Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/2/245

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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Sie erschien dem Volke als ein Zeichen der Sklaverei und des Verlustes der Freiheit, ganz abgesehen von dem wahrhaft Drückenden, welches in der Natur dieser Abgabe liegt. Der Zehnte ist eine Steuer vom Rohertrag, nicht vom Reinertrag. Wie gleichförmig es auf den ersten Blick aussehen mag, von dem, was einmal vorhanden ist, einen bestimmten Antheil abzugeben, eine Quote; wie billig es scheinen mag, daß, wo viel ist, von dem Vielen viel, wo Weniges, nur wenig gegeben werde, immer ein bestimmter Antheil von dem Vorhandenen — eine große Ungleichheit stellt sich heraus, sobald bedacht wird, wie höchst verschieden je nach der Beschaffenheit der Gegend die Mühe und der Aufwand bei der Landbearbeitung sich zu dem Ertrage stellt. Der Bodenertrag kann in einigen Gegenden so groß sein, daß der Werth desselben das Doppelte der Betriebskosten beträgt. Anders ist es, wo die Betriebskosten etwa vier Fünftel dessen hinweg nehmen, was hervorgebracht wird. Das muß dem Landbebauer sehr fühlbar werden. Nicht überall ist das gelobte Land: aber was anderwärts Gesetz gewesen war, wandte man ohne Weiteres auf alle Länder an, und stellte dabei die Zehntenleistung als ein göttliches Gebot dar, indem man sich auf die Mosaischen Gesetze[1] berief. Schon im Jahre 585 bedrohte eine allgemeine Synode diejenigen, welche die Zehntenpflicht nicht erfüllten, mit Excommunication. Mochte zu Karls des Großen Zeiten ein Alcuin auch darauf aufmerksam machen, Christus und die Apostel hätten bei Verkündigung des Evangeliums nicht damit angefangen, Zehnten zu fordern: so war es von Karls Seite doch bei Bezwingung der Sachsen eine unerläßliche Bedingung, sie sollten den Zehnten geben, und dazu mußten sie denn sich verstehen.

Wie es damit unsern überelbischen Sachsen anfänglich ergangen sei, darüber mangeln bestimmte Nachrichten. Daß indessen, sobald die Kirchengründung hier zu Stande kam, auch der Zehnte gefordert und geleistet worden, ist wohl nicht zu bezweifeln. Aber es traten Zeiten ein, wo es mit der christlichen Kirche hier so zu sagen aus war, die Zeiten der heidnischen Wendenherrschaft unter Cruco zu Ende des elften und Anfang des zwölften Jahrhunderts. Mit Beziehung auf die großen Verwüstungen und Gefahren in jenen Zeiten


  1. Levit. 27, 26 ff. Numer. 18, 11 ff. Vgl. Eichhorn, Staats- u. Rechtsgesch. I, §. 186, Note b.