Dispens

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Dispens ist ein Begriff, unter dem man im katholischen Kirchenrecht die Befreiung von einer geltenden Vorschrift in bestimmten Einzelfällen versteht. Für die genealogische Forschung sind Ehedispense relevant.

Schema des Grades der Blutsverwandtschaft in Seitenlinie

Lateinische Ableitung

  • dispendere (lat.) „ausspannen, befreien, ausbreiten, ausdehnen“
  • licentia (lat.) "Erlaubnis, Bewilligung, Vergünstigung, Freiheit, Erlaubnisschein, Vollmacht etc. pp."
    • Die lateinische Formulierung einer Eintragung war dem Eintragenden überlassen und bei Kirchenbüchern kirchenrechtlich vor dem 19. Jahrhundert nicht vorgeschrieben.

Ehedispense

Bürgerliches Recht, Verwandtschaftsgrad

Im deutschen bürgerlichen Recht wurde der Grad der Blutsverwandschaft nach römischen Recht ermittelt. Dabei findet man den Grad der Blutsverwandtschaft zwischen Personen, welche in gerader Linie miteinander verwandt sind, durch die Anzahl der zwischen ihnen liegenden Generationen.

  • Eltern und Kinder sind demnach Verwandte ersten Graders,
  • Großeltern und Enkel Verwandte zweiten Grades.
  • Der Grad der Blutsverwandtschaft zwischen zwei Personen einer Seitenlinie findet man durch die Ermittlung der Anzahl der zwischenliegenden Generationen, unter Weglassung der gemeinschaftliche Stammeltern.
Schema der Verwandtschaft (Fam. Steven) bei einem rk. Dispensantrag im 18. Jhdt.

Kanonisches Recht

Nicht nur im Erbrecht, sondern auch für Eheschließungen spielten Verwandtschaft und genealogische Untersuchungen eine entscheidende Rolle. Die kanonischen Regeln verboten in der Römisch-Katholischen-Kirche Ehen bis in den 7. Grad (Cousine/ Cousin 3. Grad; seit 1215 in Seitenlinie auf den 4. Grad reduziert), was aber in vielen dünn besiedelten Gebieten (Bergtälern, Inseln u.ä.) nicht durchgesetzt werden konnte. Viele Dispense wurden erteilt, so dass im Endeffekt der 3. und 4. Verwandtschaftsgrad die Grenze war, die nicht unterschritten werden konnte.

  • Eintragsbeispiel: "Obtenta dispensatione super impedimento consanguinitatis in 4 to gradu" = nach Erhalt der Dispens vom Ehehindernis der Blutsverwandtschaft vierten Grades,

Aber auch die Verbindung von Pate und Patenkind war z.B. ebenfalls nicht erlaubt, wegen der "cognatio spiritualis", der Geistesverwandtschaft. (siehe Kölner Generalvikariatsprotokolle)

Kirchliche Ehedispense

Ein Ehedispens war die Befreiung von einem Eheverbot und kam vor dem 19. Jahrhundert relativ häufig vor. In manchen Kirchenbüchern erscheinen die nach der Befreiung vom Hindernis des Eheverbotes geschlossenen Ehen nicht. Eine Heirat ist dann ohne Dispensbescheid überhaupt nicht ersichtlich oder nachweisbar. Die Bescheide wurden in der zuständigen Pfarre nicht regelmäßig abgelegt und geführt. Die Bearbeitung der kirchlichen Anträge erfolgte erstinstanzlich beim zuständigen Archidiakonat, einem Komissariat oder auch Dekanat, um dann im Generalvikariat eines Bistums oder Erzbistums oder in Rom entschieden zu werden.

Bistum Münster, vorgedruckter Dispensbescheid im 19. Jhdt.

Dispens vom Aufgebot

Dispens vom Eheverbot in der geschlossenen Zeit

Als geschlossene Zeit für Eheschließungen galt vielerorts die Adventszeit Anfang Dezember. In begründeten Fällen konnte darüber Dispens erteilt werden.

Dispens von der Blutsverwandtschaft

Hierzu steht in den Kölner Generalvikariatsprotokollen (GVP): [...]Dispens vom Ehehindernis der Blutsverwandschaft x'ten Grades. Die kirchliche Zählung der Grade richtet sich nach der Zahl der Generationen (Zeugungen), die zwischen dem gemeinsamen Ahnen(paar) und jedem der beiden Ehewilligen vorliegen. Der erste Grad der Blutsverwandtschaft (Bruder und Schwester) wird niemals dispensiert, wohl aber der 1.-2. Grad, der zwischen Onkel und Nichte vorliegt. Wenn auch nur bei einem der beiden Brautleute der zweite Grad der Blutsverwandtschaft gegeben war, mußte päpstliche Dispens eingeholt werden. Der 3. und 4. Grad konnte vom Bischof dispensiert werden.

Dispens von der Schwägerschaft

Überlieferung

Generalvikariatsprotokolle des Erzbistums Köln

Im Erzbistum Köln findet man die Kölner Generalvikariatsprotokolle - als personengeschichtliche Quelle von 1662 - 1825 im Archiv des Erzbistums im Bestand des zuständigen Generalvikariats. Diese wurden bisher (Stand: Dezember 2008) für den Zeitraum von 1662 - 1790 von der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde erschlossen und gedruckt. Dispensanträge und Bescheide nach 1800 findet man eher in den Pfarrarchiven des zuständigen Archidiakonats oder der Dekanei.

Bistum Lüttich

Das Bistum Lüttich liegt im heutigen Belgien. Bis zum Jahr 1801/02 war es als Suffraganbistum des Erzbistums Köln unter anderem auch zuständig für die Dispenserteilung in mehreren Pfarreien, die von 1801/02 bis 1825 und seit 1930 zum Bistum Aachen gehören bzw. im Zeitraum dazwischen zum Bistum Köln.

Die Ehedispense der Jahre 1769 - 1794 sind erschlossen als Les actes du vicariat général de Liège au XVIIIe siècle.

Bistum Münster

Wenn die begründeten Antragsschreiben des zuständigen Ortspfarrers auf Erteilung der Dispens und die Entscheidung darüber im Generalvikariat gesammelt worden wären, könnte im Bistumsarchiv Münster ein eigenen Bestand daraus gebildet worden sein. Dieser ist aber bei "Börsting" nicht registriert. Andererseits könnten die Dispensanträge den Sammelakten zur jeweiligen Pfarrei oder der Pfarrei eines Dechanten im Bistumsarchiv zugeordnet worden sein. Weiterhin könnte man Im Bistum Münster erhaltene Dispensakten eher bei den Archidiakonen oder Dechanten in deren lokalen zeitlichen Pfarrakten finden.

  • Börsting, Heinrich: Inventar des Bischöflichen Diözesanarchivs in Münster.

Erzbistum Paderborn

Die Paderborner Generalvikariatsprotokolle von 1737 bis 1754 befinden sich im Erzbistumsarchiv Paderborn im Bestand "Handschriften" unter der Nr. XIV,b4.