Herforder Chronik (1910)/312
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Am nächsten Tage, Freitag, den 19./29. November, erschienen morgens früh bei den kurfürstlichen Gesandten einige Herforder Deputierte und baten um Eröffnung des im August durch v. Eller versiegelten städtischen Archivs, weil daraus einige für die Verhandlungen wichtige Urkunden eingesehen werden müßten. Daraufhin verfügten sich von der kurfürstlichen Seite die Herren von der Borg, Seydel, Portmann, Dr. Schliepstein und Dr. Lonicerus auf das Rathaus und zwar in die große Ratsstube, vor welcher Herr Dr. Bucholtz, sowie die beiden Bürgermeister Bernhard Giese und Hermann Schmackepfeffer schon warteten. Letztere sprachen namens des Magistrats und der ganzen Bürgerschaft den Wunsch aus, daß das Archiv geöffnet und der mit ihm am besten vertraute Stadtsekretär Henrich von Rhaden zugelassen werde, der nach Schluß der Durchsuchung die benutzten Stücke wieder einräumen könnte.
Die ganze Gesellschaft überzeugte sich nun zunächst von dem unversehrten Zustand des Archivs und fand es mit eisenbeschlagenen Türen verschlossen, sowie mit rotem Lack (Siegellack) und pergamentenen Schnürlein wohl versiegelt. Darauf mußte ein Kleinschmied (Schlosser) das oberste Repositorium (Gelaß) öffnen. Man durchsuchte nun sämtliche mit den Buchstaben A bis Z bezeichneten Fächer, entnahm ihnen die benötigten Urkunden und legte dafür einen Zettel und Verzeichnis über die entnommenen Dokumente in das betreffende Fach.
Was die kurfürstlichen Räte aus dem Archiv zur Durchsicht begehrten, wurde ihnen nicht im Original, sondern in Abschriften übergeben, für deren Richtigkeit der Stadtsekretär v. Rhaden als öffentlicher Notar (Notarius publicus) durch seine Unterschrift Gewähr leistete.
Diese Durchsuchung des Archivs hat bis Freitag, 26. November/6. Dezember gedauert. Nachdem sich die Herren beider Parteien über die streitigen Punkte aus den Urkunden unterrichtet hatten, konnten sie wohlvorbereitet die Verhandlungen beginnen, und da der Rat in seiner üblen Lage sich nachgiebig zeigte, so erledigte sich die Hauptsache, die Unterwerfung der Stadt und Anerkennung des Kurfürsten als ihres Landesherrn, verhältnismäßig leicht. Dieser am 6. Dezember (neuen Stils) abgeschlossene Vergleich findet sich vollständig in Schliepsteins Gründlicher Deduktion in Beilage Nummer 10 abgedruckt. Der Vergleich regelt hauptsächlich die Gerichtsverhältnisse der Stadt. Dann bestimmt er: „Eß sollen auch alle übrige Weltliche Hochheit und Obrigkeit; forth (ferner) Erbschaft und Erbgerechtigkeit, gebott und verbott, so die Äbtissin ... im Jahre 1547 ... dem Hause Gülich übertragen ... anjetzo Sr. Churf. Durchl. ... geleistet werden.“ An anderer Stelle wird die Stellung der Stadt geregelt:
„Es solle aber dannoch die Stadt Herforde nicht allerdings zu einer Landt Stadt der Graffschafft Ravenßberg gemacht, noch zu gemeinen Anschlägen und Contribution deroselben gezogen werden, sondern bey den Landtagen der Graffschafft zwahr die Proposition vemehmen und davon referiren, aber die Steuern und Collectas mit den Ständen zu thuen,