Reichshofrat
Einleitung
Der Reichshofrat war neben dem Reichskammergericht und in Konkurrenz zu diesem eines der beiden höchsten Gerichte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Der Reichshofrat war allerdings alleine zuständig für Angelegenheiten, die die Reichslehen und die kaiserlichen Privilegien und Reservatrechte betrafen.
Beide Gerichte leiteten ihre Kompetenz vom deutschen König oder Kaiser her, der oberster Gerichtsherr im Reich war. Der reichsunmittelbare Adel und die Reichsstädte konnten nur vor den zwei obersten Gerichten verklagt werden. Bürger, Bauern und niedrige Adlige dagegen mussten zunächst vor den Gerichten derjenigen Fürsten und Städte verklagt werden, deren Untertanen bzw. Bürger sie waren. Sie konnten nur vor den obersten Reichsgerichten prozessieren, wenn sie der Auffassung waren, dass die für sie zunächst zuständigen Gerichte falsch entschieden haben. Dann konnten sie die Fehlerhaftigkeit der unterinstanzlichen Urteile durch die Verfahrensarten Appellation oder Nichtigkeitsklage geltend machen. Dabei mussten sie den Instanzenzug der Gerichte einhalten. Waren diese Voraussetzungen gegeben, überprüften die obersten Reichsgerichte die Entscheidungen der unteren Gerichtsinstanzen.
Archive
Mit dem Ende des Alten Reiches stellte auch der RHR im Jahr 1806 seine Arbeit ein. Im Gegensatz zur Wetzlarer Registratur des RKG wurden seine in mehr als drei Jahrhunderten entstandenen Akten – von Ausnahmen abgesehen – nicht auf die Nachfolgestaaten des Alten Reiches aufgeteilt, sondern verblieben in Wien, wo sie heute zu den „Reichsarchiven“ des Haus-, Hof- und Staatsarchivs zählen. Der nach dem Registraturprinzip aufgebaute Bestand „Reichshofrat“ besteht neben einem Fiskalarchiv und Verfassungsakten vor allem aus einer Lehens- und Gratial- sowie einer Judizialregistratur. Letztere enthält die eigentlichen Gerichtsakten, besteht aus insgesamt elf verschiedenen Serien und summiert sich schätzungsweise auf 70.000 bis 80.000 Verzeichnungseinheiten.
Dieses auch im Vergleich zur Aktenüberlieferung anderer Reichsbehörden (Reichskanzlei, Mainzer Erzkanzlerarchiv u. a.) überaus beeindruckende Quellenkorpus enthält nach gegenwärtigem Kenntnisstand Akten zu 18 Staaten des heutigen Europa, nämlich Deutschland, Österreich, Frankreich, der Schweiz, Dänemark, Belgien, den Niederlanden, Schweden, Italien, Litauen, Polen, Tschechien, Großbritannien, Liechtenstein, Luxemburg, Russland, Irland und Spanien. Nicht minder beeindruckend ist die in den Akten entgegentretende thematische Vielfalt. Es findet sich kaum ein Bereich der Rechtsgeschichte und der allgemeinen Frühneuzeitforschung, für den die Akten des RHR nicht reichhaltiges Quellenmaterial bereithielten.
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (STAM)
Bestand: Reichshofrat
- Reichshofrat; Umfang: 4 Akten, Findbuch A 30a