Herforder Chronik (1910)/574

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Herforder Chronik (1910)
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Jugend so träge angenommen haben und noch annehmen, so doch Christus sagt, daß ihre Engel das Angesicht Gottes ständig (stets) beschauen.

Glaubten wir dies, so würden wir sie nicht gegen Christum verhärten, verderben, auf der Straße laufen, schwören, fluchen und alle Bosheit lernen lassen; denn die böse Gesellschaft ist ein besonderes Gift der Jugend; wie geschrieben steht: die das Pech anrühren, werden beschmutzt. Darum sollen auch die jungen Kinder und Schüler aus der Pfaffen Gemeinschaft gezogen werden, aus ihren bösen Gottesdiensten und Zeremonien. So ist es ja hieraus klar genug, daß wir nichts Besseres unserer Jugend bieten können, als daß wir eine gute Schule beschaffen und lassen sie etwas lernen, auf daß wir zum geistlichen und weltlichen Regiment mögen feine Leute erziehen. Denn Gott will nun nicht mehr, wie auf dem Pfingsttage geschah, Prediger aus Fischern und anderen geringen (?) Leuten machen; was denn auch wohl die Apostel und ihre Jünger beherzigt haben und haben eine gute christliche Schule zu Alexandrien eingerichtet, um die christliche Lehre auch an die Nachkommen zu bringen, wie wir in den alten Historien lesen. Daran haben auch gedacht Kaiser, Könige, Fürsten und Herren, und haben gestiftet viele Stifte, die mit vielen Freiheiten und Rechten versehen waren; Renten und Güter haben sie dazu gegeben. Aber solches alles ist gediehen zum ärgsten, daß nur allein die Namen, wie Schulmeister und Kantoren, geblieben sind, das Werk aber ist in schlimmen Handel verkehret, obwohl sie doch ihre Rente und Güter weiter einziehen. Ach, kämen doch die frommen Könige und Stifter einmal wieder und fänden solche Leute in ihren Stiften und Gütern; wahrlich, sie würden sie recht reformieren, wie denn auch - Gott habe das Lob - viele Fürsten und Städte sind, die solches beginnen (das Reformieren) und gute Schulen zurichten für die Jugend. Was könnte der Christenheit doch schädlicher sein als die Zerstörung der Schule, womit auch unter dem Papsttum das heilige Evangelium untergegangen ist. Denn, so bald die Schulen sind verändert und verderbt in Möncherei und Pfafferei oder mit falschen Lehrern bestellt sind, ist die reine Lehre der Apostel verfälscht worden und Menschentand wieder aufgekommen, von welcher Bosheit des Teufels wir ein Exempel finden. Denn als der böse tyrannische Kaiser Julianus apostata mit dem Schwerte und Drohen und Raserei nicht vermochte das Evangelium zu dämpfen, gab ihm der Teufel einen anderen Rat ein, daß er nämlich den Christen alle Schulen verbieten ließ, damit, wenn sie nicht studierten, schnell unterliegen sollten. Diesen Rat gibt der Teufel jetzt auch ein: es sei nicht nötig, daß die Jugend Latein lerne, damit sie ja nichts von den Sprachen verstehe, noch von anderen Künsten, und der Teufel also seinen Willen habe.

In der Kinderzucht sind die Juden fleißiger und lassen es sich mehr kosten als die Christen. Ebenso taten die Römer und Griechen, damit sie gelehrte Männer aufzogen. Allein wir Christen meinen, es sei genug, wenn wir unseren Kindern Geld und Gut vererben. Darum geht es uns wie billig, daß wir von nichts wissen.

Obwohl doch Gott unser Vater solches vielmals geboten hat, man soll auf die Jugend acht haben. Sprüche Sal. 23: Laß nicht ab, den Knaben zn züchtigen, denn wenn du ihn gleich mit der Rute schlägst, stirbt er nicht davon, du hauest ihn, aber du rettest seine Seele aus der Hölle. Desgleichen Sprüche 29: Rute und Strafe gibt Weisheit, aber ein sich selbst überlassener Knabe bringt Schande seiner Mutter. Dies haben wir darum hierher gesetzt, damit eine gute Ermahnung beständig geschehen möchte auf diese Weise von den Predigern zum Volke, in der Schule, und die Prediger sollen beständig ermahnen und anhalten, daß die Leute ihre Kinder zur Schule schicken und etwas lernen lassen. Es