Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)/091
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| Instructionsbuch für den Infanteristen (1872) | |
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1. Gang vorwärts und rückwärts mit Nachstelltritten. -- Der vordere resp. hintere Fuß wird um etwa Fußlänge vorwärts resp. rückwärts gesetzt und der andere Fuß bis auf die Entfernung von halber Fußlänge ruhig herangestellt.
2. Gang vorwärts und rückwärts in gewähnlichem Gang. -- Die Schritte sind nicht zu groß und lebhaft zu machen, die Kniee geben leicht nach, der Oberkörper bleibt stets aufrecht. eine Hauptregel hierbei ist, den Blick nach dem Ende des Baumes zu richten und bei eintretenden Schwankungen sofort erst wiederum einen sicheren Balancirstand einzunehmen, bevor man weiter fortschreitet. Je tiefer man hierbei in die Kniee geht, desto leichter wird man die Herrschaft über den Körper wiedergewinnen, weil man in den etwas weiter gespreizten Knieen eine größerer Basis für den Oberkörper findet.
3. Diese Gang-Uebungen sind später dadurch zu erschweren, daß man den Baum höher legt oder dieselben bei schräger oder schwankender Lage des Baumes ausführen läßt, und
4. auch mit dem Gewehr, im Exerzir-Anzuge und schließlich bei marschmäßiger Ausrüstung zur Anwendung bringt. Das Gewehr ist dazu mit der rechten Hand im Schwerpunkt zu erfassen, der Lauf dem Körper zugekehrt und die Kolbe etwas nach vorn gehoben.
Begegnen sich zwei Uebende auf dem Baum, so nimmt der Eine den Reitsitz ein und duckt sich im Seitsitz auf einem Schenkel nieder, so daß der Andere über ihn fortschreiten kann. auch kann man so an einander vorbeigehen, daß man sich gegenseitig an den Schultern erfaßt, dann gleichzeitig leicht und ruhig auf dem vorn stehenden Fuß herumdreht und darauf den Gang in den verschiedenen Richtungen fortsetzt.
Balancir-Bewegungen sollten recht fleißig betrieben werden, das Gefühl für leichte, gute Haltung wird durch sie in anderer Weise, aber eben so gut anerzogen, als durch den langsamen Schritt, andererseits dürfte des Soldat aber auch häufig in die Lage kommen, die hierin gewonnene Geschicklichkeit zur Anwendung zu bringen. So manches Gefecht hat dadurch eine entschieden günstige Wendung genommen, daß man im Stande war, einige Tirailleurs über tief eingeschnittener Schluchten oder Bäche vermittels schmaler, improvisirter Stege oder halb zerstöter Brücken hinüberzuschicken.
Der Querbaum ist ein altes Geräth, aus dem später eine leicht faßliche, schwunghafte Reckstande geschaffen ist, so daß man daran Wellen und allerlei nützliche und unnützliche Schwung-Bewegungen ausführen kann. Das Princip der Nützlichkeit und Einfachheit hat aber dem Querbaum seine volle Geltung wiederum in der Militär-Gymnastik verschafft.
Der Querbaum entspricht mehr den natürlichen Gegenständen, dem Baumast, dem Balken, der Barrière, an denen sich der Soldat bei der oder jener Gelegenheit im Frieden und im Kriege hinaufschwingen, stemmen oder hinüberschwingen muß, und bildet ferner die Muskulatur des Armes und der Hand entschiedener aus. Der Querbaum ist dauerhafter und billiger herzustellen, als die Reckstange, auch kann derselbe wegen seiner größeren Stärke in weiterer Spannung in die Ständer gelegt werden, so daß sich viele Uebungen oft gleichzeitig von Mehreren ausführen lassen. Wenn der Querbaum nun auch die Wellen und andere Kunststückchen verbietet, so können wir diese Uebungen denen überlassen, die das Turnen neben ihrer sonstigen Thätigkeit aus Passion oder anderen Gründen betreiben. Unsere Gymnastik soll aber nicht nebenbei, sondern, mit jedem anderen Dienstzweig gleichberechtigt, betrieben werden; alle Uebungen, von denen wir uns keinen praktischen Nutzen versprechen können, würden deshalb für uns nur überflüssig und zeitraubend sein.