Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/237

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Wahrscheinlich warm die Hägerdinge die freien holländischen und deutschen Kolonistengemeinden, die im 12. und 18. Jahrhundert von geistlichen und weltlichen Fürsten und Herren in den Wäldern des Weserberglandes begründet wurden ^.

Größere Schwierigkeit macht die Erklärung des Wesens und des Ursprungs der Vogtdinge. Das Wort Vogtding hatte in Niedersachsen zweierlei Bedeutung. Einmal verstand man darunter das bekannte Immunitätsgericht auf Reichs- oder Kirchengut ^. Außerdem aber wurden schon im Mittelalter viele Gerichtsbezirke der öffentlichen Goh- oder Grafengerichte von den landesherrlichen Schlössern aus durch landesherrliche Beamte verwaltet und als landesherrliche Schutzgebiete Vogteien genannt. Die Gerichte in diesen Bezirken, in denen landesherrliche Vögte oder die alten Richter als landesherrliche Beamte den Vorsitz führten, hießen häufig ebenfalls Vogtdinge, Es waren eigentlich patrimonialisierte Goh- oder-Grafengerichte^.

Von den drei hier zu besprechenden Vogtdingen gehörte dasjenige zu Banteln zu den Immunitätsgerichten auf Kirchengut. Es verdankte seinen Ursprung der Immunität der Güter des Klosters Gandersheim zu Nanteln und Umgebung ^. Die Vogtei über diese Güter und damit das Vogtding befand sich zuletzt im Besitz der Herren von Bennigsen. Dagegen waren die Vogtdinge zu Lauenstein und zu Bethmar früher öffentliche Gerichte gewesen, die sich im landesherrlichen Besitz in Vogtdinge verwandelt hatten °.


l Vgl. v. Schwind, Zur Entstehungsgeschichte der freien Grbleihen in den Rheingegend^n und den Gebieten der nördlichen deutschen Kolonisation des Mittelalters, Breslau 1891, S, 129, Note 2 und S. 180 ff. Die Urkunde enthält in keiner Hinsicht die Begründung eines persönlichen Abhängigkeitsverhaltnisses. Von eherechtlicher Beschränkung ist keine Rede; im Gegenteil, die Frau beerbt den Mann und kann dem zweiten Gatten das Gut zubringen, ohne daß der Bischof einzuwilligen braucht. — Über das Besthaupt vgl. S. 236, Anm. 3. — Vgl. Lüntzel, Geschichte der Diöcese und Stadt Hildesheim, 1858, Bd, I, S. 395 ff., 893. — Vgl. Stllve, Landgemeinden, 1851, S. 2? ff.

^ Vgl. Stüue, Untersuchungen über die Gohgerichte in Westfalen und Niedersachsen, 1870. — Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 1889, S. 174 ff. und 549 ff.

n Vgl. Stüve, Gohgenchte, S, 12, 13, 32, 53, 57, 58 und 59. — Haltaus, 6Io8Wlium tlerillÄnieum Ußäii a«vi unter Gogericht und Gograf.

^ Vgl. Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen, 1858, S. 350 ff. — Harenberg, Lwwrik «Hanäei^IieiillßiiziZ, 1734, S. 672.

5 Vgl. Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen, 1858, S.212 ff., besonders S. 254. — Über das Vogtding zu Bethmar sind die Nachrichten sehr spärlich, höchstwahrscheinlich war es ein Gohgericht. Der Richter heißt Gohgraf, vgl. Nolten, De iuribus et consuetudinibus circa villicos, 1738, S. 178-182.