Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/3/186

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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Die Lieder, welche Luther theils den besseren lateinischen Kirchengesängen nachbildete, theils selbstständig verfaßte, theils auch von Anderen entlehnte und mit den seinigen zugleich in Druck gab, fanden sehr bald eine weite Verbreitung und freudige Aufnahme. Es waren anfänglich nur einzelne Lieder, die unter das Volk kamen, diese wenigen wurden dann um so öfter gesungen. Zu förmlichen Gesangbüchern gelangte man sogleich nicht, vielfältig wurden die Lieder einzeln oder in geringer Anzahl von drei oder vier abgedruckt, in ähnlicher Weise, wie zu unseren Zeiten weltliche Lieder in solchen Abdrücken auf Bogen und Blättern auf Jahrmärkten und sonst pflegen feil geboten zu werden. Dadurch kamen sie desto leichter unter das Volk und wurden auswendig gelernt, auch von solchen, die nicht lesen konnten, und dahin gehörte freilich eine große Zahl der Bevölkerung, wenigstens auf dem Lande. Förderlich war dabei auch, daß man geistliche Lieder nicht nur nach schon bekannten Volksweisen und Melodien dichtete, sondern selbst weltliche Lieder zu geistlichen umänderte, wie solches schon vor der Reformation geschehen war[1]. So ist z. B. die bekannte Melodie: „Nun ruhen alle Wälder“ einem weltlichen Liede entlehnt, nach welchem auch ein geistliches gemacht wurde. Die Entstehung der Lieder von Luther fällt in den Zeitraum von 1523—1543. Schon 1524 veranstaltete Luther Ausgaben von deutschen Gesängen, die oft wieder aufgelegt wurden; es erwuchsen daraus allmälig Gesangbücher. Wenn die lateinischen Lieder sich so lange in unseren Gegenden erhielten, so ist dabei auch zu bedenken, daß im Volke noch die niedersächsische Sprache alleinherrschend war, und daß daher hochdeutsche Gesänge ins Plattdeutsche übersetzt werden mußten. Letzteres geschah jedoch zum Theil frühzeitig; wenigstens 1526 waren schon hochdeutsche Gesänge in die niedersächsische Sprache übertragen. So weiß man von einem solchen Gesangbuch aus diesem Jahre mit einer Vorrede von Paul Speratus, 12 halbe Bogen stark, unter dem Titel: „Eyn gantz schöne vnde sehr nutte ghesangboek, tho dagelyker övinge geystlyker Gesenge vnd Psalmen, vth Christliker vnd Evangelischer Schryfft, bevestiget, beweret, vnde vp dat nyge


  1. Vgl. Wackernagel, Das deutsche Kirchenlied von Martin Luther bis auf Nicolaus Hermann und Ambrosius Blaurer. (Stuttgart. Zweite Ausg. 1848.)