Herforder Chronik (1910)/359
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Leben übel berüchtigt, erwarb sich doch Tachenius zu der damaligm Zeit einen großen wissenschaftlichen Ruf. Er war zu Herford in Westfalen gebürtig, und lernte in seiner Jugend die Apothekerkunst zu Lemgo. Von hier wegen Diebstahls fortgejagt, trieb er sich einige Zeit hindurch als Apothekergehilfe in Kiel, Danzig, Königsberg und anderen Städten umher. Da begann er an der Arzneikunde Gefallen zu finden; er wandte sich 1644 nach Italien, wo er zu Padua studierte und sich den Doktorgrad erwarb. Sein späteres Leben brachte er meist in Venedig zu, viel Unfug mit Geheimmitteln treibend und in stetem Streit mit seinen Zeitgenossen.
In der Beweisführung für die Zuverlässigkeit des iatrochemischen Systems unterscheidet er sich dadurch von den anderen Anhängern desselben, daß er nicht wie diese alle älteren Ärzte als unbedeutend verwarf und den richtigen Weg der Medizin erst durch Paracelsus und van Helmont eröffnet glaubte, sondern vielmehr nachweisen zu können meinte, daß bereits Hippokrates und Galen denselben Ansichten gehuldigt und nur sich anderer Ausdrücke bedient hätten. Indem er unter der Bezeichnung Feuer in den Schriften dieser älteren Ärzte Säure, unter Wasser hingegen Alkali versteht, findet er das ganze iatrochemische System bereits bei Hippokrates vollständig entwickelt.
Selbständiger als in der Medizin, wo er nur die Behauptungen seiner Vorgänger verfocht, zeigte sich Tachenius in der Chemie, die ihm viele schätzbare Wahrnehmungen verdankt. Seine Beobachtungen stehen meist alle vereinzelt da; weniger nur will ich hier schon gedenken. Über die Alchemie war er aufgeklärter als die meisten seiner Zeitgenossen, und deckte viele Betrügereien auf, unter deren Deckmantel einzelne scheinbare Metallverwandlungen gläubige Zeugm gefunden hatten. Er war ein eifriger Anhänger der von van Helmont aufgestellten Ansicht, daß ein allgemeines Auflösungsmittel, das Alkahest, existiere. Er glaubte es in dem Destillat des Grünspans zu finden, und diese, ihm eigentümliche, Darstellung eines, wenn auch nicht vollkommen reinen, doch möglichst starken Essigs blieb lange Zeit als vorzüglich anerkannt. Viele Salze als Verbindungen von Säuren mit Alkali, und die Art ihrer näheren Bestandteile kannte er genau. Bei ihm finden wir eine der ersten annähernd richtigen quantitativen Angaben in der Chemie, daß nämlich Blei, zu Mennige gebrannt, um ein Zehntel seines Gewichts zunimmt. Für die analytische Chemie machte er gleichfalls einige wertvolle Bemerkungen; er zeigte, daß ein Unterschied in der Farbe statthat, je nachdem man Sublimatlösung mit fixem oder mit flüssigem Laugensalz fällt, er lehrte die Galläpfeltinktur als Reagens auch für andere Metalle als Eisen anwenden, und die Farbe des Niederschlags als Unterscheidungskennzeichen benutzen.
Von Tachenius' Schriften führe ich hier nur die an, in welchen sich seine chemischen Wahrnehmungen zerstreut finden. Die meisten hiervon stehen in seinem „Hippocrates chymicus“, welcher zuerst 1666 im Druck erschien; einiges hierher gehörige enthält auch sein „Tractartus de morborum principe“, zuerst 1668 gedruckt.“