Ritter Konrad von Balzhofen und der Edelknecht Arnold Pfau von Rietburg durch schiedsgerichtliches Urteil das Kloster Lichtental zu Beuren und den Edelknecht Marquard von Neidlingen wegen eines halben Laienzehnten. Ob.-Rh. 7. – 1351, 24. Juni schließen Berchtold Basler, Dekan in Rötteln und Genossen einerseits und andererseits der sog. Pfau und Heinrich de Rietbür, wegen der Kirche und des Gottesackers - capella vel cymeterium in Rietbur - einen Vertrag, wonach das Kloster Lichtental zur Reparatur der Kirche nicht verpflichtet sei. Z. 8, 97. Im selben Jahr herrschte Streit über den Pfarrsatz in Bietigheim bei Rastatt zwischen dem Pfauen Arnold von Rüppurr und zwischen Hans von Schauenburg. Derselbe kam später durch den Verzicht der beiden Landkapitel Gernsbach und Ettlingen an die badische Regierung. 1355 ist Johann von Riethbür Zeuge (Fester Regesten). 1358 ist derselbe Johann Phawe von Reipür mit Götz von Gladbach Zeuge einer Urfehde in Hagenau (Stadtarchiv Hagenau). 1362 einigt sich Arnold Phawe von Rietpur mit dem Markgrafen wegen der Dörfer Ettlingenweier, Oberweier und Bruchhausen. Zu gleicher Zeit belehnt der Markgraf die Brüder Arnold und Heinz, Pfauen von Rüppurr, und deren·Brudersöhne: Hans, Heinz und Renz mit 600 fl, die sie auf Eigengütern anlegen sollen (Fester Regesten). 1360 heißt derselbe Arnold zugleich Reinhard, 1366 wird nur Reinhard genannt (Fester Reg.). 1370 ist neben Wilhelm Graf von Eberstein und anderen, auch Phawe von Riepürre als Bürge des Hans von Smalenstein und seiner Söhne genannt, die auf alle Rechte an Weingarten, das der Pfalzgraf an sich gebracht hat, verzichten. Pf. Reg. l. – In einem ähnlichen Verzicht ist neben dem Phawe von Rietpur auch ein Reinhart von Rietpur zu Forech (Forch) genannt. Dieser besitzt 1376 einen Acker daselbst. (115 ≡)
1381 empfängt Sifried von Rüppurr Lehen von Markgrafen Bernhard und Rudolf VII. Ob.-Rh. 23,466. 1388 kommt in dem Teilungsvertrag der Markgrafen Bernhard I. und Rudolf VII. Reinhard Pfau vor, als ehemaliger Besitzer des Dorfes Reichenbach. 1388 widersagen die Brüder Reinhard und Heinrich von Rietpur nebst anderen Lehensmannen des Markgrafen Rudolf, den Reichsstädten des Schwäbischen Bundes. 1395 verkauft Reinhard von Rüppurr, Ritter, einen Hof und Güter in Sulzbach, Amt Ettlingen, I, 150 (Fester Reg.) an Markgrafen Bernhard. Gewährbrief ist vorhanden. (G.-L.-A.) – 1398 ist Reinhard von Rüppurr mit anderen Herren in einen Krieg verwickelt, den der Bischof und die Stadt Straßburg mit den Herren von Bitsch haben. (Straßburger Stadtarchiv.) 1399 hatten Hans von Rietpure und Heinrich Röder die Junker von Bischofsheim gefangen. Markgraf Bernhard von Baden will sie bewegen, sie freizugeben. (Bürgerbuch Straßburg) 1401 erläßt Markgraf Jakob von Baden für Herrn Jakob von Staussen gegen Sigfried Pfau von Rüppurr einen Schadlosbrief. (Freiherr von Schauenburg Archiv in Gaisbach, Jnventarienbuch p. 94.) 1404 bis 1668 hatten die Pfauen von Rüppurr als gräflich Eberstein'sches Lehen den Zehnten in Bulach. (Krieg von Hochfelden, Gesch. der Gr. v. Eb.) 1405 überlassen Hans von Bosenstein und sein Sohn Albrecht das Schloß Bosenstein an Sigfried Pfau von Rüppurr und die Gebrüder Schweighart und Ludwig von Sickingen (23, 104), wegen ihrer daran habenden Forderung, auch Erlegung von 300 fl. Bosenst· Lagerbuch Bl. 1. 1426 bekommt Sigfried von Schweickhart von Sickingen um 900 fl noch einen weiteren Anteil an der Burg Bosenstein. 1456 ist es ganz im Besitz von Kaspar Pfau von Rüppurr. 1408 schwört Fr. von Schnellingen dem Grafen von Fürstenberg Urfehde. Er war von Schweighart von Sickingen, Sigfried Pfau und Rudolf von Schauenburg gefangen genommen worden. (Fürstenberger Urkundenbuch.) Sigfried ist ein Tochtermann des Ritters Burkard Hummel des Älteren von Stauffenberg – 1412 ist derselbe Sigfried Phawe von Riepure Beisitzer eines markgräflichen Lehengerichts, ebenso 1422 (Sachs, Gesch. der Markgrafschaft). 1414 kommt er, als Hans Stoll gestorben war, durch Heirat in die Ganerbschaft Staufenberg (Badenia III, 206). – 1415, 10. August entscheidet der Markgraf Bernhard I. von Baden in Durlach zwischen der Äbtissin Erlynd zu Frauenalb und zwischen Sigfried Pfau von Rüppurr, ausstehender Korngilt wegen auf den Gütern zu Ryepure, und dann auch wegen 2 Fuder Wein, die Sigfried den Frauen zu Einsiedeln genommen und für sich behalten habe (27,58). 1416 ist (116 ≡)
er Beisitzer eines markgräflichen Mannengerichts (Archiv der Freiherren Zorn von Plobsheim in Straßburg). Er bürgt für den Markgrafen Bernhard. – 1420 verwendet sich der Markgraf Bernhard bei der Stadt Straßburg für seinen Rat Sigfried Pfau von Riepur (Bürgerbuch Straßburg). – 1422 ist er Beisitzer im markgräflichen Lehengericht in Baden (Fester Reg. I)· 1423 entscheiden Sigfried und Heinrich von Rüppurr und andere wegen des Klosters Herrenalb (31,265). 1423 wird Heinrich von Rüppurr, Vogt zu Stafforth, markgräfl. Rat (Fester Reg.). – 1424 Heinrich der Ältere und Heinrich der Jüngere von Rüppurr, Sigfried Pfau der Jüngere und Sigfried Pfau der Ältere und andere widersagen dem Pfalzgrafen wegen des Markgrafen Bernhard I. 1428 Sigfried Pfau, der Jung, von Rippbur [1] sagt der Stadt Straßburg, in deren Krieg mit dem Bischof Wilhelm und dem Markgrafen Bernhard von Baden, ab. (Stadtarchiv Straßburg 38). In demselben Jahr wird er vom Markgrafen Bernhard mit einem Anteil an der Burg Tiersberg (Diersburg) belehnt zugleich mit den Edlen von Hummel und Leiner. 1463 wurde sie ganz von Andreas von Röder und seinem Vetter Egenolf erlangt. (Ph. Ruppert, Gesch. der Mortenau); er stirbt 1443. – 1429 sind Ritter Sigfried Pfau von Rüppurr, Johann von Mülnheim, Hofmeister von Hohenburg, die badischen Vertrauensmänner zur Beilegung eines Streites zwischen dem Markgrafen Bernhard und seinem Eidam Ludemann IV. von Lichtenberg (Gesch. des Ob.-Rh. 39, 163). – 1430, 6. Februar beauftragt der römische Kaiser Sigmund in Preßburg den Markgrafen Bernhard I. von Baden, in der Klagesache der Äbtissin Erlynt von Wingarten zu Frauenalb, gegen Sigfried Pfaue von Rietpur und seinem Bruder Arnold, wegen etlicher Gülten, die das Kloster an diese zu fordern habe, beide Teile vorzuladen und in der Sache zu entscheiden (27,58). Am 9. August desselben Jahres entscheidet der Markgraf in dieser Angelegenheit: Sigfried und Arnold sind verpflichtet, dem Kloster Frauenalb jährlich 18 Malter Roggen und 5 Schilling Heller und 2 Malter Roggen zu zahlen (27,59). In dieser Sache werden außer den bereits Genannten noch angegeben Renz, Hans und Jörrig, Gebrüder. Seine Vorderen waren Herr Heinrich, Ritter von Rüppurr. – 1431, 17. April Nürnberg: der römische Kaiser Sigmund erklärt den von der Äbtissin von Frauenalb verklagten und von dem Reichshofgericht verurteilten Sygfried Pfauen von Ripur in die Reichsacht. Er gebietet dem Kurfürsten und Pfalzgrafen Ludwig Ill. mit dem in die Reichsacht erklärten Sygfried Psauen von Rüppurr nach dem Achtbrief zu verfahren und alle seine Mannen, Diener und Untertanen dazu anzuhalten. Derselbe Auftrag
(117 ≡)
ergeht an den Ammeister, Rat und Bürger der Stadt Straßburg, an den Bischof Wilhelm von Straßburg (27,59. Auch Achtbuch des Kaisers Sigismund im Staatsarchiv zu Wien, datiert Nürnberg, Dienstag vor Jörgentag.) 1431 wurde zwischen dem Markgrafen Jakob und dem Grafen von Eberstein durch Johann von Lupfen entschieden: Eberstein entsagt seinen Ansprüchen an Hummel von Lichtenbergs Erbe. Für entstehende Streitigkeiten werden gemeinschaftliche Schiedsleute ernannt: Fr. von Fleckenstein, Rudolf von Schauenburg und Sigfried Pfau von Rippure. – 1434, 24. April belehnt Markgraf Jakob den Renz von Rietpüre in Gemeinschaft mit seinen Brüdern Hans und Georg mit 15 fl Gülten, die sie auf dem Geleit zu Ettlingen haben. – 1435 stellt Sigfried Pfau von Rüppurr einen Revers aus, über das ihm vom Markgrafen von Baden verliehene Lehen des verstorbenen Hans Stoll von Staufenberg und ebenso wieder 1444 für sich und seine Brüder Burkard und Kaspar, des seligen Syfried Söhne. (Schöpflin, hist. Zar. Bad. VI, 191). – 1439 ist Heinrich von Rüppurr, Reinhards seliger Sohn, Beisitzer eines Lehengerichts in Baden; ebenso 1444. – 1442 ist markgräfliches Mannengericht zur Beilegung eines Streites zwischen dem Markgrafen Jakob und zwischen Sifried Pfaue von Rieppur und nach des letzteren Tod 1443 wegen seiner Kinder Sigfried der Jüngere, Burkhard und Kaspar über ihren Anteil an der Burg Stauffenberg. Diese wird den Söhnen des † Sigfried übertragen. Schöpflin, 306. 1443 ist Catharine de Rietbur canonissa capitularis des Klosters in Hohenburg. (Sachs, Gesch. der Markgrafschaft Baden.) 1443 nimmt sich der Graf von Lützelstein des Burkard Pfau an, der in Gries, jenseits des Rheins, eine Geschichte gehabt hatte, wobei ein Bürger tot geblieben war. Sühnetermin war Samstag Pauli Bekehrung. (Stadtarchiv Straßburg, Lade 38.) 1444, den 23. März, ist Heinrich von Rietpur, Reinhards seligen Sohn, Mitglied eines Lehengerichts, das vom Markgrafen Jakob bestellt war, in Sachen des Markgrafen gegen Georg von Bach wegen eines vierten Teils am Dorf Leiberstung. – 1444, am 26. März, nrkundet Sigfrit Pfau von Riepure, daß er die 150 fl, mit denen Markgraf Jakob von seinem Vater Sigfried 15 fl Gülten gelöst hatte, auf Eigengütern und -gülten zu Stupferich, Brötzingen und Söllingen angelegt und diese in Gemeinschaft mit seinen Brüdern Burkard und Kaspar, die gleichfalls siegeln, vom Markgrafen Jakob zu Lehen empfangen habe. Markgräfl Reg. 3. Am selbigen Tage belehnt Markgraf Jakob den Sigfried und seine zwei Brüder mit dem Teil ihres Vaters Sigfried des Älteren selig, an der Feste Staufenberg. – 1444 hat Sigfried Pfau auf der Herrschaft Geroldseck bei Lahr 60 fl Zins stehen, ablösbar mit 1000 fl. (Reinhard, pragm. Gesch. (118 ≡)
des Hauses Geroldseck.) – 1446, 22, April bekennen Sigfried und Kaspar, Pfauen von Ripur und Reinbold von Windeck und andere Edelleute, daß Pfalzgraf Ludwig sie und ihre Manneserben, in der Pfalz sonderlichen Schutz und Schirm genommen und zu seinem und seiner Erben Diener bestellt habe; sie versprechen demselben in allen seinen Geschäften und Kriegen getreulich behilflich zu sein (39, 176, auch Ph. Ruppert Konstanzer Beiträge). 1446 und 1469 teilen Kaspar und Burkard Pfau von Rüppurr ihre Güter. 1458 hat Kaspar 30 fl Geldes auf dem Dorfe Niederhausen unterhalb Kenzingen stehen. (Vereinigte Breisgauer Archive.) 1448 Sigfried Pfau von Rüppurr ist Schwager der Brüder Georg, Reinhard Und Friedrich von Schauenburg, die nach ihres Vaters Tod ihre Güter teilen. Dem Sigfried schuldet der Markgraf Karl 1000 fl im Jahre 1455. (Freiherrl. von Schauenburg Archiv in Gaisbach.) – 1476 siegelt der vest Sigfried Pfau von Ryetberg (Reinhard, Geroldseck p. 212.) 1453 war Johannes de Rietbur Abt des Klosters Hugonis curiae in Hugshofen (Archiv des Freiherrn Zorn von Bulach in Schloß Osthausen.) - 1414 ist Frau Elsa von Ryppure Conventfrau des Klosters Frauenalb; In geistlichen Würden finden wir außerdem: Jakob Pfau von Riebperg 1467; 1474 decanus des Domkapitels, 1479 scholasticus ecclesiae Basiliensis (Schulherr); 1480 ist er gelegentlich der Stiftung einer Pfründe in der Kapelle zu Weichbronn bei Michelfeld (14, 170); 1481 Generalvikar des Bistums Speier, Domherr, Scholastikus der Domkirche daselbst; er starb 1484 und ist begraben im Dom zu Speier. – 1468 Anna Margareta de Rietpur, canonissa in Hohenberg. Catharine Pfauin von Rüppurr, canonissa in Eschau. – Agnes Pfauin von Rüppurr, Äbtissin von Seebach in der Rheinpfalz. – Reinhard von Rüppurr, 1503 zum Bischof von Worms erwählt, resignierte 1524, starb 1533 in seinem Stammschloß zu Rüppurr. – Heinrich von Rüppurr, Domdechant Und vicarius generalis in spiritualibus, 1530 auf dem Reichstag zu Augsburg 1455 sagt Johann von Ruitpurg dem Bischof von Straßburg ab. (Fürstenberger Urkundenbuch.) – 1466 erhielt Graf Bernhard von Eberstein Anteil an der Burg Bosenstein. Er wollte den Pfauen von Rüppurr die Jagd daselbst streitig machen, aber das Hofgericht zu Heidelberg entschied für die Pfauen. – 1467 und noch 1477 ist Burkard Phaw Amtmann der Abtei Gengenbach (Copialbuch Abtei G. Nr. 369). Derselbe Burkard und seine Gemahlin Elisabet von Uttenheim und Jakob Pfau, decanus der Kirche in Basel verkaufen 1467 an das St. Thomaskloster 2 Gulden Geldes (St. Thomas-Archiv in Straßburgs – 1470 ist er Beisitzer (119 ≡)
eines Mannesgerichts in Gengenbach (16, 407). –- 1474 ist er, etwa 60 Jahre alt, markgräflicher Lehensmann (G.-L.-A.). Im selben Jahre stellten von den Ganerben Burkhard und Rudolf Pfau je 2 Pferd und 1 Knecht zum Ortenauer Ritterbund. (Bad. lll 266.) Als judex et commissarius in hac parte delegatus entscheidet er in einem Rechtsstreit zwischen St. Blasien und dem Laufenburgischen Bürger M. Martin (6, 483). 1469 wird unter diesem Jakob ein ständiges Predigeramt in dem Münster zu Basel errichtet, dotiert mit einem eigenen Haus und einer Handbibliothek (18, 7). 1477 präsentiert Hartmann von Hallwyl canonicus, Statthalter des Herrn Jakob Pfau von Riepur, Domdekans zu Basel, für den Altar S. Nicolaus in der Kirche zu Kirchhofen den Maternus Schmidt. (Stadtarchiv Freiburg). Im Jahr 1475 hatte Burkhardt Pfau von Rüppurr, Edelknecht, vermöge eines Erbbestandbriefes, aus Weingarten zu Durlach (aus 2 Viertel 22 Ruten und 3 Viertel) und zu Grötzingen aus 2 Morgen 1 Viertel 25 Ruten, und zu Söllingen aus 3 Viertel 39 Ruten, einen Weinzins von 2 Ohm 5 Maas 10 Schoppen jährlich im Herbst an die Amtskellerei zu Durlach zu liefern, den sog. Pfauenwein. Dieser Weinzins bestand noch 1567 bei den Herren Philipp Jakob, Beatus und Reinhart von Rüppurr. 1590 wurde er von den Herren Gebrüdern Johann Carle und Philipp Julius von Remchingen, Vormünder der Kinder des † Herrn von Rüppurr „ohne Wissend” an sich gebracht und bis 1668 besessen. Darauf übernahm ein Herr Fr. von Reichenau diesen Weinzins bis 1684. Später kam er an die Markgrafen. – Grundbuch Söllingen 1708. 1477 am St. Dorotheentag überweisen Kaspar Pfau von Rietpur und seine Gemahlin Agathe von Keppenbach dem Kloster St. Katharina, Predigerordens in Straßburg, 2 Pfund Geld für ihre Tochter, die sie in das Kloster geben wollen. 1487 wird Susanna Phawin monialis monasterii S. Catharinae Argent. genannt, wohl eben die gen. Tochter (Spitalarchiv Straßburg). – 1499 ist Kaspar mit Dr. Jakob Kießer, Kanzler, Zeuge bei einem Vertrag. 1478. Rudolf Pfau von Rüppurr ist 1480 Amtmann zu Lahr. 1479 tritt er nach dem Tod des Georg Bock in die Ganerbschaft Staufenberg (Reinhard, Geroldseck II, 207). Rudolf war durch seine Gemahlin Ursula Röder von Diersburg Besitzer des Neuhofs bei Straßburg, den die Herren von Lichtenberg verkauft hatten. Von ihm kam der Hof an seinen Sohn Diebold (Stadtarchiv Straßburg, Lade 38). Bei Fürsteneck bei Oberkirch steht ein Bildstock, der dem Wappenschild nach von dem Ritter Pfau von Riedbur, Ganerben von Stauffenberg, vielleicht nach Rettung aus einer Gefahr an dieser Stelle um 1490 errichtet wurde. (Die Ortenau, Lahr 1888.) (120 ≡)
1480 ist ein Heinz von Rüppurr Zeuge (Fester Regesten). 1481 sagt Dietrich von Keppenbach, daß seine drei Schwäger: Burkard Pfau von Rüppurr, Ludemann von Utenheim und Adolf Elchart sich verpflichtet hätten, ihm jährlich 8 fl Leibgeding zu geben. Nach dem Tode der Gattin des Elchart ist dieses Pflichtteil an die zwei andern, Ludemann von Utenheim und den vesten Melchior Pfau von Rüppurr, Sohn des verstorbenen Burkhard übergegangen, der nun den Dietrich mit 100 fl abfindet. – Derselbe Melchior siegelt 1489 und 1490 (G.-L.-A.). – 1490 verkaufte Melchior Pfau von Rüppurr und seine Gemahlin Ursula von Nünecke[1] (sein Schwiegervater war 1497 Martin von Neueck) 75 quartalia sigilinis et ordinis in Erstein und Scheffelingosheim (St. Thomasarchiv in Straßburg). Ein Bruder von ihm war Sebastian und heiratet Sabine Wolff von Renchen. 1490 lebt Diebold Pfau von Rüppurr, Sohn des † Rudolf und kauft das Bürgerrecht Straßburg am Sonntag nach S. Sixti (Bürgerbuch Straßburg); seine Gemahlin war Else oder Elisabet Bock, Tochter des verstorbenen Ritters Jakob Bock von Gerstheim (Bezirksarchiv Straßburg); er starb 1506 und hatte sechs Töchter:
(121 ≡)
Von diesen Töchtern des Diebold von Rüppurr verkaufen Güter an die Stadt Straßburg: Ursula und Hans von Lichtenfels 1523, Symburgis und Böcklin von Böcklinsau. Hans Andlaw, Sr. kaiserl. Majestät Rat zu Ensisheim, Witwer der Kleopha (Straßburg. Stadtarchiv, Lade 38). 1516 verkauft Elsbet Bock, Witwe des Junkers Diebold Pfau von Rüppurr, den von ihrem verstorbenen Sohn Rudolf Pfau ererbten Anteil an der Burg Bosenstein dem Junker Gebhard Rochart von Neuenstein um 600 fl (23, 120). – 1641 kam sie durch Kauf an den Ritter von Reichenstein. 1489 verkauft Arnold Pfau von Riepur Sohn des † Kaspar an St. Thomas 6 Quart triterii et sigilinis und 21 solidorum (St. Thomasarchiv in Straßburg). – 1487 ist er einer der Baumeister auf Staufenberg (G.-L.-A., Karlsruhe). –- 1501 verkauft er 5 fl Geldes in Kappelrodeck; mit ihm siegelt sein Schwager, der veste Balthasar von Branduck (Spitalarchiv in Straßburg). –- 1501 stiftet er und Herr Reinhard von Schauenburg, Ritter, Melchior von Schauenburg, Vogt in der Pflege Ortenburg, Philipp von Schauenburg und der ehrsame Herr Heinrich Diestelzweig, Schultheiß in Oberkirch, in die Pfarrkirche zu Oberkirch ein täglich zu singendes Salve. – 1503 hat er ein Sendelbacher Lehen von der Abtei Gengenbach, wie vorher sein Vetter Melchior Pfau. – 1504 ist er aufgeboten zum Schwäbischen Bund, von Kurpfalz. (Aus dem Reißbuch.) –- 1505 ist er Advokatus (Vogt) castri Fürsteneck; seine Gemahlin ist 1493 Anna, Tochter des Hans Mollenkopf von Ryße. (Archiv des Freiherrn Zorn von Bulach in Schloß Osthausen.) – Von 1505 liegt ein Protokoll des Klosters S. Nikolaus in undis, fol. 106a vor: Der Edle Arnold pfawe de Rüpür, Vogt des Schlosses Fürsteneck, Sohn des weiland Kaspar Pfau von Rüppurr, verkauft an S. Nikolaus 6 fl Geldes, die sein Vater von dem weiland Edlen Bertold von Windeck gekauft hatte, am III. Kal. Mayi. (Stadtarchiv Straßburg 16). –- 1507 empfängt er, Lehensträger von Elsa Böcklin, des Ritters Jakob Bock selig, Tochter, Witwe des Diebold Phawen, als bischöflich Straßburger Lehen, die Burg zu Osthofen und Güter in Ergensheim und Zabern (Bezirksarchiv Straßburg). – 1508 ist er Amtmann der Abtei Gengenbach und Richter eines Lehengerichts. – 1517 verkaufen Konrad Rudolf von Hersberg und seine Gattin Veronika Phawin von Rüppurr ihrem Bruder, dem Arnold Pfau von Rüppurr, Zinse auf Schloß Neueneck. – Im selben Jahr verkauft die vorgenannte Veronika von Rietpur ihrem Bruder, dem Arnold, Zinse, die ihr Herzog Ulrich von Württemberg gegeben hatte; für sie siegeln ihre Schwäger Hans und Gebhard von Neuenstein. – 1519 siegelt er mit dem von Schauenburg. - (122 ≡)
1511 ist Kaspar von Rüppurr Haushofmeister des Markgrafen Christof in dem niederen Schloß zu Baden (26,392). In seiner bedeutenden Stellung konnte er zu Vermögen kommen. Er war vermählt mit Margarete von Flemersheim und hatte sechs Söhne und ebensoviele Töchter. Seine Söhne Wilhelm und Philipp waren Ritter, Batt war Gemahl der Agnes Speet, aus einer Patrizierfamilie, Reinhart wurde canonicus Wormatiensis, bekam somit eine Domherrenstelle in Worms und wurde später Bischof, Georg, der zweitjüngste wurde Doktor, nur von dem jüngsten, Heinz, ist nichts berichtet. Batt der dritte Sohn des Kasper, erlangte das wichtige Amt eines markgräflichen Land-Hofmeisters und überlebte seine älteren Brüder. Sein ältester Sohn hinterließ keine Kinder, wohl aber sein zweiter, Bat der Jüngere, vermählt mit einer Maria von Remchingen. Dieser Bat studierte in Heidelberg, wo ihn während der sechs Jahre des Studiums „die Gnade seines Fürsten (Markgraf Karl) großmütig unterhalten und gefördert hat“, daß er doktorieren konnte. Zu dieser feierlichen Handlung lud er den Markgrafen unter den wärmsten Ausdrücken der Dankbarkeit ehrerbietigst ein, in einem Schreiben, das mit den Worten schließt: „Hienieden will ich Euer fürstlichen Gnaden mit meinen untertänigsten Diensten das ganze Leben lang pflichtig und bereit sein.“ Offenbar war es ihm damit ernst; er bekam das Amt seines Vaters, er wurde Land-Hofmeister und geht 1534 im Auftrag seines Fürsten, des Markgrafen Ernst von Baden, zum Bischof Philipp nach Speyer wegen Umänderung des Klosters Gottsau in ein Spital (43,10). 1561 bekam er von dem Markgrafen Karl die Lehensfolge des Schlosses Obermönsheim bei Pforzheim zugesichert; 1584, nach dem Tode des damaligen Besitzers Jakob Christoph Schenk, wurden die Rüppurr damit belehnt. Es umfaßt 300 Hektar Wald und 100 Hektar Feld. Dazu kam dann 1640 noch der Burgstall zu Untermönsheim nebst den dazu gehörigen Gefällen aus dem Hofgut und dessen Gerechtigkeiten. – 1523 ist Reinhart von Rüppurr, Licentiat, Domherr und Generalvikar des Bischofs Reinhart von Worms und gibt eine Bestätigung über ein Übereinkommen. – 1539, den 24. April, entschuldigt sich Reynhardt von Rüppurr, Domdekan zu Worms, bei Herrn Heinrich, Administrator des Stifts Worms, Probst und Herr zu Ellwangen, Pfalzgrafen bei Rhein und Herzog in Bayern, wegen einer vor einem Jahr unternommenen Vermittlung zwischen der Äbtissin einerseits und dem Convent des Klosters Neuburg andrerseits. Reynhardt erklärt, „er habe beide Seiten so ganz hitzig und ungeschlacht befunden, daß er nur in Anwesenheit des Neuburger Beichtvaters mit ihnen verhandelt habe. Der Vergleich kam dann in der Weise (123 ≡)
zustande, daß in allen wichtigen Fragen die Äbtissin nur in Übereinstimmung mit der neugewählten Priorin Elisabet von Ehingen und der ebenfalls neugewählten Kellerin (Verwalterin) Helene von Rüppurr, der Schwester Reinharts, Anordnungen treffen dürfe.“ In dem Entschuldigungsschreiben weist Reinhart den Vorwurf, den man ihm bei dem Kurfürsten gemacht habe, als habe er sich eigenmächtig eingemischt, nur um der Äbtissin zu schaden und sfeiner Schwester mehr Ansehen zu verschaffen, zurück. N. Archiv, Heidelberg 6, 27. 1527 wird die Untere Mahlmühle im Altschweirer Tal von den Markgrafen von Baden den Edeln von Rüppurr verliehen; von diesen an das Jesuitenkollegium in Baden verpfändet und sodann von diesem afterlehensweise in Bestand gegeben. 1577 machten die drei Brüder Philipp Jakob, Bat und Reinhard von Rüppurr eine Erbvereinigung wegen des Schlosses Rüppurr. – 1582 stirbt Philipp Jakob, 1587 Bat. 1588 verpfändet Markgraf Philipp die Stauffenberger Gefälle, die der Markgrafschaft Baden anheimgefallen waren und die weiland Rudolf und Diebold, die Pfauen von Stauffenberg zu Lehen getragen hatten, an seinen Landschreiber und Rat David Hofmann. (24, 428). 1596 verkaufen die Vormünder der Bat'schen Kinder, Karl von Remchingen und Caspar Melchior von Angelloch die eine Hälfte des Kammergutes von Rüppurr an den Markgrafen Ernst Friedrich von Baden und 1603 die andere Hälfte um 51 000 Gulden. 1625 lebte Sebastian von Rüppurr, Sohn des Reinhard und der Rosine von Gültlingen; seine Gemahlin war Marie von Stein zu Reichenstein. Seine Kinder waren: Wolfgang Jakob; Anna Catharine, Gemahlin des Fr. Albrecht Thumb von Neuburg; Franziska, Gemahlin des Fauler von Randeck; Reinhard; Ernst Friedrich, Gemahl der Sofie, Tochter des Joh. Fr. von Tegernau und dessen Gemahlin Anna Horneck von Hornberg. Ernst Fr. wurde württemberg. Oberstleutnant und Ritterrat des Ritterkantons am Neckar, womit der reichsfreiherrliche Titel verbunden war; er stirbt 1658 zu Obermönsheim (Geschlechtsbeschreibung der Familie von Schilling, Karlsruhe 1807). In der schweren Zeit des 30jährigen Krieges ist er seinem Dorfe redlich beigestanden. Schon öfter vorher hatten die Bürger von Mönsheim mit Erlaubnis des Schloßinhabers Rüppur vor marschierenden Truppen und streifenden Partieen mit gut Glück Weib und Kind, auch Vieh und Habe in das untere Schloß geflüchtet. So hielten sie es auch 1645 beim Anzug der Franzosen, trotzdem der Rippur Ernst Friedrich zur Flucht nach Leonberg geraten hatte. Aus Unvorsichtigkeit hat ein Mann sein Futter an einen offenen Laden gelegt und auf des Schultheißen Gebot von der gefährlichen Stelle nicht weggetan, sodaß auf diese Weise von (124 ≡)
den benachbarten Scheuern und Häusern das gelegte Feuer in die Schloßgebäude übersprang. „Den armen Leuten ist durch diese Partei „“all ihr Armütlein“ neben 60 Stück Vieh genommen, 9 Gebäude in Brand gesetzt worden, welche mit viel 1000 Gulden nicht zu ersetzen.“ Dazu kamen noch Quartier- und Durchzugskosten mit 321 fl und etliche Menschen kamen um. Junker Ruprecht, einer der Enkel Bats wurde im 30 jährigen Krieg meuchlings erschossen. 1635 lebt Anna Maria Pfau von Rüppurr, Gemahlin des Joh. Ludwig von Reischach. Ihr Sohn 1635–79 ist Ludwig Eberhard von Reischach zu Reichenstein, verheiratet in Straßburg mit Elisabet Ursula Hüffel. (Archiv des Freih. Zorn von Bulach.) Eitel Friedrich, ein Sohn des oben genannten Ernst Friedrich, um 1650, war markgräflicher Forstmeister in Pforzheim; von dessen zwei Söhnen war der eine Ernst Fr., vermählt mit Elsbet von Hohenfeld, auch Forstmeister und der andere Oberhofmeister in Durlach. Ernst Fr. von Rüppurr in Mönsheim bittet am 23. Oktbr. 1689 unter Berufung aus seine Standhaftigkeit und Verdienste die Ritterschaft um eine Entschädigung, da er von dem in Pforzheim gewesenen französischen Kommandanten Feuquiere in Arrest genommen und durch Raub und Plünderung über 100 Taler Wertschaden ihm zugefügt sei. Am 20. Dezember 1691 wurden ihm 50 fl verwilligt. 1664 besitzt Ernst Friedrich von Rüppurr Anteil an dem Flecken Gemmingen und verkauft ihn an Herzog Eberhard zu Wirtemberg. 1708 hat er ein befreites Schloß zu Weyern bei Opfingen, wie auch sämtliche dazu gehörige Güter bei St. Nicolaus in der Herrschaft Badenweiler. –- Dieses Weiherschloß St. Nicolaus kommt 1606 in Urkunden vor. Bis dahin hatten es die Herren von Opfingen, dann ging es an die Edeln von Rüppurr über, die es an die Markgrafen von Baden verkauften. Es kam dann an die Gemeinde und wurde 1754 an Bürger verkauft. (Bossert, Gesch. v. Opfingen 1904.) 1699 bei der Rückkehr des markgräflichen Hofes aus Basel und Grötzingen in die Karlsburg zu Durlach, wird eine Auguste von Rippur aufgeführt neben Prinzessin Catharina, wahrscheinlich eine Tochter des Eitel Friedrich. (Fecht, l76.) Die fünf Söhne des ersten, des Ernst Fr., standen in dänischem, darmstädtischem, württembergischem und kaiserlichem Militärdienst. Der eine von ihnen, Christoph Friedrich, 1701 geboren, stand als Kapitän im ungarischen Regiment Bärenklau, wurde kaiserlicher Oberwachtmeister, verehelichte sich mit einem Fräulein von Schade und überlebte alle seine Brüder und Enkel. Er starb 1782 als letzter Mannessprosse des alten Edelgeschlechtes von Rüppurr. (125 ≡)
Wie das Geschlecht erlosch, so ist auch sein Stammschloß, nachdem es 1689 im orleans'schen Krieg von den Franzosen übel zugerichtet worden war, verschwunden. Nur die großen Okonomiegebäude und ein Teil der Beamtenhäuser, sowie ein neues Wirtshaus „zum Schloß Rüppurr” erinnern an früheren Namen und Besitz. 1782 kam es nach dem Erlöschen des Riedbur'schen Mannesstammes zu einem verwickelten Lehensprozeß zwischen der Familie von Reischach und der letzten Erbtochter Philippine Charlotte von Rieppur. Sie vermählte sich 1788 mit dem nachmaligen Staatsminister Freiherrn Ernst von Phull, geboren in Ludwigsburg, aus einem Geschlecht des wendischen Adels, das seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts vorkommt und durch tapfere Soldaten wie durch tüchtige Diplomaten mit der brandenburg-preußischen Geschichte enge verbunden ist. Im dreißigjährigen Krieg brachte der Anschluß an Gustav Adolf, durch dessen Leibpagen, den spätern Oberst Adam von Phull, der 1642 wegen Zurücksetzung hinter Torstenson seinen Abschied nahm, neuen Ruhm. Dessen Bruder Kurt Bertram von Phull war als Widersacher des Grafen Schwarzenberg, der unter dem Kurfürsten Georg Wilhelm beinahe allmächtig war, allgemeiner bekannt und hatte nach dessen Sturz großen Einfluß. Mit Johann August von Phull ist das Geschlecht in württembergische Dienste getreten. Er wurde herzoglich württemberg General- Feldmarschall-Leutnant und Generalinspektor der Kavallerie des Schwäbischen Kreises; er starb 1746. Sein Sohn war württemberg. Generalleutnant und dessen Sohn Freiherr Karl Ludwig von Phull trat zuerst in preußischen Dienst, dann nach den Tagen bei Jena in russischen, in dem er 1812 an dem großen Rückzugsplan der russischen Armee mitarbeitete und damit zu dem bekannten Rückzug Napoleons aus russischem Boden Anteil nahm. Ein jüngerer Bruder von ihm ist der oben genannte Joh. August. 1826 wurde der Prozeß wegen der Lehensfolge von Obermönsheim in zweiter Instanz auf dem Wege des Vergleichs beendigt. Es wurden 42 000 fl von der Rüppurrer Erbtochter an die Reischach ausbezahlt. 1848 war ein Herr von Phull General und während 6 Wochen Kriegsminister. Der letzte auch dieses Geschlechts ist Freiherr Eduard von Phull-Rieppur, geboren 1857 auf Obermönsheim.
|