Herforder Chronik (1910)/364

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Herforder Chronik (1910)
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In den beiden letzten Zeilen des Titels wird einer damals gern geübten Spielerei zufolge durch die hervorgehobenen Buchstaben, soweit sie zugleich Zahlzeichen sind, die Jahreszahl 1665 und der 15. Juni angegeben.

Unbegreiflich ist es, daß um die Mitte des 17. Jahrhunderts neben den Sängern geistlicher und weltlicher Lieder von unvergänglichem Werte, neben einem Johann Rist („Werde munter mein Gemüte“), Johann Heermann („Nun danket alle Gott“), Josua Stegemann („Ach bleib mit deiner Gnade“), Paul Gerhardt („Befiehl du deine Wege“) u. a. m., neben einem Simon Dach („Ännchen von Tharau“), Paul Fleming („Ein getreues Herze wissen“), Grimmelshausen („Komm, Trost der Nacht, o Nachtigall“) u. a. m., eine Versschmiedezunft einhergehen konnte, welche mit den verschrobensten Reimereien ihren Mangel an Witz verdeckte. Befremdlich aber ist es, daß man, um mit Joachim Rachel (1618-1669) zu reden, „dies Lumpenvölklein“ mit kaiserlicher Huld beehrte. So auch unseren guten Herforder Franz v. Soest.

Das obengenannte Titelblatt der Soestschen Gedichtsammlung und die erwähnte Predigt ohne den Buchstaben R ist mit der ganzen Bibliothek beim Brande der Michaeliskirche in Flammen aufgegangen, Pastor Beneke spürte aber die zu dem Titelblatt gehörige Gedichtsammlung in der Bibliothek des Vereins für hamburgische Geschichte auf. Die Gedichte sind den „Sonderbahren Bußpredigten“ von Georg Haccius beigefügt und sind auf dem Titelblatt als eine „Leidens- und Friedens-, Krieges- und Siegesposaune“ bezeichnet, welche der Verfasser den Bußpredigten des Pastor Haccius „innigst-freudigst poetisch mittönend“ hat erklingen lassen.

Georg Haccius, dessen Name wahrscheinlich aus dem hier öfters vorkommenden Hake oder Hacke latinisiert ist, wurde den 26. August 1626 geboren, war weiland Pastor in Minden, hernach in Hamburg an St. Marien Magdalenen, später erster Hauptpastor an St. Michaelis. Seine erwähnten Bußpredigten entstanden zur Zeit des Krieges, den Kaiser Leopold I. (1658 -1705) gegen die Türken führte. Dieser Krieg hatte zwar für unsere Gegend eine unmittelbare Gefahr nicht im Gefolge, lastete aber dadurch schwer auf unserer Heimat, daß durch Werbungen das Reichskontingent gebildet, Reichssteuern aufgebracht und Truppendurchmärsche ertragen werden mußten. Anderseits ermahnt Haccius zu Lob und Dank gegen Gott, weil es dem kaiserlichen Feldherrn Montecuculi 1664 gelungen war, die Türken bei St. Gotthard an der Raab zu schlagen.

Haccius' Predigten müssen die durch die Nachwehen des 30jährigen Krieges noch darniederliegenden Gemüter tief ergriffen haben, namentlich unsern Landsmann Franz von Soest, der eine Sammlung von Gedichten herausgab, die sich an den Inhalt der genannten Bußpredigten anschließen.

Auf dem Titelblatt wird als Geburtsort des kaiserlich gekrönten Poeten „Herfurd in Westphalen“ angegeben. Er mag zu der damals hier ansässigen Familie von Soest, die auch Soist geschrieben wurde, gehört haben. Das „von“ vor dem Namen bedeutet hier wohl nicht eine Adelsbezeichnung, sondern wie in vielen Fällen nur die Herkunft, hier aus der Stadt Soest. Der Name erscheint