Herforder Chronik (1910)/371
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1755
Aufgabe des Magistrats sei es, für den erforderlichen Vorrat von (Lebensmittel) zu sorgen. Außerdem verlange man, daß die Soldaten einzeln einquartiert würden. Der Magistrat, mit dem damaligen Soldatenwesen wohl vertraut, erkundigt sich in Minden, wieviel Weiber denn mit auf dem Marsche seien, und erfährt, daß außer den 304 Mann noch 140 Soldatenfrauen[1] mitkämen; von der Zahl der lieben Kleinen wird nichts gesagt. Dem Magistrat lag es nun ob, es so einzurichten, daß jeder Soldat, welcher Frau und Kinder hatte, mit seiner Familie in einem Quartier untergebracht wurde.
Am 15. August kam das Salmuthsche Bataillon mit Kind und Kegel anmarschiert. Welch ein Einzug muß das gewesen sein! Da sehen wir nach den einziehenden Soldaten Kutschen und Bagagewagen, hochbepackt mit Kisten und Koffern, und wo noch ein Plätzchen übrig war, hatte es die holde Weiblichkeit eingenommen. Die Damen der Offiziere und höheren Beamten saßen selbstredend in den Kutschen, die Frauen der gemeinen Soldaten aber, welche eine Fahrgelegenheit nicht erwischen konnten, mußten nebenher trotten, die Kindlein an der Hand, auf dem Arm oder Huckepack, wie sich's machte.
Wie mögen sie ausgesehen haben, sie, die vielleicht von Hause aus schon nicht an Reinlichkeit gewöhnt waren, nun vom Staub und Schmutz der Wege bedeckt, denn Landstraßen in unserem Sinne gab es nicht. Wir können uns ihren Aufzug gut vergegenwärtigen, wenn wir an die überaus ärmlichen Karren der fahrenden Leute denken, die heute noch zuweilen unsere Landstraßen bevölkern.
Die vornehmeren Frauen erhielten mit ihren Männem die besten Wohnungen bei den wohlhabenden Bürgern, wo sie nichts ausstanden, die geringeren „Soldatenweiber“ mußten mit einfachen Quartieren vorlieb nehmen, wo denn der rühmlichst bekannte Wohltätigkeitssinn der Herforder Frauenwelt ein weites Feld zu seiner Betätigung fand.
Schon am 22. August kommt von Minden ein neuer Befehl an den Magistrat, die Quartiere für das von Wesel nach Minden durchmarschierende Regiment des Grafen v. Wied in Bereitschaft zu halten. Die vorher eingesandte Liste läßt ersehen, daß aus Wesel 1240 Mann, einschließlich der Offiziere und Beamten, 173 Weiber und 170 Kinder ausmarschiert seien. Die nachfahrenden Wagen haben wohl, durch mancherlei Hindernisse aufgehalten, mit den marschierenden Soldaten nicht immer gleichen Schritt gehalten, die armen Frauen erst recht nicht, daher waren denn im voraus Rendezvousplätze angegeben, wo sich alles wieder zusammenfinden sollte. Eine solche Marschroute für das Neu-Wiedsche Regiment ist den Akten beigelegt:
Rendezvousstellen:
Den 6. Sept. nach Lippstadt: | In der Mitte vom Weg auf freiem Felde, wo keine Häuser und Waldung. |
Den 7. Sept | Ruhetag (in Lippstadt). |
- ↑ Über Soldatenfrauen s. Anhang.