Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/162
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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie | |
Inhalt | |
Vorwort | Einleitung Erster Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 Zweiter Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 Dritter Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 • 5 • 6 | |
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gibt es genealogische Ueberlieferungen, die noch im allgemeinen einen historischen Werth haben können, wo ihnen jede persönliche Bedeutung abzusprechen ist. Als eine nicht zu unterschätzende Beobachtung darf es immerhin festgehalten werden, daß genealogische Erinnerungen in einem Geschlechte, sofern sie überhaupt einmal vorhanden waren, sich viel länger als glaubwürdig erweisen, wie andere historische Thatsachen. Das mechanische System der ausschließlichen Glaubwürdigkeit der Zeitgenossen, womit die heutige Geschichtschreibung ihre Blößen zuzudecken pflegt, ist nur mit Vorsicht für die genealogische Forschung zu gebrauchen. Es ist vielmehr zuzugeben, daß Leute, die überhaupt von einem Familienbewußtsein getragen sind, allemal ihre Großväter und selbst Urgroßväter anzugeben wissen, und daß man diese Aufstellungen gelten lassen darf, auch wenn keine früheren urkundlichen Beglaubigungen vorhanden sind. Wenn also kein Grund vorliegt aus anderweitigen Motiven auf eine beabsichtigte Täuschung zu schließen, so darf man wohl den genealogischen mündlich und persönlich gemachten Angaben, sofern sie eben nur aus Interesse für das genealogische gemacht sind, allerdings bis zur zweiten und selbst dritten emporsteigenden Generation ein gewisses Vertrauen entgegen bringen. [1] Wenn irgend ein Erzähler von den Königen der Gothen Nachrichten sammelte, so ist durchaus nicht abzusehen, warum er von den Großvätern und selbst Urgroßvätern der Könige Theodorich oder Alarich nicht sicheres mittheilen sollte. Und ganz dasselbe darf der heutige Mensch ebenso gut für sich in Anspruch nehmen. Wenn er seinen Stammbaum ausarbeitet, so wäre doch wahrlich nicht einzusehen, warum man seinen Angaben ein Mißtrauen entgegensetzen sollte, wenn er etwa von seinem Groß- und selbst Urgroßvater Namen, Stand, Charakter u. s. w. mittheilt, wenngleich er auch nicht die leiseste Spur eines urkundlichen Zeugnisses über diese seine Vorfahren beizubringen im Stande sein mag. Es ist keine Frage, daß die Kritik, um das schon gesagte immer wieder zu wiederholen, zu einer gemeinen Verneinungssucht ausarten
- ↑ Eben hierauf beruht doch die Glaubwürdigkeit, die man seit ältesten Zeiten den sogenannten aufgeschworenen Ahnenproben entgegengebracht hat, worüber im nächsten Theile.