Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/455

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Den Beweis für die dominierende Stellung der Grundherrschaft liefert negativ die geringe Bedeutung der Ritter- und Domänengüter.

Diese waren vor allem privilegierte Güter, d. h. mit besonderen Freiheiten ausgestattete Herrensitze. Sie genossen sogenannte Exem-tionen wie Steuer-, Dienst-, Einquartierung?-, Gerichts- und Gemeindefreiheit, Zumeist haftete auf dem Rittergut eine Landtagsstimme. Wie man sieht, waren dies lauter staatsrechtliche Qualitäten, ursprünglich persönliche Vorrechte der Besitzer, die sich als Realrechte auf die von diesen bewohnten Güter niedergelassen hatten.

Außerdem sind die privilegierten Güter Mittelpunkte und Träger besonderer Herrschaftsrechte, Mit dem Rittergut ist häufig die Grundherrschaft über Meierhöfe, nicht selten die Gerichtsbarkeit über diese Höfe oder über ganze Dörfer verbunden. Aber wirtschaftlich ist das Rittergut hauptsächlich Sammelstelle grundherrlicher oder gerichtsherrlicher Gefälle; sein Landwirtschaftsbetrieb befriedigt höchstens die Bedürfnisse seines Besitzers, aber er ist nicht eine kapitalistische, auf den Verkauf arbeitende Unternehmung, Daher werden die aus den Herrschaftsrechten entspringenden Befugnisse nur in geringem Maße dem Landwirtschaftsbetrieb auf dem Gut dienstbar gemacht. Daher ist der Rittergutsbesitzer nicht minder wie der König (als Inhaber des Domaniums) ein Grundherr. Noch mehr als bei diesem bilden bei jenem grundherrliche Gefälle den weitaus größten Teil seiner Einnahmen. Seine Existenz beruht auf diesen, nicht aber auf dem Ertrag seines Rittergutes, Daher ist das Rittergut in Niedersachsen höchstens Träger grund- und gerichtsherrlicher Berechtigungen, nicht aber Mittelpunkt einer gutsherrlichen Verfassung, wie in Preußen.

Grundherrliche und gerichtsherrliche Rechte sind aber nicht bloß mit Rittergütern verbunden, sondern können auch für sich bestehen. Für den Begriff des Rittergutes allein entscheidend ist die staatsrechtliche Qualität seines Grunds und Bodens, nicht aber das mit ihm etwa verbundene Herrschaftsrecht, Thatsächlich sind allerdings die meisten grundherrlichen Berechtigungen und sonstigen Herrschaftsrechte mit dem privilegierten Grundbesitz verbuuden, aber rechtlich bilden sie kein «ssentials seines Begriffes; wirtschaftlich werden sie meist ohne Beziehung auf diesen Grundbesitz genutzt. So besteht die Grundherrschaft in Niedersachsen für sich, das Rittergut ist als Landwirtschaftsbetrieb unbedeutend. Der Rittergutsbesitzer ist hier reich, nicht weil er eine große Wirtschaft auf dem Gut betreibt, sondern weil viele Meier und Zehnten zu dem Gut gehören.