Herforder Chronik (1910)/607
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6.
Soldatenfrauen.
Schon die alten Römer sollen in ihrem Troß Weiber mit sich geführt haben, und von den Germanen wissen wir, daß die Frauen ihnen in den Kampf gefolgt sind. Im ritterlichen Mittelalter scheint diese Sitte ganz aufgehört zu haben, und erst „seitdem sich die Feldherren als Soldaten der Söldner bedienten, sind die Soldatenweiber die ständigen Begleiterinnen der Heeressäulen. Diese Frauen, gleichviel ob den Soldaten angetraut oder deren Mitläuferinnen, standen auf der tiefsten Stufe der Moralität... Diese ,Bagage‘ - daher die anrüchige Bedeutung dieses Wortes - nahm lange vor dem dreißigjährigen Kriege oft erschreckende Ausdehnung an. Bei der Belagerung von Neuß durch Karl den Kühnen im Jahre 1474-1475 waren 4000 Soldatenweiber im burgundischen Heer. Durch einen ,profosen‘ wurde dieser Anhang zu allerlei Erdarbeiten auf das strengste angehalten. Sonst war nur Kochen und Waschen für ihren Gebieter die Aufgabe einer Soldatenfrau, wozu im weiteren Verlauf der Kriegsjahre die Besorgung von Lebensmitteln kam, als das ausgesogene und verheerte Land den Unterhalt für die Bedrücker nicht mehr aufzubringen vermochte. Etliche nahmen keiner andern Ursache halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten oder wohl gar mit Stehlen ernährt werden sollten. Da war eine Fähnrichin unter den Weibern, die hatte ihre Gage (Sold) wie ein Gefreiter, eine andere war Hebeamme und brachte dadurch sich selbst und ihrem Manne manchen guten Schmaus zuwege, eine andere konnte stärken und waschen; diese wuschen den ledigen Offizieren und Soldaten, andere verkauften Tabak und versahen den Kerls ihre Pfeifen, eine andere war eine Näherin, damit sie Geld erwarb, eine andere wußte sich aus dem Felde zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie sonst Schnabelweide zu kriegen“. (Bauer, Die deutsche Frau in der Vergangenheit.)