Herforder Chronik (1910)/311

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Herforder Chronik (1910)
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Alle Bemühungen des Herforder Rates, den Kurfürsten zur Änderung seiner Haltung der Stadt gegenüber zu bewegen, „die schwebenden Irrsale durch unparteiische Schiedsleute in Güte beilegen zu lassen,“ blieben erfolglos, und da der Rat in diesem ungleichen Kampfe mit dem wohlgerüsteten Gegner sich ohne Unterstützung sah, so mußte er sich schließlich zu einem Vergleich bequemen.

Am 8./18. November kam der Kurfürst von Cleve nach der Grafschaft Ravensberg. Am Donnerstag, den 18./28. November, sandte er den Oberkammerherrn v. Burgsdorf, die Geheimräte Friedrich v. Heiden zum Bruch, Alhard Philipp von der Borch, Erasmus Seydel, Johann Portmann, Dr. Thomas Schliepstein und Dr. Conrad Lonicerus nach Herford, welche allda „etwa fürstehende differentien (Meinungsverschiedenheiten) untersuchen sollten.

Am genannten Tage erschienen die Herren vor der Warte vor Herford, welche der Roschenbusches Baum genannt wurde. Das war an der Bielefelder Landstraße bei Böndels Hofe, der ehemals Roschenbusch hieß [1]. Hier geht die Stadtgrenze von Meier zu Hartum über den Bielefelder Weg an Böndel vorbei durch die düstere Straße, einen alten Hohlweg.

An dieser Stelle wurde die Kurfürstliche Gesandtschaft von den Vertretern der Stadt, dem für diese Verhandlungen ernannten Syndikus (Rechtsbeistand) Dr. Christoph Joachim Bucholtz und einigen Deputierten des Herforder Rates, feierlich empfangen. Ebenso feierlich geleiteten die Herforder ihre Gäste in die Stadt und wiesen jedwedem von ihnen das von einem Ehrenvesten Rat für ihn bestimmte „logiment“ (Absteigequartier) an.

Sobald der Oberkämmerer, sowie die anderen Räte und Kommissarien im „Logiment“ abgestiegen waren, folgte ihnen Syndikus Dr. Bucholtz mit den Bürgermeistern, Schöffen, Ratsverwandten, Beiständern und Amtmeistern auf dem Fuße. Man empfahl den Gesandten (jedenfalls zur unentgeltlichen Benutzung) die Weinkeller und Apotheken und bat, mit dem vorlieb zu nehmen, was sie in ihren jetzigen ungünstigen Verhältnissen bieten könnten. Oberkammerherr v. Burgsdorff sprach den Dank der kurfürstlichen Gesandtschaft aus und überreichte sein Kreditiv d. i. Beglaubigungsschreiben.

Nachdem diese Förmlichkeiten vollendet waren, begaben sich die Gesandten in Werner Pöppelmanns Haus am Alten Markte (ehemals das Haus von Grimme) [2], wohin auch die städtischen Abgeordneten geladen waren. In dem großen Saale daselbst machte sie Herr Eramus Seydel mündlich mit den Vorschlägen des Kurfürsten bekannt und überreichte ihnen auch ein Schriftstück, in welchem der Wille des Kurfürsten niedergegelegt war. Der Syndikus Dr. Bucholtz, dem die Beantwortung der Vorschläge oblag, erbat einen Aufschub bis zum folgenden Tage.

  1. Meier zu Hartum gegenüber.
  2. Siehe auf dem Bilde „die Westseite das Alten Marktes“ das Haus mit dem hohen, breiten Giebel.