Herforder Chronik (1910)/219
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Die Neustädter- oder St. Johanniskirche. [1]
Am Schluß des von Ilgen, a. a. O. S. 4-7, veröffentlichten ältesten Herforder Stadtrechtes heißt es:
„De novo oppido ... capella pertinebit domino Siffrido et eius successori in recompensationem agrorum in quibus ipsum oppidum edificatum est.“
D. i.: Von der Neustadt ... Die Kapelle soll dem Geistlichen Siegfried und seinem Nachfolger gehören zur Ausgleichung des Geländes, auf welchem die Neustadt erbaut worden ist.
Danach hat also in den ältesten Zeiten, ehe noch die Neustadt gegründet war, hier schon eine Kapelle gestanden, vermutlich für die ersten Ansiedler, die im Zuge der Komtur- und Hämelingerstraße wohnten und aus irgendwelchen Gründen in die Altstadt nicht aufgenommen waren. Die Kapelle, vielleicht ein schlichter Holzbau, der wohl schon seit alter Zeit Johannes dem Täufer geweiht war, genügte nicht mehr, als mit der Verlegung des Oberhofes Libbere und dem Zuzug zahlreicher Ansiedler die Bevölkerungszahl wuchs. Man errichtete einen Steinbau, doch ohne Turm. Auch dieser Steinbau war bald zu klein, wurde erweitert und ein Turm angefügt. Das muß nicht ganz leicht gewesen sein. Welche Schwierigkeiten aber zu überwinden waren, um der ungeheuren Last des Gebäudes und des Turmes einen bei den früheren sumpfigen Bodenverhältnissen tragfähigen Untergrund zu schaffen, haben erst die Wiederherstellungsarbeiten an der Kirche in den Jahren 1900-1910 erkennen lassen. In seiner verdienstvollen Festschrift zur Neuweihe der Johanniskirche zum 1. Februar 1910 entwirft Pfarrer Richter ein deutliches Bild dieser Arbeiten. Er erzählt darin, wie Gewölberisse, Senkungen und Verschiebungen von Kirchenwänden, die auffallende Schiefe des Turmes u. a. m. die Bauverständigen zu der Überzeugung gebracht hatten, daß der Baugrund mangelhaft sein müsse; wie gewissenhaft ausgeführte Untersuchungen ergaben, daß die Alten, - denen nicht, wie den Bauleuten der Münsterkirche sieben Sonnen zu Hilfe kamen, - um in dem morastigen Gelände einen tragfähigen Baugrund zu schaffen, eine Unzahl von Pfählen und massigen Eichenstammen eingerammt und auf diesem die Gewölbesäulen, die äußeren Strebepfeiler, ja auch den Turm errichtet hatten; wie endlich das Sinken des Grundwasserstandes, vielleicht eine Folge der Straßen-Kanalisation, dem hölzernen Grunde die zu seiner Erhaltung notwendige Feuchtigkeit entzogen, das Holzwerk in Fäulnis gesetzt und so die eingerissenen Schäden herbeigeführt hätte. Der Verfasser der Festschrift berichtet dann, auf welche künstliche Weise nach Fortschaffung der Holzpfähle, von denen einige im städtischen Museum aufbewahrt werden, dem ganzen Gebäude ein sicherer Grund gegeben worden ist,
- ↑ Ludorff, S. 43-46, Taf. 39-45.