Kreis Düren/Adressbuch 1954/Amt Kreuzau
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Amt Kreuzau
Das Amt Kreuzau, aus der Bürgermeisterei Stockheim hervorgegangen, zählt zur Zeit 9701) Einwohner und steht hinsichtlich der Einwohnerzahl an der Spitze der Aemter des Kreises Düren. Es setzt sicli aus den Gemeinden Bogheirn, Boich-Levcrsbacli, Drove, Kreuzau, Niederau, Stockheim, Timm, Uedingen und Winden zusammen. Die Fläehengröße des Amtsbezirks beträgt 3927 ha. An Hand der noch vorliegenden standesamtlichen Urkundcnbücher konnten der Nachwelt einige bemerkenswerte und interessante Ueberlieferungen ab 1799 erhalten bleiben. Chronologisch einige kurze Hinweise:
In dem Jahre 1799 wurden die Beurkundungen von zwei Agenten, die in Stockheim und Burgau wohnten, zu Protokoll genommen. Von 1800—1846 sind es drei Bürgermeister und zwei Beigeordnete, die in Stockheim ihren Sitz hatten und die Urkundenbücher führten. Erst im Jahre 1840 erscheint Kreuzau selbst als VerhandlungS'irt unter der Bezeichnung ,,Bürgermeister der Bürgermeisterei Stockheim". Dazu wird ein Beigeordneter vermerkt. Von 1863- 1872 fungierte erneut ein Bürgermeister von Stockheim, der offenbar wieder seinen Sitz in Stockheim hatte. Ab 1. 4. 1872 zeigen die Urkunden-bücher, daß die Amtshandlungen wieder in Kreuzau durch einen Bürgermeister und einen Standesbeamten vollzogen wurden. Der Bürgermeister führte die Bürgermeisterei Straß-Bergstein in (icy und die Bürgermeisterei Stockheim zu Kreuzau in Personalunion. Der Bürgermeister kam zweimal in der Woche mit Pferd und Wagen nach Kreuzau, um seine Amtsgeschäfte zu erledigen. Diese Amtshandlungen fanden im Hause eines Landwirtes statt, der gleichzeitig Standesbeamter war.
Im Jahre 19(10 erhielt die Bürgermeisterei Stockheim zu Kreuzau einen Bürgermeister, der seinen ständigen Sitz im 1901 neuerbauten Amtsgebäude in Kreuzau hatte und von liier die Verwaltungsgeschäfte der Gemeinden Bogheim, Kreuzau, Niederau, Stockheim und Winden übernahm. Die Einwohnerzahl dieser fünf Gemeinden betrug dannls 3594, Kreuzau als die größte Gemeinde zählte zu dieser Zeit 1460 Seelen (heute 2842). Bis in das Jahr 1927 wurde die Bezeichnung „Bürgermeisterei Stockheim zu Kreuzau" beibehalten. 1928 wurde die „Bürgermeisterei" auf Grund des neuen Gemeinde-Verfassungsrcclites in „Amt Stockheim zu Kreuzau" umbenannt. Ein Jahr später erscheint zum erstenmal die Bezeichnung „Amt Kreuzau". Diese Aenderung geschah aus Zweck-mäfiigkeitsgrüuden, weil Kreuzau im Mittelpunkt des Amtes liegt. Zudem hatte der Ort inzwischen durch den industriellen Aufschwung eine solche Bedeutung erlangt, dall er nun als dominierender Platz innerhalb des Amtsbezirks deutlich hervortrat. Als im Jahre 1912 das Amt Drove aus verwaltungstechnischen Gründen aufgelöst wurde, wurden die Gemeinden Boich-Lcversbach, Ürove, 7'hinn und Uedingen ebenfalls dem Amt Kreuzau angegliedert, so daß seit dieser Zeit der Amtsverband in seiner jetzigen Zusammensetzung bestellt.
Um die Jahrhundertwende, in der Zeit des besonders starken wirtschaftlichen Aufschwunges-, gewann auch die hiesige Industrie (Fein- und Packpapier-Erzeugung und Papierverarbeitung) immer mehr an Größe und Bedeutung. Ebenso wäre noch die Brauerei- und Steinindustrie sowie Mühlenbau zu erwähnen. Der starke wirtschaftliche Umbruch hatte zur Folge, daß aus den rein ländlichen Gemeinden immer mehr Landarbeiter zur Industrie übergingen und hier eine lohnendere Beschäftigung fanden. So hatte beispielsweise Stockheim in den 90er Jahren 55 Landwirte und ca. 30 Industriearbeiter, während heute 20 Landwirten 220 Industriearbeiter gegenüberstehen.
Aehnlich wird es sich auch in den übrigen Gemeinden mit vorwiegend landwirtschaftlichem Charakter verhalten. Infolge der Besetzung des Rhein-Ruhrgebietes und der unheilvollen Inflation von 1923 mußte auch die hiesige Industrie, Handwerk und Handel erhebliche Rückschläge hinnehmen, wie überhaupt eine totale Verarmung der Bevölkerung eingetreten war. Doch trotz vieler Schwierigkeiten und Hemmnisse war in den kommenden Jahren wieder ein wirtschaftlicher Aufstieg zu verzeichnen. Rein äußerlich zeigte sich dieser Aufstieg in den Industriegemeinden in der Erweiterung und Moderniserung der Faibriken, den neu entstandenen Geschäften, Gaststätten und Wohnhäusern, ebenso in der verfeinerten und sauberen Gestaltung des Ortsbildes. Die lebendige und lebensstarke Gemeinschaft des Amtsbezirks weist in ziemlich gleicher Verteilung von Industrie, Landwirtschaft, Handwerk, Handel und Arbeiterstand eine gesunde Zusammensetzung seiner Bevölkerung auf, die wieder zur Entwicklung eines beachtlichen Wohlstandes führte. Der zweite Weltkrieg mit seinen verheerenden Folgen warf aber auch die Bevölkerung des Amtsbezirks erneut auf die dunkelsten Schattenseiten des Lebens. Im November 1944 mußte auch der hiesige Amtsbezirk, da ein Verbleiben in den Wohnungen durch den dauernden Beschüß und durch das Herannahen fremder Truppen nicht mehr möglich war, restlos ge räumt werden. Wohl jedem ist heute Kailiaus 1945 noch die zwangsweise Evakuierung in schmerzlicher Erinnerung. Nach der Rückkehr in die Heimat im Frühjahr/Sommer 1945 fand die Bevölkerung ein fürchterliches Bild der Verwüstung vor. Was Menschenhand und Fleiß in vielen Jahrzehnten zuwege gebracht hatten, war durch die grausame Kriegsfurie zum allergrößten Teil vernichtet worden. Ein großer Teil der Wohnhäuser existierte nicht mehr und der übrige Teil war mehr oder weniger arg beschädigt, von dem Verlust der Einrichtungsgegenstände ganz zu schweigen. Die Fabrikationsstätten lagen am Boden, eine Anzahl Maschinen restlos und andere teilweise zerstört. In das gleiche Schicksal teilten sich die Elektrizitätsund Wasserversorgungs-Anlagen, die Kirchen, Schulen, die Kommunal- und Staatsbauten. Nicht zu vergessen die aufgewühlten Aecker und die zerfetzten Waldungen, ebenso die Minenfelder, die nachher noch Tod und Verderben brachten.
Geblieben ist nur noch die Erinnerung an das, was früher einmal war. Eine sehr schwere Aufgabe war zu erfüllen, die auch nur derjenige ermessen kann, der damit zu tun gehabt hat. In den rückliegenden 9 Jahren ist es aber der Bevölkerung trotz Evakuierung, Zerstörung auf allen Gebieten und er neuter Zerrüttung der Finanzen in zäher Willenskraft und Improvisationsfähigkeit *V • gelungen, die allerschlimmsten Wunden ^■"ft}- wieder zu heilen und das wirtschaftliche "* ""* - und kulturelle Leben neu zu gestalten. All das, was sich in der unglücklichen Zeit- ,^ßt i g-A ' > epeche abgespielt und in den Jahren des \jMJfc»"»— f^ . •<l"M,' Wiederaufbaues vollzogen hat, wird einer späteren Geschichtsschreibung vorbehalten bleiben. Großes ist geleistet worden. Allerdings zeigte sich bei der Wiederaufbauarbcit das Schicksal uns günstiger, als wir es noch vor wenigen Jahren erhoffen durften. Nutzen wir auch weiterhin mit Umsicht und Tatkraft die kommende Zeit. Der wirtschaftlich-soziale und geistige Aufbau Rathaus 1950 unserer Heimat soll uns auch weiter Herzenssache sein.