Herforder Chronik (1910)/554
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Ehrsame, weise Herren, ich habe Eurer Stadt Kirchenordnung von Wort zu Wort fleißig durchgelesen, daraus vermerkt, daß Ihr gelehrte und fromme Prediger habt, die ohne Zweifel solche Kirchenordnung aufgestellt haben, von denen ich vielleicht niemand mehr kenne, denn allein meinen lieben Herrn und Bruder, den Doktor Johannes Dreyer. Gott sei gelobt in Ewigkeit und gebe Gnade, daß solche Kirchenordnung einen guten Fortgang gewinne, sich zu Ehren und Eurer Stadt zur Seligkeit und Besserung. Amen. Aber Ehrsame, liebe Herren, haltet mir zugute meine christliche und treue Ermahnung, Gott weiß, daß ich solches Euer Ehrsamkeit zu Ehren und Bestem tue.
Eure Kirchenordnung hat einen großen Fehler, daß darin weder die Prediger, noch die Schulregenten, noch andere Kirchendiener besoldet sind. Von den Predigern, deren Ihr auch nur vier in so großer Stadt habt, stand etwas darin geschrieben, was sie haben sollen. Aber um Euer Ehrsamkeit und Eurer Stadt willen durfte ich es hier nicht unterdrücken, (so lange) bis solches alles eine bessere Gestalt gewinne, wie auch die Kirchenordnung Besserung zusagt. Jedermann weiß wohl, daß ich mich entschuldigt habe wegen der geringen Besoldung zu Braunschweig am Ende meines Buches, aus dem drei Kirchenordnungen gezogen, und ein Ehrbarer Rat zu Braunschweig hat mir mündlich mehr denn einmal zugesagt, die Besoldung zu verbessern und frei bekannt, daß die Besoldung zu gering sei, und diese Besoldung hat dazu noch eine bessere Gestalt, als bei Euch. Wenn anders (früher?) keine Güter, die man geistliche Güter nennt, Benefizien und Lehen, wenn sie wegsterben (?), vorhanden waren, wiewohl ich von solchen Benefizien nichts in dieser Kirchenordnung vermerke, so wäre doch ein jeglicher Mensch schuldig, nach seinem Vermögen jährlich etwas zu geben, damit solche christlichen Ämter und Schulensorgen (d. i. Schulbesorgungen) reichlich erhalten würden, wie auch die Christen zu tun pflegten zu der Apostel Zeiten und danach. Aber wir haben uns gewöhnt, den Mönchen und dem leichtfertigen Pfaffenvolke zu geben, die weder Gott noch der Welt nütze sind und uns noch dazu verführen, daß die armen Brüder, die vor großer Heiligkeit kein Gold in die Hand nehmen, in zwei Jahren ein Kloster bauen können, das mehr denn zwölftausend Gulden kostet; aber das liebe Evangelium mit seiner Seligkeit und Zucht achtet man leider nicht eines Guldens wert. Gott gibt nun sein reines und klares Evangelium und rechtschaffene Lehre, auch von der Obrigkeit und weltlichen Sachen, worin das Gewissen vor Gott bestehen kann, gibt auch fromme und gelehrte Leute, die Gottes Wort lehren und die Jugend recht unterweisen können, aber die Welt kann sie nicht leiden, und die sich des Evangeliums (prahlend) rühmen, wollen sie nicht halten. Fromme, gelehrte Leute sind in etlichen Orden geblieben, bis sie die Armut und Not ihres Leibes und ihrer Kinder forttrieb, allein die Gewissenhaftigkeit hielt die frommen Prediger, daß sie Gott fürchteten und wollten das Volk nicht verlassen, wiewohl sie Not und Armut und Spott dazu von etlichen Leuten litten. Und unsere evangelischen Leute können (verstehen) auch sehr klüglich davon reden: Will er fortziehen? Weiß er nicht, daß er als Prediger hierher berufen ist? Ist das ein christlicher Prediger, der uns arme Leute verlassen will? Ja, Lieber, sie wollen Evangelische sein und hungern doch den frommen Prediger hinaus, dann soll der Prediger davon die Schuld tragen. Christus sagt: Ich bin im Namen meines Vaters gekommen, und ihr nahmt mich nicht an, wird ein anderer in seinem (eigenen) Namen kommen, den werdet ihr annehmen. So müssen denn neue Irrtümer kommen, an die wir nicht gedacht haben; dann gibt man wieder mit beiden Händen. Darum Ehrsame, liebe Herren, trachtet danach, die Predigtstühle nnd Schulen ehrlich und genugsam zu versorgen, Geld werdet