Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1849/296

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Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1849
Alphabetisches Inhaltsverzeichniß:
AB CDE FGHI/J KLMNO PQR S TUVW Z
Alphabetisches Namenregister:
ABCDE FGHJK LMNOPQRS TUVWZ
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Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1849.djvu
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Eine andere, verwegene, Parthei, welche dem Panier der Reichsverfassung nur deßhalb folgt, weil sie darunter eine allgemeine Umwälzung um so gewisser zu erreichen hofft, verlangt die Nöthigung zum Eid unverkennbar - die Ereignisse haben es gelehrt - nur in der Absicht, hierdurch Volk und Regierung zum Werkzeug für verderbliche Zwecke zu machen.
Sieht man jedoch davon ab, daß der wahrhafte Anhänger der Verfassung des Eides nicht bedarf, der Eid der Gleichgültigen und Schwachen wenig Werth hat, und der Eid als Mittel zu verderblichem Zweck nicht zugestanden werden kann, so bleibt er auch als Mittel für guten Zweck sehr bedenklich.
Die Beeidigung auf die Reichsverfassung könnte nur auf die Verpflichtung gerichtet seyn, sie ihrem ganzen Inhalte nach treu zu beobachten und aufrecht zu erhalten. Zu diesem ganzen Inhalte gehört aber auch und zwar als höchst wesentlicher Bestandtheil, die Ausdehnung der Verfassung über ein großes Deutschland und die Annahme der in der Verfassung errichteten Kaiserwürde durch einen deutschen Fürsten. Ohne dieses Oberhaupt und nur für einen beschränkten Umfang kann die Reichsverfassung nicht eingeführt werden. Wenn nun auch die Regierung den Wunsch, daß in der von der Nationalversammlung beschlossenen Verfassung Deutschland Einheit, Freiheit und Ruhe finden möge, noch so lebhaft theilt und bereit ist, mit allen rechtlichen und zweckmäßigen Mitteln dahin zu wirken, so darf sie doch hierin noch nicht die Berechtigung finden, das Angelöbniß zur Aufrechterhaltung einer Verfassung zu fordern, deren Durchführung in wesentlichen Punkten mächtige Hindernisse findet.
Der denkende, gewissenhafte Mann müßte sich im Augenblick, in welchem er ein heilig betheuertes Versprechen ablegt, gestehen, daß dessen Erfüllung durch Ereignisse bedingt ist, die von seinem Willen nicht abhängen. Wie sollte man ihm zumuthen, eine Pflicht, die Pflicht, die Verfassung zu beobachten und aufrecht zu erhalten, vor Gott in heiligem Gelübde anzuerkennen - im Bewußtseyn seines Unvermögens, sie vollständig zu erfüllen? Müßte er nicht die gesprochenen Worte anders deuten, als sie lauten? und was ist ein nach eines Jeden Meinung zu deutender Eid? Darin kann die deutsche Sache nichts gewinnen; sie kann nichts gewinnen durch das Unternehmen, religiöse Bedenken zu unterdrücken, welche auch in den reinsten Anhängern der Verfassung einem solchen Gelübde widerstreben könnten.
Ueberdieß erfordert der Eid, wenn er als Mittel zur Einheit wirken soll, auch einheitliche Form, welche nicht gegeben ist und nur durch Anordnung der einheitlichen Gewalt oder Verständigung unter den Regierungen erreicht werden kann.
Durch diese offene Darlegung will die Regierung die Aeußerungen der öffentlichen Meinung ehren und Verständigung suchen. Indem sie erklärt, daß und aus welchen Gründen sie sich zu einer Anordnung nicht zu verstehen vermag, welche sie um der Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit willen nicht verantworten möchte, kann sie geläuterte Gefühle nicht verletzen. Sie vertraut darum nicht weniger, daß der gute Bürger ohne gesprochene Formel im Herzen geeinigt für das