Herforder Chronik (1910)/010
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aus denen die Familie[1] entstand. Mit den Steinmessern zerlegen sie das Fleisch der erjagten Tiere, mit den Steinhämmern zerklopfen sie die abgenagten Knochen, aus denen sie den kostbarsten Leckerbissen, das Mark, heraussaugen.
Und wenn der Tod ihrem Hungerdasein ein Ende machte, so vereinigten sich die Hinterbliebenen Familienglieder, dem Hingeschiedenen eine letzte Ruhestatt in der Erde Schoß zu bereiten; denn kein Volk auf Erden ist so roh, daß es nicht Ehrfurcht vor der Macht des Todes empfände. Entweder übergaben sie den Leichnam der Erde, indem sie ihn mit Steinen umstellten, die in regelmäßiger Weise gesetzt wurden, türmten auch wohl mächtige Findlingsblöcke zu riesigen Grabmälern über dem toten Körper auf, oder verbrannten die Leichen auf Scheiterhaufen, aus einem Grunde, auf den wir bei der Besprechung der religiösen Anschauungen der Vorfahren zurückkommen werden, sammelten die Knochenreste in schlichtgeformten und rohgebrannten Tongefaäen, Totenurnen,
Vorgeschichtliche Funde aus der Umgebung von Herford. (Im Herforder Museum.)
um sie der Erde anzuvertrauen, von der sie genommen waren. In einigen Gegenden finden sich in den Gräbern der Beerdigten Beigaben in Gestalt von Waffen, Schmuckgegenständen u. dgl., in den Totenurnen viel seltener, vielleicht, weil die dem Toten beigegebenen Dinge in dem Leichenbrande vernichtet worden waren.
Der Fundort unserer Totenurnen ist die Gegend um die Hansa-, Waltgeri-, Werre- und Eimterstraße, auch manche Stelle weiter flußabwärts, immer aber da, wo das Gelände zur Werre sich hinabneigt. Wir schließen daraus, daß hier die erste, urälteste Ansiedelung der vorgeschichtlichen Bewohner des Werretals, der Vorgänger der Herforder, zu suchen ist. Nur hier und an keiner anderen Stelle bei Herford fanden und finden sich fast bei jeder Aufgrabung des Bodens die Totenurnen mit den Resten der Verstorbenen, ja, auf dem Grundstück der
- ↑ Reinhardt, Ludwig Dr., Der Mensch und die Eiszeit in Europa, München, 1906 S. 31: „Das Wort in seiner ältesten Bedeutung läßt noch diesen Zusammenhang erkennen; denn das lateinische Wort, das später ,Gesinde’ bedeutete, stammt von fames Hunger, ab. In diesen Hungergemeinschaften gesellte sich in freier Liebe Mann zu Frau.“