Herforder Chronik (1910)/326

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Herforder Chronik (1910)
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Der neue Rat wurde in großer Abhängigkeit gehalten; alle bei ihm einlaufenden Schreiben mußte er an die Regierungsräte nach der Kanzlei in Bielefeld senden (!).

Es durfte sich niemand mucksen; wer sich nur erkühnte zu sagen: „Es bleibt nicht dabei“, verfiel in schwere Strafe, und wenn jemand ein Wörtlein von Kaisers Hilfe redete, der wagte Leib und Leben und mußte gewärtigen, daß er seiner Güter verlustig ging.

Am letzten November wurden einige hundert Bürger, die den Unterwerfungsakt noch nicht unterschrieben hatten, auf den l. Dezember um 7 Uhr zum Rathaus zitiert. Um 10 Uhr wurde ihnen von den Bürgermeistern Probst und Schwerdfeger eröffnet, daß der ganze Magistrat ein Schreiben abgefaßt und unterschrieben hätte, welches ihnen jetzt auch zur Unterschrift vorgelegt würde. Anstatt es aber den Bürgern zum Durchlesen in die Hände zu geben, las es einer vor und zwar so schnell und undeutlich, daß die Bürger eine genauere Mitteilung verlangten. Die „Rebellen“ ließen ihnen jedoch dazu weder Zeit noch Ruhe. Soviel die Bürger in der Eile zu begreifen vermochten, handelte es sich um ein Eingeständnis, daß sie des Kurfürsten Person schwer beleidigt und ihn um Ehre und Glimpf gebracht hätten. Die Bürger wiesen das Ansinnen, ein solches Schriftstück zu unterschreiben, mit Entrüstung zurück und behaupteten, von dem Kurfürsten, den sie für einen ehrlichen Mann hielten, nichts Böses zu wissen, ihm auch mit Wahrheit nichts Übles nachsagen zu können. Der Magistrat beharrte auf seiner Forderung und drohte, jeden, der seine Unterschrift verweigerte, nach dem Sparenberg abführen zu lassen. Das gab einen großen Tumult auf dem Rathaus. Erregt riefen die Bürger: „Wir wollen das Schreiben nicht unterschreiben,“ fuchtelten dabei wahrscheinlich mit Armen und Stöcken und verjagten damit die anwesenden Ratspersonen vom Rathaus. Diese sammelten sich wieder im Hause des Lohnherrn Anton Hollmann, wo sie mit Thomas Schliepstein, dem „Haupt Causanten“ (Urheber des ganzen Unheils) sich berieten, was zu tun sei.

Der neue Rat hatte den Boten Jobst Rürup mit Briefen an I. Kais. Majestät gesandt und demselben befohlen, jedermann zu sagen, die Bürgerschaft hätte sich mit dem Kurfürsten gutwillig vertragen. Diese „Gutwilligkeit“ verhöhnt nun A. Fürstenau: es seien drei Geschütze auf dem Markte vor dem Rathause aufgefahren gewesen, bei denen ein Konstabel (hier Kanonier) mit brennender Lunte gestanden habe, während der ganze Markt mit Soldaten besetzt war.

Nach dem oben geschilderten Tumult auf dem Rathause wurden die Tore der Stadt zugesperrt und drei Tage geschlossen gehalten. Niemand durfte die Stadt verlassen, der nicht eine Bescheinigung von dem Bürgermeister „des Rebellischen Magistrats“, Heinrich Heidmann, vorwies, in welcher bezeugt war, daß er das Schreiben des Rates unterschrieben habe. Und nun hieße es, sagt A. Fürstenau, es wäre alles mit gutem Willen vorgegangen.

Die Frauen und Kinder der noch gefangenen drei Bürgermeister weinten und winselten wegen des harten Gefängnisses ihrer Eheherren. Sie wußten