Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/369
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Das Vollerbe begreift regelmäßig eine Hufe Ackerland von 69 Morgen, dem in Westfalen üblichen Morgeninhalt der Hufe, in sich!. Es besteht kein Zweifel, daß mir in dem Vollerbe die alte Lathufe vor uns haben, die deshalb, weil die Laten allgemein ihre Güter behielten, bis ins 18. Jahrhundert mit der Einheit des westfälischen Bauernhofes identisch geblieben ist. Die Halberben sind in späterer Zeit durch Teilung der Vollerben entstanden.
So können wir aus der mehr oder minder häufigen Abweichung der Begriffe Hof und Hufe voneinander die mehr oder minder ausgedehnte Verbreitung des Freimeierrechts, soweit dasselbe als direkte Folge der Villikationsauflösung eintrat, ersehen.
Wo die Höfe der Regel nach aus mehreren Hufen zusammengesetzt sind, wie im südlichen Niedersachsen, hat man die meisten Villikationen durch Freilassung der Laten zerstört und Freimeier an ihre Stelle gesetzt. Wo nur ein Teil der Höfe aus mehreren Hufen, ein anderer Teil, und darunter sogar Vollhöfe, aus einer Hufe bestehen, wie in Nordniedersachsen, ist nur ein Teil der Meier des 13. Jahrhunderts aus freien, an Stelle der Laten eingesetzten Zeitpächtern, ein anderer aus der allmählichen Umwandlung von Laten in Meier entstanden. Wo endlich, wie in Westfalen, der Vollhof mit der alten Lathufe identisch ist, da sind nur verschwindend wenige Villikationen zerstört und Freimeier angesetzt worden; die alte Hörigkeit der Laten hat sich, allerdings durch das Meierrecht beeinflußt, in der Form der Eigeubehörigkeit bis ins 18. Jahrhundert erhalten.
So hat das Meierrecht auch da, wo es die Hörigkeit nicht im ersten Anlauf verdrängen konnte, eine große Bedeutung erlangt. Es hat die noch bestehende Hörigkeit durchwachsen, ihr Besitzrecht in Meierrecht verwandelt, die persönliche Abhängigkeit teils völlig aufgehoben, teils gemildert. Aus der Hörigkeit des Laten im Mittelalter ist infolge der Einwirkung des Meierrechts die westfälische Eigen-behörigkeit, ein in der Hauptsache grundherrliches Rechtsinstitut erwachsen.
Wie aber keine Wirkung durchaus einseitig ist, sondern der wirkende Teil immer durch das Objekt, auf das er seine Wirkung ausübt, beeinflußt wird, so hat auch das Meierrecht durch die Hörigkeit eine Beeinflussung erfahren, die wir im nächsten Kapitel bei der Betrachtung der Weiterbildung des Freimeierrechts betrachten wollen.
' Vgl, Stüve, Landgemeinden, S. 32 ff.