Raufboldliste

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In einigen deutschen Gemeinden gab es Anfang des 20. Jahrhunderts Raufboldlisten. Hier ein Beispiel für eine Polizeiverordnung aus dem Jahre 1925.


[8] Polizeiverordnung betr. Raufbolde.

Auf Grund der §§ 6, 12 und 15 des Gesetzes über die Polizeiverordnung vom 11. März 1850 GS. 265 ff.) und der §§ 137, Abs. 2, und 139 Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung 30 Juli 1883 (GS. S. 195 ss.) sowie in Verbindung mit der Verordnung über Vermögensstrafen und Bußen vom 6. Februar 1924 (RGBl. S. 44) wird mit Zustimmung des Bezirksausschusses für den Umfang des Regierungsbezirkes Merseburg nachstehende Polizeiverordnung erlassen:


§ 1. Personen, die offenkundig zu Gewalttätigkeiten neigen oder die sich bei öffentlichen Tanzlustbarkeiten oder ähnlichen Veranstaltungen nicht friedlich zu verhalten pflegen (Raufbolde), sind in eine bei der Ortspolizeibehörde ihres Aufenthaltsortes zu führende Liste (Raufboldliste) einzutragen. Die Eintragung erfolgt auf bestimmte Zeit und ist dem Betroffenen mitzuteilen. Wechseln Raufbolde innerhalb der in Abs. 2 bestimmen Zeit ihren Aufenthaltsort, so ist die Ortspolizeibehörde des neuen Aufenthaltsorts unter Mitteilung des Zeitraumes zu benachrichtigen.


§ 2. Die Ortspolizeibehörden haben die Eintragen und Veränderungen in der Raufboldliste den Personen, die Räume im Bezirk der Ortspolizeibehörde zur Abhaltung von Veranstaltungen der im § 1, Abs. 1 bezeichneten Art hergeben, sowie den angrenzenden Polizeibehörden mitzuteilen.


§ 3. Den in die Raufboldliste eingetragenen Personen ist der Aufenthalt in Räumen, in welchen Veranstaltungen der im § 1, Abs. 1 bezeichneten Art stattfinden, sowie während der Dauer solcher Veranstaltungen auch in allen anderen zum Ausschank geistiger Getränke bestimmten Räumen des Veranstaltungslokales verboten. Der Aufenthalt in den Räumen darf ihnen von den Gastwirten nicht gestattet werden. Die Abgabe und der Verkauf geistiger Getränke an sie ist für die Dauer der Veranstaltung verboten.


§ 4. Diese Verordnung ist in allen in § 2 bezeichneten Räumen an augenfälliger Stelle auszuhängen. Die Verfügungsberechtigten über diese Räume sind verpflichtet, unter der Verordnung die Namen derjenigen Raufbolde auszuhängen, die ihnen von der Ortspolizeibehörde mitgeteilt sind.


§ 5. Zuwiderhandlungen gegen § 3 dieser Verordnung werden mit Geldstrafe bis zu 150 M bestraft.


§ 6. Vorstehende Verordnung tritt mit dem Tage der Veröffentlichung im Regierungsamtsblatt in Kraft.

Merseburg, den 28. Dezember 1925.


Quelle: Amtsblatt der Preußischen Regierung zu Merseburg, 1925, S. 3, Bestandsabfrage in der Zeitschriftendatenbank: ZDB-ID 2795305-1