Herforder Chronik (1910)/027

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Herforder Chronik (1910)
<<<Vorherige Seite
[026]
Nächste Seite>>>
[028]
Herforder Chronik 1910.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



unter seinen Füßen Wasser sprudeln lassen. Dann wolle er an ihn glauben, dann wolle er die alten Götter verlassen und ihn verehren, - da schlägt das ungeduldige Roß mit seinem Hufe den Boden, es quillt ein Born hervor, und Wittekind, von dem Wunder ergriffen, erfüllte nun, was er gelobt hatte, und wurde Christ.


Die Unterwerfung und Taufe Wittekinds übte auf die Sachsenherzen einen überwältigenden Einfluß aus. Es ist zu verstehen, wie schwer es den harten Köpfen und kriegsgewohnten Helden werden mußte, ihren alten Göttern und den seit unvordenklichen Zeiten von ihren Vorvätern gepflegten Glauben, den in nächtlicher Stille in dunkeln Hainen gefeierten Opfermahlen den Abschied zu geben und dafür den fremdländischen Heiland am Kreuz anzubeten. Mancher tat’s widerwillig, murrend und langsam, wie das bei Neuerungen so westfälische Art ist. Allein Karls Hand lag schwer auf ihnen und unterdrückte auch den leisesten Versuch, in das alte Heidentum zurückzufallen. Mehr aber noch als die dräuende Macht des Kaisers wirkte auf sie das Beispiel Wittekinds.

Im Vertrauen auf die bessere Einsicht des bewährten Volksführers unterwarfen sie sich allen Forderungen Karls des Großen. Der wollte indessen nicht allein der unerbittlich Fordernde, der triumphierende Bezwinger sein, vielmehr der Segenspendende, der Eroberer ihrer Herzen. Sobald dem Kampfgetöse Behaglichkeit und Ruhe gefolgt war, sobald nach den Wirrnissen der furchtbaren Kriegsjahre die Gemüter wieder frei aufatmeten, streute er köstlichen Samen aus; er legte Pflanzstätten an, von denen neue Kultur auf dem noch unberührten Boden des Sachsentums erstehen sollte. Überall im Lande gründete er Bistümer, acht an der Zahl, Osnabrück, Minden, Halberstadt, Bremen, Verben, Paderborn, Münster und Hildesheim, feste Bollwerke gegen das Heidentum und gegen sächsische Unkultur. Sie wurden die Segensstätten, die dem hochbegabten Volke der Sachsen die neue Lehre brachten, welche die ungeschlachten Recken zu milderen Sitten erzogen und zur Aufnahme einer höheren Bildung empfänglich machten. Wie sie da aufschauten, die alten Kämpen, als die Friedensboten aus jenen Stiftungen ihnen neue, bessere Anschauungen brachten, als sie ihre heidnischen Irrtümer in ihrer ganzen Nichtigkeit erkannten; wie sie nun, nach Erkenntnis des Wahren und Guten selbst rüstig mit Hand anlegten und mit ererbter westfälischer Ausdauer ihre Kraft in den Dienst der neuen frohen Botschaft stellten. Jugendlich frische Begeisterung durchzuckte alle Seelen, und ihr haben wir viel zu danken, vor allem, wenngleich nicht unmittelbar, vielmehr auf Umwegen, von denen wir bald hören werden, die Gründung unserer Vaterstadt Herford.