Gladigau (Familienname)
Gladigau ist ein mehrfach besetzter Begriff. Zu weiteren Bedeutungen siehe unter Gladigau (Begriffsklärung). |
Herkunft und Bedeutung
- Der Familienname Gladigau ist ein Herkunftsname nach dem Dorf Gladigau in der Altmark.
- Der Ortsname Gladigau wird erstmalig urkundlich im Jahre 1238 in der Form „Gladegowe“ erwähnt.
- Es hat viele Versuche gegeben, den Namen zu deuten. Man kann sie in 3 Gruppen einteilen:
- Die erste Gruppe vermutet einen lateinischen Ursprung. So versucht Menzel, „Kreis Osterburg in seiner Entstehung, durch Deutung seiner Ortnamen, 1899“ die ersten beiden Silben des Wortes vom lateinischen Wort „gladius“ = Schwert herzuleiten. Unter Abstoßung der Endung -us verbindet er „gladi-“ mit „-gau“ und kommt so zu „Schwertgau“. Er widerlegt diese Deutung aber selbst, allerdings mit unzutreffenden Argumenten. - Weiter versucht ein bekannter mittelalterlicher Forscher namens Angelus ebenfalls eine Deutung aus dem Lateinischen. Er leitet das Wort Gladigau von Claudii auva gleich dem lateinischen aux Claudii - Burg des Claudius her. Andere meinen nach seiner Mitteilung, „es sei so genannt nach Clodius, dem ersten Markgrafen der alten Mark“. Diese Deutungsversuche sind unwissenschaftlich und in das Reich der Phantasie zu verweisen.
- Eine zweite Gruppe von Forschern meint, dass der Name Gladigow-Gladigau offenbar slawischen Ursprunges sein. So führt Schmidt in seinem Beitrag „Flurnamen und Forstorte in der Altmark“ (Die Altmark und ihre Bewohner, Bd. I, S. 170) ihn auf das wendische „klada“ - Baumstamm (Waldbaum) zurück. Das entspreche der Lage des Ortes. Wollesen, Beiträge zur Geschichte des Kreises Osterburg, Teil 4, S. 238, lehnt diese Deutung mit Recht ab, weil auch in älteren Namensformen immer das „g“, aber nie das „k“ erscheint. Er will das altslawische Wort „glado“ Hunger als Stammwort ansehen.
- Gladigow führt in seiner Einleitung zu Gladigow-Gladigau im Deutschen Geschlechterbuch (Band 160, Verlag von C. A. Starke, Limburg 1972) aus, dass zu dem altslawischen Wort glado die Endung -owy getreten sei. „Die Endungen -owy, -owa, -owo“ seien „im Slawischen besitzanzeigende Fürwörter und“ bezeichneten „den vom Namensträger gegründeten oder besessenen Ort“. Nach seiner Ansicht ist „Gladigow der Ort, das Dorf oder die Stadt des Besitzers Hunger. … Die Bedeutung des Namens wäre also: Hungerdorf, Hungerstadt, Hungerstedt.“ In den germanisierten slawischen Gegenden sei das y, a oder o am Ende fortgefallen, so dass nur noch die Endung -ow übrig blieb, die noch dem Deutschen angeglichen wurde und zu „-au“ wurde. Die Buchstaben „ig“ hält der Diplom-Slawist Günter Paul für ein verkleinerndes (liebkosendes) Formans, mit dem das ursprüngliche gladow in gladigow weitergebildet wurde. Für diese Deutung liefert er eine wissenschaftlicher Begründung. Er weist darauf hin, dass altkirchenslawisch glad" ("=Härtezeichen) = Hunger maskulin ist und dass bei maskulinen Substantiven die Erweiterung mit dem Formans -ik oder -ik möglich ist.
- Dr. Hellmut Müller (1973 Pfarrer von Gladigau) ist ebenfalls der Ansicht, dass der Ortsname wendischen Ursprungs ist. Er weist mit Recht darauf hin, dass Gladigau inmitten von Dörfern liegt, deren wendische Herkunft angesichts anderer slawischer Endungen allgemein anerkannt ist. Er nennt z. B. Dewitz, Kaulitz, Molitz, Kerkuhn, Kassuhn. Er weist weiter darauf hin, dass auch bei den in der gleichen Umgebung liegenden Orten Dessau, Schmersau, Flessau, Düsedau, Rossau auf Grund der Endung -ow/au wendische Herkunft angenommen wird. Er lehnt jedoch die Deutung von Gladigau als Hungerdorf ab. Er führt an, dass es im Russischen noch heute das Wort glad' ('=Weichheitszeichen) im Sinne von „glatt“ gibt. Bielfeld übersetzt in seinem Russisch-Deutschen Wörterbuch (Leipzig 1957) glad' mit „glatte Fläche, Spiegel“ und im übertragenen Sinne mit „Wasserspiegel“. Gladigow wäre dann „Besitz an einer glatten Wasseroberfläche“. Günter Paul lehnt diese Deutung ab. Er weist darauf hin, dass glad' (mit Weichheitszeichen) = glatte Fläche feminin ist und dass bei femininen Substantiven die Erweiterung mit dem Formans -ik oder -ig nicht möglich ist.
- Die dritte Gruppe der Forscher sieht einen germanischen Ursprung des Namens als gegeben an. Zu ihr gehört vor allem Heckschen, der seine sehr sorgfältigen Untersuchungen in seinem Buch der „Glade-Kreis“, M. Gladbach 1956 niedergelegt hat. Er versteht unter dem „Glade-Kreis“ diejenigen Ortsbezeichnungen, die in irgendeiner Form oder in lautgesetzlicher Abwandlung den Namensteil „Glad“ als selbständiges Wort oder als Wortteil enthalten. Nach seiner Ansicht handelt es sich bei „Glade“ und „Glad“ um eine urgermanische Bezeichnung, die als „Graben - Wasserlauf - Bach - Fluß“ zu nehmen ist. Darüber hinaus hätte sich der Begriff „Glade“ zu dem Begriff „Bruch“ erweitert, in dem gemeinhin und natürlicher Weise ein Bach fließe. - Die Endung „-gow= -gaw= -gau“ deutet er als „Gau“. Darunter versteht er „Feld“, „flaches Land“, „Kulturland“, „Landstrich“, dann „Verwaltungsbezirk“. Heckschen behandelt auf S. 64 seines Buches unter Nr. 35 speziell das Dorf Gladigau. Er schreibt: „Diese Form ist siedlungsgeschichtlich als germanisch anzusehen und als solche möglich.“ Weiter: „Der Zusammenhang beider Bildungen ist möglich und wahrscheinlich.“ Abschließend erklärt Heckschen: „’Gladigau’ bedeutet ‘Kulturland an der Glade’ oder ‘Wassergemeinschaft an der Glade’“.
- Eine endgültige Klärung, ob der Name slawischen oder germanischen Ursprungs ist, wird nicht möglich sein, weil der Zeitpunkt der Namensgebung nicht feststeht. Möglich ist also sowohl eine germanische als auch eine slawische Entstehung des Namens. Die größere Wahrscheinlichkeit spricht für einen slawischen Ursprung des Namens im Sinne der Ausführungen von Gladigow und Paul, weil, wie Müller nachwies, die Namen aller umliegenden Dörfer von Gladigau slawischen Ursprungs sind.
Zusammengestellt aus: Gladigau. Orts - und Familienname. Studie von Erich-Joachim Gladigau, Blankenburg/Harz, 1973.
Varianten des Namens
Gladigau und Gladigow (selten)
Geographische Verteilung
Relativ | Absolut |
---|---|
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Australien Die meisten Namensträger leben heute in Australien. Sie sind vorwiegend die Nachfahren zweier Brüder, die aus Tangermünde nach Südaustralien auswanderten: Friedrich Wilhelm Gladigau (1855) und Johann Friedrich Gladigau (1849). Die Geschichte der australischen Gladigaus wurde von Lora Offe und Lance Gladigau erforscht und veröffentlicht - zusammen mit mehreren australischen Familen, die sich 1978 im „Gladigau Reunion Committee“ zusammengeschlossen hatten und die sich sich seinerzeit jährlich zu Pfingsten trafen. In heutiger Zeit reisen immer mal wieder Gladigaus aus Australien in das namensgebende Dorf Gladigau in die Altmark[1].
Bekannte Namensträger
- Prof. Dr. Burkhard Gladigow (*1939), Religionswissenschaftler, emeritierter Professor an der Universität Tübingen, Abteilung für Indologie und Vergleichende Religionswissenschaft des Asien-Orient-Instituts Artikel Burkhard Gladigow. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie., [1]
- John Gladigau, Collaborative farming innovator and advocate, South Australia https://twitter.com/johngladigau (17.4.2016)
Sonstige Personen
- Jacob Gladigau (1657-1732), Ackermann, Peulingen (heute Hof Lehmkau in Peulingen)
- Gladigau, Friedrich Wilhelm (1823-1821), Zimmermann aus Tangermünde, http://graememoad.com/Family/PS09/PS09_364.HTM (Lehmann Henschke Ancestors 17.4.2016)
- Gladigau, Johann Friedrich (1825-1868), Zimmermann aus Tangermünde, http://graememoad.com/Family/PS96/PS96_028.HTM (Lehmann Henschke Ancestors 17.4.2016)
- Gladigau, Johannes Oscar (1895-1975), Grabstein auf dem Springhead Lutheran church burial ground, Mt Torrens, South Australia, 2012: [2]
- Gladigau, Lance Neville (1947-2000) Carter, Prior and Zander Family: [3] (17.4.2016)
- Erich Gladigau (1898-1973), Rechtsanwalt, Justiziar, Blankenburg
- Karl Otto Gladigau (1903-1986), Haus und Hypothekenmakler, Gründer von „Gladigau Immobilien: Karl Gladigau GmbH – Hamburg“: Karl Gladigau GmbH – Hamburg * Otto Karl
- Otto Karl Gladigau (1930-1995), Hausmakler, Hamburg
Geographische Bezeichnungen
- Das altmärkische Dorf Gladigau liegt im Westen des Landkreises Stendal in Sachsen-Anhalt, etwa 12 km westlich von Osterburg, an der Biese.
- Der Ort heißt: 1238 Gladegowe, 1281 Gladegow, 1287 Gladegow, 1231 Gladegowe, 1318 Gladegowe, 1322 Gladegowe, 1343 Gladiow, 1345 Gladegow, 1375 Gladegowe, 1387 Gladeghowe, 1409 Gladegau, 1411 Gladegow, 1473 Gladigow, 1506 Gladiow, 1541 Gladeow.
Literaturhinweise
- Gladigau. Orts - und Familienname. Studie von Erich-Joachim Gladigau, Blankenburg/Harz, 1973 (unveröffentlichtes Typoskript)
- Lorna Margaret Offe (Familienforscherin) und Lance Gladigau (Herausg.) The Gladigau family History. History of the village GLADIGAU (Prehistoric to the present) and the Historical Record and Tree of the GLADIGAU Family from 1647 to 1979. Gladigau Reunion Committee, Mount Torrens, South Australia, 1979
- Deutsches Geschlechterbuch Band 160: 5 Linien Gladigau; Gladigow; Gladio
- Deutsche Wappenrolle/Band 18
Daten aus FOKO
<foko-name>Gladigau</foko-name>
Metasuche
Quellen
- ↑ Ende September 2012 fuhr eine Reisegruppe in einem Kleinbus [bei der Gastwirtschaft De Dörpsche Krug in Gladigau] vor. „Sie fragten uns, ob sie bei uns Abendbrot essen könnten“, erzählte Marita Roloff. Schnell kam sie mit den englischsprachigen Gästen ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass zwei Brüder aus Australien namens Gladigau mit ihren Familien quer durch Europa tourten und sich ihren „Namensvetter-Ort“ in Deutschland einmal ansehen wollten. Die Gäste fuhren durchs Dorf und hielten sämtliche Eigenarten und Besonderheiten mit der Kamera fest.… aus: Volksstimme Stendal, 14.12.2012, S. 14
Weblinks
- Wappen der „Ritter von Gladigau“ http://altmarkadel.de/html/gladigau.html (Zugriff 13.1.2013)
- Vortrag Geschichte der Gladigau-Familie
Familienforscher
- Gladigau in der Altmark, Erich Gladigau, Forschung von ca. 1960 bis 1973, Dokumentation und Fortführung seit 1991: Peter Lingnau, Augsburg
- Gladigau in der Prignitz und der Altmark, Barbara Gladigau-Jodeit aus 15848 Buckow, keine Veröffentlichung ermittelt, Stand: 2013
- Gladigau in Australien, Lorna Margaret Offe (geb. Gladigau), Forschung von 1972 bis 1978 (s.o.)