Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/456

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Zum Schluß endlich haben wir gesehen, wie die Überbleibsel der mittelalterlichen Hörigkeit, die Halseigenschaft in Hildesheim und die Eigenbehörigteit in Westfalen, zu rein grundherrlichen Instituten geworden waren. Die Halseigenschaft bestand überhaupt nur noch als bäuerliches Besitzrecht ohne den Schatten einer Beschränkung der persönlichen Freiheit. Die Eigenbehörigkeit legte dem Eigenbehörigen zwar einige Beschränkungen der Handlungsfähigkeit und persönliche Leistungsverpflichtungen auf. Aber auch diese waren so sehr von dem Recht auf das Gut abhängig und nur durch dieses bedingt, daß man sie wenigstens in ihrer praktischen Wirkung, nur noch als grundherrliche Lasten betrachten kann.

In besonders charakteristischer Weise äußerte sich die grundherrliche Natur der Eigenbehörigkeit im 18. Jahrhundert in dem Satz, daß der gesessene Eigenbehörige durch Aufgabe des eigenbehörigen Gutes ipso iure die Freiheit erlange.1 Dieser Satz zeigt, wie das ursprüngliche Verhältnis sich gerade umgekehrt hatte.

Im Mittelalter war aus der allgemeinen persönlichen Abhängigkeit des Laten die spezielle Pflicht, ein Gut unter den Bedingungen des Hofrechts zu besitzen und zu bewirtschaften, erwachsen. Aus dieser Pflicht des gesessenen Laten hatte sich ein Recht auf das Gut entwickelt. Dieses allein bestand noch im 18. Jahrhundert; die glebae adscriptio, der Zwang zur Annahme, war weggefallen. Daher hatte man an die Ausübung dieses Rechts die Entstehung der persönlichen Abhängigkeit geknüpft, d.h. diese entfloß als Folge dem grundherrlichen Verhältnis, nicht aber war dieses mehr eine ihrer Äußerungen.

Nachdem wir die Grundherrschaft als Fundament der ländlichen Verfassung des 18. Jahrhunderts kennen gelernt hatten, war es unsere


1 Vgl. oben Anm.2 auf S.246. Wegen der Wichtigkeit des Punktes führe ich noch die Einzelbestimmungen der Territorialgesetze Westfalens an. — Minden-Ravensbergische Eigentumsordnung de 1741, Kap.II, § 3; eine freie Person, die eine eigenbehörige Stätte bezieht, wird ipso iure eigenbehörig. Kap.IV, § 8; . . . die Abäußerung aber kann in Anschauung der abgeäußerten Person pro argumento (der Eigenbehörigkeit) nicht dienen, weil billig ist, daß der Abgeäußerte mit seinen Kindern frei werde, sintemalen, da er wegen des Hofes sich eigen begeben, er, da ihm der Hof genommen, auch in den vorigen freien Stand kommen muß. — Münstersche Eigentumsordnung, IV. Teil, § 8; durch die Abäußerung erlangen die Abgeäußerten die Freiheit. — In Osnabrück stand es gewohnheitsrechtlich fest, daß der Eigenbehörige durch die Abäußerung die Freiheit erlange. Vgl. A. Kloentrup, Alphabetisches Handbuch der besonderen Rechte und Gewohnheiten des Hochstifts Osnabrück. Osnabrück 1798, S.6.