Die Probstei in Wort und Bild/143

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Die Probstei in Wort und Bild
Inhalt
<<<Vorherige Seite
[142]
Nächste Seite>>>
[144]
Probstei in Wort und Bild.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.


Der Bezug von Saatkorn, hauptsächlich Roggen und Hafer, hatte jährlich seinen ununterbrochenen Fortgang und erreichte im Jahre 1855 die Höhe von 655 Tonnen Roggen. Da meine Adresse in anderen Teilen Deutschlands bekannt war, so expedierte ich in dem Jahre überhaupt 825 Tonnen Probsteier Saatroggen ins Ausland.

Für den 14. September 1868 war mir noch eine hohe Ehre beschieden. Der König von Preußen, jetzt auch unser König, besuchte zum ersten Mal als solcher die Herzogtümer. Es war bestimmt, daß der König zum heutigen Tage auf Panker beim Landgrafen von Hessen, dessen Gemahlin eine Kousine des Königs ist, eintreffen würde, und bei dieser Gelegenheit auf dem Hessenstein um 10 Uhr morgens erscheinen werde. Sogleich trat in der Probstei ein Komitee zusammen, um einen feierlichen Empfang des Königs vorzubereiten. Es wurden die Probsteier Mädchen aufgefordert, in ihren besten Kleidern sich dort einzustellen, und eine derselben sollte dem König einen Lorbeerkranz überreichen. Dann sollte auch eine feierliche Anrede, Begrüßung des Königs, stattfinden, und ich ward dazu ausersehen, dieses zu thun.

Der Tag brach an. Es sammelten sich wohl an 2000 Menschen auf dem Hessenstein. Probsteier Mädchen hatten sich 50-60 eingefunden. Um 10 Uhr erschien der König nebst hoher Umgebung. Die Mädchen standen in einem Halbkreise vor dem Turm. Laura Göttsch, Tochter des Hufners Hinrich Göttsch-Prasdorf, überreichte dem König auf einem weißen Atlaskissen den Lorbeerkranz. wobei sie nachstehende Strophen, vom Dichter Rethwisch gedichtet, hersagte:

Gesenkten Aug's, und doch das Herz voll Freude,Tret' ich vor meines Königs Majestät!Der nach so langer Nacht und tiefem LeideMein Vaterland so herrlich hat erhöh't.Drum schließen wir Dich, Herr und König, heuteUnd immerdar in unser still' Gebet!O, nimm denn gütig hin des Dankes Spende,Ich lege sie wohl in die treusten Hände.

Der König war überaus freundlich, dankte und fragte nach Namen und Wohnort. Nun gab mir der Landrat einen Wink. Ich trat einige Schritte vor und sprach folgende Worte an den König:

Allergnädigster König! Namens der hier so zahlreich versammelten Bewohner des Plöner Bezirks habe ich das Vergnügen und die Ehre, Ew. Königlichen Majestät unsern Landesherrn auf das Freudigste und Ehrfurchtvollste begrüßen zu dürfen und ein herzliches „Willkommen!“ zuzurufen.

Wir fühlen uns Ew. Majestät zu unaussprechlichem Dank verpflichtet, indem Sie mit starker Hand und unter großen Opfern die Bande lösten, die uns mit einer unliebsamen Regierung und einem fremden Volke verbanden; denn deutsche Tugend, deutsche Sitten und Holstentreue sind die Güter, welche wir von unsern Vätern überkommen. Genehmen E.v. Majestät die Versicherung, daß wir diese Güter auch Ihnen und Ihrem erhabenen Herrscherhause bewahren werden!

Und so wollen wir der freudigen Hoffnung leben, daß auch unsere Provinz unter Ew. Majestät starken und weisen Regierung zu einem höheren Wohl erblühen werde!

In dieser Hoffnung rufe ich aus voller Brust: Lang lebe Wilhelm, unser König und Vater! Er lebe hoch! hoch! hoch!“ und es erschallte dieses Hoch aus 2000 Kehlen.

Darauf reichte mir der König die Hand und sprach seinen Dank in warmen Worten aus; die Worte, welche der König sprach, kann ich aber nicht wiedergeben, indem ich solche in dem Augenblick wegen Sturm und Gebraus nicht verstehen konnte.