Herforder Chronik (1910)/240
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Die Schulkirche.
(S. Kupferstich von Brand.)
Links von dem Turme der Neustädter Kirche erscheint auf dem Bilde der Dachreiter der Augustinerkirche (gegründet im 13. Jahrhundert). Sie lag in der Brüderstraße, welche von den Augustinerbrüdern (fratres heremitae ordinis beati Augustini) den Namen trägt, an der Stelle des heutigen Gymnasiums, und von da zogen sich die Klostergebäude in schräger Linie bis zur Werrebrücke hin. Das letzte der Klosterhäuser, jetzt Nr. 23 und zuletzt Eigentum des verstorbenen Rentners Wehmeier, ist zwar im Laufe der Zeit wesentlich verändert, mag aber das von mehreren Schriftstellern angegebene Back- und Brauhaus der Mönche gewesen sein. Man findet innerhalb dieses Hauses noch ungewöhnlich starke Mauern und Reste von Einrichtungen, welche auf die erwähnte frühere Bestimmung hindeuten. Später hier hausende Bäcker haben sich die alten Einrichtungen zunutze gemacht, ohne sie zu verändern. Die heutige Häuserreihe von Wehmeyer bis an die Ecke der Brüderstraße war in älteren Zeiten gar nicht vorhanden. An die Kirche nach der Werre zu schloß sich der Begräbnisplatz der Brüder an („cimiterium Augustinensium“), den übrigen Raum nahmen Klostergärten ein.
Wir erlauben uns, hier die Schicksale dieser Gebäude nach der Reformation in kurzen Zügen vorweg zu nehmen. Die neue kirchliche Bewegung im Anfang des 16. Jahrhunderts leerte bekanntlich auch unser Augustinerkloster. Die Klosterräume wurden Gymnasium, die Kirche Schul- und Bußkirche, in der Bußpredigten gehalten wurden. Der erste Herausgeber des Brandschen Kupferstiches, Giesenbier, hat die Vereinigung von Kirche und Schule poetisch gekennzeichnet:
„Da predigt man die Büß
und sieht der Weisheit Sitze.“
Später wurde die kleine Kirche Gotteshaus der Reformierten. Als die alten Klostergebäude baufällig geworden, riß man sie nieder. Die Schulkirche, deren Turmglocke zur Kirche wie zur Schule läutete, und nach Brand den Namen „Lieschen“ führte, fristete ihr Dasein länger als das Kloster, wurde jedoch schließlich ihrer ursprünglichen Bestimmung ganz entfremdet und nach mancherlei Schicksalen im Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochen.