Bartschkühnen

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Hierarchie

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Bartschkühnen / Kühnen, Ausschnitt aus dem Messtischblatt[1] Pillkallen 12101, Ausgabe 1931 und Sodargen 12102, Ausgabe 1937
© Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Einleitung

Bartschkühnen, Kreis Pillkallen, Ostpreußen; ab 16.07.1938 wird die Gemeinde in
Kühnen, Kreis Schloßberg, Ostpreußen umbenannt.

Allgemeine Information

Bartschkühnen gehört zu den älteren Siedlungen des Kreises Pillkallen. Es wird als Dorf Barßkeynen 1580 erstmals genannt, und zwar als Abzweigung von der schon 1516 genannten großen Streusiedlung Rausch am Rauschwe-Fluss. Der Ortsname geht auf den frühen Zinser Barschkyn zurück. 1615 wird das Dorf durch die Verschreibung von drei kölmischen Hufen erweitert. – Neun Jahre nach der Großen Pest sind 1719 immer noch 9 der 11 bäuerlichen Hufen wüst. –
Am 16.7.1938 wird die Gemeinde Bartschkühnen in Kühnen umbenannt.
Verwaltungszugehörigkeit: Vor 1723 Daynisches Schulzenamt/Hauptamt Ragnit, 1723 Domänenamt Dörschkehmen, 1765 Domänenamt Budweitschen, 1818 Landkreis Pillkallen. [2]


Politische Einteilung

Bartschkühnen
01.01.1945
Der Amtsbezirk Steinkirch[3] umfaßt die Gemeinden Dorotheendorf (Ostpr.), Kühnen, Schwarzwiesen, Seidlershöhe, Steinkirch, Streuhöfen, Tegnerskrug und Tiefenfelde (8 Gemeinden).
Er wird zuletzt verwaltet vom Amtsvorsteher in Schwarzwiesen.

Kirchliche Zugehörigkeit

Evangelische Kirche

Bartschkühnen/Kühnen gehört zum Kirchspiel Groß Wersmeningken/Langenfelde

Katholische Kirche

Standesamt

Prästationstabellen

In den Prästationstabellen für den Ort Bartschkühnen/Kühnen (hier klicken) befinden sich historische Einwohnerlisten aus dem 18. und 19. Jahrhundert.
Folgende Hinweise können dazu beitragen, diese Listen besser zu verstehen bzw. Fehlinterpretationen zu vermeiden.
Hinweise zu den Prästationstabellen und Mühlenconsignationen, Erläuterungen von Prof. Erwin Spehr (hier klicken)

Geschichte

Brief des Feldwebels Heinz Sahr zu den Ereignissen im Oktober 1944
Quelle: Das 8seitige Originaldokument ist im Besitz von Heinz Kreutzberger (* 10.01.1926, † 24.04.2021), der Brief lautet:

In Ostpr. 3. Nov.1944

Liebe Familie Kreutzberger!

Es hat mir damals sehr leid getan, daß ich mich von den Damen des Hauses nicht verabschieden konnte. Als ich Mitte der Woche von der Abstellung zurückkam, war das ganze Haus schon leer. Ich habe am Sonntag dann noch Ihren Sohn bzw. Bruder Heinz kennengelernt. Am Montag, 16.10., begannen dann nach unerhörtem Trommelfeuer die russischen Angriffe auf den ostpr. Grenzraum. Ich wurde am selben Tage mit einem Funktrupp zu einem Infanterie-Regiment abgestellt und habe als Funker und als Infanterist die Kämpfe um Ihre engere Heimat mitgemacht. Darüber will ich nun im einzelnen berichten.

Ich hatte Auftrag, mich mit meinem Funktrupp beim Regimentsgefechtsstand in Urbanshöhe zu melden. Schon auf der Fahrt nach dorthin machten uns russische Schlachtflieger erheblich zu schaffen, wir mußten dreimal aussteigen und Deckung im Graben suchen. Bis zum Einbruch der Dunkelheit mußte ich in Urbanshöhe bleiben, um hier die nötigen Funkunterlagen zu erhalten. Der Regimentsstab hatte inzwischen seinen Gefechtsstand nach Bartztal verlegt. Ich fuhr in der Dunkelheit an dem brennenden Deinen vorbei und erreichte spät am Abend Bartztal. In der Nacht war es ziemlich ruhig.

Am nächsten Morgen begann der Russe den Angriff auf unsere Stellungen zwischen Deinen und Bartztal. Er griff mit starker Artillerieunterstützung und einer Menge von Schlachtfliegern an. Ich war gezwungen, das Funkgerät aus dem Wagen ausbauen zu lassen und es in einem schnell geschaufelten Erdloch aufzubauen. Bis zum Nachmittag wurden alle Angriffe der Russen abgewiesen. Dann aber gelang ihm mit Panzern ein Durchbruch bei Deinen, die Lage wurde jetzt kritisch. Bis zum späten Abend jedoch konnten wir unsere Stellungen in Bartztal halten.

Im Schutze der Dunkelheit setzten wir uns nach Kühnen ab. Ich selber hatte die peinliche Feststellung machen müssen, daß mein Fahrzeug in der größten Not nicht ansprang. Es wäre bald schon damals dazu gekommen, daß wir es hätten stehen lassen müssen. Durch Kettenkrad konnte ich es noch abschleppen lassen. In der jetzt folgenden Nacht verschaffte ich mir ein neues geländegängiges Fahrzeug. Ich mußte zu diesem Zwecke bis nach Steinershöfen, etwa 15 km hinter Schloßberg, fahren. Morgens um 3 Uhr gelangte ich dann wieder zu meinem Regiment zurück, das inzwischen in Kühnen eingetroffen war.

Unser Gefechtsstand war der Hof Ihres Verwandten Herrn Palfner. Während der beiden folgenden Tage des 18. und 19.10. war dieser Hof oftmals der Brennpunkt schwerer Kämpfe. Gleich vom frühen Morgen an berannten die Sowjets unsere neuen Stellungen. Immer wieder setzte er seine Schlachtgeschwader ein, warf Bombenteppiche auf die Stellungen und zerhämmerte sie mit schnell nachgezogener Artillerie und Salvengeschützen. Am Nachmittag gelang ihm südl. Urbanshöhe ein Durchbruch. Sodargen fiel in russische Hand und brannte völlig nieder. Wir selber mußten auf unserem Gefechtsstand auch zu den Waffen greifen.

Der Russe wollte von der Flanke aus unseren Brückenkopf aufrollen. Es gelang uns aber, alle Angriffe der Russen abzuschlagen. Bisher hatten die Gebäude des Gehöftes von Herrn Palfner trotz des andauernden Artilleriebeschusses keinen größeren Schaden genommen. Die Nacht zum 19.10. verlief trotz drohender Feindnähe ruhig. Nur wir Funker kamen wieder nicht zum Schlafen, weil wir wichtige Funksprüche befördern mußten.

Am nächsten Morgen (19.10.) erhielten wir Unterstützung durch Panzer und Sturmgeschütze. Es war an diesem Tage auch trübes Wetter, so daß feindliche Schlachtflieger uns nicht belästigten. Umso stärker war an diesem Tage das Aufgebot von russischen Panzern. Eigene Gegenangriffe blieben nach Anfangserfolgen immer wieder liegen, die Übermacht der russischen schweren Waffen, vor allem auch Panzer, war zu groß. Am Nachmittag trat der Russe dann wieder zum Großangriff an. Ich habe großartige Duelle zwischen russischen Panzern und eigenen Sturmgeschützen gesehen. Immer wieder wurden die feindlichen Kolosse in Brand geschossen.

Danach gelang den Russen wiederum ein Einbruch südlich von uns bei Sommerkrug. Auch für uns wurde die Lage nun sehr gefährlich, da wir auf unserem Gefechtsstand in beiden Flanken bedroht waren. Das machte sich bald bemerkbar. Bei anbrechender Dunkelheit schoss der Russe mit Explosivgeschossen die Scheune in Brand. Im Nu war alles ein Feuermeer. Munition, die zum Teil hinter der Scheune gelegen hatte, explodierte nun ebenfalls mit lautem Getöse. Meine Funkstelle stand am Pferdestall, das Funkgerät selber hatten wir ausgebaut und dort im Stall untergebracht. Als nun wenige Augenblicke später der Stall auf der gegenüberliegenden Seite auch in Brand geriet, mußte ich mit der Funkstelle so schnell wie möglich vom Hof verschwinden, was mir auch trotz starker Feindeinwirkung gelang. Zwei Tage lang wurde um dieses Gehöft gekämpft, an beiden Tagen mußten wir selber die Waffe in die Hand nehmen, um den russischen Einbruch zu verhindern.

Ich ließ nun die Funkstelle in das Gehöft – ein Gut, das 300 m hinter der Chaussee liegt - fahren. Spät in der Nacht kam dann ein Funkspruch, in dem es hieß, daß die Panzerabteilung, die uns am Tage doch so gut unterstützt hatte, uns nicht mehr unterstellt sei. Damit war die Lage für den Brückenkopf Kühnen unhaltbar geworden. An beiden Seiten waren die Russen schon an uns vorbei vorgestoßen, ohne Unterstützung durch schwere Waffen drohte uns die Einkesselung.

Der Regimentskommandeur gab jetzt den Befehl zur Räumung. In der Nacht, etwa gegen 3 Uhr, fuhren wir mit dem Oberst auf dem Feldweg Richtung Dorotheendorf nach Streuhöfen und von dort nach Steinkirch. Ich habe mich in der Nacht viel nach Ihrem Gehöft umgesehen. Ich habe es nicht erblicken können, es hat also bis zu diesem Augenblick bestimmt noch nicht gebrannt. Möge es Ihnen unversehrt erhalten bleiben!

Doch ich will nun in meinem Bericht fortfahren. In Steinkirch erhielt der Kommandeur Befehl, in Streuhöfen den neuen Gefechtsstand aufzuschlagen. Inzwischen aber ging die Infanterie zurück - auf halbem Wege von Steinkirch nach Streuhöfen mußten wir umdrehen. Ich schickte das Fahrzeug zurück nach Steinkirch und machte den nun folgenden Rückzug selber zu Fuß mit. Unser Regimentsadjutant, Ritterkreuzträger Hauptmann Ziegler, versuchte mit Hilfe eines Sturmgeschützes, Streuhöfen im Handstreich wiederzunehmen. Er fuhr hinein in den Ort, schoss eine Menge Russen nieder und machte sogar Gefangene, doch ohne weitere Unterstützung durch unsere Infanterie konnte er allein den Ort auch nicht nehmen.

Unser neuer Gefechtsstand wurde nun also Steinkirch. Doch auch hier sollten wir keine ruhigen Nächte verleben. Der Russe griff mit seiner Menschen- und Materialüberlegenheit sofort weiter an. Ein besonderes Ziel für seine Artillerie und Panzer war die Kirche. Sie hat im Verlaufe der Kämpfe unzählige Treffer erhalten. Am Abend brach der Feind mit Panzern in den Ort ein. Es war für mich eine schwere Lage, ich versuchte die Funkstelle auf weiter abgelegenen Gehöften dem direkten Beschuss zu entziehen. Es fand nun eine richtige Panzerschlacht statt, ich gab, um eigenen Sturmgeschützen nicht weiter im Weg zu sein, Befehl, die Funkstelle zu dem neuen - schon vorgesehenen - Gefechtsstand nach Seidlershöhe zu fahren. Ich hatte damit richtig gehandelt, denn schon kurze Zeit später traf dann der Stab auch dort ein.

Das Kirchdorf (gemeint ist wohl Steinkirch, gez. MK) selber wurde bis zum 22.10. gehalten, obwohl es von allen Seiten seit dem 21.10. umschlossen war. Nur die Straße von Seidlershöhe nach Steinkirch wurde während dieser Zeit immer wieder von unseren Sturmgewehrschützen freigekämpft. Wir selber hatten am 21.10. verhältnismäßig viel Ruhe, konnten endlich mal einige Stunden schlafen. Die Wucht des russischen Angriffs bekamen die Dörfer Ebenfelde und Steinkirch zu spüren. Sie wurden an diesem Tag völlig zerstört.

Dasselbe Schicksal ereilte Seidlershöhe am folgenden Tage, am 22.10. Von morgens um 7 Uhr legte der Feind Trommelfeuer auf den Ort. Ich stand mit meiner Funkstelle auf dem Gehöft vor dem Gasthaus. Nach einer Stunde war mein Wagen schon nicht mehr fahrbereit. Durch Granatsplitter waren Kühler und Bereifung zerfetzt. Das Funkgerät hatte ich wieder ausbauen lassen und hatte es in einem Kartoffelbunker, der sich auf dem Hof befand, untergebracht. Hier fühlten wir uns einigermaßen sicher.

Da durch das anhaltende Trommelfeuer wieder alle Drahtverbindungen zerschossen waren, hatten wir sehr starken Funkverkehr. Etwa um 11:30 Uhr geschah dann folgendes: wir erhielten einen Artillerievolltreffer auf unseren Bunker. Wir waren mit 5 Mann dort drin, 3 Mann waren sofort tot, einer war schwerverletzt, es war ihm der rechte Unterschenkel völlig zerschmettert und die rechte Hand.

Ich selber trug nur ganz geringfügige Verletzungen am rechten Knie, an der rechten Hand und eine leichte Prellung am Hinterkopf davon. Meine nächste Aufgabe war nun, den Schwerverletzten zu bergen. Da er zum Teil verschüttet war, war dies keine sehr leichte Aufgabe. Mit Hilfe von Sanitätern gelang es mir bald. Die Toten zu bergen, gelang mir nicht.

Auch Fahrzeug und Funkgerät konnte nicht abgeschleppt werden, obwohl ich alles daran setzte, es zu erreichen. Ich habe am Abend dann Fahrzeug und das restliche Gerät gesprengt und habe mit den letzten Teilen des Regiments das völlig zerstörte Dorf verlassen.

Hier endet mein Bericht. Ich wurde noch am selben Abend vom Regimentskommandeur entlassen und ging zu meiner Einheit. Um Ihre Heimat aber, das können Sie mir glauben, ist wirklich heldenhaft gerungen worden. Wenn nun die teure Muttererde doch in Feindeshand geriet, so ist das allein einer unerhört großen Überlegenheit der Russen an schweren Waffen zu verdanken. Wir werden sie zu gegebener Zeit uns zurückkämpfen.

Ich kann mir vorstellen, daß mein Bericht Sie sehr traurig stimmen wird, denn es ist Ihre Heimat, die nach harten Kämpfen verloren ging. Sie gehen vorläufig nun einem ungewissen Schicksal entgegen. Der Tag der Heimkehr ist noch ungewiß. Doch wir wollen den Mut nicht sinken lassen, wenn jeder alle seine Kräfte dem Dienst für Volk und Vaterland weiht, dann braucht uns um den Endsieg nicht bange zu sein.

Ich grüße Sie, liebe Familie Kreutzberger, besonders die beiden jungen Damen, aufs herzlichste und wünsche Ihnen alles Gute. Ich würde mich freuen, gelegentlich von Ihnen zu hören,

Ihr Heinz Sahr

Anm.: den Text habe ich an nur ganz wenigen Stellen korrigieren müssen, um Verständnisfehler zu vermeiden, die grammatische Schreibweise der damaligen Zeit blieb weitestgehend unverändert.
gez. Ganderkesee, 20.1.2016, M. Kunst


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Fußnoten

  1. Die Genehmigung vom © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, liegt vom 16.02.1911 vor.
  2. Prof. Erwin Spehr
  3. Auszug aus: Amtsbezirk Steinkirch, Rolf Jehke, Herdecke, http://www.territorial.de /Gemeinden (06.12.2014)

Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

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