Erziehung im XX. Jahrhundert/015
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Forschungen ist es als ziemlich sicher zu betrachten, dass die Linkshändigkeit
mit gewissen Sprachstörungen in Verbindung steht, wie es auch zweifellos feststeht, dass schwere Verletzungen der Hände, die zu dauernder Verstümmlung
führen, auf die Sprachentwicklung ungünstig zurückwirken können. Die Bedeutung
der Handtätigkeit für die gesamte geistige Entwicklung schon im frühesten
Kindesalter ist überhaupt viel grösser, als man gewöhnlich annimmt; ein Kind,
das während der ersten Lebensjahre am freien Gebrauche seiner Hände gehindert
würde, würde dadurch auch in seiner geistigen Entwicklung aufs schwerste geschädigt werden. Ueberhaupt lassen sich leibliche und geistige Entwicklung auf
keiner Stufe des Kindesalters voneinander trennen. Daraus ergibt sich nicht nur,
dass man der leiblichen Entwicklung während der ersten Lebensjahre die grösste
Sorgfalt zuwenden muss, sondern zugleich auch ihre Bedeutung für die gesamte
geistige Entwicklung. Seitdem man dies erkannt hat, wendet man der körper-
lichen Ausbildung, als der ersten und wichtigsten Voraussetzung der geistigen
Entwicklung, eine grössere Aufmerksamkeit zu. Dass nur in einem gesunden
Körper ein gesunder Geist wohnen kann, war schon den Alten bekannt und wurde
durch den lateinischen Sinnspruch ausgedrückt: »Mens sana in corpore sanot.
Körper und Geist stehen in so inniger Wechselwirkung, dass man gar nicht besser
für den Geist sorgen kann, als durch eine vernünftige Behandlung des Körpers. Was
hierin in der Jugendzeit versäumt wird, lässt sich oft im ganzen Leben nicht
wieder gut machen. Dies gilt namentlich für die Behandlung der empfindlichen
Sinnesorgane; so kann z. B. die gefährliche Augenentzündung der Neugeborenen,
die früher häufig die Ursache von Erblindungen geworden ist, auf einfache Weise
vermieden werden. Aber alle diese in der ersten Periode der Kindheit zu
treffenden Massregeln vorzuschreiben, ist, wie gesagt, Sache der Hygiene und des
Arztes; die vortrefflichen und leicht verständlichen Handbücher hierüber, die für
die jungen Mütter und Wärterinnen des Kindes bestimmt sind, sind geeignet,
die nötige Belehrung hierüber zu geben. Zu wünschen wäre nur, dass unserer
weiblichen Jugend mehr Gelegenheiten geboten würden zur praktischen Ausbildung
für diese Seite ihres künftigen Berufes; ebensogut wie man Mädchengymnasien
begründet oder Kurse zur Erlernung der Buchführung und Stenographie einrichtet,
sollte man auch in Verbindung mit klinischen Anstalten Kurse für junge
Mütter und Wärterinnen einrichten, in denen diese unter ärztlicher Leitung die
richtige Behandlung und Pflege des kleinen Kindes erlernen könnten. Es ist
bezeichnend, dass dem Tiere sein Instinkt lehrt, das Richtige in der Aufziehung
seiner Jungen zu treffen, dass der Mensch aber nur mit Hilfe ^^^ seines Verstandes und der Erfahrungen, die andere gemacht haben, das ^^S| Richtige
tun kann. So ist es erklärlich, dass die »unvernünftigen« Tiere ihre "\^Ä, Aufgabe
oft viel besser erfüllen, als manches Elternpaar es kann, dem das H 3 Wesen
der kindlichen Natur und die Gesetze ihrer Entwicklung fremd «^ -asl sind.
- Bild: Mittagsmahlzeit im Pestalozzi -Fröbel- Haus,