Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)/026
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dadurch bestraft, und zwar ohne schuld daran zu sein. Eine ehrende Beschäftigung kann niemals eine Strafe sein, wenn der Faule, Nachlässige oder Widerwillige sei immerhin als eine solche fühlen und betrachten mag. Die erste Exercirzeit des jungen Soldaten ist allerdings eine schwere Zeit. Ist sie vorüber, sieht er aber doch mit Stolz und Freude auf sie zurück, und wird er später selbst einmal Exercir-Gefreiter oder Unteroffizier, so schenkt er dem dann eintretenden Ersatz gewiß Nichts von dem, was ihm selbst in seiner Anfangszeit so schwer geworden ist, weil er einsehen gelernt hat und an sich selbst erfahren hat, wie nothwendig ein strammes, sorgfältiges und selbst in den anscheinenden Kleinigkeiten strenges Exerciren ist. Was man mit Lust, Eifer und ersichtlich gutem Willen treibt, wird Jedem leicht, und da es gar Nichts hilft, wenn Einer schlapp, lässig oder gar mucksch sein will - denn exercirt wird doch und lernen muß er unter allen Umständen, was der Soldat zu wissen und zu machen hat -- so thut schon Jeder besser, wenn er sich Mühe giebt, bei jeder Gelegenheit die Zufriedenheit seiner Vorgesetzten zu erwerben. Wenn dem jungen Soldaten Anfangs auch die Knochen beim Exerciren weh thun, bald genug wird er fühlen und merken, wie seine Glieder stärker, der ganze Körper fester und kräftiger, das Auge heller und ihm der Verstand durch Exerciren geschärft wird.
Du jour sein -- sprich: düschur, aber das sch nicht so hart, wie z. B. in dem Worte Schuhe, sondern weich, wie es der Instruirende vorspricht -- heißt: den Tagesdienst haben, an der Reihe für den Dienst, oder einen ganzen Tag lang mit einem besonderen Dienst betraut zu sein. Der Du jour-Dienst beginnt mit dem Appell und dauert 24 Stunden, also auch die Nacht hindurch, bis zum Appell des nächsten Tages. Was die Obliegenheiten des Du jour habenden sind, geht den jungen Soldaten vorläufig noch Nichts an; nur muß er wissen, daß der Du jour-Unteroffizier und der Du jour-Gefreite mit der ganz besonderen Aufsicht über ihn beauftragt ist, und er daher dessen Anordnungen unter allen Umständen sofort zu befolgen hat. Du jour ist gewissermaßen das Auge des Compagnie-Chefs, mit dem er Alles sieht, was in der Compagnie vorgeht, auch wenn er nicht selbst gegenwärtig ist.
Cocarde -- sprich Kokarde, auch National genannt -- heißt das Abzeichen von weißer und schwarzer, also der Preußischen National-Farbe, welches an der Kopfbedeckung getragen wird, damit man gleich erkennen kann, und namentlich der Feind nicht zweifelhaft darüber bleibt, welcher Armee der Soldat angehört. Bei der Infanterie wird die Kokarde oder das National in platter, runder Form von Leder auf der rechten Seite des Helms unter der Schuppenkette getragen; bei den Jägern, Husaren und Ulanen aber in der hier neben abgebildeten Form auf dem Czakot, der Pelzmütze und der Czapka.
Feldwebel und Wachtmeister tragen die Kokarde aus schwarz lackirtem Leder mit weiß metallener Einfassung. Wer dies Nationalzeichen trägt, gehört zur ersten Klasse des Soldatenstandes. Wie eine Kokarde des zweiten Klasse aussieht, braucht hier nicht abgebildet zu werden. Hat ein Kamerad das Unglück, daß er sie tragen muß, so wird er schon selbst ihre nähere Bekanntschaft machen. In ein Instruktionsbuch, das die Fahnen, Ehrenzeichen, Waffen und Auszeichnungen der Preußischen Soldaten in Abbildungen giebt, soll das Ding nicht hinein.
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III.
Die Unterscheidung der Waffengattungen, der Corps und der einzelnen Truppenteile.
Nur in wenigen Garnisonstädten hat der junge Soldat Gelegenheit, durch eigene Anschauung die verschiedenen Abzeichen, Verzierungen und Unterschiede