Trauung

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Trauung

  • Trauung, Kopulation, Copulatio (latein.)

Kirchentrauung, Ziviltrauung

Trauung bedeutete zunächst die kirchliche Zusammengabe der Eheleute. Nachdem vor 1895 die der Trauung im Laufe der geschichtlichen Entwickelung zugefallene eheschliessende Funktion auf einen unter standesamtlicher Mitwirkung stattfindenden juristisch analogen bürgerlichen Akt übergegangen ist, hat man den Ausdruck Trauung auf diese bürgerliche Eheschliessung übertragem und bezeichnet sie im Gegensatz zur kirchlichen Trauung oder Trauung schlechthin als Ziviltrauung.

Geschichte

Fast bei allen Völkern werden eheliche Bündnisse mit gewissen, insbesondere religiösen Zeremonien gefeiert (Hochzeit). Die christliche Kirche hat allerdings die göttliche Einsetzung einer bestimmten kirchlichen Eheschliessungsform niemals angenommen, und die römische Kirche hat trotz mancher Schwankungen an der ehewirkenden Kraft der blossen Konsenserklärung festgehalten. Aber sie hat von jeher dem Bewusstsein ihrer Glieder die Forderung geistlicher Mitwirkung eingeschärft und verstanden, im Laufe der Zeit diese Mitwirkung stufenweise zu steigern.

Zeremonien

Die Zeremonie im christlichen Lebensraum besteht ursprünglich in der (durch Kaiser Leo 813 für die griechische Kirche gesetzlich eingeführten) Einsegnung, Abhaltung von Brautmessen, die aber der Eheschliessungserklärung nachfolgen. Der Erweiterung dieses Anteils der Kirche ist dann das germanischen Eheschliessungsrecht mittelbar entgegengekommen. Im älteren deutschen Rechte ist die Trauung die durch den Muntwalt vollzogene Übergabe der Braut in die Schutzgewalt (Mundium) des Verlobten, dem sie „anvertraut“ wird.

Indem nun an Stelle dieser seit Abschwächung der Geschlechtsvormundschaft durch jeden beliebigen Dritten ersetzbaren Mittelsperson der Priester eingetreten ist, war die bisher dem Eheschliessungsakt nachgefolgte kirchliche Einsegnung zur Zusammengabe (Kopulation) entwickelt, die einen organischen Bestandteil des Eheschliessungsaktes selbst bildet. So wenig freilich wie früher die Einsegnung vermochte die Kirche jetzt die Trauung und das oft wiederholte Verbot der Laienkopulation allgemein durchzusetzen.

Auch das Tridentinum, das dem katholischem Eherecht die abschliessende Gestalt gegeben hat, stellt die priesterliche Trauung zwar als die normale, nicht aber notwendige Form fest, und hat das mittelalterliche Recht nur insofern fortgebildet, als es die ehewirkende Kraft nur mit der in bestimmter Form, nämlich vor dem zuständigen Pfarrer und 2 Zeugen, abgegebenen Konsenserklärung verknüpft. Den letzten Schritt, den das Tridentinum nicht unternommen hatte, hat dann später eine durch das evangelische Kirchenrecht vorbereitete und bestimmte Entwickelung zurückgelegt. Aus einem neben der eigentlich ehewirkenden Konsenserklärung nebensächlichen Akt ist seit dem Ende des 17. Jahrh. das Zusammensprechen des Geistlichen in evangelischem Rechtsbewusstsein und bürgerlicher Gesetzgebung zu einem der Konsenserklärung ebenbürtigen, notwendigen Bestandteil der Eheschliessungsform geworden (1895: Allgem. preussisches Land-Recht II, 1, Paragr. 136). Das Ergebnis war im übrigen für alte und neue Kirche das gleiche: die Eheschliessung war ausschliesslich Kirchensache geworden; das bürgerliche Recht hatte auf eine selbständige Eheschliessungsform verzichtet.

Ursprungszustand der Ziviltrauung wieder hergestellt

Das moderne Recht nach Napoleon hat den Zusammenhang der Kirchentrauung wieder gelöst und in der durch das Reichspersonenstandsgesetz vom 6. Feb. 1875 eingeführten standesamtlichen Eheschliessung eine selbständige bürgerliche Eheschliessungsform konstituiert. Die kirchliche Trauung ist seither für die Schliessung einer bürgerlich gültigen Ehe weder ausreichend noch erforderlich. Sie ist nur auf Grund des Nachweises der vorher erfolgten standesamtlichen Trauung zulässig. Sachlich lehnt sich übrigens die durch das citierte Gesetz eingeführte Ziviltrauung an die bisher übliche kirchliche Eheschliessungsform insofern an, als auch sie neben der Konsenserklärung die (standesamtliche) Kopulationsformel als wesentlich und unerlässlicher Bestandtheil in sich aufgenommen hat. Mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches erfolgte darin ein Wandel: in seiner definitiven Gestalt hat es die bisherige Form zwar als die normale beibehalten, aber die vor dem Standesbeamten abgegebene Konsenserklärung als einzig wesentlich und ehewirkend hingestellt, und damit den einst zerrissenen Zusammenhang mit der germanischen und kanonischen Rechtsanschauung wieder aufgenommen.

Evangelische und katholisches Varianten

Nach dem im Gesetz von 1875 gemachten selbstverständlichen Vorbehalt sind durch dessen Bestimmungen die kirchlichen Verpflichtungen in Beziehung auf die Trauung nicht berührt worden. Nur stehen sie jetzt nicht mehr unter der Garantie des Staates, sondern allein der Kirchen-Ordnung. Im übrigen war der Einfluss dieser Neuerung auf das kirchliche Trauungswesen verschieden. Die katholische Kirche fasst die Ehe als Sakrament auf, ignoriert die nach ihrer Auffassung unzuständige Staatsgesetzgebung und hat darum ihre bisherige Trau-Ordnung unverändert beibehalten. Die evangelische Kirche dagegen erkennt die staatliche Ehegesetzgebung und damit auch die bürgerliche Eheschliessungsform ohne weiteres an, schärft aber ihren Gliedern die nachträgliche kirchliche Trauung als eine kirchenrechtliche Pflicht ein, deren Verletzung sie mit verschiedenen Mitteln ihrer Disziplinargewalt (von Entziehung der kirchliichen Wahlrechte ansteigend unter Umständen bis zum Ausschluss vom Abendmahl) ahndet (z.B. Preussisches Kirchengesetz vom 30. Juli 1880).

Neue Trauformulare vor 1895

Dem Umstand, dass die kirchliche Trauung ihre einstige eheschliessende Funktion nicht mehr hat, hat sie in den vor 1895 neu erlassenen Trauungsordnungen (z.B. Preussisches Kirchengesetz vom 27. Juli 1880, Trau-Ordnung für die Provinz Hannover vom 6. Juli 1876, für Bayern von 1879, für Sachsen von 1881, Württemberg 1875 etc.) durch Aufstellung neuer Trauformulare Rechnung getragen, die dem also veränderten Rechtszustand sich mehr oder weniger anzupassen suchen. Die den Eheleuten vorzulegende Frage des Geistlichen ist nicht mehr auf die Eheschliessung schlechthin, sondern das Gelöbnis christlicher Eheführung gerichtet und sinngemäss auch die Kopulationsformel modifiziert. Einzelne vom Gesetz vom 6. Feb. 1875 nicht rezipierte Ehehindernisse des bisherigen Eherechts (so insbesondere die sogenannte disparitas cultus; d.h. Ehe eines Christen mit Nichtchristen) sind als Trauungshindernisse beibehalten. In den Einzelheiten der Trau-Ordnung besteht noch vielfach Übereinstimmung der katholischen und evangelischen Kirche. Der Trauung geht ein schon vom vierten lateranensischen Konzil (1215) vorgeschriebenes und auch von den neueren evangelischen Trau-Ordnungen als Eheverkündigung beibehaltenes Aufgebot voraus; Dispensation ist zulässig.

In den vom Tridentinum festgesetzten sogen. „geschlossenen Zeiten“ (Fastenzeit und Adventszeit), die aber in den evangelischen Trau-Ordnung erheblich reduziert sind (siehe. Preuss. Trau-Ordn., Paragr. 3), sollen Trauungen nicht stattfinden. Zuständig ist der Pfarrer am Wohnort der Braut, bzw. auch des Bräutigams (nach den ev. Trau-Ordn. auch der des künftigen Wohnsitzes), jeder andre nur kraft eines ihm erteilten Erlaubnisscheins (sogenannter Dimissoriale). Ort der Trauung ist die Kirche; Haustrauungen sind kraft besonderer Dispensation, in manchen evangelischen Landes-Kirchen auch nach freiem Ermessen des Pfarrers zulässig. Abgabe der Konsenserklärung durch Stellvertreter ist im katholischen Recht zugelassen. Die der Konsenserklärung nachfolgende Benediktion unterbleibt nach katholischem Recht bei gemischten Ehen, sofern nicht die geforderten Kautionen (insbesondere eidliches Gelöbnis, sämtliche Kinder katholisch zu erziehen) geleistet worden, häufig auch bei zweiten Ehen. Eine noch 1895 übliche Zeremonie ist das schon im Altertum übliche Wechseln der Trauringe. Von den Hochzeitkränzen, die in der alten Kirche beiden Verlobten bei ihrer Einsegnung aufgesetzt wurden, ist in der abendländischen Christenheit nur noch der Brautkranz als Bild der unverletzten Jungfernschaft übriggeblieben und dessen Verweigerung für Gefallene als Mittel der Kirchenzucht. Nach der Trauung findet die Eintragung in das Trauregister statt.

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Historische Literatur

  • Friedberg: „Recht der Eheschliessung“ (Leipzig 1865);
  • Friedberg: „Verlobung u. Trauung“ (Leipzig 1876);
  • Sohm: „Recht der Eheschliessung etc.“ (Weimar 1875);
  • Sohm: „Trauung u. Verlobung“ (Weimar 1876)
  • Sohm: „Zur Trauungsfrage“ (Heilbronn 1879);
  • Dieckhoff: „Die kirchl. Trauung“ (Rostock 1878);
  • Löning: „Geschichte des deut. Kirchenrechts“ (Bd. 2, Strassburg 1878)
  • Scheuerl, von: „Das gemeine deut. Eherecht“ (Erlangen 1882)
  • Freisen: „Geschichte des kanonischen Eherechts bis zum Verfall der Glossenliteratur“ (Tübingen 1888).