Spitzkunnersdorf
Auszug aus der Chronik Spitzkunnersdorf
Geschrieben 1924 von Rudolf Tzschaschel (Pfarrer i. R.)
Wetterschäden und Krankheiten
Abnorme Witterungsverhältnisse haben in allen Jahrhunderten je und je statt gefunden. Am 12. Juni 1658 verursachten Schloßen (Hagel) großen Schaden auf den Feldern, und schon im folgenden Jahre wieder am 19. und 27. Mai und 11. Juli. Am 19. Dezember 1660 herrschte hier, wie durch das ganze Land, ein heftiger Sturm, der an Gebäuden und Bäumen, in Gärten und Wäldern sehr großen Schaden anrichtete, so daß "das umgeworfene Holz kaum in zwei Jahren aufgeräumt werden konnte". Am 13. Juni 1666 abends zog ein furchtbares Gewitter auf, welches die ganze Nacht währte. ein Wolkenbruch, welcher am 14. Juni früh 3 Uhr bei Georgswalde niederging, hatte eine furchtbare Überschwemmung zur Folge, die in der weiteren Umgebung sehr großen Schaden angerichtet hat. Häuser wurden weggeschwemmt, in Warnsdorf ertranken 15 Personen, in Hainewalde 1 Mann, in Oderwitz und Eibau 18 Personen. Am 15. und 19. Mai 1696 schädigten wiederum Schloßen die hiesigen Felder, namentlich die Wintersaat, und obgleich sich dieselbe teilweise wieder erholte, so ward der Schaden doch schwer empfunden. Am 20. Mai 1703 wütete abermals ein Schloßenwetter, das eine große Wasserflut im Gefolge hatte, und am 8. Dezember deselben Jahres beschädigte ein heftiger Sturm Häuser und Wälder. Der große Sturm, der am 17. April 1712 das "Bethaus" zerstörte, richtete auch im Kirchenbusch großen Schaden an. Aus dem Windbruche konnten aber alle Stämme zum Kirchenbau verwendet werden. Ein Unwetter muß auch im Jahre 1765 großen Schaden hierorts angerichtet haben, wie aus einer Entschädigung im Betrage von 146 Talern 17 Groschen 5 Pfennigen zu schließen ist, welche im Jahre 1773 von dem Landsteueramt zu Görlitz "denen zu Spitz= Cunnersdorff in anno 1765 durch Wetter= Schaden verunglückten Unterthanen" ausgezahlt worden ist. Der Sturm im Jahre 1801 der der Kirche großen Schaden zufügte warf im Kirchenbusche in einer einzigen Nacht 60 Stämme nieder. Ebenso wüteten im Herbst 1853 wiederholt heftige Stürme, am schlimmsten war es am 18. Dezember. An diesem Tage tobte ein verheerender Orkan durch ganz Europa. Erwähnung verdienen auch die Stürme vom 7. Dez.1868 und 17. Dez. 1869, von denen der erstere am Mittag seinen Höhepunkt erreichte und weit und breit furchtbare Verwüstungen anrichtete. Auf dem hiesigen Rittergute wurde außer anderen angerichteten Schäden eine Scheune fast vollständig niedergerissen. Dieser Sturm erstreckte sich über England, Nordfrankreich, Belgien, Nord= und Mitteldeutschland. Für die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts waren gewaltige und verheerende Elementarereignisse vorhergesagt als eine Folge der gleichzeitigen Sonnennähe der vier großen Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, eine Konstellation, die nur aller 4000 bis 5000 Jahre eintreten soll. In der Tat waren die Jahre 1880 bis 1884 reich an elementaren Ereignissen. Die großen Überschwemmungen am Rhein und in Amerika, die Erdbeben in Agram, auf Ischia und Chios, bei denen viele Tausende von Menschen ein plötzliches Grab fanden, waren Bestätigung dieser Ankündigung.
Große Trockenheit und Dürre hat in den Jahren 1674, 1678, 1684, 1706, 1800, 1842 geherrscht. Im Jahre 1678 folgte auf große Nässe im April, in deren Folge keine Sommersaat bestellt werden konnte, ein regenloser Sommer. Vier Monate lang (19 Wochen) - vom Juni bis zum 7. Oktober - fiel kein Tropfen Regen. Ähnlich ist es im Jahre 1706 ergangen. Von Johanni bis in den September gab es sehr wenig Regen, so daß die Sommersaat teilweise "verbleichen" mußte. - Das Jahr 1800 brachte im Frühjahr acht Wochen lang regenlose Zeit (April und Mai), so das Sommer= und Winterfrüchte erheblich litten. Die schwerste Heimsuchung dieser Art kam im Jahre 1842. Zwar war das Getreide trotz der Trockenheit des ganzen Jahres nicht eben mißraten, um so mehr aber die Kartoffeln, und Heu konnte man nicht zur Hälfte des erhofften Ertrages ernten. Daher mußten hier, wie anderwärts, viele Bewohner ihren Viehbestand durch Verkauf oder indem sie selbst schlachteten, verringern. In dem letzteren Falle wurde ihnen, wenn Futtermangel nachgewiesen war, die Schlachtsteuer erlassen. Überdies trat in jenem Jahre auch eine bedenkliche Stockung des Handels ein, welche für sehr viele Arbeitsmangel und Erwerbslosigkeit zur Folge hatte. Große Nässe ist außer in dem oben berührten Jahre 1882 in den Jahren 1675, 1678, 1695, 1698 u. a. die Ursache schwerer Schäden gewesen. 1695 war der ganze Sommer so kalt und naß, daß das Getreide stehend und liegend auswuchs. Große Wasser schwemmten das Grumt hinweg, und die Saat konnte nur schwer bestellt werden. Auch im Jahre 1698 brachte das Frühjahr und der Sommer so anhaltende Nässe, daß viele Feldfrüchte verdarben. Noch furchtbarer ist der Sommer des Jahres 1770 gewesen. Unaufhörlich strömte der Regen hernieder. Die grünlich gebliebenen, mit einer schmierigen Masse gefüllten Ähren trocknete man am Ofen, um mit den mehllosen Körnern das Leben zu fristen. Kleie gehörte zu den kostbaren Speisen, Queckenwurzeln wurden zu Brot verbacken, die Armen suchten ihren Hunger mit gekochtem Gras und Disteln zu stillen. Daraus entstanden in diesem und den folgenden Jahren schwere Krankheiten (Hungertyphus). Ein merkwürdiges Naturereignis wird aus dem Jahre 1705 berichtet. Die Monate April und Mai waren sehr Naß und kalt gewesen. Da erregte in der Woche vor Pfingsten ein außerordentliches Ereignis großes Aufsehen. Von der Ostsee her zog ein Wetter durch Pommern, die Mark, die Niederlausitz über das Meißner Land nach dem Erzgebirge zu, vielfach von starkem Donner begleitet, in manchen Gegenden von starkem Schneefall bei heftigem Nordwind. Nicht nur, daß viele Tausende von Bäumen in den berührten Landstrichen umgebrochen und entwurzelt wurden, hatte dieses Wetter auch in der Tierwelt merkwürdige Folgeerscheinungen. Die Störche hatten sich verloren, die Schwalben fielen vieler Orten tot zur Erde, viele Vögel verließen ihre Nester und das Wild auf den Feldern hatte bedeutend gelitten. Doch ist unser Ort von diesem merkwürdigen Ereignis nur wenig berührt worden.
Daß zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges die Pest auch hierorts gewütet und viel Opfer gefordert hat, ist bereits besprochen worden. Im Jahre 1680 wurden vom Juli an "wegen herrschender Seuchen" wöchentlich zwei Betstunden angeordnet, auch sechs Bußtage in diesem Jahre gehalten. Diese Seuchen hielten bis in das Jahr 1681 an. Die nach Aufhören derselben in dem ganzen Lande angeordneten Dankgottesdientes konnte man in Spitzcunnersdorf um so dankbarer begehen, als laut Kirchenbuch keine wesentlichen Todesopfer hierorts zu beklagen waren. Die Todesursache ist damals in dem Kirchenbuche noch nicht vermerkt. Es ist aber die Zahl der Todesfälle in den Jahren 1680 und 1681 nicht höher gewesen, als in den unmittelbar vorhergehenden und nachfolgenden Jahren (durchschnittlich 10 bis 12). Krankheiten und Tod hatten in erschreckender Weise die fruchtbare Hungersnot des Jahres 1772 zur Folge. Nachdem im Jahre 1770 durch fast ganz Mitteleuropa, namentlich aber in Deutschland und Frankreich, infolge unerhörter Nässe ausgedehnte Überschwemmungen und totale Mißernten entstanden waren, brach eine allgemeine Hungersnot aus. Das Jahr 1772 forderte auch bei uns große Opfer. Ist auch die Todesursache bei den Einträgen der Todesfälle damals nicht angegeben, so darf wohl aus der ganzen nicht mit Unrecht geschlossen werden, daß der Hungertyphus die große Zahl der Todesfälle in jenem Jahre mit verschuldet hat. Waren doch nicht weniger als 95 Todesfälle zu beklagen, davon 89 in den Monaten Januar bis August.
Eine militärische Absperrung in Friedenszeit erlebte unser Ort im Jahre 1831. In Böhmen wütete die Cholera, und um eine Einschleppung zu verhindern, wurde ein Grenzkordon gezogen. Ein Offizier, Premierleutnant Löwe, rückte mit 30 Mann hier ein. Nach acht Tagen wurde er durch Leutnant von Bünau abgelöst. Jene Grenzsperre hat übrigens große Stockungen im Handel und Verkehr verursacht, doch ist wohl die Bewahrung vor der Einschleppung der fürchterlichen Seuche höher anzuschlagen.
Im Jahre 1880 forderten die Blattern in Spitzcunnersdorf 31 Opfer.
Einer Erkrankung besonderer Art sei hier noch gedacht. Gegen Ende des Jahres 1881 erkrankten infolge Genusses von Fleisch und Wurst von einem im Orte geschlachteten trichinösen Schweine gegen 40 Personen mehr oder weniger schwer an Trichinosis. Obwohl einige derselben lebensgefährlich erkrankt waren, war doch glücklicher Weise kein Todesfall zu beklagen. Die Folge dieses Vorkommnisses war aber die Einführung der offiziellen Fleischbeschau im Orte.
Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis
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