Patentensteuer (Westfalen)
Das seit 1790 eingesetzte französische Steuersystem unterschied Haupt- und Nebensteuern oder auch Staats- und Gemeindesteuern, die direkt oder indirekt erhoben wurden. Die direkten Staatsteuern waren die Grundsteuer und Personal- und Mobiliarsteuer, hinzu kamen noch Patentensteuer und Türen- und Fenstersteuer
Hierarchie:
Regional > Bundesrepublik Deutschland > Nordrhein-Westfalen > - Portal:Westfalen-Lippe > Regierungsbezirk Münster > Provinz Westfalen > Patentensteuer (Westfalen)
Neue Steuergesetzgebung
Einin neues vereinfachtes direktes Steuersystem war mit dem Dekret vom Oktober 1789 im Kaiserreich Frankreich auf den Weg gebracht worden. Auch die Gewerbefreiheit wurde in Frankreich im Kontext der Französischen Revolution 1791 verkündet. Alle Privilegien, Monopole und Vorrechte von Unternehmern und Zünften wurden damals aufgehoben.
Die Patentsteuer (Droit des Patentes)
Die "Droit des Patentes" oder Patentensteuer, war eine Gewerbesteuer, welche bereits mit dem Gesetz über die Gewerbefreiheit in Frankreich beschlossen woden war, aber erst mit dem Gesetz vom 22.10.1798 wirksam werden konnte. Für diese Steuer gab es kein festes Kontingent, sie wurde daher nach einem festen Steuerfuß bei der jährlichen Lösung der Gewerbepatente erhoben.
Auch sie setzte sich aus zwei Komponenten zusammen:
- 1. eine feste Abgabe, deren Höhe nach der Art des Gewerbes und der Größe des Ortes - es gab eine Reihe von Gewerbe- und Ortsklassen, in die der Steuerpflichtige einzuordnen war,
- 2. eine proportionale Abgabe, die je nach Art des Gewerbes einen bestimmten Prozentsatz des Mietzinses für die zum Grwerbebetrieb gehörigen Gebäude, Wohnhaus, Werkstatt, Magazine u.s.w. ausmachte.
1802-1813 Nachfolgestaaten des Fürstbistums Münster
Die zur Auseinandersetzung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten von dem "secularisirten und vertheilten Hochstifte Münster Allerhöchst und Höchst angeordneten Königliche und Fürstliche Deputirte" beschlossen in ihren neuen Landesteilen, nach Betritt zum Rheinbund, die Einführung der Gewerbefreiheit im Jahre 1808 und durch ein eigenes Gesetz das Verbot der Zünfte und die Beschlagnahmung ihrer Vermögen.
Seither erfolgte die Zulassung zu einem Gewerbe nicht mehr durch eine Gilde (Zunft), sondern der Staat erteilte ein Gewerbepatent, das gegen die Zahlung einer bestimmten Summe, der „ "allgemeinen Gewerbepatentsteuer"“, erworben werden konnte. Qualitätskontrollen sollten dem Markt (Käufer) überlassen bleiben. Nur in 34 Fällen musste eine besondere Qualifikation nachgewiesen werden, so z.B. bei den Gesundheitsberufen.
Beschlagnahme des Zunftvermögens
Die Unterlagen und Archivalien über die Beschlagnahmungen sind auch heute noch in den regionalen Archiven bei den entsprechenden Rechtsnachfolgern zu finden.
Staatliche Gewerbezulassung
Seither erfolgte die Zulassung zu einem Gewerbe nicht mehr durch eine Gilde (Zunft), sondern der Staat erteilte ein Gewerbepatent, das gegen die Zahlung einer bestimmten Summe, der „Patentsteuer“, erworben werden konnte. Qualitätskontrollen sollten dem Markt, also den Käufern, überlassen bleiben. Nur in 34 Fällen musste eine besondere Qualifikation nachgewiesen werden, so bei den Gesundheitsberufen.
Neue Steuer als preußische Mustervorlage
Faktisch wurde damit eine neue Steuer eingeführt, um die Finanznot des Staates zu mildern. Die Patentsteuer (Droit des Patentes) bildete den Einstieg für Preußen in die allgemeine Gewerbesteuer schon am 02.11.1810, die nach dem Abzug Napoleons 1813 sofort im Rheinland und Westfalen eingeführt werden konnte.
Großherzogtum Berg/Königreich Westphalen
Zunächst erfolgte die Einführung der Gewerbefreiheit im Großherzogtum Berg (1806) und danach im Königreich Westfalen (1807), um dann im gesamten annektierten Gebiet des Kaiserreich Frankreich eingeführt zu werden. Zwar waren im Königreich Westfalen die Monopole und Privilegien schon durch die Verfassung aufgehoben, 1809 erfolgte jedoch durch ein eigenes Gesetz das Verbot der Zünfte und die Beschlagnahmung ihrer Vermögen. Ein ähnlich lautendes Gesetz wurde 1809 im Großherzogtum Berg erlassen.
Von Anfgang 1809 an wurde auch im Königreich Westfalen die durch Gesetz vom 05.08.1808 eingeführte Patentsteuer erhoben, die sich im Königreich Westfalen von der französischen im Kaiserreich Frankreich in der Zahl der Gewerbeklassen und in der Forderung, daß der Gewerbetreibende für jeden ihm betriebenen Erwerbszweig ein besonderes Patent lösen mußte, unterschied. Sie wurde das Vorbild für die preußische Gewerbesteuer von 1810.
Einverleibung in das Kaiserreich Frankreich
Durch das kaiserliche Dekret Napoleons vom 26. Dezember 1810 wurden die Lande zwischen der Lippe, der Ems und den Grenzen der holländischen Departements von dem Grossherzogtum Berg getrennt und in das Kaiserreich Frankreich einbezogen. Damit galt die französische Patentensteuer Napoleons auch hier weiter.
Steuerbescheide
1813 Veranlagungsbescheide im Departement der Lippe enthielten die Summe der zu zahlenden
- Grundsteuer
- Personal- und Mobiliarsteuer
- Türen- und Fenstersteuer
- Patentensteuer
- Gebühr der erstellten „Libelle de Patentes“ (Gewebebescheinigung)
Nummerierte Patentenrolle
Zur Überwachung der Mobiliar- und Fenstersteuer, so wie der erteilten Gewerbepatente und zur Erhebung der jeweiligen Steuern legte jeder Maire in seiner Gemeinde für jede Steuerart eine nummerierte eigene Steuerrolle (numéro d'article de rôle) an, welche jährlich fortgeschrieben wurde.
Decret zur Anwendung der Patentsteuer im Großherzogtum Berg
Auszug aus den Urschriften des Staatssecretariats.
Napoleon, Kaiser der Franzosen, König von Italien, Beschützer des Rheinbundes (Datum: 31.03.1809).
Wir haben in Betracht gezogen, daß in dem Großherzogtum Berg verschiedene Taxen bestehen, welche eben so drückend für Handel und Gewerbe sind, als sie das Fortschreiten derselben hindern; und daß noch diese ursprünglich fehlerhaften Taxen bey iher Vertheilung der Willkühr unterworfen sind.
Da wir nun an die Stelle dieser Auflagen eine andere gleichförmige, mäßige und dem Vermögen Unserer dem Handel und Gewerbe sich widmenden Unterthanen, die auf Unseren Schutz vorzügliche Rechte haben, angemessene Abgabe einführen wollen: So haben Wir auf den Bericht Unseres Finanz-Ministers und nach Anhörung des Staatsraths befohlen und befehlen wie folgt.
Erster Titel
Einführung der Patentsteuern
Art. 1
Alle Taxen und Abgaben, sowohl allgemeine als bersondere, welche gegenwärtig in Unserm Großherzogthum, um Handwerk, Handel und Gewerbe zu treiben, entrichtet werden, unter welcher Benennung sie immer erhoben werden mögen, sind und bleiben vom 1. April 1809 an auggehoben.
Art. 2
Von demselben Zeitpunkt an gerechnet, soll unter dem Titel von Patentgebühren eioe jährliche und allgemeine Auflage zur Last aller derjenigen Individuen, die in dem Umfange des Großherzogthums Handel, Gewerbe, Hünste und Handwerk treiben werden, selbige mögen in
dem diesem Decrete beygefügten Tarif namentlich verzeichnet seyn oder nicht, eingeführt werden.
Art. 3
Von dem reinen Ertrage der Patentgebühren, welche die Einsaßen jeder Gemeinde werden entrichtet haben, wird zum Besten derselben Gemeinde und zur Bestreitung ihrer Localausgaben, zum voraus ein Zehntel abgezogen.
Dieses Zehntel wird vierteljährig von den Bezirksempfängern auf die von den Unterpräfecten visitirten Anweisungen des Maires abgeführt.
Art. 4
Die Patemtgebühr wird jeden Monazh zum zwölften Theil entrichtet, jedoch mit Ausnahme der herumziehenden Krämer, welche den ganzen Betrag im ersten Monath zu zahlen verpflichtet sind.
Für das Jahr 1809 sollen nur neun Zwölftel erhoben werden.
Art. 5
Jeder, der Waaren zum Verkaufe ausstellt, wo es immer sey, ist verbunden, seine Quittung über die bezahlte Gebühr vorzuzeigen, so oft er dazuu von den zu der Polizey oder Steuererhebung bestellten Behörden aufgefordert wird.
wer außer seinem Wohnorte Waaren, sie mögen bestehen, worin sie wollen, verkauft, und mit keiner Quittuing vesehen ist, oder sich vorzuzeigen sich weigert, soll zur Strafe den doppelten Betrag der tarifmäßigen Gebühren zahlen.
Zu dem Ende sollen die Waaren un Beschlag genommen, und wenn die verwirkte doppelte Gebühr innerhalb eiber achttägigen Frist nicht abgeführt wird, bis zur der schuldigen Sunne verkauft werden.
Art. 6
Niemand kann in Beziehung auf sein Handwerk oder seinen Handel ein Ansuchen, Einrede oder Vertheidigung vor Gericht vorbringen, noch einen aussergerichtlichen Aufsatz unterzeichnen, ohne daß im Anfange der Verhandlungen von der Gemeinde, wo er der Patentgebühr unterworfen ist, und von der Nummer seines Artikels in der Steuerliste Erwähnung geschehe.
Art. 7
Ist die eben vorgeschriebene Erwähnung unterblieben, so hat sowohl gegen den Patentsteuerbaren, als gegen die öffentlichen Beamten, welche dergleichen Aufsätze verfertiget oder angenommen haben, eine Geldbuße von 50 Franken Statt.
Die nachherige Vorzeigung einer Quittung kann den Mangel der vorgeschriebenen Anzeige nicht ersetzen, noch von der verwirkten Strafe befreien.
Die Verurtheilung in die Geldbuße soll bey dem Civiltribunal des Dapartements auf Antrag des Großherzoglichen Anwalts befördert werden.
Art. 8
Jeder, der die Patentgebühr innerhalb der durch das gegenwärtige Decret bestimmten Zeitfrist bezahlt haben wird, und den Verfügungen des 5. und 6. Artikels in den darin bemeldeten Fällen nachkommt, kann seinen Handel, sein Handwerk oder Gewerbe in dem ganzen Umfange des Großherzogthums Berg ungehindert treiben.
Art. 9
Wer im Laufe des Jahres irgend eine der Patentsteuer unterworfene Art von Handel, Handwerk oder Gewerbe unternimmt, soll die Patentgebühr nach Maßgabe der Zeit, nach Vierteljahren berechnet, undf mit Einschluß des laufenden Vierteljahres entrichten.
War er schon in der Patentliste veranschlaget, so hat er nur nach verhältniß der noch übrigen Zeit des Jahres und der neuen Classe das mangelnde zu entrichten.
Art. 10
Wer einmahl in der Patentliste eingetragen ist, und im Laufe des Jahres seinen Handel, sein Handwerk oder Gewerbe ganz einstellt, hört deshalb nicht auf, Schuldner des ganzen Steueransatzes zu seyn.
Im Falle des Absterbens im Laufe des Jahres, wird die Gebühr von den Erben des Steuerbaren bloß für das angefangene Vierteljahr entrichtet. Der auf die übrigen Vierteljahre fallende Betrag soll unter die Ausfälle aufgenommen werden.
Art. 11
Es sollen der Patentsteuer nicht unterworfen seyn:
1. Die vom Staate besoldeten öffentlichen Beamten und Angestellten, jedoch nur in Rücksicht ihrer Amtsverrichtungen;
2. Die Hebammen; die Posthalter;
3. Die Ackerleute und Eigenthümer, doch nur in Betreff des Verkaufs ihrer eingeärndteten Producte, und in Betreff des Viehes, das sie auf den ihnen zugehörigen oder von ihnen bearbeiteten Ländereyen gezogen haben; ingleichen in Absicht auf die häusliche Bearbeitung der von ihren eigenen Heerden herkommenden Wolle, und des von ihnen selbst erzeugten Hanfes oder Flachses;
4. Die stillen Handelsgesellschafter, diejenigen nämlich,welche einer Handlung ein Kapital gegen Theilnahme am Gewinn oder Verlust, anvertrauet haben, ohne bey den zur Verwaltung gehörigen Geschäften mitzuwirken (les associės de commerce en commandite); die Handlungsbedienten, sie mögen ständige Gehalte, oder an dem Gewinneste Theil haben; die Tagelöhnerund alle Personen, die um Lohn dienen, und für andere in deren Häusern, Werkstätten und Läden arbeiten;
5. Die Fischer; die Schornsteinfeger, welche für eigene Rechnung und nicht in Entreprise arbeiten; die Abtrittsräumer; die Schuhflicker; die Woll- und Baumwollkämmer; die Spinnerinnen an einfachem Rade; die Wäscherinnen;
6. Diejenigen, welche an Durchgängen oder auf den Märkten ihre hingetragenen Früchte, Gemüse, Eyer, Käse, Butter und andere geringe Eßwaaren verkaufen.
Art. 12
wer andere Sachen als geringe Eßwaaren entweder in Buden oder mittelst Ausstellung an öffentlichen Plätzen oder im Herumtragen verkauft, soll die Hälfte der Gebühren entrichten, welche er zahlen müßte, wenn er dieselben Sachen in Läden verkaufte.
Zweyter Titel
Die Art und die Verhältnisse der Gebühren
Art. 13
Die Gebühr theilt sich in 2 Gattungen, in die bestimmte und in die verhältnißmäßige.
Die Bestimmte ist durch den Tarif festgesetzt, nach der verschiedenen Beschaffenheit der Handlung, der Profession und des Gewerbes in Gemäßheit der 4 Classenabtheilungen, und nach der Bevölkerung der Gemeinde, wo der Steuerbare wohnhaft ist, oder auch jener, wo er sein Hauptgeschäft treibt, im Falle diese letztere an Bevölkerung die stärkste ist.
Die Handwerke, Gewerbe- und Handelszweige, welche voran und außerhalb der Classen gestellt sind, haben die bestimmte Gebühr gleichförmig in allen Gemeinden ohne Rücksicht auf die Bevölkerung zu zahlen.
Art. 14
Die bestimmte Gebühr muß im Allgemeinen von allen Patentsteuerbaren entrichtet werden.
Die verhältnißmäßige Gebühr, wovon gleich Rede seyn wird, wird außer der bestimmten entrichtet, sie trift aber nur eine gewisse Anzahl von Steuerbaren, nämlich
1. Diejenigen, welche in den zwey ersten Classen des Tarifs angeführt sind;
2. Diejenigen, welche nicht in den Classen vorkommen, und deren bestimmte Gebühr 20 Franken und darüber beträgt.
Art. 15
Die verhältnißmäßige Gebühr besteht in einem Zehntel des Miethwerths von den Wohnhäusern sowohl als von den zu irgend einem Gewerbe bestimmten Maschienenwerken (usines), Wekstätten, Schoppen, Magazinen und Läden, welche der Steuerbare inne hat, ohne Rücksicht auf deren Anzahl und Lage in den verschiedenen Gemeinden.
Die Eigenthümer oder Hauptpächter sind zu dieser Gebühr in Ansehung derjenigen Plätze nicht verpflichtet, wovon sie beweisen können, für ihre persönliche Wohnung oder Gewerbe keinen Genrauch zu machen.
Anstatt des Zehntels heben die Müller, Gastwirthe und Verleiher möblirter Wohnhäuser (maitres d`hotel garni) nur den dreyßigßten Thgeil des Miethwerthes zu zahlen.
Art. 16
Die bestmmte Gebühr wird besonders entrichtet von jedem Gesellschafter eines Wechsel- oder Handlungshauses, oder jeder anderen Unternehmung oder Gewerbes, und selbst im Falle der nicht bestehenden Gütergemeinschaft von dem Manne und der Frau. von jedem in Ansehung seines Gewerbes.
Die verhältnißmäßige Gebühr erstreckt sich auf alle Wohnhäuser, Maschienenwerke (usine ), Magazine oder Wekstätten; und wird in den Gemeinden, wo sie gelegen sind, erhoben.
Sie wird von jedem Platze nur Ein Mahl entrichtet, die Anzahl der Gesellschafter oder Interessenten, die ihn einnehmen, möge seyn wie sie wolle; dagegen sins letztere für die verhältnißmäßige Gebühr solidarisch (einer für alle und alle für einen) verpflichtet.
Art. 17
Einer, der zu gleicher Zeit mehrere Handels- und Gewerbezweige treibt, hat die bestimmte Gebühr, bemessen nach demjenigen seiner Gewerbe, das den stärksten Anschlag unterworfen ist, nur Ein Mahl zu entrichten.
Diese Bestimmung findet auch Anwendung bey Eheleuten, deren jeder ein verschiedenes Gewerbe treibt, ohne daß die Gütergemeinschaft getrennt sey.
Art. 18
Wenn ein Steuerbarer im Laufe des Jahres, einen neuen Laden, ein neues Maschienenwerk (usine ) errichtet, oder eine neue Wohnung bezieht, oder auch wenn er in eine Gemeinde von einer stärkeren Bevölkerung sich häuslich niederläßt; so ist er verbunden, von der bestimmten und verhältnißmäßigen Gebühr ein Ergänzungsquantum nach verhältniß des übrigen, nach Vierteljahren und ohne Bruch zu brechnenden Zeitraums zu entrichten.
Art. 19
In Ansehung der Patentgebühr gibt es keine andere Ausnahmen, als die dirch den 11. Art. des gegenwärtigen Decretes bestimmt sind. Die Handwerke, Handels- und Gewerbezweige, deren namentliche Bezeichnung im Tarif nicht vorkommt, sollen nichts desto weniger dieser Abgabe unterworfen seyn. Sie sollen daher derjenigen Classe gleich gehalten werden, welche von den zu Verfertigung der Steuerlisten mitwirkenden Behörden als die passendste anerkannt wird.
Dritter Titel
Einrichtung der Steuerlisten
Art. 20
Gleich nach der Verkündigung des gegenwärtigen Decrets im Großherzogthum, sollen die Maires einer jeden Gemeinde ein Verzeichniß von allen den Personen verfertigen, welche daselbst irgend eine der Patentgebühr unterworfene Art von Handel, Gewerbe, Kunst oder Handwerk treiben.
Dieses Verzeichniß soll colonnenweise die Nahmen, die Wohnungen, die Gewerbe der darin vorkommenden Individuen, und den Mitwerth der Gebäude, welche sie in Besitz haben, enthalten, die Steuerbaren mögen übrigens in der Gemeinde ihren Wohnsitz haben oder nicht. Zwey Colonnen bleiben in diesem Verzeichniß unausgefüllt.
Art. 21
Im Falle die Hebebücher der Grundsteuern keine hinlängliche Auskunft geben, soll der Miethwerth der Gebäude mittelst Vorlegung öffentlich beglaubigter Pachtbriefe, wenn deren vorhanden sind; sonst aber und wenn der Steuerbare selbst Eigenthümer ist, nach seiner Angabe, die er zu unterzeichnen und als wahr zu bescheinigen hat, festgesetzt werden, mit Vorbehalt einer auf Erfordern nach vorläufiger Vernehmung der Interessenten anzustellenden Schätzung.
Art. 22
Im Falle die Angabe des Miethwerths verweigert worden, soll dieselbe durch eine von den zur Einrichtung der Steuerlisten verordneten Beamten vorzunehmende Schätzung ersetzt werden; ohne daß dagegen der Eigenthümer, wenigstens im ersten Jahre, Einspruch machen könnte.
Art. 23
In dem auf die Verkündigung des gegenwärtigen Decrets folgenden Monath und in Zukunft in dem Laufe des Monaths October jedes Jahres, soll das durch den 20. Art. vorgeschriebene Verzeichniß den Steuercontroleurs durch die Maires der einschlägigen Bezirke zugeschickt werden.
Art. 24
Der Controleur wird die offen gebliebene erste Colonne mit der nach dem Tarif und den Bestimmungen des gegenwärtigen Decrets an bestimmter und verhältnißmäßiger Gebühr sdchuldige Summe ausfüllen; und in die zweyte Colonne alle ihm zweckmäßig scheinende Gesuche und Bemerkungen eintragen.
Art. 25
Der Controleur wird hiernächst die einzelnen Verzeichnisse der verschiedenen Gemeinden in ein cantonweise einzurichtendes Hauptverzeichnis bringen; und die einzelnen Gemeindeverzeichnisse, nachdem er sie geschlossen haben wird, den Maires, wovon er sie empfangen hatte, zurücksenden.
Art. 26
Die Maires werden diese Verzeichnisse in dem Secretariat der Gemeinde niederlegen, damit die Interessenten auf Verlangen davon Einsicht nehmen können.
Art. 27
Der Steuercontroleur wird nach dem Cantonshauptverzeinisse eine besondere Patentliste gemeindeweise in derselben Form, wie für die übrigen directen Steuern entwerfen, und sie dem Präfect vor dem 30ten November jedes Jahres einreichen.
Diese Frist ist für das laufende Jahr zu 6 Wochen nach der Verkündigung des gegenwärtigen Decrets festgesetzt.
Art. 28
Die Präfecten sind gehalten, die Patentlisten innerhalb 14 Tage nach deren Empfang als gültig zu erklären, und sie den Bezirksempfängern zuzusenden; welche sie unter die Cantonseinnehmer ungesäumt vertheilen werden, damit darnach erhoben werde.
Ueberdieß werden die Präfecte das beglaubigte Resultat aller dieser Listen dem Finanzminister einreichen.
Art. 29
Der Steuercontroleurs sind gegalten, alle drey Monathe, in Zustand der Mayres jeder Gemeinde Ergänzungslisten zu verfertigen, welche enthalten werden:
1. Die Individuen, welche in den vorhergehenden Verzeichnissen übersehen worden sind, und die Patentgebühr für das ganze Jahr verschulden;
2. Diejenigen, welche im Laufe des Jahres einen Handel oder Gewerbe angefangen; welche entweder in ihrem Wohnsitze oder in ihrem Handel eine Veränderung vorgenommen; welche neuen Maschienenwerke (usines), oder Läden errichtet; überhaupt alle diejenigen, welche in den durch das gegenwärtige Decret bestimmten Fällen als Schuldner eines verhältnißmäßigen oder Ergänzungssteuerbetrags erkannt werden.
Art. 30
Die oben vorgeschriebenen Verzeichnisse sollen den Ergänzungslisten zur Grundlage dienen; und diese nach derselben Art des Verfahrens, wie für die ursprünglichen Listen vorgeschrieben ist, gleich eingerichtet, als gültig erklärt, und zur Erhebung befördert werden.
Art. 31
Wer Grund zu haben glaubt, entweder gegen die Einzeichnung seines Namens in das Verteichniß der Patentsteuerbaren und in die ursprüngliche oder Ergänzungsliste, oder gegen den Anschlag Einspruch zu thun, kann innerhalb 10 Tage nach erhaltenen Mahnbriefe des Cantonseinnehmers. oder auch früher, seine Vorstellung dem Unterpräfect einreichen.
Es soll darüber in derselben art, wie über alle übrigen Beschwerden in der Materie der directen Steuern erkannt werden.
Art. 32
Die, welche als Großhändler oder als Handelsgesellschafter auf die Steuerliste gebracht sind, aber bloß Kleinhändler, stille Gesellschafter (ommenditaires) oder Handlungsbediente zu seyn behaupten, werden eine völlige Befreiung erhalten, oder in einer niedrigere Classe gesetzt werden, so bald sie ihre wahre Eigenschaft durch Vorzeigung ihrer Handlungsjournale oder ihrer Gesellschaftsveträge in guter Form rechfertigen werden.
Art. 33
Es soll bezirksweise ein besonderer Fond vorbehalten werden, um die in den vorbemerkten Fällen erkannten Befreyungen oder Herabsetzungen in eine andere Classe, und die durch Todesfälle, Babkerotte, Abwesenheit, oder andere nicht vorhersehbare Ereignisse entstehende Ausfälle zu decken.
Art. 34
Dem zu Folge soll im Allgemeinen von allen Patentsteuerbaren; außer der bestimmten und verhältnißmäßigen Gebühr, ein zwanzigster Theil jeder Summe mehr erhoben werden, um einen Fond zu Deckung der Befreyungen und Ausfällr zu bilden.
Vierter Titel
Erhebung
Art. 35
Die Erhebung der Patentabgabe geschieht durch die Cantonseinnehmer.
Es soll ihnen dafür derselbe Genuß vom Hundert, wie für ihre übrigen Einnahmen angedeihen.
Art. 36
Die Cantonseinnehmer sollen in Ansehung der Bekanntmachung der Patentlisten, in Ansehung der jedem Pflichtigen zuzuschickenden Auszüge, überhaupt in Ansehung alles dessen, was auf die Erhebung und Berechnungsart Bezug hat, die wegen der directen Steuern bestehenden Gesetze befolgen.
Art. 37
Sie stellen den rückständigen Steuerschuldnern einen Mahnzettel zu, worauf, acht Tage hernach, die letzte Zahlungsaufforderung folgt.
Werden in derselben Frist von acht Tagen durch den Steuerbaren die verfallenen Termine nicht berichtiget, so wird gleich zur Auspfändung und zum Verkauf seines Hausgeräthes oder seiner Waren geschritten.
Art. 38
Die Cantonseinnehmer sollen ihre Einnahmen von den Patentabgaben, mittelst Abtheilung derselben nach ihrer verschiedenen Eigenschaft, in das ihnen durch unser Decret vom heutigen Tage über den öffentlichen Satz und die untergeordneten Rechnungsbeamten, vorgeschriebene allgemeine Empfangsjournal eintragen.
Sie sollen die Einnahmen am Rande der Listen ganz mit Buchstaben einschreiben und darüber qittiren, so wie es durch dasselbe Decret verordnet ist.
Art. 39-44 (Seite Nr. 20 u. 21 fehlte in diesem Druck)
Art. 45
Die Bezirksempfänger haben dem öffentlichen Schatze Rechnung abzulegen:
1. von dem gesammten, zur Deckung der Befreyungen und Ausfälle bestimmten Fond;
2. von den neun zehnten Theilen der Hauptsumme der Steuerlisten.
Die Verwendung des übrigen Zehntels haben sie dadurch nachzuweisen, daß sie die durch den Unterpräfect visitirten und gehörig quittirten Zahlungsanweisungen aller Maires ihres Bezirks vorlegen.
Art. 46
Unser Finanzminister im Großherzogtum Berg hat den Auftrag, gegenwärtiges Decret zu vollziehen.
Gegeben im Pallaste der Tuilerien den 31.März 1809. Unterzeichnet Napoleon
Auf Befehl des Kaisers Der Minister Staatssecretär, Unterzeichnet Hugues B. Maret
Für gleichlautende Abschrift:
Der kaiserliche Commissär im Großherzogtum Berg, Reichsgraf Beugnot. [1], [2]
Fußnoten
- ↑ 1,0 1,1 Quelle: Stratmann, Bodo: Die Lebensverhältnisse in der Stadt Haltern in der Übergangszeit von 1769 bis 1816 (Heimatverein Haltern 2015) Referenzfehler: Ungültiges
<ref>
-Tag. Der Name „Stratmann-Haltern“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ Quelle: Stadtarchiv Greven, Akte A1028