Lemgo
Lemgo: historisch – familienkundliche Entwicklung im lokalen und regionalen Zusammenhang, Land und Leute, Siedlung, Sprache, Kirche, Bibliografie, Archive, Quellen, Hinweise...
Hierarchie: Regional > Bundesrepublik Deutschland > Nordrhein-Westfalen > - Portal:Westfalen-Lippe > Regierungsbezirk Detmold > Kreis Lippe > Lemgo
Name
Limego, Lemgaw, Lemgow, Lemgovia (lat.), Lemgo. Seit 1916 amtlicher Name: Alte Hansestadt Lemgo.
Landschaftslage
Lemgo liegt in der Mitte des Lippischen Berg- und Hügellandes am Übergang des höheren bergigen Norden zum flacheren Süden, etwa 95 m hoch, in der breiten, sanfthängigen und von Löß überkleideten Bergmulde, nahe dem Fuß des 346 m hohen, bewaldeten Windelsteinrückens (Lemgoer Mark). Der Stadtkern ruht auf einer schmalen, die Wiesenaue der Bega nur wenige Meter überragenden Terrassenzunge, zwischen der Bega und einem kleinen Zuflußbach.
Ortschaftsursprung
Vielleicht als Siedlung 1149 erwähnt. Die schon bestehende Gaukirche St. Johannis Baptista blieb vor den Toren der Stadt.
Stadtgründung
Gründung durch Bernhard II., Edler Herr zu Lippe, um 1190. Bestätigung des Stadtrechts 1245. Das Recht der Stadt Lemgo wurde an andere lippische Städte verliehen. Die neben der Altstadt entstandene Neustadt erhielt 1283 von Simon I. gleiche Rechte. Beide Städte vereinigten sich 1365 unter einem Rat.
Stadt als Siedlung
Bauliche Entwicklung
Planmäßige Anlage in regelmäßiger Form, ein in westlicher Richtung sich erstreckendes Parallelogramm mit abgerunderen Ecken, an wichtiger Straßenkreuzung. 3 Längsstraßen, die äußeren biegen im 0sten auf das Tor zu (Vorbild späterer lippischer Städtegründungen). Die südlich gelegene Neustadt leiterförmig mit 2 Längsstraßen. Rechteckiger Marktplatz in unmittelbarer Nähe der Kreuzung beider Hauptstraßen.
Befestigung anfangs durch Wall und Pallisaden („Hameye"), für die Neustadt getrennt. 7 Tore. Stadtmauern um 1850 bis auf kleine Reste entfernt. Die mächtige Umwallung ist besonders im Süden noch erhalten. Die zahlreichen Mauern und Tortürme bis auf einen abgebrochen; Ostertorturm 1863, Regenstor 1876 niedergelegt. Innerhalb der Wälle, besonders im Süden ist noch heute 1/4 bis 1/3 der Fläche Gartenland. Die Stadt hat sich nach allen Seiten weit über ihren Kern hin ausgedehnt und füllt bereits 1954 den gesamten Talboden aus. An den Ausfallstraßen ziehen sich 1954 die Häuser den Niederungsrand hinauf. Erweiterung durch Vororte seit etwa 1880, stärker seit 1900, nach 0sten, Norden, Süden (Pahnsiek), Detmolder Weg, Laubke und ab etwa 1950 nach Westen, wo in der Grevenmarsch ein großes Industrieviertel zu der Zeit entsteht. 1954 wohnt 2/5 der Einwohner bereits außerhalb der Umwallung. Bebaute Fläche innerhalb der Stadtmauern 580.000 qm, Entfernung zwischen Oster- und Johannistor 950 m, zwischen dem Neuen- und Langenbrücker Tor 650 m.
Gebäude
Gaukirche St. Johann Baptista vor dem St.-Johannis-Tor, älteste Kirche der Stadt, Mutterkirche des Archidiakonats Lemgo seit 1321, dann reformierte Kirche, abgebrochen außer dem Turm 1638. Pfarrkirche der Altstadt St. Nicolai begonnen wohl 12. Jh., vollendet um 1250, Übergangsstil, Erweiterung zur gotischen Hallenkirche gegen 1300, südlich Glockenturm umgeweht 1660, neuer Helm in auffällig schlanken gewundenen Formen. Pfarrkirche St. Marien in der Neustadt, frühgotisch um 1300. Augustinernonnenkloster zu St. Marien, 1306 von Lande bei Minden nach Lemgo verlegt, „Ev. Jungfrauenstift" nach der Reformation mit Äbtissin aus dem Hause Lippe seit 1718 bis heute. Augustinernonnenkloster im Rampendal seit 1583 Gymnasium, 1954 städtisches Archiv. Franziskanerkloster 1463, Kirche 1638 den Reformierten als Pfarrkirche zugewiesen. Zur H1.-Geist-Kapelle, wie auch zur St.-Jürgen-Kapelle vor dem Neuen Tore (wohl im 30jährigen Krieg zerstört) gehörten Siechenhäuser. Kapelle am Lipperhofe erbaut 1413. Kapelle der Gertrudenklause vor dem Ostertor um 1450. Rathaus, Gruppenbau 15. Jhdt., Anbauten 1525, 1565, 1589 und 1612. Adelshöfe früher zahlreich, besonders im Westen, Straßenname „Auf den sieben Höfen". Erhalten aus dem 16. Jhdt.: Donophof, Wendscher Hof (durch v. Wulffen 1565 erneuert), 2 Kerßenbrockhöfe. Lippehof, ehem. landesherrliches Haus, öfter umgebaut, Schloß (als Gymnasium dienend), Bau von 1734.
Brände
Große Überschwemmungen 1342, 1650, 1946. Brand 1898 (14 Häuser).
Bevölkerung
Ältere Einwohnerzahlen
Vor 1618: 1.075 Häuser und 1.600 „haussitzende Bürger". 1788: 2.983 Einwohner.
Seuchen
Pest 1349/50 (Friedhof vergrößert), 1447, 1530-32, 1566. 1636 Rote Ruhr 1684 (etwa 300 Tote).
Bevölkerungsverzeichnisse
- Bürgermatrikel 1597-1871.
- Kaufmannsamtbuch 1386-1838.
- Adressbücher ab 1909. → Kategorie: Adressbuch für Lemgo
Kirchenbücher
- ev.luth. St. Nikolai seit 1673,
- ev.-luth. St. Marien seit 1678,
- ev.-ref. St. Johann seit 1682,
- ev.-ref. St. Pauli seit 1850,
- kath. seit 1854.
- Lemgo, Heilig Geist, kath., 1853 - 1948, Digitalisate online bei Matricula
Genealogische Quellen
- Rechnungsbuch der Stadt Lemgo 1602-1632, Digitalisat
Abschriften der Mormonen
Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
- Lemgo, 1840-1875 (luth. St. Marien) Geburten Heiraten, Tote, Konfirmationen
- Lemgo, 1840-1875 (luth. St. Nicolai) Geburten Heiraten, Tote, Konfirmationen
- Lemgo, 1840-1875 (ref.. St. Johann) Geburten Heiraten, Tote, Konfirmationen
- Lemgo, 1854-1875 (kath) Geburten Heiraten, Tote, Kommunionen
- Lemgo, 1810-1875 (Stadt, Juden) Geburten Heiraten, Tote
Berühmte Personen
- Heinrich Meibom, Historiker, „poeta laureatus", * 1555 Lemgo, + 1625 als Dozent an der Universität Helmstedt.
- Engelbert Kämpfer, * 1651 Lemgo, +1716, hat Rußland, Persien, Java und besonders das verschlossene Japan durchforscht.
- Christian Wilhelm Dohm, preußischer Staatsmann und Historiker, * 1751 Lemgo, + 1820.
- I. W. Süvern, preußischer Schulreformer, * 1775 Lemgo, + 1829 Berlin.
Jüngere Einwohnerzahlen
1818: 3.372 Einwohner (E.), 1828: 3.842 E., 1843: 3.862 E., 1858: 4.033 E., 1861: 4.210 E., 1871: 4.801 E., 1885: 6.443 E., 1895: 8.096 E., 1905: 9.033 E., 1910: 9.969 E., 1925: 11.489 E., 1933: 12.390 E., 1939: 13.489 E., 1946: 17.984 E., 1950: 20.088 Einwohner.
Sprache
Amtssprache des Rates bis etwa 1580 niederdeutsch. Die Mundart von Lemgo, die hier noch bis um 1960 gesprochen wird, ist wie die lippische Mundart überhaupt, durch eine besondere Entwicklung der Selbstlaute bemerkenswert. Kennzeichen: sin `(ich) bin', Geuse `Gänse', het `(er) hat' ; Hius `Haus', Bleut `Blut', Tüut, häut `heiß'; jui 'ihr', juck 'euch', buggen 'bauen', mägget `(sie) mähen'.
Wirtschaft
Das älteste Lemgo war Kaufmannsstadt, schon im 13. Jhdt. Mitglied der Hanse. Lemgoische Bürger siedelten sich an in Lübeck, Thorn, Wisby auf Gotland, Stockholm. Hauptrichtung für den Handel war der Westen. Wolle und Tuche - die berühmte Lemsche Wand, Garn und Leinwand wurden nach Elberfeld und den Niederlanden ausgeführt. Die Weser begünstigte einen lebhaften Handel mit Bremen. Um Mitte 15. Jhdt. erlebte die Stadt Lemgo ihre kräftigste Blüte. Der 30jährige Krieg aber brach die wirtschaftliche Entwicklung. Seit Mitte 18. Jhdts. Meerschaumindustrie (noch um 1845) und Wagenbau. Daneben um 1845 Woll- und Leineweberei, Gerberei. Noch 1954 sehr vielseitiges Gewerbe mit 1 Weberei (1810), Damenkonfektion (6 Betriebe), Lederwaren, Pelzverarbeitung 1946), Drahtindnstrie (1928), Konservenfabriken, 1 Keks- und Waffelfabrik, 5 Getränkefabriken, 2 Brennereien, 8 Zigarrenfirmen, 6 Druckereien und besonders Holzindustrie: Möbel (13 Betriebe, darunter 1 mit 1000 Mann), Holzbearbeitung (7 Betriebe), 2 Sägewerke für Eisenbahnschwellen und Grubenholz, Früher 4 Märkte, ältester: Nikolaimarkt (6. 12.), noch 1954 sehr bedeutend.
Verkehrseinrichtungen
Lemgo. ist seit alters natürlicher Verkehrsmittelpunkt des Lipper Berglands und Kreuzungspunkt mittelalterlicher Handelsstraßen : Osnabrück -Bielefeld (oder Herford) - Lemgo - Hameln - Hildesheim (oder nach Warburg - Kassel) und Paderborn - Lemgo - Rinteln - Minden/Hannover, 1954 entsprechend die Bundesstraßen Osnabrück -Lage - Lemgo - Hameln und Paderborn - Detmold Lemgo - Rinteln (- Autobahn nach Hannover). Landstraßen nach Bad Salzuflen - Herford und nach Blomberg - Höxter. Nebenbahn Hameln - Lemgo -Lage - Bielefeld.
Umgebungsbedeutung
Lemgo hat durch seine günstige Lage Einfluß im Nordteil des Lipper Berglands, dagegen ist er im Süden und Westen durch Detmold und Bielefeld stark eingeschränkt.
Verwaltung
Rat
Ratswahl alljährlich am Tage der Hlg.. Drei Könige. Der „regierende Rat" trat dann zurück und blieb als „alter Rat" neben dem „regierenden" oder „sitzenden" Rat bestehen. An der Spitze des alten und neuen Rates, der aus 12 Personen bestand, standen 2 Bürgermeister. Dazu kamen 1 Ratssiegler, 1 Ratsbeisitzer, 2 Kamerarien und 6 Senatoren. Die Korporation der Gemeinheit bestand aus 24 Personen, an deren Spitze 2 Vorsteher standen (Wortwahrer). Vermöge ihres Amtes gehörten zur Gemeinheit die Provisoren der Kirchen und Schulen und die Offiziere der Schützenkompanie. Die übrigen Personen wurden von den Wortwahrern vorgeschlagen und dann vom Rat gewählt. Die Korporation der 18 Dechen waren die Vorsteher von 9 Zünften. Auch sie hatten 2 Wortwahrer zu Vorstehern. Die Plenarsitzung der beiden Räte, der Gemeinheit und Dechen, wurde die Versammlung „der vier Haufen" genannt und die Versammlung der beiden Räte und der Wortwahrer „der Ausschuß". In der Versammlung stimmte jeder Haufen für sich nach Köpfen ab, der Beschluß wurde aber nach Haufen gefaßt. Bei Stimmengleichheit, 2: 2, entschied die Landesregierung. In späterer Zeit 2 Bürgermeister. Die Vier-Haufen-Verfassung galt bis 1844, wo die Neue Städteordnung eingeführt wurde.
Gericht
Nach dem 1. Privileg, von Bernhard II. bei der Stadtgründung verliehen und 1245 erneuert, ernannte der Grundherr den Stadtrichter nur im Einverständnis mit dem Rate. Die Bürger, vom Gogericht ausgenommen, unterstanden dem „herrschaftlichen und Stadtrichter". Schöffen dem Rate entnommen. 2. Gericht war das Ratsgericht, „consules" genannt. Es hatte über nicht tödliche „Blutrunst" usw. zu richten und war Berufungsinstanz für das 3., das „Burgericht". Burrichter aus den einzelnen Bauerschaften (Burscap) hatten schiedsrichterliche Funktion bei Grenzstreitigkeiten u. ä. Mit dem Freigericht erhielt der Rat im 15. Jhdt. auch das später in Hexenprozessen mißbrauchte „Jus gladii".
Vertretung der Bürgerschaft
Die Bürgerschaft war nur durch Dechen und Gemeinheit in der Stadtverwaltung vertreten. Mißhelligkeiten zwischen Rat und Zünften 1360 durch friedliche Verständigung beigelegt. Die Gilden (später Ämter genannt) hatten als einer der 4 Haufen Anteil am Stadtregiment. Ebenso die „Meynheit". In ältester Zeit war die Ritterschaft (milites) als Körperschaft am Regiment beteiligt.
Bürgerechtsquelle-Bürgerbuch
- Lemgo (1245), Stadtbuch mit Bürgeraufnahmen 1506-1559 (Stadtarchiv Lemgo), 1959 durch Erstellung eines Registers seitens des Stadtarchivs Lemgo zugänglich gemacht, Bürgermatrikeln 1597-1625, 1626-1713, 1713-95, 1795-1854, 1855-74, 1874-86
- Ergänzende Quellen (sämtlich im Stadtarchiv Lemgo): Urfehdebuch (mit Bürgerverzeichnis) 1560 ff., Kämmereirechnungen mit Eintragung über Zahlung des Einkömmlingsgeldes 1552-1614, Bürgerrollen mit Datum der Bürgervereidigung ab 1849. Ein aus Bürgerlisten des 16 Jhs., aus Ratsprotokollen und Einkömmlingsgelderverzeichnissen erarbeitetes Bürgerverzeichnis befindet sich im Staatsarchiv Detmold. Als besonders wertvolle genealogische und bürgergeschichtliche Quelle gilt das Lemgoer Kaufmannsbuch vom Jahre 1383 mit Mitgliedsaufnahmen von 1424 bis 1838 (Stadtarchiv Lemgo).
- Quelle: Beiträge zur westfälischen Familienforschung Bd. 36-37
- Ergänzende Quellen (sämtlich im Stadtarchiv Lemgo): Urfehdebuch (mit Bürgerverzeichnis) 1560 ff., Kämmereirechnungen mit Eintragung über Zahlung des Einkömmlingsgeldes 1552-1614, Bürgerrollen mit Datum der Bürgervereidigung ab 1849. Ein aus Bürgerlisten des 16 Jhs., aus Ratsprotokollen und Einkömmlingsgelderverzeichnissen erarbeitetes Bürgerverzeichnis befindet sich im Staatsarchiv Detmold. Als besonders wertvolle genealogische und bürgergeschichtliche Quelle gilt das Lemgoer Kaufmannsbuch vom Jahre 1383 mit Mitgliedsaufnahmen von 1424 bis 1838 (Stadtarchiv Lemgo).
Verwaltungsstruktur 1911
- Stadt Lemgo
- 1911 Umfang: Stadt Lemgo = Ortschaften engerer Stadtbezirk, Bellevüe, Bienberg, Bredaerbruch, Eben-Ezer, Erholung, Friedrichshof, Grassiek, Gröchtenhof, Hasenbrede, Knopheide, Krügerkamp, Laubke, Liemerturmhof, Luherheide, Luhsiek, Morgenstern, Neuenkamp, Neuenturmhof, Neuerkrug und Rieperturmhof.
- Zuständigkeiten/Einrichtungen: Ev. Kirchengemeinden Lemgo, kath. Kirchengemeinde Lemgo, Standesamt Lemgo, Postort Lemgo, Brake oder Dörentrup, Schulgemeinde Lemgo, Leese, Entrup, Laubke oder Dörentrup, Amtsgericht Lemgo, Amtsgerichtssitz, Hauptzollamt, Postamt I. Klasse, Telegraphenbetrieb, Fernsprechbetrieb, Stadtfernsprecheinrichtung, Eisenbahnstation mit Bahnhof II. Klasse, Gendarmeriestation, Pfarrämter, Gymnasium, höhere Töchterschule, Kreisverwaltungsgericht, Reichsbanknebenstelle
- Gesamtumfang: 1.444 Wohnhäuser, 2.286 Haushaltungen
- Einwohner: 9.969 Einwohner, davon 5.472 reformiert, 3.803 lutherisch, 112 sonstige ev. Bekenntnisse, 464 römisch-katholisch, 99 israelitisch und 10 ohne weitere Angabe.
- 1939: 13.489 Einwohner.
- Quelle: Lippisches Adreßuch 1911
Wohnplätze des engeren Stadtbezirk
- Lemgo/Stadtbezirke 1911 Wohnplätze im engeren Stadtbezirk 1911 (z.B. bei Geburtsangaben),
Landesherrschaft
Landesherren
- Landesherren waren die Edlen Herren zur Lippe, zuerst genannt 1123, Grafen 1528, Fürstenstand 1789, Regierungsverzicht 1918.
- nach 1918 Freistaat Lippe; (Land Lippe und ehem. Reg.-Bez. Minden)
- 1947 zum Land Nordrhein-Westfalen, Regierungsbezirk Detmold, Kreis Lemgo, 1975: Kreis Lippe; Stadt Lemgo bis 1934 kreisfrei.).
Die selbstbewußten Lemgoer hatten unaufhörlich „Irrungen" mit dem Landesherrn. Die Stadt erwarb allmählich fast alle Regalien (Zölle, Wortzins, Mühlen, Forsten, Fischereirechte). Daher schwerer Konflikt mit Simon VI. Lemgoer Revolte 1609-17: Die Stadt behauptete ihr luth. Bekenntnis gegenüber dem Landesherrn, der dann dem ganzen Land das ref. Bekenntnis aufzwang. Streit wegen der Ratswahl 1694-1706.
Kriegerische Ereignisse
Plünderung Soester Fehde 1447 ; 30jähriger Krieg 1636 und 1646; Münstersche Invasion 1675; 7jähriger Krieg.
Zeitzeichen 1895
- Lemgo, Stadt in Deutschland, Fürstentum Lippe, Verwaltungsamt Brake, an der Bega, 112 m ü.d.M.
- 2 fürstliche Häuser (Lippe u. Annenhof), ehemals bedeutende Handels- u. Hanse-Stadt
- Zuständigkeiten/Einrichtungen: Amtsgericht Lemgo, Postbezirk, Telegrafenamt, Hauptsteueramt, 1 kath. u. 2 ev. Kirchen, Rathhaus, Jungfrauenkloster, Beguinenhaus, Waisenhaus, Gymnasium, höhere Schule für Mädchen (Töchterschule);
- Einwohner: 7.290 (davon 438 Kath. u. 107 Jud.; 1861: 4.210 Einwohner)
- Gewerbe: Vorschussverein, Waren aus Meerschaum (Pfeifen), Fabrikation (Zigarren), Zwirnerei (Seide), Weberei (Leinen, Wollzeug), Brauerei (Bier), Sägemühle (Dampfbetrieb)
- Quelle: Hic Leones
Kriegswesen
Wehrhoheit
Wehrhoheit im Besitz der Stadt, die nur freiwillig ihren Landesherren half und bei Fehden die Hälfte der Beute bekam. Allgemeine Wehrpflicht, „Wachte" an den Toren, Besetzung der Wälle nach Zünften. Aber auch Anwerbung von Söldnern, besonders Offizieren. Bürger auch zur Polizei, als Verstärkung der Stadtknechte, verpflichtet.
Schützengilden
Schützengesellschaft 150 Mann, 1575 gegründet. Daneben entstand 1747 eine Junggesellenschützenkompanie. Beide gingen auf in der 1836 gegründete Freischießengesellschaft", die noch 1954 bestand.
Garnison
Garnison für einen Teil der Landesmiliz im 18. Jhdt. bis zu den Freiheitskriegen und 1936-45.
Siegel, Wappen, Fahne
Siegel der Altstadt seit etwa 1200 (erhalten 1248) zeigt eine 3türmige Burg, deren breitbedachter Mittelturm eine Vierung mit einer Rose zeigt; am geschlossenen Tor aufgehängt der lippische Schild mit der Rose. Die Sekrete des 14. und 15. Jh. zeigen nur die Rose. Siegel der Neustadt (1283-1365) zeigt die Rose mit einem Christusbild im Mittelpunkt.
Wappen 1954: In Silber eine blaue Rose mit goldenem Butzen. Diese Farben seit 16. Jh. nachweisbar. Als Schildhalter dienen seit der Renaissance Löwe und Greif.
Stadtfahne: Blau-Weiß.
Wappen 1972: In Silber (Weiß) eine blaue fünfblättrige Rose ohne Kelchblätter mit goldenem (gelbem) Butzen.
Herkunft und Bedeutung: Die 1969 neu gebildete Stadt Lemgo hat mit Genehmigung vom 20. Januar 1972 das alte Lemgoer Stadtwappen übernommen. Für die um 1190 vom Edelherrn Berhard II. zur Lippe gegründete Stadt ist das nach 1200 entstandene erste Hauptsiegel nach 1248 nachweisbar. das Wappen ist aus dem Sekretsiegel der Stadt entwickelt, das seit dem 14. Jahrhundert belegt ist. Die blaue Rose wird gesichert seit dem 16. Jahrhundert als Wappenemblem benutzt.
Siegelmarke des Magistrats Verschlussmarken aus Papier (Siegelmarken) wurden in der preußischen Zeit von etwa 1850 bis 1945 von Behörden, Firmen und auch Einzelpersonen zum versiegeln von Briefen benutzt. So auch vom Magistrat der Stadt Lemgo.
Finanzwesen
Münzwesen
- Münzstätte der Edelherren zur Lippe vom Anfang 13. Jh. bis Mitte 14. Jh. (mit wichtiger „Wessele" = Wechselbank). Zunächst wurden Pfennige auf Soester und Paderborner (Brakeler) Schlag, dann nach englischem Vorbild (Sterlinge) geprägt. Weiter entstanden unter Bernhard VII. (1431-1511) in Lemgo Stüber und kleinere Werte mit dem lippischen Wappen. Auch die Ausmünzung 1528 unter Simon V. erfolgte wohl in Lemgo (ältester lippischer Taler mit Bildnis und Wappen des Grafen; Hohlpfennige). Schließlich wurde hier das lippische Kupfergeld von 1812-1825 hergestellt.
- Notgeld; ausschließlich Papier. 1921: 10, 25, 50 Pfg.
Stadtgebiet
Gemarkung 1954 westöstlich über 10 km, nordsüdlich bis zu 8 km, insgesamt 1951: 3.555 ha, davon 1.241 ha Wald. Aus den vielen Ortschaften (7 Wüstungen) zogen die Bewohner in die neu gegründete Stadt; erst seit Mitte 19. Jhdts. wurde die Feldmark (Flur) wieder mit Häusern durchsetzt. Grundherren waren die Herren zur Lippe. Die Allmende um 1880 aufgeteilt, die Berechtigungen abgelöst. Schon vor Stadtgründung (?) wurde die Waldgemarkung von „Erbexen" (Erbeigentümern) und „Markenoten" (Markgenossen) als Allmende genutzt. Eine z. T. doppelte Landwehr (Flur), im 0sten den Wald umgreifend, war an den Durchlässen mit 8 Turmhöfen versehen. Umfang des städtischen Weichbildes 1854 insgesamt 9.500 m.
Kommunale Neugliederung 1969: Stadt Lemgo, erweitert um die Gemeinden Brake, Brüntorf, Entrup, Leese, Lieme, Lüerdissen, Matorf, Voßheide, Wahmbeck, Welstorf, Wiembeck vom Kreis Lemgo, 1970 um die Gemeinden Hörstmar und Trophagen vom Kreis Detmold.
Kirchwesen
Bistümer seit Mittelalter
Die Gokirche St Johann (Burkerke) vor der Stadt erhielt in St Nikolaus (Altstadt) u. St Marien (Neustadt) 2 Pfarreien neben sich, außerdem die Klöster der Dominikanerinnen (sie inkorporieren die Pfarrkirchen!), Augustinerinnen u. Observanten sowie mehrere Hospitäler u. Kapellen, darunter St Leonhard u. Gertrud. Das Archidiakonat Lemgo fällt 1231 an den Domküster.
- Die Reformation ließ sich schwer einführen, den Calvinismus lehnte die Stadt ab. Die Dominikanerinnen wurden nach 1570 zu einem „christlich evangelischen Jungfernkloster" mit neuer Satzung 01.01.1961.
- Die Betreuung der wenigen Katholiken scheint von Herford aus erfolgt zu sein, jedenfalls ab 1674, wie das älteste Herforder Kirchenbuch ausweist. 1744 Privatgottesdienst durch Hausgeistliche, 1786 Kapellenbau, 1796 Anstellung eines eigenen Geistlichen, 1847 Kirchbau im Rampendal, 1854 Errichtung der Pfarrei, die auch noch die Bezirke der ehemaligen Pfarreien Barntrup u. Brake umfaßt. Katholiken 1954 stark vermehrt durch Zuwanderung.
- Bistum Paderborn, Dekanat Detmold,
Pfarrbezirk
Der Pfarrbezirk umfaßt den Pfarrsitz Lemgo, Brake (2 km), Entrup (4 km), Leese (5 km), Loosbruch (6 km), Lieme (5 km), Lüerdissen (5 km), Vossheide (6 km), Wahmbeck (5 km), Wiembeck (5 km)
- Kath. Kirchengemeinde Heilig Geist
- Pideritstr. 12, 32657 Lemgo
Reformation
Seit 1524 lutherisch. Erste niederdeutsche, von Luther gebilligte Kirchenordnung 1538. Als Simon VI. die ganze Grafschaft reformiert machte, blieb Lemgo als einzige Stadt lutherisch, mit beiden Kirchen der Stadt. Die vom Landesherrn geforderte Wahl eines Reformierten in den Rat oder zum Bürgermeister wurde noch 1694 ff. verweigert. Gegensatz der ev. Konfessionen blieb bis Ende 19. Jhdt. Starke Beteiligung an der Erweckungsbewegung, heftige Streitigkeiten zwischen Pietisten und Liberalen (Heidelberger Katechismus, Gesangbuch). Spaltung der evangelischen Gemeinde 1849 zur „Neuen ev. Gemeinde" (aufgelöst auf landesherrliche Verordnung 1858).
- Superintendentur Lemgo. (1882), 1954 gehörte Lemgo zur 3. Klasse Brake mit 10 Kirchengemeinden und 12 Pfarrstellen unter 1 Superintendenten.
Kirchengemeinde (ev.)
1911 Umfang: Auf dem Tipp, Bauerschaft Entrup, Bauerschaft Hörstmar, Bauerschaft Leese, Bauerschaft Lüerdissen, Bauerschaft Lütte (tlw. Kgm. Brake), Bauerschaft Trophagen, Bauerschaft Wiembeck (tlw. Kgm. Brake), Bellevüe, Bentrup Papier, Bienberg, Bredaerbruch, Breite (tlw. Kgm. Brake), Büllinghauserheide, Dinglinghausen, Eben-Ezer, Elend, Entrup, Friedrichshof, Grassiek, Hasenbrede, Hörstmar, Hummerntrup, Kluckhof (tlw. Kgm. Brake), Knopheide, Krügerkamp, Langenheide, Laubke, Leese, Lemgo, Liemerturmhof, Lüerdissen, Lüerdisserbruch, Luherheide, Luhsiek, Lütte, Maßbruch, Möllerkamp, Neuenturmhof, Neuerkrug, Niederluhe, Oberluhe, Rieperturmhof, Rosengarten, Steinkamp, Steinmühle, Stühe, Trophagen, Verlorenland, Vogelhorst, Wahmbeck, Wittenbrede.
- Ev.-ref. Kirchengemeinde St. Johann (Fax 05261-927903)
- Hinter dem Kloster 1, 32657 Lemgo
- Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Marien
- Stiftsstr. 56, 32657 Lemgo
- Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Nicolai (Fax 05261-17711)
- Papenstr. 16, 32657 Lemgo
Bekenntnisse
Vorübergehende Niederlassung mehrerer Hugenottenfamilien 1686. Um 1845: 150 Kath., 1905: 410 Kath., 1946: 85 % Ev.
Juden
Nur 3 jüd. Familien durften mit landesherrlichem Schutzbrief in Lemgo wohnen. Sie durften nur ein jüdisches Gewerbe betreiben. Keine Wählbarkeit für städtischen Ämter. Jährliches Schutzgeld. Um 1845: insgesamt 21 Juden mit Synagoge, 1905: 103 Juden.
Aktuelle Verwaltungszugehörigkeit
- Erzbistum Paderborn (rk.)
- Lippische Landeskirche (ev.)
Wohlfahrtspflege
Zwei Siechenhäuser im Mittelalter. Waisenhaus um 1845 vorhanden. Heilerziehungs- und Pflegeanstalt „Eben Ezer" 1862. Kreiskrankenhaus (Wolffsche Stiftung) 1900. Gaswerk 1865. Wasserwerk 1900, erweitert für höher gelegene Straßen 1920. Teilkanalisation 1925. Elektrizitätswerk 1911, erweitert 1922.
- Apotheke: Ratsapotheke (1550)
Bildungswesen
Schulen
Lateinschule vor 1340, in das Kalandshaus am St. Nicolai-Kirchhof verlegt 1350-1583, 1954 Oberschule für Knaben, „Engelbert-KämpferSchule". Schule für den wissenschaftlichen Unterricht der Töchter aus den höheren Ständen gegr. 1841, nach vorübergehender Aufhebung privat weitergeführt, verlegt in die Kapelle des ehem. Augustinernonnenklosters im Rampendal 1873, städtisches Lyzeum 1923. Bürgerschule vom Gymnasium getrennt und mit den Mädchenschulen der beiden Küster vereinigt zur Volksschule 1819. Privatschule der Neuen ev. Gem. 1858-85. Kath. Privatschule 1853-1915. Hilfsschule 1920. Berufsschule 1877. Handelsschule Winter 1913. Kreishandelsschule 1938. Fachschule für das Malerhandwerk 1920. Landwirtschaftliche Schule 1935. Volkshochschule 1945.
Kulturelle Leistungen
Zur Zeit der Hochblüte der bürgerlichen Baukunst und Bildhauerei war Georg Crosmann (starb 1612) Hauptmeister: Taufsteine der beiden großen Kirchen, Donopepitaph, Anbauten des Rathauses, Erbauer auch des Rathauses in Hannoversch-Münden.
Druckereien/Zeitungen
- Druckerei Conrad Grote 1559-1626.
- Meyersche Hofbuchdruckerei 1664-1842.
- Älteste gedruckte Ztg. (Einblattdruck) 1589.
- Mitte 18. Jh. erschienen drei moralische Wochenschr. :
- Die Westphälischen Bemühungen zur Aufnahme des Geschmacks und der Sitten 1753-54,
- Der Bauernfreund in Niedersachsen 1775-76,
- Der Schwätzer oder die Lukubrationen Isaaks Bickerstaffs 1777.
- Die Lippischen Intelligenzblätter 1767-1842.
- Lippisches Magazin für vaterländische Kultur und Gemeinwohl 1835-43.
- Vaterländische Blätter. 1843-49.
- Die Wage (Zeitung zur Besprechung der Angelegenheit des Volkes) 1848-52.
- Der Courier 1850-52.
- Leuchtturm, Lokomotive und „Der Hahn für Stadt und Land" wurden nach dem Erscheinen einiger Nummern von der Regierung unterdrückt.
- Neues Sonntagsblatt 1854-55.
- Sonntagspost 1855-76.
- Lippische Post 1876-1941.
Artikel-Quellen
- Deutsches Städtebuch, Handbuch städtischer Geschichte, Bd. III. Nordwest-Deutschland, II. Westfalen (1954) W. Kohlhammer Verlag Stuttgart
- Adreßbücher, Stadtarchiv
Bibliografie
- Berghaus, P.: Währungsgrenzen des westfälischen Oberwesergebietes (1951).
- Berghaus, P.: Die Anfänge der Münzprägung in Lemgo und Lippstadt, in: Mitt. zur lippischen Gesch. und Landeskunde 21 (1952).
- Clemen: Einführung der Reformation in Lemgo. (1846).
- Clemen: Beiträge zur lippischen Kirchengeschichte. Heft 1, 2 (1860, 1864).
- Festschrift zur 350-Jahr-Feier des Gymnasiums Lemgo. (1933).
- Gaul, Otto: Die lippische Frühgesch. bis zur Gründung der Stadt Lemgo, in: Mitt. zur lippischen Gesch. und Landeskunde 19 (1950).
- Gemmeke, Geschichte der kath. Pfarreien in Lippe (1905).
- Gerlach: Der Archidiakonat Lemgo. (1932).
- Gregorius, Adolf: Lemgo, Forschungen zur Frühzeit, in: Mitt. zur lippischen Gesch. und Landeskunde 17 (1939).
- Grote-Hölzermann: Lippische Geld- und Münzgeschichte, Münzstudien V (1867).
- Gudelius: Lemgo als westfälische Hansestadt (Diss. Münster 1929).
- Kittel, Erich: Zur Gründung der lippischen Städte, in: Mitt. zur lippischen Gesch. und Landeskunde 20 (1951).
- Kittel, Erich u. a.: (Diskussionsbeitr.), in: Mitt. zur lippischen Gesch. und Landeskunde 21 (1952).
- Meier, K.: Das schöne alte Lemgo. (1926)
- Die Stadt Lemgo in Lippe (1926).
- Meier-Lemgo, Karl: Geschichte der Stadt Lemgo (1952).
- Moeller-Friedrich, Wappen und Siegel der Alten Hansestadt Lemgo (1935).
- Müller, Wilhelm: Die Nikolaikirche in Lemgo, II. Sonderheft der Z. Westfalen (1949).
- Rothert, Hermann: Die Nicolaikirche und die Gründung der Altstadt Lemgo, in: Mitt. zur lippischen Gesch. und Landeskunde 19 (1950).
- Schacht: 3 Jh. der Gesch. des Gymnasiums zu Lemgo. (1883).
- Weißbrodt: Geschichte der Meyerschen Hofbuchdruckerel (1914).
Periodika
- Lippische Intelligenzblätter : vom Jahre ... nebst vermischten Abhandlungen, 1767 - 1808, Digitalisat
- Fürstlich-Lippisches Intelligenzblatt : vom Jahre ... , weitere Titel: Fürstlich-Lippische Intelligenzblätter, 1809 - 1842, Digitalisate
- Die Sonntagspost : Organ der liberalen und Fortschrittspartei in Lippe, weitere Titel: Die Sonntags-Post - eine Zeitschrift zur Belehrung und Unterhaltung von Jedermann, 1855 - 1876, Digitalisat
- Lippische Post : Organ der liberalen Volks- und Fortschrittspartei in Lippe, weitere Titel: Am Abend, 1877 - 1881, Digitalisat
- Illustrirtes Sonntags-Blatt : wöchentliche Gratis-Beilage zur Lippischen Post, 1893 - 1894, Digitalisat bei Zeitpunkt
- Unterhaltungsbeilage; weitere Titel: Unterhaltungsbeilage zur Lippischen Post, 1921-1923, Digitalisat und Digitalisat bei Zeitpunkt
Bibliografie-Suche
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