Die Probstei in Wort und Bild/147
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Verwellenhof und Verwellensage.
Der Verwellenhof lag auf einem Hügel nördlich vom jetzigen Holm. Als man in den Jahren 1880-82 den Deich errichtete, verschwand der Verwellenberg, indem man die Erde zum Deichbau verwendete. Man hoffte auf reiche Beute, fand aber nur Bauschutt. Nunmehr deckt ein teichartiges Gewässer, das Verwellenloch genannt, die sagenreiche Stätte.
Von diesem Hof führte ein Weg nach der Kapelle. Diese verschwand aber bereits um 1260. Somit haben wir es hier mit einer der ersten Gründungen in christlicher Zeitära zu thun. Der Weg wird ja eben von den Besitzern des Hofes benutzt sein, um dem Gottesdienst in der Kapelle beizuwohnen. Jessien schreibt dazu unterm 29. April 1865 an Cohrt: „Ich glaube, daß der Verwellenhof der Anfang des vom Kloster angelegten Gutes Holm ist. Der Weg vom Verwellenberg nach der Kapelle spricht hier das entscheidende Wort. Darnach war der Hof vor 1260 da und wird durch dieselbe Flut zerstört sein, die Altwisch und die Kapelle vernichtete (1260). Dazu stimmt, daß die Frau Willa (welche den dem Landefürsten gebührenden Zehnten aus den Salzenwiesen für 48 Pf. gekauft hatte) ihren Zehnten im Jahre 1282 dem Kloster verkaufte, weil sie nunmehr ihren Besitz zerstört sah. Somit wird denn der Hof „Verwillenhof“ geheißen haben, weil in plattdeutschen Urkunden „Ver“ soviel als Frau bedeutet. Wir hätten es hier demnach mit den Hof der Frau Willa zu thun. Wahrscheinlich war sie die Witwe des Herrn Johann von Bremen.“
Der Name „Verwellenhof“ scheint demnach eine Verhudelung, eine Verballhornisierung zu sein. Es ist somit nicht ausgeschlossen, daß wir es hier mit dem von Dankwerth erwähnten „Butzholm“ zu thun haben. Wenn aber der Hof um 1260 unterging, so war er zu der Zeit, als Dankwerth, der Bürgermeister Husums, seine berühmte Chronik schrieb, längst verwüstet. Er ist aber vielleicht erwähnt, weil er in der Volkssage eine Rolle spielt. Die Sage lautet also:
Vor vielen Jahren wohnte auf dem Verwellenberge eine reiche Frau. Es war die Frau von Verwellen. Sie war so reich, daß sie den Weg „von Verwellen nach Kapellen“ mit Species Thalern konnte auslegen. Der Reichtum machte dieselbe übermütig. Sie vergeudete die Gottesgaben. Mit Flachs verrichtete sie das Unnennbare. Ihre Köchin verlachte sie, welche die verschwendeten Flachsgarben wieder aufhob und reinigte. In ihrem Stolz warf die hohe Frau sogar einmal einen funkelnden Ring weit ins Meer, indem sie sprach:
„Den schönsten Ring: das größte GlückeBringt keine Tücke mir zurücke!Das Silber, das in meinen Säcken,Kann selbst das Meer mir nicht abnecken!“
Nur wenige Wochen vergingen. Da öffnete ihre Magd einmal einen großen Dorsch. Zu ihrem Erstaunen fand sie in dem Bauch desselben den Ring ihrer Herrin. Alsobald brachte sie ihn der hohen Frau mit den Worten:
,,Sieh, Fau, den Ring, den du getragen,Ihn fand ich in des Fisches Magen!“
Die Frau erbleichte. Eine bange Ahnung zog durch ihre Seele. “Ja, das Unglück schreitet schnell!“ Bald kam, was sie geahnt. Eine Flut nahm ihr alle Habe. Nackt und bloß mußte sie ihr Heim verlassen. Von ihrer Köchin mußte sie sogar Hemd und Kleid leihen, um nur ihre Blöße bedecken zu können. Hemd und Kleid waren aber aus dem Flachs verfertigt, den einst die Frau nutzlos vergeudet hatte.
Aehnliche Sagen finden sich bei vielen Völkern. Selbst im Altertum kreist sie schon und Schiller bearbeitet eine solche in seinem „Ring des Polykrates“.