Einführung in die Familienforschung in Bayern
Allgemeines
Die vorliegende Anleitung soll eine Einführung in die Familienforschung (auch: Genealogie), vor allem für den Bereich des Portals Bavaria, Altbayern und Schwaben liefern.
Private Quellen
Bevor Ämter oder Archive aufgesucht werden, ist es zu empfehlen, bereits vorhandene Quellen wie
- Sterbebilder
- Grabsteine
- Übergabeverträge
- Familienbibeln
- Fotos
- Befragung Verwandter etc.
zu sammeln.
Sterbebilder
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich auch in Bayern der Brauch, Sterbebilder (je nach Gegend auch "Totenzettel" genannt) Verstorbener an Bekannte und Verwandte zu verteilen. Oft existieren in der näheren Verwandtschaft ganze Sammlungen, die oft wichtige Informationen liefern können. Es gibt zudem zwei größere Sammlungen für Bayern:
Grabsteine
Durch die modernen Zeiten verschwinden immer mehr Grabsteine von den Friedhöfen, da keine Angehörigen mehr vorhanden sind oder kein Interesse der Angehörigen an einer Verlängerung der Liegezeiten besteht. Da die Grabsteininschriften als veröffentlichte Daten nicht dem Datenschutz unterliegen, können die Daten auch durch Familienforscher verwendet werden.
Für Bayern existieren zwei Projekte:
weitere private Quellen
Fotos, Familienbibeln oder auch alte Übergabeverträge sollten gesammelt und am besten digitalisiert werden. Vor allem bei Fotos ist es wichtig, Familienangehörige nach den Personen zu befragen und somit beschriften zu können. Ältere Familienangehörige können oft auch weitere familiäre Zusammenhänge und Familiengeschichten erklären. Bei einem "Interview" ist das Aufzeichnen (z. B. mit Smartphone)zu empfehlen, um sich auf den Gesprächspartner konzentrieren zu können. Oft erklären sich Zusammenhänge erst beim nochmaligen Anhören des Gesprochenen.
Zu beachten ist, dass es fast in jeder Familie "Legenden" gibt, die oft ausgeschmückt oder ganz erfunden wurde!
So gesammelte Informationen können oft bereits bis Ende des 19. Jahrhunderts zurückreichen.
Internetrecherche
Das Internet bietet inzwischen große Suchmöglichkeiten. Viele Informationen aus dem Internet sollten aber als Sekundärquelle angesehen werden und können selten eine eigene Forschung in Archiven, den sogenannten Primärquellen ersetzen.
Die größten Datenbanken der Welt sind u.a.:
Eine allgemeine Übersicht über Datenbanken ist im GenWiki neben vielen weiteren Informationen für Familienforscher verfügbar.
Viele interessante Informationen zu Altbayern und Schwaben sind auch im Portal Bavaria zu finden.
Vorbereitung für Archivalien: Schriftkunde
Die fälschlicherweise oft "Sütterlin" (erst 1915 eingeführt) genannte "Deutsche Schrift" entwickelte sich aus der sogenanten "Kanzleischrift".
In den Kirchenbüchern wurde die "Deutsche Schrift" erst ab dem 19. Jahrhundert verwendet. Zuvor wurde meist eine Mischung aus lateinischer Antiqua (= lateinische Schrift) und Kanzleischrift verwendet.
Standesamt/Einwohnermeldeämter
Während nach der Französischen Revolution in der linksrheinischen Pfalz Zivilstandsregister eingeführt wurden, gab es ab 01.01.1876 in ganz Bayern die Standesämter. Im ländlichen Bereich teilten sich oft mehrere politische Gemeinden ein Standesamt. Geführt wurden/werden:
- Eheregister (und Lebenspartnerschaftsregister) (Schutzfrist: 80 Jahre)
- Geburtenregister (110 Jahre)
- Sterberegister (30 Jahre)
Die sogenannten Schutzfristen machen es grundsätzlich nur möglich, die direkten Vorfahren zu erforschen. Innerhalb der Frist ist es oft schwer, über andere Verwandte Informationen zu erhalten. → Hauptartikel: Personenstandsgesetz
Einwohnermeldeamtskarteien wurden in den kleineren Gemeinden erst ab Anfang/ Mitte des 20. Jahrhunderts gründlich und systematisch geführt.
Kirchenbücher
Die Kirchenbücher - in Bayern oft auch "Pfarrmatrikel" genannt - bilden für die Familienforschung eine wichtige Hauptquelle. Es wurden folgende Verzeichnisse durch die jeweiligen Pfarreien geführt:
- Taufen
- Trauungen (teilweise auch nur Verlobungen)
- Sterbefälle (teilweise auch nur Beerdigungen)
- Firmungen (ab 19. Jahrhundert)
- Familienbücher (meist ab 19. Jahrhundert; teilweise nachträglich angelegt)
→ Hauptartikel: Kirchenbuch
→ Hauptartikel: Lesen von Kirchenbuchdaten
Die katholischen Kirchenbücher Bayerns sind teilweise online (Erzbistum München und Freising, Bistum Passau, Bistum Augsburg, Bistum Eichstätt und Erzbistum Bamberg) oder auch nur im jeweiligen bischöflichen Archiv (Bistümer Regensburg und Würzburg) einsehbar. Einige wenige Pfarrmatrikel befinden sich noch vor Ort.
→ Hauptartikel: Kirchenbücher in Bayern
Übersicht über die Kirchenbücher des Erzbistums München und Freising
Der Beginn und Qualität der Bücher ist dabei je nach Gegend und Größe der Pfarrei sehr unterschiedlich.
Sehr oft wird die These vertreten, dass die Kirchenbücher durch den Dreißigjährigen Krieg vernichtet wurden. Je nach Gegend beginnen die Bücher jedoch meistens erst ab 1670/1680 oder gar 1700. Einige Beispiele für die Landkreise Erding und Ebersberg:
- Isen 1579
- Bockhorn 1596
- Markt Schwaben 1613
- Buch am Buchrain 1670
- Hohenlinden 1680
- Anzing 1678
- Finsing 1680
- Pemmering 1776 (1728); Pfarrhofbrand 1776
Suchmöglichkeiten in staatlichen Archiven
Kirchenbücher ermöglichen es dem Familienforscher, die Lebensdaten der jeweiligen Vorfahren und Verwandten erforschen zu können. Bis auf (selten vorkommende) ausführliche Sterbeeinträge ist es aber kaum möglich, das Leben einer Person genauer betrachten zu können. Auch im Falle eines Toten Punktes können die staatlichen Archive eine wichtige Hilfe sein.
In Bayern gibt es insgesamt 9 staatliche Archive: Das Bayerische Hauptstaatsarchiv in München, sowie jeweils ein Staatsarchiv in jedem Regierungsbezirk. Zusätzlich existiert noch das Staatsarchiv Coburg für die Stadt Coburg und den Landkreis Coburg
Je nach Zuständigkeit kann es sein, dass Archivalien für die Zeit vor 1803 sich im Staatsarchiv eines anderen Regierungsbezirkes befinden: So gehört das frühere Pfleggericht Erding bis 1804 zum Rentmeisteramt Landshut und damit zum heutigen Niederbayern. Archivalien für das kurbayerische Pfleggericht Erding befinden sich deshalb im Staatsarchiv Landshut, Archivalien des ab 1804 bestehenden Landgerichts Erding befinden sich hingegen im Staatsarchiv München.
1803 bis heute
Im Zuge der Säkularisation 1803 und Mediatisierung Anfang des 19. Jahrhunderts entstand aus verschiedenen Historischen Territorien im bayerischen, schwäbischen und fränkischen Reichskreis das Königreich Bayern.
- Briefprotokolle, ab 1862 Notariatsurkunden
- Grundsteuerkataster (seit 1808, in ihnen sind alle Anwesen mit ihren Eigentümern vorgetragen)
- Hypothekenbücher (seit 1826, Belastung der Anwesen und Grundstücke mit Hypotheken; abgelöst 1905–1910 durch das umfassendere Grundbuch)
- Ansässigmachungs- und Verehelichungsakten (seit 1825, obrigkeitliche Genehmigung der Ansässigmachung bzw. Verehelichung, z.T. mit Belegen wie Schulzeugnis, Militärentlassschein, Vermögenszeugnis u.Ä.)
- Heimatakten (1825–1915, strittige Gewährung des Heimatrechtes für sozial Schwache)
- Gewerbekonzessionsakten (seit 1825, oft verbunden mit Heirat und Ansässigmachung)
- Nachlassakten (Feststellung der Erben, Regelung der Verlassenschaft, z.T. mit Nachlassinventaren)
- Vormundschaftsakten (Vormundschaft über unmündige Kinder nach dem Tod des Vaters bzw. der Mutter)
- Auswanderungsakten (nur wenn eine legale, behördlich genehmigte Auswanderung vorliegt)
- Baugesuche (bei günstiger Überlieferung ab ca. Mitte 19. Jahrhundert, Quelle für die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse einer Familie)
- Personalakten (Personalakten im heutigen Sinne seit dem 19. Jahrhundert)
- Militärkonskriptionen (jahrgangsweise Erfassung aller militärpflichtigen jungen Männer, ab Geburtsjahrgang 1799/1800).
- Zivilprozessakten
vor 1803
Seit dem Mittelalter gehörte das Gebiet des heutigen Bayern zu folgenden Reichskreisen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation:
War im Bayerischen Reichskreis bzw. heutigen Altbayern das Kurfürstentum Bayern das mit Abstand größte Territorium, waren die beiden anderen Reichtskreise territorial sehr zersplittert. Teilweise gehörten einzelne Orte zu zwei oder gar mehr Landesherren. Eine sehr wichtige Hilfe bei der Zuordnung von Höfen und Orten zu den einzelnen Herrschaften bzw. Grundherrschaften bietet hier der Historische Atlas von Bayern.
landesherrliche Findmittel
- Briefprotokolle (s. oben)
- Steuerbücher, Herdstättenverzeichnisse, Konskriptionen (Verzeichnisse der Untertanen als Grundlage der Besteuerung)
- Gerichts- bzw. Verhörsprotokolle (Protokollierungen von Straffällen und Klagen der streitigen Gerichtsbarkeit)
- Amtsrechnungen der Gerichte (u.a. Abrechnung der Strafgelder mit kurzer Schilderung der Straffälle)
- Kirchenrechnungen (mit Angaben über die von den Kirchenstiftungen an Bürger und Bauern entliehenen Kapitalien, deren Verzinsung und Rückzahlung)
- Stammrollen (Regimentslisten ab dem 17. Jahrhundert mit Angaben über Alter und Herkunft aller Regimentsangehörigen)
- Bestallungs- und Besoldungsbücher (Verzeichnisse der im Staatsdienste oder bei Hofe beschäftigten Personen).
grundherrschaftliche Findmittel
- Briefprotokolle (s. oben)
- Klosterliteralien, wie Stiftbücher, Salbücher
- Urkunden (Grundleihe, Belehnung, Kauf, Tausch, Quittung usw.)
- Urbare, Salbücher (Beschreibung aller Besitzungen und Rechte eines Grundherrn)
- Stift- und Gültregister (Verzeichnisse der jährlichen Abgaben der Grundholden)
- Lehenbücher und Lehenprotokolle (Verzeichnisse aller Lehen und Belehnungen)
- Gerichts- bzw. Verhörsprotokolle (Protokollierungen von Straffällen und Klagen der streitigen Gerichtsbarkeit)
Datenerfassung
Forschungsergebnisse können sowohl "analog" in Form von Zetteln und/oder Karteikarten wie auch digital mit Hilfe eines PCs sortiert werden.
Es empfiehlt jedoch die Verwendung eines Genealogieprogrammes
Beispiele:
- Ahnenblatt (39 Euro)
- Ages! (39,95 Euro)
- Gramps (Kostenlos)
- Webtrees (Kostenlos, benötigt aber einen Webserver)
Auswertungen
z. B.