Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/4/297

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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St. Marien hatte übrigens Valentiner, der populäre und begabte Mann, jene ganze Periode hindurch, besonders so lange er Nachmittagsprediger war, 1797—1825, eine stark gefüllte Kirche, auch aus den benachbarten Land-Kirchspielen, und er blieb der Mann des Volks bis an sein Ende 1836.

Während der neunziger Jahre und lange darüber hinaus war die theologische Richtung der allermeisten Prediger die rationalistische. Abweichend davon war die Stimmung der ländlichen, freilich sehr zahlreichen Bevölkerung, von der oben die Rede gewesen ist. Dagegen die mittleren, wie die höheren Schichten der Bevölkerung in den Städten und stadtähnlichen Ortschaften war vorzugsweise den herrschenden rationalistischen Anschauungen jener Aufklärungszeit zugeneigt, ja theilweise denselben völlig zugethan, in Folge dessen vielfältig der Kirche und dem religiösen Leben in der That ganz entfremdet. Daneben gab es einzelne Kreise, welche mit großer Entschiedenheit die entgegengesetzte religiöse Stimmung und Anschauungsweise festhielten. Zu diesen Kreisen, die dem Kirchenglauben anhingen, gehörten aber sehr bedeutende Persönlichkeiten, namentlich die Gebrüder Christian und Friedrich Leopold zu Stolberg. Dieselben waren Söhne des dänischen Geheimeraths Christian Günther, Grafen zu Stolberg; ersterer geboren zu Hamburg den 15. October 1748, letzterer zu Bramstedt den 7. November 1750. Sie hatten in Göttingen studirt und zwischen 1769 und 1774 dem bekannten Hainbunde angehört, den mit ihnen Boie,[1] später Landvogt zu Meldorf, Voß, der 1782 von Otterndorf als Rector nach Eutin kam, Hölty, Miller, C. F. Cramer und Andere bildeten, welcher Dlchterbund bekanntlich Klopstock als Meister und Führer in der Poesie verehrte. Die beiden gräflichen Mitglieder waren aber in der Folge von ihren früheren Bundesgenossen zum Theil sehr getrennt durch die Verschiedenheit der religiösen Gesinnung und Anschauung, wie dies namentlich zwischen dem Grafen Friedrich Leopold und Voß der Fall war. Jener ging 1792, nachdem er vorher dänischer Gesandter in Berlin gewesen war, als Regierungspräsident nach Eutin. Graf Christian war seit 1777 Amtmann zu Tremsbüttel und zog sich 1800 zurück auf sein Gut Windebye bei Eckernförde, wo er am 19. Januar 1821 verstorben ist. Nahe befreundet waren die Stolbergs mit den Reventlows zu Emkendorf und Altenhof.


  1. Carl Weinhold, Ueber Heinrich Christian Boie. Halle 1868.