Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)/022
GenWiki - Digitale Bibliothek | |
---|---|
Instructionsbuch für den Infanteristen (1872) | |
Inhalt | |
<<<Vorherige Seite [021] |
Nächste Seite>>> [023] |
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien | |
Texterfassung: unkorrigiert | |
Dieser Text wurde noch nicht korrekturgelesen und kann somit Fehler enthalten.
|
die schon im zweiten und dritten Jahre dienen und dann zur Reserve übergehen. Die Benennung Rekrut ist in der Preußischen Armee nicht beliebt, weil sich der Gedanke des noch nicht Fertigen, der Ungeschicklichkeit, der Lehrlingszeit damit verknüpft, und darum wird auch schriftlich und amtlich immer nur von Ersatz und von Jungen Mannschaften gesprochen, Im täglichen Verkehr und Umgang kommt der Name Rekrut aber noch oft genug vor, besonders im Munde derjenigen, die es nicht mehr sind. Nach unserer Heeres-Verfassung besteht immer ein Drittel der Compagnie aus Rekruten, und die Benennung hört von selbst auf, wenn der junge Soldat in die Compagnie eingestellt wird.
Ganz etwas anders sind die Capitulanten, welche einen Vertrag mit dem Truppentheil zum freiwilligeen Weiterdienen bei der Fahne, über die gesetzmäßige Dienstzeit hinaus, abgeschlossen haben, denen es also im Soldatenstande gefällt, und die sich auch gut betragen haben müssen, weil sonst der Truppentheil keine Capitulation mit ihnen abgeschlossen haben würde. Eine Capitulation heißt ein Vertrag, ein Capitulant wird also durch einen solchen ein Berufs-Soldat, der nicht allein dem Gesetze genügt, sondern freiwillig gegen die Gewährleistung gewisser Vortheile weiter dient und dann auch gewöhnlich Unteroffizier wird und sich den Civil-Versogungsschein erwirbt, welcher ihm bei seinem späteren Rücktritt in das bürgerliche Leben sein Fortkommen erleichtert. Will ein Soldat capituliren, so muß die Capitulation, im Beisein eines Offiziers, von dem Auditeur oder dem untersuchungsführenden Offizier aufgenommen werden. Der Capitulant
Datei:Capitulanten-Troddel Datei:Capitulanten-Achselklappe
erhält dann statt der gewöhnlichen Säbeltroddel die sogenannte Capitulanten-Troddel, bei welcher das Band weiß und die Puschel schwarz und weiß, wie die der Unteroffiziere ist, während die Nummern-Knöpfe und die in dem Schieber eingewobenen Fäden von rother (2), gelber(3) oder blauer(4) Farbe die Compagnie anzeigen, zu welcher der Capitulant gehört. Ebenso hat er auf der Achselklappe eine schmale schwarze und weiße Litze; welche beide Auszeichnungen er auch wieder verlieren kann, wenn er in die zweite Klasse des Soldatenstandes versetzt werden sollte. Die Capitulanten haben durch dies aüßerlichen Auszeichnungen jedenfalls den guten Glauben derjenigen, welche diese Borte und Troddel sehen, für sich, daß sie tüchtige Soldaten sein müssen, weil untüchtige kein Truppentheil gern behalten wird.
Die Einjährig Freiwilligen, früher auch Volontairs genannt, sind solche junge Leute des Ersatzes, welche so viel gelernt und eine so gute Erziehung genossen haben, daß die nach beendeter Ausbildung in Reih und Glied und als Unteroffizier, auch im Frieden nach einem abgelegten Examen sofort Offizier werden können. Daß ein junger Mann, welcher Kenntnisse besitzt und sich von Jugend auf in den gebildeteten Ständen bewegt hat, Alles leichter lernt und begreift, auch mit mehr Ueberlegung anwenden kann, ist bekannt, und darum hat König Friedrich Wilehlm III. auch angeordnet, daß solche junge Leute, statt der gesetzlichen 3 Jahre, nur 1 Jahr bei der Fahne dienen, sonst aber in allen ihren Verpflichungen und Leistungen ihrer 3 Jahre dienenden Kameraden gleichstehen sollen. Man sagt daher nicht ein einjähriger Freiwilliger, weil der Freiwillige dann überhaupt nur Ein Jahr alt sein würde, sondern ein einjährig Freiwilliger.
Sie haben ihre Bekleiddung und Ausrüstung aus eigenen Mitteln zu stellen, erhalten keine Löhnung, in der Regel auch keine Wohnung und dürfen, wenn die Vorgesetzten es erlauben, außer Dienst auch in Civilkleidern gehen. Sobald sie aber in Reih und Glied oder einem Vorgesetzten gegenüber stehen, sind sie Soldaten, woe alle Anderen. Man erkennt sie an der schwarz und weiß gedrehten Schnur, mit welcher die Achselklappe eingefaßt ist. Sie können schon nach