Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/3/010
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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte | |
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Herzogthümern zu wenige vorliegen, um sich ein ganz anschauliches Bild von dieser großen Veränderung und ihren tiefgreifenden Einwirkungen auf alle öffentlichen Verhältnisse unseres Landes entwerfen zu können. Gleichzeitige Historiker oder Chronisten, welche die Ereignisse jener Zeit aufgezeichnet und dargestellt hätten, sind fast nicht vorhanden. Man wird jedoch aus den Archiven noch manches Material im Einzelnen herbeischaffen können, und wir selbst haben uns im Stande gesehen, in unseren urkundlichen Beilagen verschiedene wichtige Documente mitzutheilen.
II.
Anfänge der Reformation. Fortschritte und Gegenbestrebungen.
Schon ein Jahrzehnt vor dem eigentlichen Anfange der Reformation spürt man bei uns unverkennbar in urkundlicher Landesgeschichte das Herannahen einer bevorstehenden Umgestaltung des bisherigen Kirchenwesens, und zwar im Bereiche der Verwaltung der kirchlichen Angelegenheiten. Die zu Ende des Mittelalters stark erweiterte Landeshoheit und ausgebildete Staatsgewalt mit der zusehends wachsenden Regierungsthätigkeit machte häufige und starke Eingriffe in die seitherigen Machtbefugnisse und die gewohnte Praxis der Kirchenoberen. Wir theilen in unsern urkundlichen Beilagen[1] archivalische Belege mit aus den Jahren 1509 bis 1512, deren Zahl leicht vermehrt werden kann. Es erhellt daraus, wie die Herzogliche Regierung oftmals willkürlich in die Verwaltung und in die Gerichtsbarkeit der Geistlichkeit eingegriffen hat. Es mußte dabei die Autorität des bestehenden Kirchenregiments natürlich Abbruch erleiden, und man mußte sich daran gewöhnen, manche Dinge, die von jeher für geistliche gegolten hatten, fortan als weltliche anzusehen. Der Zeitgeist unterstützte die Regierungspolitik, nachdem das alte Herkommen seine Wurzeln und seinen Halt in den Herzen der Menschen verloren hatte, auch die Wissenschaft gegen die mittelalterliche theologisch-dialektische Zwangsherrschaft im Reiche des
- ↑ Urk. Nr. 2.