Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/128

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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie
Inhalt
Vorwort | Einleitung
Erster Theil: Kap. 1234
Zweiter Theil: Kap. 1234
Dritter Theil: Kap. 123456
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Verwandtschaftsberechnung.

      Aus den im Stammbaum sich entwickelnden Verwandtschaftsverhältnissen ergibt sich eine so große Menge von Wirkungen für das rechtliche und gesellschaftliche Leben der Völker, daß seit den Zeiten des Moses von demselben in keiner geordneten Gemeinschaft, in keinem staatlichen oder religiösen Verbände der Menschen abgesehen zu werden vermochte. Die Verwandtschaftsverhältnisse und in Folge dessen die Verwandtschaftsgrade kamen zur vollsten Geltung in erbrechtlichen und in eherechtlichen Angelegenheiten und fanden auch von Seite des Fiscus in Fragen der Besteuerung Beachtung. In den indogermanischen Urzeiten spielte zwar die Verwandtschaft in Rücksicht auf die Ehe kaum eine bedeutende Rolle, und auch bei den Griechen verschaffte sich der Stammbaum in Betreff der Heiraten sogut wie keine Geltung, doch sind die Inder sowol wie die Römer diejenigen gewesen, bei denen Verwandtschaftsberechnung sich notwendig zu einem wohlausgebildeten System rechtlicher Kenntnis entwickeln mußte. [1]


  1. In dem von Herrn Prof. Schrader soeben bearbeiteten Sachwörterbuch der indogermanischen Alterthumskunde, in welches mir dieser große Kenner gütigst Einblick gestattet hat, wird die Verwandtenehe bei den alten Iraniern auch zwischen Eltern und Kindern nicht misbilligt. Auch bei Griechen reichen Eheverbote nicht weit, Diomedes heiratet der Mutter Schwester. Bei den Römern war von Haus aus außer der Ehe zwischen Ascendenten und Descendenten (in direkter Linie versteht sich) auch die Ehe zwischen Geschwistern und mit Geschwistern der Aszendenten und wahrscheinlich auch zwischen Geschwisterkinder untersagt; doch ist es nicht üblich aus der Gens herauszuheiraten (enubere). Bei den Germanen macht es nur der Widerstand gegen die römischen Gesetze wahrscheinlich, daß vor Einführung des Christenthums weitergehende Ehehindernisse wegen Blutsnähe nicht bestanden. Löning, Geschichte des deutschen Kirchenrechts, II, 542. Als ursprünglicher Zustand der Indogermanen vermutet Schrader außerdem lediglich Verbote innerhalb der agnatischen Verwandtschaft.