Herforder Chronik (1910)/144

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Herforder Chronik (1910)
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Verbesserung oder auch Neubau ihrer veralteten Befestigungswerke Bedacht nehmen. Das am Kreuzungspunkte mehrerer Heerstraßen gelegene Herford durfte nicht zurückbleiben, und so sehen wir denn seit 1529 hier ein rüstiges Schaffen in dieser Richtung. Die aus längst vergangenen Tagen stammenden und teilweise vernachlässigten Landwehren wurden neu aufgeworfen, Wälle und Mauern der Stadt erheblich verstärkt und Bastionen auf ihnen errichtet, von deren Höhe Feuerschlünde dem Angreifer entgegenstarrten. Das Brandsche Bild zeigt uns einige dieser mit Kanonen besetzten Bastionen. Herford war schon von jeher ringsum von Wasser umgeben, jetzt legte man aber unmittelbar unter den Mauern Parallelgräben an, welche durch den Bau einiger Ziele oder Stauwerke (Deichtor, Bergertor) leicht mit Wasser zu speisen waren. Diese Binnengräben sind verschwunden, sie sind da zu suchen, wo zwischen Stadtmauer und heutigem Wall die sog. Wallgärten sich ausdehnen. Von dem Höchststand des Herforder Befestigungsbaues können wir uns einen guten Begriff machen, wenn wir den aus dem Jahre 1638 stammenden Plan der Stadt Herford betrachten[1].

Wie aus der Aufschrift zu schließen, ist er angefertigt, um die Ausdehnung des großen Brandes von 1638 zu veranschaulichen, wozu nach Kretzschmars Meinung vielleicht ein älterer Plan zugrunde gelegt ist. Obwohl er nicht mit der Schärfe geometrischer Darstellung solcher Stadtpläne hergestellt ist, haben wir doch keinen Grund, ihm zu mißtrauen, zumal viele noch heut sichtbare Einzelheiten für seine allgemeine Richtigkeit zeugen. Wir geben beifolgend eine verkleinerte und schärfer umrissene Nachbildung des Planes.

Er läßt die Stadt von breiten Wasserläufen umgeben erscheinen, auch an Stellen, wo wir heut z. B. nur den schmalen Eisgraben vom Berger- bis Deichtor und den nicht viel breiteren Umflutgraben der Aa vom Deichtor bis zum Krankenhause haben. Er nahm die Berechtigung zu seiner Darstellung wohl daher, daß letzterer allerdings, wenn's nottat, in seinen hohen Ufern eine beträchtliche Wassermasse fassen konnte, wahrend der Eisgraben in Zeiten feindlicher Bedrängung die angrenzenden Wiesen weithin unter Wasser setzte und auf diese Weise den Zugang zur Stadt erschwerte.

Überschauen wir das Befestigungswerk im allgemeinen, so kommt es uns im Vergleich mit heutigen Festungsanlagen doch recht dürftig vor. An die Mauer lehnte sich Erdaufwurf, der obere Wall, dann folgte der Binnengraben, darauf der untere Wall, unser heutiger Spaziergang, und endlich der Fluß, welcher an den meisten Stellen den Graben ersetzte.

Was heut noch von der Stadtmauer an einigen Stellen übrig ist, gibt uns keinen hohen Begriff von ihrer Stärke; es ist aber auch möglich, daß die festesten Teile verschwunden sind. Die Mauer war, so scheint es nach den Überresten, durchweg aus den Bruchsteinen unserer Berge gebaut. Sie war durch Anlage von 14 Türmen befestigt. Ältere Herforder, wie Rose, Hölscher, Ameler, haben noch den „Bärenstall“ gekannt, einen Turm zwischen dem

  1. Johannes Kretzschmar, a. a. O.