Herforder Chronik (1910)/386
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1757
Ein Beispiel von der tief niedergedrückten Stimmung und von dem allgemeinen Notzustande geben folgende zwei Eingaben an die Kriegs- und Domänenkammer in Minden, die nächst vorgesetzte Behörde des Herforder Magistrats.
Am 18. Juli verlangt sie, daß nach Abzug der feindlichen Besatzung wieder pünktlich Berichte erstattet werden. Dann sollen aus den angrenzenden Ländern zuverlässige Nachrichten eingezogen und gemeldet werden, ob die Herforder Bevölkerung Plünderung habe erdulden müssen.
Hierauf erwidert der Magistrat unterm 21. Juli: Mit der „promten“ Einsendung von Berichten möge die Kammer Geduld haben,
„da eines Theils unsere Leibes- und Gemühtskräfte durch den erlittenen harten Stoß wircklich geschwächet und mitgenommen, theils aber auch verschiedene Rahtsglieder, wegen Alters und anderer Umbstände, zu solchem Behuf zu cooperiren (mitzuwirken) wenig vermögend sind“.
Zuverlässige Nachrichten aus den angrenzenden Ländern einzuziehen, hielte vorerst schwer „wegen des darnieder liegenden Verkehrs und Commercii und auch der Unsicherheit der Wege“.
Eigentliche Plünderungen hätten hiesige Einwohner nicht erduldet. Indessen habe man wohl gehört, „daß es in abgelegenen Häusern nicht ohne allen Bedruck abgegangen sei, welches aber von den Damnificatis (Geschädigten) aus Furcht mehrerer Ungelegenheit“ nicht angezeigt worden sei. So habe der Bürger und Bäcker Johann Gerhard Bögemann (jetzt Steinstr. 14, Osthoff, Dampfkornbrennerei) längere Zeit hinterher beiläufig angezeigt, daß ihm durch die Franzosen seine und seiner Frau Sonntagskleider (letztere für die Soldatenweiber) entwendet, auch 200 Taler Geld, die unter dem Brandholz versteckt lagen, entführt worden. „Haber“ und Heu sei überall öffentlich weggenommen, ebenfalls Gras, das Korn auf dem Felde, wie auch Mohrrüben[1], Zwiebeln, Erbsen, Bohnen und dergleichen Gartenfrüchte, ferner Brandholz u. a. m.
An demselben 21. Juli 1757 richtet der Magistrat an die Kriegs- und Domänenkammcr in Minden eine Anzeige von den höchstbeschwerlichen Umständen der Stadt und ihrer Einwohner mit der Bitte um allergnädigste Resolution und Instruktion zur Aufrichtung der Kleinmütigen. Dieses Schriftstück gibt einen so umfassenden Überblick über die Geschehnisse der jüngstvergangenen Zeit in Herford, daß wir es unverkürzt und im Wortlaut folgen lassen:
Herford, 21. Juli 1757.
Allerdurchlauchtigster X. X.!
Nachdem wir von den unglaublichen Agitationen, in welche wir durch den starken Heerzug mit versetzet worden, uns in so ferne entledigt
- ↑ Mohrrübe, Möhre, gelbe Rübe Daucus L, in Herford schlichtweg „Wurzel“ genannt.