Maurer
Bebilderte Ständebeschreibung: Die Handwerker, organisiert in ihren Amt, ihrer Zunft oder Gilde waren in den Städten des HRR maßgend bei der Wahl der lokalen Bürgermeister und des Rates („Deutsches Städtebuch“).
Hierarchie: Regional > HRR > Historische deutsche Staaten > Wirtschaft > Handwerk > Maurer
Einleitung
Die Steinbauweise in Westfalen war von dem aus Niederlothringen stammenden Bischof Meinwerk (1009-1036) beim Bau von Klöstern und Kirchen in der Fläche eingeführt und entwickelt worden. Bis dahin waren nach der Bauweise in geeigneten Gegenden Turmhügelburgen erstellt worden.
Die mittelalterlichen Bauhütte beim Bau größerer kirchlicher und reptäsentativer öffentlicher Gebäude mfaßte organisatorisch alle unter der Leitung des beauftragten Baumeisters arbeitenden Bauhandwerker. Erst mit der Vielzahl neuer Stadtgründungen im 13. Jahrhundert hatten sich einzelne Berufszweige so sehr spezialisiert, dass sich dann im 14. Jhdt. die qualifizierteren Steinmetzen von den Maurern, zum Teil auch von den Steinhauern trennten.
Damit einhergehend setzte erkennbar auch die Steinbauweise bei den Bürgerhäusern zunächst in den reicheren Handelsstädten ein. Zunächst wurde bei Neubauten nur das Erdgeschoß und erst später in manchen Fällen die erste Etage in Naturstein und die weiteren Aufbauten in üblicher Fachwerkbauweise ausgeführt. Im Küstengebiet verbreitete sich aufgrund der Knappheit der Naturhausteine der Brandziegelbau.
Mörtel, Speis, Zement
Zement wurde bereits von den Römern benutzt, welche geeignetes Material (vulkanische Tuffe) bei Puteoli und am Rhein (in der Gegend von Bonn) fanden. Smeaton beobachtete 1759, dass aus gebranntem tonhaltigen Kalk bereiteter Mörtel unter Wasser erhärtet, und benutzte 1774 solchen Kalk beim Bau des Leuchtturms von Eddystone. Auf diese Entdeckung gestützt, erfand Parker von Northfleet den Romanzement, dessen Natur und Wirkungsweise 1830 durch Fuchs wissenschaftlich aufgeklärt wurde, worauf die Fabrikation sich schnell über andre Länder verbreitete, weil man jetzt das Material mit Sicherheit zu finden wusste. Versuche, künstliche Gemische anzuwenden, machte Vicat in Paris 1818, aber erst 1824 gelang es Aspdin in Leeds, Portlandzement (benannt nach der Übereinstimmung in Farbe und Festigkeit mit Portlandbaustein) darzustellen. Der Ruf des Portlandzements wurde durch das ausgezeichnete Fabrikat begründet, welches Pasley 1830 herstellte.
Zementfabriken, Zementwarenfabriken
In Deutschland errichtete Gierow in Stettin 1850 die erste Zement-Fabrik, welcher bald andre folgten, und schon 1878 lieferte die deutsche Zement-Industrie, deren Fabrikate zum Teil den ersten Rang einnehmen, 2,62 Millionen Tonnen. Deutschland führte (1895) 424.965 Tonnen aus (davon 252.125 Tonnen nach Nordamerika), England 395.484 Tonnen.
Bauarbeiter
Neben den Gesellen und Lehrlingen waren beim Hausbau Hilfskräfte tätig:
- Mörtelrührer, Windeknechte, Rauchknechte, Steintreiber, Handlanger und Tagelöhner bzw. Tagwerker zum Kalklöschen, Sandschippen, Wasser-, Kalk- und Steintragen, Wenngleich Bauarbeit überwiegend Männerarbeit war, so wurden doch bis ins späte 19. Jhdt. regional auch Frauen mit Kalk- und Ziegeltragen beschäftigt; im 18. Jhdt. waren in Einzelfällen auch Handlangerinnen und Mörtelträgerinnen beschäftigt. Der Arbeitskräftebedarf auf dem Bau, auch zum Aufrichten der hohen Ständerkonstruktionen, war vergleichsweise enorm.
Rückzug des Meisters von der Baustelle
Im Laufe des 16. Jhdts vollzog sich im großstädtischen Handwerk ein Rückzug des Meisters von der Arbeit auf der Baustelle, er nahm nur noch die Arbeitsvermittlung, Planung und Bauaufsicht wahr. Mit der Einführung der Meisterprüfung bzw. des Meisterstückes wurden auch die Betriebszahlen begrenzt
Lehrzeit, Gesellen
Die Lehrzeit war im Baugewerbe vergleichsweise kurz und lag bei zwei bis drei Jahren; ein Lehrgeld wurde meist nicht verlangt. Aufgrund der harten körperlichen Arbeit lag das Eintrittsalter der Lehrjungen deutlich höher als in anderen Handwerken, und ebenso wie die Gesellen erhielten sie Lohn. In einigen Städten wurde die Lehre durch ein Gesellenstück abgeschlossen.
Bereits seit dem 14. Jh. wurden die Löhne im Baugewerbe, die der Bauherr zu bezahlen hatte, durch obrigkeitliche Lohntaxen festgesetzt. Bis ins 16. Jhdt. erhielten auch die Meister für ihre Arbeit auf der Baustelle einen Taglohn (der bis ins 16. Jhdt. dem Gesellenlohn entsprach) und nach Abschluß des Bauvorhabens eine Entschädigung für „Abgang des Geschirrs“ (verschlissenes Werkzeug).
Löhne im Vergleich
Die Löhne der Maurer, Zimmerer und Dachdecker lagen meist auf gleicher Höhe, allenfalls den Dachdeckern kam als Gefahrenzulage ein höherer Lohn zu. Höhere Löhne der Maurer konnten (gegenüber den Zimmerleuten) mit längerer Arbeitslosigkeit im Winter begründet werden.
Aufgrund der hohen Bedeutung der Witterung für die Bauarbeit können abhängig von der Länge des Tages verschiedene Zeiträume mit unterschiedlicher Lohnhöhe festgestellt werden: der Zeitraum Dezember und Januar mit sehr niedrigen Löhnen, die Zeiträume Februar/März und Oktober/November mit mittleren Löhnen und der Zeitraum April bis Oktober mit dem vollen Sommerlohn. Die unterschiedlichen Lohnhöhen ergaben sich aus den jahreszeitlich bedingten Schwankungen der Arbeitszeit.
Arbeitszeit
Während im Sommer bei einem Arbeitsbeginn zwischen vier und fünf Uhr und einem Arbeitsende zwischen 18 und 19 Uhr sowie drei Pausen von elf bis 13 Arbeitsstunden auszugehen ist, reduzierte sich die Arbeitszeit im Winter, wenn überhaupt gearbeitet wurde, auf sieben Arbeitsstunden. Nur ein Stamm an Gesellen konnte über den Winter beschäftigt werden:
Im Winter Nebenerwerb
Im Winter mußten sich Maurer einen Nebenerwerb (wie das Ausdreschen von Korn etc.) suchen.
Sitten und Gebräuche
Arbeitsanfang und Arbeitsende waren besonders im Baugewerbe Kernelemente des Brauchtums: Zur Pause oder zum Feierabend wurde das Werkzeug mit Schwung abgelegt und aufgeklopft. Bei größeren Bauten konnte die Grundsteinlegung oder auch die Einsetzung des Schlußsteines verbunden mit „dem letzten Geld“ (Auszahlung des letzten Lohnanteils) festlich begangen werden.
Veränderungen
Bis ins erste Viertel des 20. Jhdts blieb die Bauarbeit Handarbeit. Der Einsatz von Maschinen veränderte den reinen Arbeitsprozeß nur wenig. Hebezeuge, Laufkrähne, Kalk-, Stein- und Bauwinden wurden um 1900 nur bei Großbaustellen eingesetzt, Mörtelmischmaschinen hatten nur große und mittlere Betriebe, sonst wurde noch die Kalkbrücke verwendet. Nach der Jahrhundertwende gewannen neue Baustoffe wie Glas, Beton und Stahl an Bedeutung.
Literatur
- Grasmann, Lambert: Die Bildhauer- u. Maurermeisterfamilie Wagner aus Landau und Vilsbiburg, in: "Der Storchenturm", Geschichtsblätter f. d. Landkr. um Dingolf. u. Landau, Heft 18, 1974, 9. Jahrg.
- Markmiller, Fritz: Welsche Maurer, Kaminkehrer und Krämer in Dingolfing, in: "Der Storchenturm", Geschichtsblätter f. Stadt u. Landkreis Dingolfing, Heft 10, 1970
Historische Literatur
- Heusinger von Waldegg »Die Kalk- u. Zementbrennerei« (4. Aufl., Leipzig 1892)
- Lipowitz »Portlandzementfabrikation mit Beschreibung eines endlosen Ofens« (Leipzig 1868)
- Michaelis »Die hydraulischen Mörtel« (Leipzig 1869)
- Klose »Der Portlandzement« (Wiesbaden 1872)
- Liebold »Zement in seiner Verwendung im Hochbau« (Halle 1875)
- Zwick »Hydraulischer Kalk u. Portlandzement« (2. Aufl., Wien 1892)
- Feichtinger »Technologie der Mörtelmaterialien« (Braunschweig 1885)
- »Der Portlandzement u. seine Anwendungen im Bauwesen« (bearbeitet im Auftrag des Vereins deut. Portlandzementfabrikanten, Berlin 1892).