Die Probstei in Wort und Bild/094

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Die Probstei in Wort und Bild
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Probstei in Wort und Bild.djvu
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Witterung. In nassen Jahren wird stärker eingesäet. Man rechnet den Ertrag in der Regel auf das achte bis zwölfte Korn. Im Jahre 1894 erntete ich selbst vom Weizen das achtzehnte und im folgenden Jahre vom Roggen das 20ste Korn. In eben diesem Jahre ernteten mehrere Hufner vom Roggen das 24ste, ja einige das 27ste Korn. Im Jahre 1797 erntete der Hufner Peter Götsch in Fahren auf 2100 Quadratruten, die er, weil die Wintersaat zu üppiges Lagerkorn gewesen war, äußerst dünn mit 4½ Tonnen Gerste besäet hatte, nach dieser Aussaat 112 Tonnen. In den letzten Jahren, wenigstens 1811, hatten wir hier in der Regel einen weit geringeren Ertrag.

Jetzt fährt man den Mist durchgängig auf die Brache, auch wenn sie mit Mergel befahren ist und zwar auf 300 Ouadratruten gewöhnlich 15 starke Fuder.Das war aber nicht immer der Fall. Rapsaat wurde nach bloßem Bemergeln gesäet, und zur zweiten Wintersaat gedüngt, ja man hatte sogar das Vorurteil, daß die Rapsaat ohne Mistdüngung besser gedeihe, bei erhaltener Mistdüngung aber leicht zu früh reife. Ueberhaupt war die Periode des Flors der Mergelung in der Probstei auch die der Vernachlässigung der animalischen Düngung. Man erwartete zu viel vom Mergel, man wußte es nicht, daß die ganze Düngung des Bodens ein förmlicher chemischer Gährungsprozeß ist, daß jede verschiedene Art der Düngungsmittel auf eine andere Art wirkt, und daß nur durch die Verbindung dieser verschiedenen Mittel die Zwecke des Landmanns auf die möglichst beste Art erreicht werden können. Ein übrigens sehr gebildeter, denkender Landwirt sagte mir einmal, als ich ihm meine Bedenklichkeiten gegen die Vernachlässigung der Mistdüngung mitteilte: er wäre gar nicht besorgt, hinlänglich Dünger zu machen, sondern es mache ihm jährlich Sorge, wo er mit seinem Vorrat bleiben solle; allein spätere Erfahrungen haben die Richtigkeit der Theorie hinlänglich erprobt. Wo der Vorrat an Mist es erlaubt, macht man eine Zwischendüngung, und meistens zum Nachroggen, dem man hier einen sehr verschiedenen Platz im Fruchtwechsel zuteilt, der aber zuverlässig nach Hülsenfrüchten oder einer frühen Kleesaat am besten gedeiht.

Mergelung in der Probstei.

In einer Beschreibung der Landwirtschaft der Probsteier erfordert die Mergelung eine Hauptstelle. Sie ist die Seele ihres Ackerbaus, sie hat der Probstei eine gewisse Celebrität gegeben; denn eigentlich erst seit der Zeit, da sie hier allgemein im Gange war, erregten ihre üppigen Saaten, ihr schönes, ergiebiges, reines und schweres Getreide die Aufmerksamkeit einheimischer und auswärtiger Landwirte. Auch kann man die Probsteier mit recht Lehrer der Mergelung, wie sie jetzt betrieben wird, wie für unser Vaterland, sowie für das Ausland, nennen, und ihnen gebührt in der Geschichte der Landwirtschaft der Ruhm, wenn nicht Erfinder, doch Wiederhersteller einer für die Praxis so gut wie verloren gewesenen Erfindung zu sein. Denn, wenngleich die Mergelung schon bei den Alten bekannt war; wenngleich mehrere Ackerbauschriftsteller der Engländer, der Deutschen, des Mergels, als eines Mittels, die Fruchtbarkeit des Bodens zu vermehren, und einem erschöpften Boden wieder aufzuhelfen erwähnten: so schlummerten gleichwohl die reichhaltigsten Schätze der lehrreichsten Anweisungen in den Schriften der Alten unbenutzt, und die Ratschläge gelehrter Oekonomen blieben auf eine fast unbegreifliche Weise ohne Anwendung. Falsche Vorstellung vom Mergel, Mißverstehen der Ackerbauschriftsteller, Unwissenheit, Vorurteil und Eigensinn unserer praktischen Landwirte machen allein die historisch, wie psychologisch merkwürdige Erscheinung erklärbar, daß eine so wichtige Erfindung Jahrhunderte, ja beinahe Jahrtausende existieren, und gleichwohl für die praktische Landwirtschaft verloren sein konnte. Friedrich der Große ließ, wie Thaer in seinen Grundsätzen der rationellen Landwirtschaft 11. 247 erzählt, in den sechziger Jahren viele Mergelgräber kommen, welche die sämtlichen Marken durchreisen und nach Mergel suchen mußten, erhielt aber von allen Orten her den Bericht, daß, der sorgfältigsten Untersuchung ungeachtet, nirgends Mergel aufzufinden sei. Und gleichwohl liegt in den Marken