Erziehung im XX. Jahrhundert/041
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eigentliche Bildung ist. Ja, es ist zweifellos, dass wir diesen Besitz im allgemeinen
viel zu hoch bewerten, wie wir überhaupt in unserm gesamten Kulturleben das
Wissen überschätzen. H. St. Chamberlain hat dies in seinen »Grundlagen des
19. Jahrhunderts« in geistvoller Weise nachgewiesen. Er betont vor allem, dass es
ganz darauf ankomme, wer der Wissende sei. Vom Wissen könnte man wie vom
Golde sagen, dass es an sich nichts ist und ebenso geeignet, dem Menschen zu
schaden, ihn ganz und gar zugrunde zu richten, wie ihn zu erheben und zu
veredeln. Mit diesen Ausführungen macht Chamberlain auf das entschiedenste Front gegen
eine Anschauung, in der wir freilich mehr oder weniger alle aufgewachsen sind, und die
deshalb nicht ohne weiteres zu beseitigen sein wird: dass »Wissen Macht sei«. Nicht
das Wissen an sich ist Macht sondern es
- Bild: Spiel im Freien (Charlottenburger Waldschule).
wird nur zur Macht für den, der es richtig zu gebrauchen versteht. Diesen Satz, der für unser gesamtes Kulturleben gilt, können wir auch auf das Wissen anwenden, das uns durch die Schule übermittelt wird. Wir müssen uns nur von der heute noch allgemein herrschenden Ueberschatzung desselben freimachen und statt dessen den Hauptwert auf die Ausbildung der Persönlichkeit legen, die im Leben und Wirken des Menschen den Ausschlag gibt. Die alte Weisheit, dass wir nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen sollen (»Non scholae, sed vitae discimus«), muss endlich zur Tat gemacht werden. Dabei wird es freilich ohne eine wesentliche Umbildung unserer Schule und der Methoden, die sie im Unterricht im allge- meinen anwendet, nicht abgehen.
Nach dem Ausspruche Pestalozzis, des grossen Erziehers und Unterrichts- künstlers, ist »aller Unterricht des Menschen nichts anderes als die Kunst, dem