Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/Anlagen 128
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Diese Thatsachen machen es sehr wahrscheinlich, daß die Frilinge als ein ins Gewicht fallender Stand der ländlichen Bevölkerung im Laufe des 10. Jahrhunderts verschwunden sind. Natürlich soll damit nicht geleugnet werden, daß Reste derselben sich in verschiedenen Gegenden erhalten haben. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die noch im 11. Jahrhundert erwähnten Mundmannen des Bischofs von Osnabrück ein solches Überbleibsel des schutzpflichtigen Frilingsstandes darstellend Noch im Anfang des 13. Jahrhunderts ergeben sich Mundlinge des Ritters Bernhard von Oesede in die Hörigkeit.[1]
Als Ursache dieses Zurücktretens der Frilinge in den Stand der Laten läßt sich zunächst die Niederwerfung des Stellingaaufstandes anführen. Damals mögen viele Frilinge zur Strafe für die Empörung der Freiheit beraubt worden sein. Hauptsächlich aber hat die Ausbreitung der Großgrundherrschaft dieses Verschwinden der Frilinge unter den Laten bewirkt.
Mit der Villikation entstand das Hofrecht, und durch dieses verbesserte sich die rechtliche und wirtschaftliche Stellung der Laten in beträchtlichem Maße. Ihre Leistungsverpflichtungen und ihr Erbrecht an der Hufe wurden unverbrüchlich festgestellt; die Genossenschaft der Laten gewährte dem Einzelnen einen Schutz gegenüber dem Herrn, den der vereinzelte Friling seinem Schutz- oder Grundherrn gegenüber nicht besaß. Die Aufgabe der persönlichen Freiheit bedeutete daher für den Friling kein Opfer, sondern eher einen Gewinn,
Schließlich wurde die Ergebung in die Hörigkeit einer Kirche, abgesehen von den materiellen Vorteilen, die sie mit sich brachte, auch noch als gottgefälliges Werk angesehen. So vollzog sich im Lauf des 10. Jahrhunderts, von den Herren begünstigt und gefördert, der massenhafte freiwillige Übertritt der Frilinge in den Stand der Laten, uud damit ging der ohnehin niemals sehr zahlreiche Stand der liberi unter.
Wir finden also bei Beginn des 11. Jahrhunderts etwa folgende ländliche Verfassung. Es giebt zahlreiche große weltliche und geistliche Grundherren, deren Besitz durchweg in Villikationen organisiert ist.
Daneben giebt es ebenfalls noch zahlreiche kleine, freie Grundherren, die altsächsischen nobiles deren Besitz nur zum Teil aus Villikationen, zum anderen Teil aber aus einigen mit Laten besetzten Hufen besteht. Die Bauern sind, wie seither, grundherrlich abhängig und außerdem fast sämtlich zu Hörigen geworden. Die persönlich freien Bauern (die grundherrlich
- ↑ Vgl. S.119* Anm.4. — Westfälisches Urkundenbuch III, Nr.1715 (vor a. 1229). — Nur folgende Stellen können auf freie Kolonen gedeutet werden: das unter S.127* Anm.1 erwähnte korveysche Heberegister, § 9. — Philippi, Osnabr. Urkundenbuch I, Nr.276 (a. 1147) ministeriales et liberi ... in praediis suis degentes sive in aliis quislibet mansionibus agriculturam exercentes ... Hier können auch ritterliche villici gemeint sein. — Ficker, Heerschild, S.171 Urkunde König Konrads für Korvey vom Jahre 1147 ... ut liberi homines se ipsos in proprietatem ipsius ecclesiae ad ius ministerialum tradere liceat, et de infimo ordine videlicet de litis aut de censuariis facere ministeriales, abbas potestatem habeat. Hier können unter den censuarii freie Kolonen verstanden sein; ihre Angehörigkeit zur infimus ordo und ihre Stellung gegenüber den liberi spricht dagegen.