Oldenburg (Oldenburg)/Stadtsiedlung

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Hierarchie

Regional > Bundesrepublik Deutschland > Niedersachsen > Oldenburg (Oldenburg)

Der nordwestliche Teil der Burg nebst Bergfried von 1607 an abgebrochen, alte Situation auf dem Stich von Peter Bast vom Jahre 1598 gut erkennbar

Stadtsiedlung

Bauliche Entwicklung

Die Burgsiedlung auf dem gräflichen Werder zwischen Hunte und Haaren (Hausbäke) ursprünglich gräflicher Herrenhof (curia) oder gräfliches Vorwerk. Der Gutshof nördlich der Burg an der Stelle der späteren Marstallgebäude mit 2 Wassermühlen (letzte abgebrochen 1891) bewirtschaftete die zur Burg gehörigen Ländereien. [1]

Die Burg wurde unter Graf Egilmar II. (1. Hälfte 12. Jh.) neu errichtet und 1167 von Heinrich dem Löwen vergeblich belagert. Sie war geschützt durch das aufgestaute Wasser der Hunte und Haaren, durch einen breiten, ringförmigen Schloßgraben und eine Ringmauer. Im Burghof stand ein hoher, stumpfer Bergfried. Ein Tor öffnete den Burghof in nördlicher Richtung, ein anderes in südlicher Richtung. Der nordwestliche Teil der Burg nebst Bergfried von 1607 an abgebrochen, alte Situation auf dem Stich von Peter Bast vom Jahre 1598 gut erkennbar. Schloßbau Graf Anton Günthers 1620 vollendet.

Nördlich des Grafenwerders auf gräflichem Boden die Kirchensiedlung, etwa von der Häusingstraße bis zur Kleinen Kirchenstraße, mit dem Werder durch die Friesenbrücke verbunden. Hier sind die Lambertikirche und die geistlichen Gebäude (Dechanei, Kapitelshaus, Augustiner-Eremitenhaus) errichtet. Um die Kirche herum lag der Friedhof St. Lamberti. Unmittelbar hieran schloß sich die Marktsiedlung (Altstadtsiedlung) an. Der an den Lambertifriedhof angelehnte Marktplatz (1243) bildete ein schmales Rechteck und hatte etwa die Größe der nördlichen Hälfte des späteren Marktplatzes. In der Nordwestecke das Rathaus (Stadtkeller 1355), aus 2 Langhäusern mit gemeinsamer Fassade vor den südlichen Schmalseiten, unten Laube mit 3 Gewölbejochen, oben 2 Treppengiebel.

Grundriß der Altstadt gitterförmig. An der bogenförmigen Nordgrenze der Altstadt war ein Sperrwall mit Mauer und Graben errichtet, in dem sich je 1 Tor für die Langestraße und Achternstraße befand. An der Kleinen Kirchenstraße die St.-Nikolai-Kapelle, ältestes Gotteshaus der Stadt (Priester zuerst 1242 erwähnt).

Die Neustadtsiedlung nördlich der Altstadt wohl schon bald nach 1300 begonnen, Hausplatz in der „nova civitas“ schon 1340 erwähnt. Die nördlich vor den Toren der Stadt entstandenen Häuser wurden 1345 in die Stadt einbezogen, und die Stadtgrenze wurde bis an die Innenseite des heutigen Heiligengeistwalls vorverlegt. Die beiden Hauptstraßen der Altstadt wurden nach Norden fortgesetzt, vereinigt und durch ein gemeinsames Tor (H.-Geist-Tor) geführt, so daß vom Marktplatz aus gesehen das Hauptverkehrsnetz Langestraße—Achternstraße sich in Tropfenform entwickelte. Der Marktplatz verblieb an seiner alten Stelle.

Bald nach Verleihung des Stadtrechts 1345 begann man die Neustadt im Norden und 0sten durch einen Stadtgraben zu schützen und sicherte die Alt- und Neustadt durch einen gemeinsamen Mauerbau, dessen Verlauf auf dem Stich von P. Bast (1598) gut zu erkennen ist. Entfernungen: Hlg.-Geist-Tor—Dammtor 840 m, Stautor-Haarentor 640 m. In der Neustadt wurden vom Grafen und der Stadt in einem bestimmten Verhältnis Wurten (= Hausplätze) angelegt und an Neubürger zu Erbzinsrecht (Wurtgeld) ausgegeben. Ausbau der Ringmauer mit Wehrtürmen und Torbauten bis 1500. Von rund 1500 bis um 1600 Bau eines an die Ringmauer gelehnten Walles mit vorspringenden Bollwerken (Heiligengeistrondell, Haarenrondell, Eiskellerbastion, Jordanbastion) zur besseren Abwehr gegen Belagerungsgeschütze. Im 17. Jhdt. von Graf Anton Günther einzelne Außenwerke (Ravelins) angelegt, 1730-64 von den Dänen zu einem breiten Gürtel von Außenwerken und Festungsgräben ausgebaut, dann abgetragen.

Stadt Oldenburg, neue Situation um 1645/1662 aus dem "Theatrum orbis terrarum, sive, Atlas novus" v. Willem Janszoon und Joan Blaeu, um 1645/1662

Stadterweiterung

Stadterweiterungen außerhalb des Walles: Seit 1360 schon Erweiterung südlich der Hunte (Häuser am Damm, an dessen äußeren Ende das „Blaue Haus" als Zollstätte). Seit 1383 am linken Hunteufer der „Stau" als Anlegeplatz der Schiffe nachweisbar, seit 1478 zugleich Handelsplatz für Schiffsladungen, mit einzelnen Häusern.

Nach den Katastrophen von 1676 (Brand) und 1679 (Kriegskontribution) siedelten sich viele Handwerker, Bierzapfer und Fuhrleute namentlich vor dem Hl.-Geist- und Haaren-Tor an, um den bürgerlichen Lasten zu entgehen.

Nachdem die dänische Regierung 1764 beschlossen hatte, Oldenburg als Festung aufzugeben, wurden die Außenwerke an Private verkauft, die darauf Gärten anlegten. Unter den Gottorper Herzögen wurden Hauptwall und Torbauten 1789-1842 niedergelegt und außerhalb der Wälle planmäßig gartendurchflochtene Wohnviertel mit Einfamilienhäusern angelegt. Seit 1791 Bebauung der Huntestraße und des Mittleren Damms, seit 1807 Bebauung der Gartenstraße längs des Schloßgartens, der in der Hauptsache 1806-17 unter Herzog P. Fr. Ludwig angelegt wurde. Seit 1819 Anbau höherer Beamter in Osternburg in stilvollen Häusern. Im Norden begann der Ausbau des Heiligengeisttorviertels mit der Anlage des Pferdemarktplatzes 1803. Seit 1811 weiterer Ausbau an den Landstraßen nach Rastede und Wiefelstede mit Nebenwegen und fächerförmigem Straßennetz. Seit 1830 Bebauung der Ofener Straße. Auf altem Festungsglacis wurde die Peterstraße 1838 angelegt, 1848 begann die Bebauung der Amalienstraße, und 1852 entstand die Gottorpstraße vor dem Stautor. Dort entstand das Bahnhofsviertel „auf den Moorstücken" seit dem Bahnhofsbau 1867.

Privatunternehmer und Stadt ließen die sumpfige Haarenniederung seit 1866 mit Schutt und Sand aufhöhen, so daß hier im Westen das Dobbenviertel entstehen konnte, dessen Entwässerung Schwierigkeiten bietet. Seit 1871 entwickelte sich das „Glashüttenviertel" in Osternburg-Drielake. Nach 1905 entstand das Gerichtsviertel auf der Dammkoppel durch Zuschüttung des „Öljestrichs", und auf dem „Festungsgraben" begann um 1912 die Bebauung des Weidammgeländes. Die mittelalterlichen Bürgeräcker, im späteren Stadtgebiet Bürgerfelde, wurden seit 1860 parzelliert (Klävemannstift). Eine dichtere Bebauung setzte erst nach dem ersten Weltkrieg durch Kriegerheimstätten und gemeinnützige Siedlungsgesellschaft ein (Rauhehorst, Ofenerdiek). Weitere Stadtrandsiedlungen seit der Eingemeindung von Osternburg, Eversten, Nadorst und Ohmstede in den 20er und 30er Jahren, besonders auch in Anlehnung an die Kasernenbauten der Wehrmacht nach 1933 in Kreyenbrück, Osternburg, Donnerschwee und um den Flugplatz Alexanderheide. Nach 1945 hat sich die Bebauung der Außenbezirke am Verschiebebhf. Osternburg (Siedlung Krusenbusch) und auf dem Alexanderfeld (Siedlung Koopmannshausen) stärker verdichtet.

Gebäude

Mittelalterliches Rathaus mit Treppengiebeln umgebaut von Oldenburg. St.-Lamberti-Kirche, erbaut 1224 ( ?), nach Umwandlung zur Kollegiat-Stiftskirche 1347-77. Erweiterung und Bau von Stiftsgebäuden an der Haaren (Hausbäke). Umbau der Kirche im 1. und 4. Viertel 16. Jhdts. sowie 1790-97 mit Einbau einer antiken Rotunde, 1885 gotisierende Umhüllung. Neuer Turmhelm der Lambertikirche 1875. Auf dem Gelände des heutigen Schloßgartens 1387-1531 St.-Johannis-Kapelle mit Hospiz. Nahe der Burg auf dem Damm die Kapelle zu den 5 Wunden Christi 1501 bis um 1600. Armenhaus zum Hl. Geist in der Neustadt 1351 mit Hl.-Geist-Kapelle 1355 aus Holz, 1396 aus Stein (mit dem ersten höheren Kirchturm der Stadt 1467), 1676 abgebrannt und 1677 erneuert, Barockdach 1709. In dieser Gestalt war der Heiligengeistturm, vom Volk „Lappan" genannt, von 1807-75 der einzige Kirchturm der Stadt und dadurch Wahrzeichen des Ortes. Das ehem. Kapellengebäude 1909 zu einem stattlichen Geschäftshaus (Kunst-handlung) umgebaut. Außerhalb des Hl.- Geist- Tors die St.- Gertruden-Kapelle erbaut zwischen 1377 und 1428 als Gotteshaus des Siechenhauses (1345), und des Spitals für Aussätzige (1448), Ziegelsteinneubau 1480, 1645 für luth. Gottesdienst neu hergerichtet, später lange unbenutzt, seit 1909 Begräbniskapelle für den Gertrudenfriedhof (St.-Lamberti-Friedhof in der Stadt 1791 aufgehoben).

Kath. Pfarrkirche errichtet 1807 auf dem „Halbzirkel am Haarentor" (heute Hotel Schöneck), Neubau der kath. St.-Peter Kirche Peterstraße, 1873-76. Osternburger Kirche (Dreifaltigkeitskirche) erbaut 1616. Friedenskirche der Methodistengemeinde erbaut 1894. Baptistenkirche um 1900. Garnisonkirche Peterstraße, 1903. Everster Kirche 1901. Ohmsteder Kirche 1901. Auferstehungskirche auf dem Neuen Friedhof 1930. Kath. Heiligengeistkirche Osternburg 1930. Kath. Herz-Maria-Kirche Friesenstraße, 1950. Synagoge erbaut 1855, Umbau 1904, abgebrannt 1938. Jüd. Friedhofskapelle erbaut 1924 in Osternburg. Wehrtürme im Mittelalter: borchvrede uppe der Harne 1395, de nyge torn (Ende der Mottenstraße) erbaut 1487, ein neuer Bergfried bei der Staupforte 1492. Städtische Tore: Heiligengeistpforte erwähnt 1483, Haarenpforte erwähnt 1428, Staupforte erwähnt 1434. Herrschaftliche Tore: Mühlenpforte (nach Umfassung der Hunte Mühlen durch den Wall eingegangen), Everstenpforte (Zwinger dort 1529), Dammpforte an der Hunte 1518 verstärkt. Schloßbau Graf Anton Günthers an Stelle der halb abge-brochenen Burg 1620 vollendet, erweitert 1738 durch den dänischen Kanzleiflügel, 1774-78 durch Graf Holmers Flügel. Kanzleiflügel abgerissen und 1894-97 durch Festsaalbau ersetzt. Altes Palais (Prinzenpalais) erbaut 1820-26, Festsaalanbau 1860, Umbau 1919 für Schul- und Verwaltungszwecke. Elisabeth - Anna - Palais im Schloßgarten auf der Eiskellerbastion 1894-96. Regierung am Schloßplatz erbaut 1818 an Stelle der vormaligen Münze, Justiz-Kollegiengebäude an der Hausbäke erbaut 1829 an Stelle vormaliger Stiftsgebäude. Kammergebäude erbaut 1841 an Stelle des mittelalterl. Augustiner-eremiten-, später von Schreebschen bzw. Schüttorfschen Hauses. Kavalierhaus (Kleines Palais am Schloßplatz) 1841. Schloßwache 1839. Marstallgebäude 1836. Diese Gebäude bildeten einen planmäßigen Gegenpol zum Schloß. Militärschule am Pferdemarkt 1837-38. Alte Infanteriekaserne am Pferdemarkt 1819 und 1836. Schütting 1494 (Gildehaus für Kaufleute und Handwerker), 1677 Neubau. Ziegelhof seit 1345 städt., eigener Betrieb bis 1759, dann vererbpachtet, 1870 an Schützenverein verkauft, 1943 in Privathand, 1946 Gaststätte mit Konzertsaal, Lichtspiel- und Freilichtbühne, Studio des NWD Rundfunks. Um 1600 das „Neue Haus", herrschaftl. Hof mit Kruggerechtigkeit, heute noch staatlich, Hotel und Gaststätte. Theater 1833, Neubau 1881, Brand und Neubau 1891. Peter-Friedr.-Ludwigs-Hospital 1838-41. Schullehrerseminar Wallstraße 1806, Neubau Peterstraße 1844, heute Pädagogische Hochschule. Landespostgebäude 1855, Neubau des Oberpostdirek-tionsgebäudes 1901-02, Archiv- u. Bibliotheksgebäude am Damm 1842-46. Museum am Damm 1876-79. Landgericht Elisabethstraße 1862. Amtsgericht Elisabethstraße 1902. Gymnasium 1878. Oberrealschule 1872. Cäcilienschule 1910. Mittelschule 1927. Art.-Kaserne (heute Staatsbauschule) 1845-47. Zeughaus (heute Landesbibl., Ofenerstraße) 1865. Eisenbahndirektionsgebäude 1868. Landtagsgebäude am Dobbenteich 1914-16, Ministerium (Regierungsgebäude) ebd. 1914-16. Industrie- und Handelskammer 1908, Umbau 1938. Landwirtschaftskammer 1910. Landesbrandkasse 1926, später von der NSDAP, seit 1945 von der Besatzungsmacht als Verwaltungsgebäude übernommen. Hauptbhf. 1912-15. Telegraphenamt 1928. Finanz- und Zollamt 1936. Handelsschule 1950. Zuckerfabrik am Stau erbaut 1799, später Zollspeicher. Glashütte erbaut 1845. Warpsspinnerei erbaut 1856 bis 1859. Fleischwarenfabrik der GEG, erbaut von der Firma Bölts 1923. Getreidesilo am Stau, erbaut von der Landwirtschaftl. Zentralgenossenschaft 1936.

Brände

Graf Christian zündete um 1270-72 die von aufständischen Rittern besetzte Stadt an. 1597 verbrannten im westl. Teil der Stadt nahe dem Haarentor 90 Wohnhäuser in 4 Straßen. Durch Blitzschlag entstand der große Brand von 1676, der die ganze Neustadt und die Altstadt nördl. des Marktes mit zusammen 700 Wohnhäusern und 230 Nebengebäuden in Asche legte. Daher Privathäuser aus dem MA. nicht erhalten, Haus Degode nur im Umbau von 1617. Nach dem Brand von 1676 errichtet: Löwen- (= Hofapotheke), Gasthof zum Grafen Anton Günther 1682, Hirschapotheke 1677, Haus Mehrens.

Zerstörungen im 2. Weltkrieg

Im zweiten Weltkrieg wurden in 0. 117 Wohngebäude und 13 Bauernhäuser total zerstört, d. h. etwa 1,1 v. H. aller Gebäude, mit 13 000 qm Fläche. Es sind bis 1950 etwa 75 v. H. der zerstörten Gebäude wiederaufgebaut. D. Kohl, Die Straßen der Stadt 0., Oldenb. Jb. 26 (1919/ 20) und 27 (1921). Th. Goerlitz, Die Landeshauptstadt 0• (1927). R. Charton, 0. (1930). D. Kohl, Gesch. der Ger-trudenkapelle: Jb. für die Gesch. des Hzt. 0. 17 (1909). Ders., Zur Gesch. des alten 0.er Rathauses: Jb. für die Gesch. des Hzt. 0. 14 (1905). Ders., Zur Gesch. der Lappan in 0.: Nachr. für Stadt und Land 1929, Nr. 184, 193, 212, 252. K. Wehlau, Die Stadt 0. (1937). H. Sandeck, Alte Baukunst in der Stadt 0.: Oldenb. Jb. 44 und 45 (1940/41). H. Lübbing, Der 0.er Baumeister lleinr. Strack d. Ä.: Oldenb. Hauskalender 1946. Th. Presuhn, 0. um 1848, Mappe mit 8 farbig. Reproduktionen (1949). Für die Gesch. der Vororte reiches Material in den Zeitungsaufsätzen von B. Pleitner: Gesch. Wanderungen durch die Hausvogtei 0. (Nachr. f. Stadt und Land, Nov. 1922 bis Jan. 1925).

Literatur

  • Bau- und Kunstdenkmäler des Hzt. Oldenburg. Bd. 4 (1907).
  • G. Sello, Hist. Wanderung durch die Stadt Oldenburg. (1896).
  • Führer durch Oldenburg. (1949).
  • D. Kohl, Das Historische im Stadtbilde von Oldenburg. in: Nachr. für Stadt und Land (1922) Nr. 174-177.
  • L. Strackerjan, Der große Brand zu Oldenburg. 1676, in: Gesellschafter, Kal. f. 1863.

Fußnoten

  1. Quellen: Niedersächsisches Städtebuch. (Hrsg.) Erich Kaiser (1952)