Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/113

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Gewöhnlich gingen die beiden älteren Bauernklassen gemeinsani gegen die Brinksitzer vor, welch' letzteren sich dagegen auf den mächtigen Beistand des auf die Bevölkerung des Landes bedachten Amtes stützten i.

Bei der Betrachtung der Gemeindeverfassung werden wir sehen, welch eigentümlichen Ausdruck dieser Widerstreit der Interessen der verschiedenen Reiheklassen in der Ausbildung des Gemeindebeamtentums fand.

Trotzdem waren gerade die großen und größten Bauern und die kleinen Stellenbesitzer und Häuslinge wirtschaftlich auf einander angewiesen.

Der Großbauer bedurfte zur Zeit der Ernte der Arbeitskraft des Brinksitzers, Anbauers und Häuslings noch mehr, als die letzteren bei der Bestellung ihres eigenen oder gepachteten Ackers die Spannhilfe des größeren Besitzers notwendig hatten ^. Gerade die in Niedersachsen vorherrschende Großbauernwirtschaft bedingte und förderte die Entwicklung der auf Tagelohn angewiesenen kleinsten Stellenbesitzer und Häuslinge. Da der größere Landwirtschaftsbetrieb des Bauerngutes nicht wie der des Rittergutes oder der Domäne Frondienste zur Verfügung hatte, so bedurfte er schon damals freier ländlicher Arbeiter, die aus den Klaffen der Stellenbesitzer und Häuslinge hervorgingen.

Ihre Unentbehrlichkeit für den Großbauer erklärt auch wirtschaftlich die Aufnahme eines Teils der kleinsten Stellenbesitzer in die Gemeindegenossenschaft nnd die faktische Teilnahme aller übrigen mit einem kleinen Landwirtschaftsbetrieb versehenen Landbewohner an der Nutzung der Gemeinheit.

Die Genossenschaft der Reiheleute gab den kleinen unberechtigten Landbewohnern die als Stütze der kleinen Wirtschaft fast unentbehrliche Mitnutzung der Gemeinheit deshalb, weil der reiheberechtigte Großbauer der Arbeitskraft der kleinen Leute bedurfte.

Diese aus den wirtschaftlichen Beziehungen hervorgegangenen gemeinsamen Interessen aller Landbewohner verhinderten in Verbindung mit anderen Umständen, daß die unleugbaren Gegensätze

^ Vgl. S. 112 Anm, 1.

^ Vgl, u. Gülich, Verhältnisse der Bauern in Kalenberg, S. 8 und 46. — Hannover, V«L. 74, Amt Celle, 6, II. I, Fach Nr. 278, Nr, I, 1787—S6. — Zur Statist« des Königreichs Hannover, 1852, Heft 2, Abt. II, Verhältnisse der Anbauer und Häuslinge.